• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis und andere nichtbakterielle Osteitiden: Klinik, Diagnostik, Therapie, Prognose und genetische Untersuchungen" (27.02.2004)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis und andere nichtbakterielle Osteitiden: Klinik, Diagnostik, Therapie, Prognose und genetische Untersuchungen" (27.02.2004)"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

as Krankheitsbild der chronisch re- zidivierenden multifokalen Osteo- myelitis (CRMO) wurde 1972 von Giedeon et al. (25) beschrieben und 1978 von Probst (64) so benannt. Seitdem sind zu diesem Krankheitsbild zahlreiche Fallbeschreibungen und Übersichtsar- beiten (12, 31, 34, 35, 71–78, 89) erschie- nen.

Klinisches Bild

Die CRMO betrifft Mädchen fast dop- pelt so häufig wie Jungen. Der Altersgip- fel liegt um das zehnte Lebensjahr, das Manifestationsalter liegt zwischen 6 und 15 Jahren. In Einzelfällen tritt die Er- krankung familiär auf. Die Anzahl der Herde variiert. Es finden sich monofoka- le Erkrankungen, aber auch Verläufe mit zahlreichen zum Teil symmetrischen Herden. Beschrieben sind bis zu 18 Her- de bei einem Patienten (79).

Ein Teil der Patienten entwickelt im Verlauf eine deutliche Hyperostose im Bereich der entzündlichen Knochenher- de (16, 18, 52).

Jeder Knochen kann betroffen sein.

Bevorzugt befallen werden die Metaphy- sen der langen Röhrenknochen, insbe- sondere die Metaphysen der proximalen und distalen Tibia (13), gefolgt vom Fe- mur. Häufig betroffen sind auch Wirbel- körper,Becken oder Klavikula (1,73,78).

Die mittlere Erkrankungsdauer beträgt zwei Jahre, maximal aber 21 Jahre (ent- sprechend dem Beobachtungszeitraum) (12, 42, 78).

Die Patienten präsentieren sich immer in gutem Allgemeinzustand, abge- sehen von Acne-fulminans-Patienten.

Vorstellungsgrund sind lokale Schmer- zen, häufig mit Schwellung und Über- wärmung. Subfebrile Temperaturen kön- nen auftreten, jedoch kein anhaltendes Fieber oder septische Verläufe.

Etwa 20 Prozent der Patienten zeigen Veränderungen an Handflächen und/

oder Fußsohlen, die palmoplantare Pu- stulose (PPP) (6, 45, 61, 67). Es handelt sich im Akutstadium um Bläschen, die rasch eintrüben und dann zu Pusteln wer- den. Ihr Inhalt ist steril und enthält neu- trophile Granulozyten. Im chronifizier- ten Stadium (Abbildung 1) zeigen sich keratotische Veränderungen mit lamellä- rer Schuppung, die langsam abheilen.

Die PPP bei einer CRMO kann ebenfalls schubweise verlaufen, unabhängig vom Verlauf der Knochenerkrankung.

Leichte Psoriasiszeichen haben die Autoren bei fünf Prozent der CRMO-Pa-

Chronisch rezidivierende

multifokale Osteomyelitis und andere nichtbakterielle Osteitiden

Klinik, Diagnostik, Therapie, Prognose und genetische Untersuchungen

Annette Jansson1, Astrid Golla², Gerd Plewig3, Alfons Meindl2, Bernd H. Belohradsky1

Zusammenfassung

Die chronisch rezidivierende multifokale Osteo- myelitis (CRMO) ist eine Erkrankung des Kin- des- und Adoleszentenalters, die dem rheu- matischen Formenkreis zugeordnet wird. Es gibt erste Hinweise auf eine genetische Grund- lage. Die CRMO manifestiert sich mit einem oder mehreren Osteomyelitisherden. Ein Teil der Patienten entwickelt zeitlich unabhängig von den Erkrankungsschüben Hautmanifesta- tionen in Form einer palmoplantaren Pustu- lose, die dem Formenkreis der Psoriasis zuge- ordnet wird. Auch bei anderen dermatologi- schen Krankheitsbildern wie Acne conglobata und Acne fulminans, Pyoderma gangraenosum oder Sweet-Syndrom werden nichtbakterielle Osteitiden oder Arthritiden beschrieben. Es wird ein Überblick über den derzeitigen Wis- sensstand zum Krankheitsbild der CRMO prä- sentiert. Klinische Symptome, Diagnostik, The-

rapie und Prognose werden erörtert, und auf diagnostische Probleme wird hingewiesen. Es fanden sich erste Hinweise, dass ein bislang unbekanntes Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 18 in der Ätiologie der Erkran- kung eine Rolle spielt. Die genetische Studie wird fortgeführt und um das Spektrum weite- rer steriler Osteitiden mit dermatologischen Manifestationen erweitert.

