Zum höheren Ruhme des sozialistischen Experiments!
Gesundheitszentrum Gropiusstadt pleite?
Das Gesundheitszentrum Gro- piusstadt, über dessen Eröff- nung mit großem Volksfest, Bratwurst und bunten Luftbal- lonen das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT (32/1976, Seite 2053) nur zurückhaltend berichtete — was zu der Kontroverse im Le- serbriefteil führte (DÄ 45/1976, Seite 2899) — dieses „fort- schrittlichste Projekt in Berlin"
(Senator Erich Pätzold) ist schlicht „pleite".
Das Gesundheitszentrum Gro- piusstadt sollte zum Modell für eine umfassende medizinische, psychologische und soziale Versorgung der Bevölkerung werden. Anfangs acht, zuletzt elf Ärzte in einem kostspieligen Superbau, dessen Mietzins sich sonst kein normaler niederge- lassener Arzt leisten kann, sind in dem Modell in der Lipp- schitzallee, einer integrierten Gruppenpraxis fachübergrei- fenden Charakters, vertreten.
Angeschlossen wurde eine so- genannte Sozialstation, in der neben Psychologen, Sozialar- beitern und Psychagogen auch einige Hauskrankenschwestern mitarbeiteten.
Aus ideologischen — nicht aus finanziellen — Gründen wurde auf einen Kredit der Kassenärzt- lichen Vereinigung Berlin ver- zichtet, weil dafür selbstschuld- nerische Bürgschaften einge- gangen werden sollten. Das Zahlenlotto machte es auf einen Wink vom Senat billiger: eine Million DM zinslos. Aber schon bei der Einweihung verlautete, die Initiatoren bemühten sich um die zweite Million und such- ten nur ein Spendenopfer.
Die Initiatoren waren von der durchsichtigen Annahme aus- gegangen, sie lieferten eine an- dere Medizin, also müßten ih- nen auch ganz andere Vor- schüsse und Durchschnittssät- ze eingeräumt werden. Aber nach den Satzungen der Selbst- verwaltungskörperschaften ist jemand noch nicht gleicher als die anderen, wenn er im ideolo- gischen Gewande agiert.
Inzwischen steht fest, daß dies die teuerste Medizin ist, die bis- her in Berlin praktiziert wurde, eine Medizin, die im Zeichen der Kostendämpfung im Ge- sundheitswesen einem Ana- chronismus gleicht. Der Sena- tor für Gesundheit und Umwelt- schutz, Erich Pätzold, pries das Objekt zwar bei der Einweihung als fortschrittlich, hinsichtlich der Erfolgsaussichten hielt er sich in seinen Prognosen merk- lich zurück. Nun kann das Ob- jekt im bisherigen Rahmen
nicht weitergeführt werden — es sei denn, jemand bewilligt wei- tere Steuergelder, die ebenso verpulvert würden. In Berlin gibt es ja dafür genug „Kreisel- Erfahrung".
Natürlich wird der Schwarze Peter nunmehr den Kranken- kassen und der KV zugescho- ben; plötzlich haben die Kran- kenkassen immer noch nicht die Wichtigkeit der Behandlung der psychosomatischen Krank- heiten erkannt und honorieren diese Behandlung durch Psy- chologen unter Wert. Daß ei- nige real denkende Ärzte des Teams das Modell noch vor dem ersten Jahr des Bestehens aufgeben wollen, wird als Kapi- tulation diffamiert.
Welcher Weg auch gewählt wird, die Schulden bleiben — es sei denn, eine Filzokratie, die mit Verlusten zu jonglieren ver- steht, stopfte auch dieses Loch zum höheren Ruhme des ideo- logischen Experiments. zel
Die Information:
Bericht und Meinung
DIE GLOSSE
Freiberufler selbst aufkommen muß, weniger als 50 Prozent verbleiben.
Berücksichtige man noch die Mitar- beit der Ehefrau und weiterer Fami- lienmitglieder, so werde klar, daß die Kritik an den Ärzteeinkommen unge- rechtfertigt ist. yn/gb
BERLIN
Krankenhausbetten nach Bedarf
Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin nahm mit gro- ßer Mehrheit eine Entschließung an, in der die vom Senator für Gesund- heit und Umweltschutz, Erich Pät- zold, beabsichtigte Verminderung der Krankenhausbetten in Berlin um 7000 (von 33 500 auf 26 500) abge- lehnt wird. Die Versammlung fordert:
Die Zahl der in Berlin für die Bevöl- kerung bereitzuhaltenden Kranken- hausbetten hat sich nach dem Be- darf zu richten. Der Senator für Ge- sundheit und Umweltschutz wird aufgefordert, statt des zur Diskus- sion gestellten Bettenzielpianes ei- nen echten Bettenbedarfsplan vor- zulegen.
Vor Verringerung der Zahl der Kran- kenhausbetten sind im Interesse der Kranken zunächst einmal die Vor- aussetzungen hierfür zu schaffen, zum Beispiel durch Ausbau der Hauskrankenpflege und durch Ein- führung individueller Pflegesätze.
Bei nachweisbar sinkendem Bedarf an Krankenhausbetten ist vor Schließung ganzer Krankenhäuser die Zahl der Betten auf den einzel- nen Stationen und Abteilungen zu verringern.
In dem Beschluß wendet sich die Ärztekammer Berlin dagegen, daß die vom Berliner Gesundheitssena- tor vorgegebene „normative Ziel- größe" „frei von externer Beeinflus- sungsmöglichkeit" sein solle, das heißt, daß der Bedarf den vorhande- nen Betten angepaßt werden soll und nicht die Bettenzahl dem nach- weisbaren Bedarf. zel