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NMR Spektroskopische Untersuchungen von Körperflüssigkeiten (Kinderurin)

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(1)

von

Körperflüssigkeiten

(Kinderurin)

DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades eines Doktors

der Naturwissenschaften

-Dr. rer. nat.-

Dem Fachbereich Biologie/Chemie der

Universität Bremen

vorgelegt von

Simone Tamoschus-Witt

Bremen

September, 2007

1. Gutachter: Prof. Dr. Dieter Leibfritz

2. Gutachter: Prof. Dr. Wolf-Dieter Stohrer

(2)

In der Wissenschaft gleichen wir alle nur den Kindern, die am Rande des Wissens hie und da einen Kiesel aufheben, während sich der weite Ozean des Unbekannten vor unseren Augen

erstreckt.

(3)

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. D. Leibfritz für die Themenstellung und die Unterstützung und Förderung, die es mir ermöglicht haben, diese Arbeit fertig zu stellen.

Herrn Prof. Dr. Stohrer danke ich für die Bereitschaft zur Begutachtung und Diskussion dieser Arbeit.

Bei Herrn Dipl.-Ing. Johannes Stelten und Dr. Wieland Willker bedanke ich mich für die Unterstützung bei technischen Problemen und NMR-spektroskopischen Fragestellungen.

Frau Dipl.-Ing. Dorit Kemken danke ich für die schnelle und erfolgreiche Einarbeitung in die HPLC.

Vielen Dank an alle Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Prof. Dr. D. Leibfritz für die Hilfe und die Ratschläge im Rahmen der praktischen Arbeit, sowie die fördernden und unterhaltsamen Gespräche.

Ich danke allen Mitarbeitern und Freunden, die mir bereitwillig Proben zur Verfügung gestellt haben.

Ein spezieller Dank gilt meinen Freunden und meiner Schwester, die mich begleitet, meine Launen ertragen und mich immer wieder motiviert haben.

Ganz besonders danke ich meinen Eltern für ihr Verständnis und die liebevolle Unterstützung in jeder Hinsicht.

(4)

1. Einleitung...5

2. Darstellung der Methoden

2.1. Kernmagnetische Resonanzspektroskopie...7

2.1.1. Einführung...7

2.1.2. Physikalische Grundlagen...7

2.1.3. Allgemeine Experimente...8

2.1.4. Anwendungsgebiete...9

2.1.5. Aufarbeitung von Körperflüssigkeiten für die NMR-Spektroskopie...10

2.1.5.1. Aufarbeitung von Urin...10

2.2. Festphasenextraktion...11

2.2.1. Einführung...11

2.2.2. SPE-Phasen...12

2.2.3. Methodenentwicklung...13

2.2.4. Durchführung der Trennung...14

2.3. Hochdruckflüssigchromatographie...16

2.3.1. Einführung...16

2.3.2. Methodenentwicklung...17

2.3.3. Durchführung der Trennung...18

2.4. Ergebnisse der Trennungen...18

2.4.1. Festphasenextraktion...19

2.4.1.1. Chromabond C18...20

2.4.1.2. Chromabond EASY...21

2.4.2. Hochdruckflüssigchromatographie...22

2.4.3. Zusammenfassung...24

3. Identifizierung unbekannter Metabolite

3.1. Anatomie und Funktion der Niere...25

3.2. Einführung...27

3.2.1. Allgemeine Durchführung...28

(5)

3.3.1.2. Heteroaromaten...35

3.3.1.2.1. Nukleoside...35

3.3.1.2.2. Pyridine...39

3.3.1.2.3. Indole und Imidazole...42

3.3.2. Proteinogene Aminosäuren...44

3.3.2.1. Unpolare, aliphatischeAminosäuren...44

3.3.2.2. Aromatische Aminosäuren...46

3.3.2.3. Polare, ungeladene Aminosäuren...48

3.3.2.4. Positiv geladene Aminosäuren...50

3.3.3. Kohlenhydrate...52 3.3.3.1. Monosaccharide...53 3.3.3.2. Disaccharide...57 3.3.3.3. Zuckeralkohole...58 3.3.4. Biogene Amine...60 3.3.4.1. Quartäre Ammoniumverbindungen...60 3.3.4.2. Methylamine...62 3.3.4.3. Guanidin-Verbindungen...63 3.3.4.4. Primäre Amine...65 3.3.5. Carbonsäuren...67 3.3.5.1. Dicarbonsäuren...67 3.3.5.2. Tricarbonsäuren...70 3.3.5.3. Aminocarbonsäuren...72 3.3.5.4. Hydroxycarbonsäuren...73 3.3.5.5. Oxocarbonsäuren...75 3.3.5.6. Andere Verbindungen...76 3.4. Zusammenfassung...78