Schlüsselwörter: pädiatrische Erkrankung, Mo- lekularbiologie, Diagnosestellung, Osteomyeli- tis, chronische Erkrankung

Summary

Chronic Recurrent Multifocal Osteomyelitis

Chronic recurrent multifocal osteomyelitis is a disease of childhood and adolescence. It is

considered to be a rheumatic disease. There are first hints for a genetic basis. CRMO manifests in one or several sterile osteomyelitic inflam- matory lesions. Some patients develop palmo- plantar pustulosis (PPP) which is a subgroup of psoriasis. Sterile osteitis and arthritis can be seen in other dermatological diseases such as acne conglobata, pyoderma gangraenosum or sweet-syndrome as well. This article reviews clinical symptoms, diagnostics, therapy, and prognosis of CRMO. Problems of diagnosis are also discussed. Own studies present evidence for a hitherto unknown gene on the long arm of chromosome 18 contributing to the aetiolo- gy of CRMO. The genetic study will be continu- ed and expanded to the spectrum of further in- flammatory bone lesions with dermatological manifestations.

Key words: paediatric disease, molecular biolo- gy, diagnosis, osteomyelitis, chronic disease

1Kinderklinik und Kinderpoliklinik der LMU (Direktor:

Prof. Dr. med. Dietrich Reinhardt), Dr. von Haunersches Kinderspital, München

2 Abteilung medizinische Genetik der Kinderklinik und Kinderpoliklinik (Direktor: Prof. Dr. med. Jan Murken) der LMU München

3Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Gerd Plewig), Klinikum der Universität München-Innenstadt

(2)

tienten (n = 52) gefunden. In der Litera- tur finden sich bei CRMO-Patienten vor allem Assoziationen mit Morbus Crohn (8, 9), Colitis ulcerosa (5, 9, 59), sterilen, chronisch entzündlichen Lungeninfiltra- ten (44, 68, 88) und Pyoderma gangrae- nosum (31, 59, 70), aber auch mit anderen Erkrankungen (2, 21, 86). In der Famili- enanamnese aus dem Patientenkollektiv der Autoren finden sich gehäuft Autoim- munerkrankungen wie Psoriasis (n = 12), palmoplantare Pustulose, Hashimoto- Thyreoiditis, Sarkoidose, Morbus Crohn, rheumatisches Fieber und Sternum- osteomyelitis.

Diagnostik

Laborwerte

In der Tabelle 1 wird ein allgemeiner Überblick über die diagnostischen Kri- terien der chronisch rezidivierenden multifokalen Osteomyelitis präsentiert.

Die Blutkörperchensenkungsgeschwin- digkeit ist meist mäßig bis deutlich er- höht, das C-reaktive Protein (CRP) ist leicht bis mäßig erhöht, das Blutbild mit Differenzialblutbild ist unauffällig.

Blutkulturen sind negativ. Spezifische Laborparameter finden sich nicht, vor allem antinukleäre Antikörper, Rheu-

mafaktor und sonstige Autoantikörper sind nicht erhöht. Eine HLA-B-27- oder eine HLA-DR-Assoziation konn- ten die Autoren ebenfalls nicht nach- weisen.

Im Patientenkollektiv der Autoren fanden sich keine Veränderungen der Lymphozytensubpopulationen. Auch die Verteilung der quantitativen Immun- globuline, abgesehen von einer unspezi- fischen IgG-Erhöhung bei chronischen, schweren Verläufen sowie der IgG-Sub- klassen, ist unauffällig, ebenso verhält es sich für das IgD.

Bildgebung

Etwa zwei bis drei Wochen nach Be- schwerdebeginn sind im konventionellen Röntgenbild erste Veränderungen sicht- bar. Besonders Herde in den großen Röhrenknochen zeigen oft charakteristi- sche Veränderungen (Abbildung 2). Die Lokalisation ist metaphysär, oft nahe der Epiphysenfuge, mit Osteolyseherden und beginnender Randsklerose.

