A 1716 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 33|
19. August 2011 In den meisten Ländern ist die Sterblichkeit amMammakarzinom gesunken. Dies ist einer Un- tersuchung im „British Medical Journal“ (BMJ 2011; 343: d4411) zufolge allerdings – wenn überhaupt – nur zu einem geringen Anteil der Einführung der Mammographie zu verdanken.
Vielmehr hätten die adjuvante Chemotherapie und die Strahlentherapie die Prognose für Kar- zinome im Frühstadium verbessert.
Um den Anteil der Mammographie am Rückgang der Sterblichkeit zu untersuchen, stellten Philippe Autier vom International Pre- vention Research Institute in Lyon und Mitar- beiter die Entwicklung der Brustkrebssterblich- keit in drei Paaren von Ländern mit vergleich- baren Gesundheitssystemen gegenüber.
Jeweils eines der Länder hatte die Mam- mographie um zehn bis 15 Jahre früher einge- führt als das andere. Nach den Erfahrungen
der Früherkennung auf das Zervixkarzinom hätte sich in diesem Intervall ein Vorteil für das Land zeigen müssen, dass die Mammographie früher eingeführt hat. Dies war allerdings nicht der Fall, wie Autier anhand der Mortalitätsda- ten der Weltgesundheitsorganisation aufzeigt.
Eines der untersuchten Länderpaare waren Nordirland und die Republik Irland. Nordirland hatte das Mammographiescreening 1990 einge- führt, Irland erst 2000. Die Brustkrebssterblich- keitsrate sank zwischen 1989 und 2006 in Nord- irland um 29 Prozent, in Irland um 26 Prozent.
Das zweite Länderpaar sind die Niederlande und Belgien. In den Niederlanden wird die Mammographie seit 1989 angeboten, in Bel- gien erst seit 2001. Der Rückgang der Brust- krebssterblichkeit betrug 25 Prozent in den Niederlanden und 20 Prozent in Belgien. Im Landesteil Flandern, wo die Mammographie
gut aufgenommen wurde, ging die Brustkrebs- sterblichkeit um 25 Prozent zurück.
Das dritte Länderpaar sind Schweden und Norwegen. Schweden begann 1986 mit dem Mammographiescreening, das bis 1990 auf alle Landesteile ausgedehnt wurde. Dennoch war der Rückgang der Brustkrebssterblichkeit mit 16,0 Prozent geringer als in Norwegen, das 1996 mit dem Screening begann und erst 2005 eine landesweite Ausdehnung erreichte.
Die Brustkrebssterblichkeit sank um 24,1 Pro- zent. Gegen einen bedeutenden Einfluss des Screenings spricht aus Sicht von Autier auch, dass der Rückgang der Brustkrebssterblichkeit in den meisten Länder vor Einführung des Mammographiescreenings einsetzte und am größten in der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen war, die nicht in allen Ländern in das Scree- ning einbezogen wurden. Rüdiger Meyer
NEUE DATEN ZU MAMMOGRAPHIE UND BRUST KREBS STERBLICHKEIT
Die Fusion des Universitätsklini- kums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel und Lübeck sollte nach An- sicht des Wissenschaftsrates (WR) – soweit dies möglich ist – rückgän- gig gemacht werden. Im Rahmen seiner Sommersitzungen im Juli in Berlin empfahl das Gremium „eine standortindividuelle Weiterentwick- lung in Forschung, Lehre und Kran- kenversorgung“.
Die Standorte Kiel und Lübeck zeichnen sich dem Rat zufolge durch eine starke und wettbewerbs- fähige Forschung aus, wobei Kiel besonders viele Drittmittel einwer- be und Lübeck über die Jahre hin- weg als hervorragend in der Lehre gelte. „Allerdings können wir nicht erkennen, dass die Zusammenle- gung der Universitätsklinika und der Medizinausschuss als koordi- nierendes Gremium die positive wissenschaftliche Entwicklung un- terstützen“, erklärte Prof. Dr. Wolf- gang Marquardt, Vorsitzender des WR. Für die Zukunft empfiehlt der Rat deshalb, auf den Medizinaus- schuss zu verzichten und die Medi- zinischen Fakultäten im Klinikums- vorstand zu beteiligen. ER KIEL UND LÜBECK
Kritik an Klinikfusion
Einige ehemalige Medizinstudie- rende können auf einen nach - träglichen Erlass bei der BAföG- Rückzahlung hoffen. Das Bundes- verfassungsgericht erklärte eine alte Regelung teilweise für verfassungs- widrig (Az.: 1 BvR 2035/07).
Die Karlsruher Richter gaben einer Verfassungsbe- schwerde von Dr. med. Frank J. Reuther, Ulm, statt. Er hatte in den 90er Jahren in den neuen Bundesländern studiert und BAföG erhalten. Sein Stu- dium beendete er zügig. Ei- gentlich hätte ihm ein „großer Teilerlass“ bei der Rückzah- lung in Höhe von 5 000 DM gewährt werden müssen. Die- sen Erlass bekamen damals die Studierenden, die vier Monate vor Ende der Förderungshöchstdau- er abschlossen. Reuther erhielt den Erlass aber nicht.
Hintergrund: Im Osten galt da- mals für Mediziner eine Förde- rungshöchstdauer von sechs Jahren und drei Monaten, im Westen von sechs Jahren und sechs Monaten.
Für alle war eine Mindeststudien- zeit von sechs Jahren Pflicht. Das BAFÖG-RÜCKZAHLUNG
Alte Regelung für Mediziner rechtswidrig
bedeutete: Studenten aus den neuen Ländern, wie Reuther, konnten von dem Spareffekt nicht profitieren.
Sie hätten dann die Mindeststudien- zeit unterschritten. Dies sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unver- einbar, hieß es jetzt in dem Urteil. Die
Regelung, um die es geht, ist heute in dieser Form nicht mehr gültig.
Nach dem Beschluss der Verfas- sungsrichter hat der Gesetzgeber nun bis zum Jahresende Zeit, für al- le betroffenen Studenten eine Neu- regelung vorzulegen. Wem ein gro- ßer Teilerlass verwehrt wurde, soll- te sich mit Hinweis auf das jetzige Urteil an das Bundesverwaltungs-
amt wenden. BH/dapd
BAföG-Emp- fänger in Ost- deutschland waren nach der früheren Rege- lung benachtei- ligt.
Foto: Keystone