Betroffene Wirbelkörper zeigen end- plattennahe Destruktionsherde, die von einer diffusen Sklerose abgegrenzt wer- den, mitunter ähnlich einem Morbus Scheuermann. Spontan und im Zusam- menhang mit Traumata können Verte- brae planae (10) oder Wirbelkörperein- brüche mit der Gefahr einer Myelokom- pression entstehen. Das konventionelle Röntgenbild ist in der Mehrzahl der Fäl- le für die Diagnose der CRMO aus- schlaggebend und unabdingbar.

Herde in der Wirbelsäule, dem Becken oder im Hand- und Fußskelett sind in der Magnetresonanztomogra- phie (MRT) oft leichter zu erfassen als durch konventionelle Röntgenbilder.

Die MRT zeigt Knochenherde, sobald

die ersten strukturellen Veränderungen im Knochen stattfinden und kann zwei bis drei Wochen früher als das konventio- nelle Röntgenbild eine wesentliche dia- gnostische Hilfe geben. Sie stellt in schwierigen Fällen durch ihre Sensitivität eine geeignete Verlaufskontrolle dar. Die MRT ist nicht geeignet zum Ausschluss eines Malignoms oder einer bakteriellen Osteomyelitis.

Abbildung 1: Palmare Pustulose, chronifizier- tes Stadium etwa 6 Monate nach der pustulö- sen Erstmanifestation

Abbildung 2: In der Aufnahme des seitlichen Sprunggelenkes erkennt man geringe osteo- lytische Veränderungen in der distalen Tibia- metaphyse, in den Randbereichen deutlich vermehrte Knochenneubildung.

Aus: Jansson A, Golla A, Schneider K, Jansson V, Be- lohradsky BH: Die chronisch rezidivierende multifo- kale Osteomyelitis (CRMO): Übersicht und erste Befunde einer genetisch-rheumatologischen Stu- die. Monatsschr Kinderheilkd 2002; 150: 477–489, mit freundlicher Genehmigung Springer-Verlag Heidelberg

Aus: Jansson A, Golla A, Schneider K, Jansson V, Belohradsky BH: Die chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis (CRMO): Übersicht und erste Befunde einer genetisch-rheumatologischen Studie. Monatsschr Kinderheilkd 2002; 150:

477–489, mit freundlicher Genehmigung Sprin- ger-Verlag Heidelberg

´Tabelle 1 ´

Diagnostische Kriterien der CRMO

Hauptkriterien Nebenkriterien

Multifokal Blutbild/Differenzialblutbild unauffällig PPP oder Psoriasis Guter Allgemeinzustand

Rezidiv Blutkulturen negativ

CRP leicht bis mäßig erhöht, BKS erhöht Konventionelles Röntgenbild: Osteolyse/Sklerose Histologie unspezifisch

PPP, palmoplantare Pustulose; CRP, C-reaktives Protein; BKS, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

(3)

In der Skelettszintigraphie werden osteomyelitische Herde sichtbar. Lassen sich mehrere eindeutige Herde darstel- len, werden wichtige Differenzialdiagno- sen wie die bakterielle Osteomyelitis oder primäre maligne Knochentumoren sehr unwahrscheinlich. Mithilfe der Szin- tigraphie können auch klinisch stumme Herde nachgewiesen werden. Aufgrund ihrer hohen Strahlenbelastung stellt die Szintigraphie keine geeignete Methode zur Verlaufskontrolle dar.

Die Computertomographie hat eben- falls eine hohe Strahlenbelastung und zudem eine mangelhafte Weichteildar- stellung. In der Pädiatrie wird sie deshalb bei Verdacht auf eine chronisch rezidi- vierende multifokale Osteomyelitis nicht als routinemäßiges Verfahren eingesetzt, aber gelegentlich als Ergänzung durch- geführt, um die destruktiven Verände- rungen besser zu erfassen

Histologie

Die Histologie ist unspezifisch. Im aku- ten Stadium zeigen sich leukozytäre In- filtrate, vorwiegend aus Granulozyten, aber auch Lymphozyten. Im chroni- schen Stadium entwickelt sich eine lym- pho-plasmazelluläre Infiltration (Abbil- dung 3), oft begleitet von Fibrose, mit- unter auch Sklerose. Immunhistochemi- sche Analysen der T-Zell-Infiltrate zei- gen hauptsächlich CD8+-Lymphozyten und Monozyten. Auch diese Befunde sind nicht geeignet, die CRMO von ei- ner bakteriellen Osteomyelitis zu diffe- renzieren (26). Bakteriologische Unter- suchungen einschließlich Untersuchun- gen mithilfe der Polymerasekettenreak- tion aus Biopsien bleiben negativ (26, 50, 78).

Genetische Befunde

1991 wurde eine chronisch multifokale Osteomyelitis der Maus (cmo) beschrie- ben, die Ähnlichkeiten mit der menschli- chen CRMO aufweist (11). Die Erkran- kung ist bei der Maus auf eine spontan entstandene Mutation zurückzuführen und wird autosomal rezessiv vererbt. Das ursächliche Gen ist nicht bekannt, aber seine Lage konnte auf dem Mauschro- mosom 18 eingegrenzt werden (11).

Auch für die familiäre expansive Osteo- lyse, eine seltene hyperostotische Kno-

chenerkrankung (60, 32, 33) und für fami- liäre Fälle von Morbus Paget konnte eine Kopplung zu Chromosom 18q nach- gewiesen werden (14).

Beim Menschen gibt es keine syste- matischen Untersuchungen zum fami- liären Vorkommen der chronisch rezi- divierenden multifokalen Osteomye- litis. Sporadische Beschreibungen von

Geschwisterfällen waren bislang die einzigen Hinweise auf eine mögliche erbliche Komponente. Eigene Beob- achtungen ließen im Zusammenhang mit dem Mausmodell an eine erbliche Ursache denken. Die Autoren führen eine familienbasierte multizentrische Assoziationsstudie durch, in der derzeit 27 Eltern-Kind-Trios aus 16 Zentren ausgewertet wurden (28, 34). Es konnte gezeigt werden, dass erbliche Faktoren an der Entstehung der CRMO beteiligt sind und ein bisher noch unbekanntes Gen auf Chromosom 18 eine Rolle spielt. Eine allgemein eher seltene Vari- ante eines chromosomalen Markers auf Chromosom 18 (D18S60) war bei mehr als einem Drittel der Patienten nach- weisbar. Man kann daher davon ausge- hen, dass das Vorliegen dieser Variante die Wahrscheinlichkeit, an CRMO zu erkranken, signifikant erhöht.

Differenzialdiagnosen

Wichtigste Differenzialdiagnose ist die bakterielle Osteomyelitis (57), die nicht multifokal auftritt und in aller Regel das Allgemeinbefinden deutlich beeinträch- tigt. Auch ist jenseits des Säuglingsalters eine Leukozytose mit Linksverschiebung und eine deutlichere CRP-Erhöhung zu

erwarten. Ein Erregernachweis findet sich im Biopsat in 60 bis 70 Prozent,in der Blutkultur in 40 bis 50 Prozent der Fälle.

In die Differenzialdiagnostik mit ein- bezogen werden müssen semimaligne Prozesse, wie die Langerhanszellhistio- zytose, bei der es sich möglicherweise um eine Autoimmunerkrankung handelt und ebenfalls Vertebrae planae beobach- tet werden. Die Osteolysen sind hier schärfer begrenzt. Eine Abgrenzung zur CRMO ist histologisch möglich. Dif- ferenzialdiagnosen maligner Erkrankun- gen sind Ewing-Sarkom, Osteosarkom und leukämische Knocheninfiltrate (81).

Anhand der radiologischen Lod- wick-Stadien lassen sich hier verdächti- ge Läsionen identifizieren. Differenzi- aldiagnosen benigner Erkrankungen sind fibröse Dysplasie, Osteoidosteom, nichtossifizierendes sowie ossifizieren- des Osteofibrom.

Abbildung 3: Lymphoplasmazelluläre Infiltration des Os sacrum einer 10-jährigen Patientin ein Jahr nach Beschwerdebeginn. Die Granulozyten entsprechen normaler Blutbildung; HE-Färbung.

Aus: Jansson A, Golla A, Schneider K, Jansson V, Belohradsky BH: Die chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis (CRMO): Übersicht und erste Befunde einer genetisch-rheumatologischen Studie. Monatsschr Kinderheilkd 2002; 150: 477–489, mit freundlicher Genehmigung Springer-Verlag Heidelberg

(4)

Verwandte Erkrankungen

SAPHO-Syndrom

Der Begriff SAPHO (Synovi- tis, Akne, Pustulosis, Hyper- ostosis, Osteitis) versucht die Krankheitsbilder zusammen- zufassen, die mit einer sterilen Osteitis und/oder Hautmani- festationen und/oder Arthritis vergesellschaftet sind. Von an- deren Autoren wird die CRMO beim SAPHO-Syndrom ein- geordnet (39, 84). Es finden sich in dieser heterogenen Gruppe unter anderem auch vorwiegend männliche adoles- zente Patienten mit Arthritis und/oder abakteriellen Osteiti- den im Zusammenhang mit ei- ner Acne fulminans (39, 41, 72, 82, 83) (Abbildungen 4 und 5).

Bei der Acne fulminans handelt es sich im Gegensatz zu der CRMO um eine Sys- temerkrankung (Tabelle 2).

Die zahlreichen, hochentzünd- lichen Akneeffloreszenzen fin- den sich vorwiegend im proxi- malen Bereich von Brust und Rücken und zeigen tiefe Ulze-

rationen. Auch Erythema nodosa und Pyoderma gangraenosum (46, 85) wer- den bei diesen Patienten beobachtet.

Obwohl erhöhte und auch septische Temperaturen bei Manifestation der Er- krankung auftreten, findet sich kein Er- reger in den Blutkulturen. Bakteriologi- sche Untersuchungen der Hautläsionen zeigen inkonstante Befunde, die lediglich mit Superinfektionen durch ortsansässi- ge Keime vereinbar sind.

Das Blutbild zeigt eine Leukozytose mit Linksverschiebung, oft auch eine Ei- senmangelanämie. Die Entzündungspa- rameter sind massiv erhöht. Gleichzeitig kann sich eine schmerzhafte Hepatosple- nomegalie finden, auch chronisch verlau- fende Glomerulonephritiden können as- soziiert sein (49). Muskuloskelettale Ma- nifestationen wie Osteitiden (62), Ar- thralgien, Arthritis (62) oder Myositis (48) gehören ebenfalls zu dem Krank- heitsbild der Acne fulminans. Die er- krankten jungen Männer zeigen oft eine typische schmerzgeprägte eingefallene

Haltung, wirken krank und bewegen sich vorsichtig wegen der ausgepräg- ten Gelenk- oder Knochenbeschwerden.

Biopsien aus dem Bereich von Osteomy- elitisherden zeigen ein unspezifisches Bild ohne Erregernachweis (62). Auch die Aknepatienten können im Krank- heitsverlauf eine Hyperostose der Osteo- myelitisherde entwickeln (47).

Therapeutisch werden bei der Acne fulminans systemisch Steroide, Retino- ide und/oder Dapson eingesetzt, Anti- biotika dienen der Behandlung einer Su- perinfektion. Eine frühzeitige Beendi- gung der Steroidtherapie kann zu Rezi- diven führen. Nichtsteroidale Antiphlo- gistika haben sich therapeutisch bei den muskuloskelettalen Manifestationen der Acne fulminans bewährt (41, 47). Das Auftreten der Acne fulminans bei mono- zygoten Zwillingen wurde mehrfach be- schrieben (29).

Unter dem Oberbegriff SAPHO-Syn- drom lässt sich auch die sternokostokla- vikuläre Hyperostose (SCCH) einord-

nen (51) und das ACW-Syndrom (ante- rior chest wall) (37). Auch Spondarthri- tiden wurden im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild Akne beschrieben (71, 76, 89).

Diagnostisches Vorgehen

Bei Knochenschmerzen (Differenzial- diagnose: Gelenkschmerzen) wird neben der Blutentnahme (Blutbild, Differenzi- alblutbild, Entzündungsparameter und Blutkulturen) zunächst ein konventio- nelles Röntgenbild angefertigt. Bei Ver- dacht auf Osteomyelitis wird eine Ske- lettszintigraphie durchgeführt. Reichern sich die Isotope nur im Bereich des be- kannten Herdes an, empfiehlt sich die Durchführung einer MRT. Eine offene Probeentnahme zur bakteriologischen Untersuchung und histologischen Beur- teilung ist in diesem Fall anzuraten. Sollte allerdings eine PPP assoziiert sein, darf auch im Fall einer unifokalen Manifesta- Abbildung 4: 15-jähriger Patient mit einer Acne fulmi-

nans, typischer Befall der Brust

Abbildung 5: Patient aus Abbildung 4, wäh- rend des zweiten Erkrankungsschubes ent- wickelte er Rückenschmerzen. Veränderungen der Deckplatten vor allem der Brustwirbelkör- per (BWK) 4, 6, 8 und 9. Der BWK 6 ist keilför- mig nach ventral höhengemindert.

(5)

tion auf die Biopsie verzichtet werden.

Sollten in der Szintigraphie mehrere Herde dargestellt werden, besteht bei gutem Allgemeinzustand, unauffälligem Blutbild sowie charakteristischen Rönt- genbefunden der Verdacht auf das Vorliegen einer CRMO, insbesondere bei assoziierten Hautmanifestationen. Je nach Lokalisation und Ausprägung der Herde werden konventionelle Röntgen- bilder oder ein Magnetresonanztomo- gramm durchgeführt. Auf eine Biopsie darf bei regelmäßigen klinischen Kon- trollen verzichtet werden. Die Verlaufs- kontrollen sind individuell zu handha- ben. Die MRT ist nicht routinemäßig in- diziert, nur bei schweren Verläufen mit komplikationsträchtigen Lokalisationen.

Therapie

Die Therapie der CRMO ist in erster Li- nie symptomatisch. Antibiotika, auch über lange Zeiträume, haben am Spon- tanverlauf der Erkrankung nichts geän- dert (7, 10, 18, 22, 37, 44, 55, 64, 78, 79).

Auch chirurgische Eingriffe wie Küretta- gen oder Teilresektionen haben keinen langfristigen Erfolg gezeigt (12, 64, 69).

Nichtsteroidale Antiphlogistika wie Na- proxen, Indometacin oder Diclofenac zeigen bei den Patienten in 80 Prozent befriedigende Wirkung. Einsatz und Dauer der Medikation hängt ganz vom

individuellen Verlauf ab. Die Autoren se- hen auch Patienten, die sehr kurze und leichte Verläufe zeigen und ohne Medi- kation beschwerdefrei werden. Andere benötigen nur eine Bedarfsmedikation.

Je länger und heftiger die Verläufe sind, umso konsequenter und langfristiger ist der Einsatz der Antiphlogistika zu pla- nen. Die 20 Prozent der Patienten, die hierauf nicht befriedigend ansprechen, stellen die eigentliche Problemgruppe dar. Bisphosphonate haben bei erwach- senen Patienten mit chronischen Verläu- fen nach unveröffentlichten Mitteilun- gen zu deutlichen Besserungen geführt.

Bei der CRMO können in Ausnahme- fällen Steroide mit Erfolg eingesetzt wer- den (7, 78, 79, 88). Die Nebenwirkungen bei dieser zumeist gutartigen Erkran- kung sind aber sorgfältig abzuwägen.Das gilt auch für Immunsuppressiva wie Aza- thioprin (30) oder Methotrexat (40). Ka- suistisch werden gute Therapieerfolge durch TNF-alpha-Antagonisten (58) be- richtet. Zur Therapie mit Interferon- Gamma gibt es keine aktuellen Daten (3, 24). Bei der Acne fulminans werden grundsätzlich Steroide eingesetzt (41).

Azithromycin – weniger wegen seiner antibiotischen, sondern wegen seiner antiinflammatorischen Wirkung – wird im Rahmen eines Therapieversuches derzeit bei erwachsenen Patienten mit SAPHO-Syndrom und Kindern mit CRMO angewandt (66). Empfohlen

wird zusätzlich eine Kombination mit Calcitonin (65). Es gibt keine Studien über die Effekte einer Langzeittherapie mit Azithromycin im Kindesalter. Für die reguläre Langzeitbehandlung größe- rer Patientenkollektive müssen zunächst doppelblinde randomisierte Dosisfin- dungsstudie durchgeführt werden. Dau- er und Nebenwirkungen der Therapie sind offen. Kanzerogenitätsstudien lie- gen laut Fachinformation nicht vor, da nur eine kurzzeitige Anwendung vorge- sehen ist. Calcitonin ist im Kindesalter nicht zugelassen. Die Autoren können die berichteten Erfolge nicht bestätigen und erhalten immer häufiger Informatio- nen über Patienten, die einer monatelan- gen Therapie mit Azithromycin unterzo- gen wurden und entweder Rezidive erlit- ten oder nicht beschwerdefrei wurden.

Prognose

Der Verlauf der Erkrankung ist in der Regel gutartig und selbstlimitierend (7, 12, 53, 54, 67, 68, 76). Klinisch und auch zum Teil radiologisch kommt es bei den meisten Kindern vor Abschluss der Pu- bertät zur Ausheilung. Langzeitbeobach- tungen an größeren Kollektiven im Kin- desalter fehlen, in den vorliegenden Stu- dien sind erwartungsgemäß Patienten mit Komplikationen länger nachbeob- achtet worden (31).

´Tabelle 2 ´

Vergleich von CRMO und Acne fulminans

Parameter CRMO Acne fulminans

Manifestationsalter 7–12 Jahre 13–16 Jahre

Hautmanifestationen PPP, Psoriasis, Ulzerierende Akne, Erythema nodosum,

Pyoderma gangraenosum Pyoderma gangraenosum

Knochenmanifestationen Osteomyelitis Osteomyelitis

Hyperostose Hyperostose

Blutbild mit Differenzialblutbild Normal Leukozytose, Linksverschiebung

Entzündungsparameter CPR leicht erhöht, BKS erhöht CRP erhöht, BKS stark erhöht

Fieber Selten, subfebril Oft sehr hoch

Organmanifestationen nach Häufigkeit Morbus Crohn Hepatosplenomegalie (häufig)

Colitis ulcerosa Glomerulonephritis

Sterile Lungeninfiltrate Myositis Glomerulonephritis

Blutkulturen und Gewebebiopsien Steril Steril

Familiäres Auftreten Beschrieben Beschrieben

PPP, palmoplantare Pustulose; CRP, C-reaktives Protein; BKS, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

(6)

Etwa 20 Prozent der Patien- ten zeigen einen langjährigen Verlauf mit häufigen Rezidi- ven. Ein Teil dieser Patienten- gruppe zeigt Komplikationen und Defektheilungen (4, 19, 31, 90). Acht von 52 Patienten aus dem Kollektiv der Autoren zei- gen derzeit deutliche skelettale Beeinträchtigungen: zweimal eine kosmetisch störende Hy- perostose der Klavikula und je- weils einmal eine Hyperostose des proximalen Drittels der Ul- na, eine massive Hyperostose der distalen Tibia (Abbildung 6), eine Hyperostose im proxi- malen Abschnitt des Femur, ei- ne asymmetrische Destruktion des 5. Brustwirbelkörpers (BWK) mit einer rechtskonve- xen Skoliose, eine pathologi- sche Fraktur des 5. und 7. BWK nach Reitunfall sowie eine Kompression des 5. Halswir- belkörpers mit beginnender Myelokompression. Mögliche schwere Komplikationen bei Wirbelkörperbefall sind beson- ders zu beachten. Nach eigenen Beobachtungen könnte ein späterer Erkrankungsbeginn prognostisch eher ungünstig

sein. In der Literatur finden sich hierfür Hinweise (31).Auch eine Assoziation mit einer palmoplantaren Pustulose könnte auf einen schwereren Verlauf hindeuten.

Diagnostische Probleme

Die CRMO wird immer häufiger als Dif- ferenzialdiagnose in Erwägung gezogen, da sie in den letzten Jahren durch zahlrei- che Publikationen bekannt geworden ist.

Der Oberbegriff des SAPHO-Syndroms macht deutlich, wie schwer Grenzen zu verwandten Erkrankungen zu ziehen sind. Auch sorgfältig dokumentierte no- sologische Studien an zahlreichen Pati- enten aus dieser Patientengruppe (15–17, 23, 27, 36, 38, 43, 71–77, 80, 87) haben kei- ne eindeutige diagnostische Einteilung schaffen können.

Die sehr differenzierte Bildgebung mittels Skelettszintigraphie und Magnet- resonanztomographie ist in der Lage, auch kleine Läsionen gut darzustellen.

Mithilfe der Szintigraphie können bei der CRMO nicht nur eindeutig gesicher- te Herde identifiziert werden, sondern ebenso Lokalisationen, an denen ein Trauma oder eine Fehlbelastung stattge- funden hat. Dies wird nicht immer berücksichtigt, sodass die Anzahl der szintigraphisch gesicherten Herde niedri- ger zu schätzen ist als angegeben.

Die MRT zeigt auch in länger fehlbe- lasteten Arealen unter Umständen ein Knochenmarködem. Ebenso kann die HLA-B-27-positive reaktive Arthritis in der Magnetresonanztomographie eine Osteomyelitis im Kalkaneus oder Os ile- um imitieren. Aus diesem Grund sind Knochenherde bei HLA-B-27-positiven Patienten, insbesondere wenn noch eine Arthritis assoziiert ist, nicht als Osteomy- elitis zu betrachten. Bei unseren Patien- ten, die streng nach konventionell radio- logischen Kriterien als Osteomyelitis dia- gnostiziert wurden, findet sich nur einmal während des Krankheitsverlaufes ein flüchtiger Gelenkerguss lokal, unabhän-

gig von den CRMO-Herden, und das bei einer HLA B-27-positiven Patientin.

Auch bei den übrigen Patienten wurden nur ausnahmsweise benachbart zu den Knochenherden minimale Reizergüsse festgestellt. Die Vermutung liegt nahe, dass Autoren, die andere Befunde erhe- ben, ein anderes Kollektiv betrachten.

Genetische Untersuchungen

Die bisherigen genetische Befunde stüt- zen sich auf sehr kleine Fallzahlen. Um diese vorläufigen Befunde zu überprü- fen, ist eine Erweiterung der familienba- sierten Assoziationsstudie geplant. Ge- netische Untersuchungen werden derzeit im Rahmen der laufenden Studie kosten- frei angeboten. Auch die Untersuchung beider Eltern sowie gesunder Geschwi- ster ist von Interesse. Unter der angege- benen Adresse können die Studienunter- lagen angefordert werden.

Die folgenden Patientengruppen wer- den untersucht:

❃CRMO,

❃Acne fulminans und Acne congloba- ta mit radiologisch gesicherten Knochen- herden,

❃SAPHO-Syndrom mit radiologisch gesicherten Knochenherden,

❃Psoriasis mit gesicherten Knochen- herden und

❃Pyoderma gangraenosum mit radio- logisch gesicherten Knochenherden.

Bedanken möchten wir uns bei Herrn Professor Dr. K.

Schneider, Frau Dr. B. Kammer (Radiologische Abteilung der Kinderklinik), Frau Dr. J. Ramser und den Mitarbeitern der Abteilung Pädiatrische Genetik, sowie bei allen Kolleginnen und Kollegen, die diese Studie durch Einsenden von Materi- al und klinischen Informationen ermöglicht haben.

Manuskript eingereicht: 17. 7. 2003, revidierte Fassung an- genommen: 9. 10. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 584–589 [Heft 9]

Abbildung 6: Patient aus Abbildung 2, fünf Jahre nach Er- krankungsbeginn. Distaler Unterschenkel in zwei Ebenen.

Schwerer rezidivierender Verlauf mit Hyperostose. Mas- sive periostale/kortikale sklerosierende Veränderungen mit Auftreibungen der distalen Diametaphyse.

Aus: Jansson A, Golla A, Schneider K, Jansson V, Belohradsky BH:

Die chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis (CRMO):

Übersicht und erste Befunde einer genetisch-rheumatologi- schen Studie. Monatsschr Kinderheilkd 2002; 150: 477–489, mit freundlicher Genehmigung Springer-Verlag Heidelberg

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturver- zeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet un- ter www.aerzteblatt.de/lit0904 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Annette Jansson

Klinikum der Universität München-Innenstadt Kinderklinik und Poliklinik

im Dr. von Haunerschen Kinderspital Lindwurmstraße 4, 80337 München

E-Mail: annette.jansson@med.uni-muenchen.de

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Durch ihre abschließende Stellungnahme will die Gutachterstelle dem Patienten, aber auch dem Arzt einen Hinweis geben, wie ein Richter bei einem Arzthaftungsprozess entscheiden

So konnte in einer randomisierten, kontrollierten Studie im Ein-Jahres-Follow-up eine Rezidivblutungsrate von 14,8 Prozent in der mit Bariumsulfat be- handelten Gruppe, im

Am weitaus häufigsten finden sich Angioödeme als Teilbild oder Äquivalent einer Urtikaria, wobei die Angioödeme als Ödeme der Subkutis lediglich als tiefer gelegene Form der

Von dieser klassischen MRT-Morpholo- gie abweichende Formen können sich bei der Tuberkulose finden (37). Differentialdiagnostisch ist dann an Tumoren zu denken. Ebenso ist

Diese können folg- lich auch nach Abtötung der Keime, sei es durch Antibiotika oder Erhitzen, als isolierte konjugierte Antigene noch pa- thogen sein.. Der Mechanismus ihrer

Da, wie berichtet, auch Assoziatio- nen der chronisch rezidivierenden mul- tifokalen Osteomyelitis zu anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn zu bestehen

Wir kennen keinen Patienten mit schwerem Verlauf, der dauerhaft durch diese Therapie geheilt wurde, wir ken- nen aber Patienten (auch Kinder!), die zum Teil monate- und jahrelang

Ausgabe A 82.. die beiden großen Achsen der humoralen Abwehr. Hypogam- mag/obu/inämien rufen Bakte- riämien oder ganz verschie- den lokalisierte Infektionen hervor. Meist