4. Einfluss der Ernährung auf die Zusammensetzung des Urins

4.1. Einführung...80

4.2. Allgemeine Durchführung...81

4.3. Untersuchte Nahrungsmittel...81

4.3.1. Bananen...82

(6)

4.4. Zusammenfassung...89

5. Anhang...90

5.1. Lagerung und Vorbereitung der Urinproben...90

5.2. Durchführung der NMR-Messungen...90

5.3. NMR-Parameter von Urin-Metaboliten (pH 5,85)...91

6. Abkürzungen...107

(7)

1. Einleitung

Die Urinuntersuchung ist eine sehr alte Methode zur Diagnose von Krankheiten. Bereits im alten Ägypten (etwa 2500 v. Chr.) waren Polyurie und Hämaturie bekannt. Hindu-Ärzte untersuchten den Urin mit allen fünf Sinnen und die Griechen deuteten Veränderungen des Urins als Symptom verschiedener Krankheiten. Im 16. Jahrhundert wurde die Uroskopie zu einem diagnostischen Universalmittel. Sie galt als wichtigste Tätigkeit des Arztes. Das kolbenförmige Harnglas wurde zum Standessymbol der Ärzteschaft. Ende des 18. Jahrhunderts wurden mit der chemischen Analyse präzisere Methoden für die Urinuntersuchung entwickelt. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts kam die mikroskopische Betrachtung des Urins hinzu. Heute sind die Untersuchungen weitestgehend automatisiert. Der Urin dient nicht nur zur Diagnose von Krankheiten, er wird auch für Drogentests und zur Medikamentenforschung eingesetzt. Geringe Mengen reichen aus, um im Labor eine Vielzahl von Krankheitsparametern zu bestimmen.

Die Probleme einer solchen Untersuchung liegen in dem hohen Zeit- und Kostenaufwand. Für die Analyse ist eine aufwendige Probenvorbereitung notwendig, bis hin zur Isolierung einzelner Metabolite. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit von Substanzverlusten sehr groß. Verschiedene Untersuchungen können auch an nativen Urinproben erfolgen. Diese Methoden sind jedoch zumeist nicht sehr spezifisch, so dass ähnliche Substanzen die Ergebnisse verfälschen können. Zudem erfordert die Untersuchung von Einzelsubstanzen eine Vorauswahl der zu untersuchenden Verbindungen. Dabei können unerwartete oder unbekannte Metabolite nicht berücksichtigt werden.

Die NMR-Spektroskopie bietet hier verschiedene Vorteile. Das Protonenspektrum einer Urinprobe stellt sämtliche niedermolekularen, protonenhaltigen Metabolite dar. Damit liefert es einen nahezu vollständigen Überblick über die Zusammensetzung des Urins. Die Messungen erfordern, je nach Fragestellung, nur wenig Probenvorbereitung und können in kurzer Zeit durchgeführt werden. Mustererkennungsverfahren ermöglichen eine zügige Auswertung der Spektren. Mit ihrer Hilfe können mögliche Abweichungen im Metabolitenprofil des Urins ermittelt werden. Darüber hinaus ermöglicht diese Methode die Aufklärung unbekannter Substanzen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene Urinproben gesunder Probanden mit Hilfe der NMR-Spektroskopie untersucht. Diese Untersuchungen sind nützlich, um neue Kenntnisse über enthaltene Metabolite und deren Konzentrationen zu gewinnen. Mit diesem Wissen können pathologische Veränderungen erkannt und Stoffwechselstörungen identifiziert

(8)

Zu Beginn werden die Grundlagen der NMR-Spektroskopie und zweier Trennmethoden, Festphasenextraktion (SPE) und Hochdruckflüssigchromatographie (HPLC), beschrieben. Die Festphasenextraktion wurde angewendet, um verschiedene Substanzklassen der komplexen Urinproben zu separieren. Anschließend wurde mit Hilfe der HPLC eine Fraktion der SPE weiter aufgetrennt. Auf diese Weise konnte die Anzahl der Signale in den NMR-Spektren reduziert, und die Strukturaufklärung unbekannter Substanzen erleichtert werden.

In den folgenden Kapiteln werden verschiedene Metabolite vorgestellt, die in den Spektren der Urinproben identifiziert werden konnten. Für diese Untersuchungen wurde Kinderurin verwendet. Hier ist die Wahrscheinlichkeit, ungewöhnliche Substanzen (z. B. durch Zigaretten- oder Kaffeekonsum hervorgerufen) zu finden, wesentlich geringer als bei Erwachsenen. Die Identifizierung der Metabolite erfolgte über Literaturrecherche, Datenbanken und Strukturaufklärung.

Ein weiterer Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss der Ernährung auf die Zusammensetzung von Urin. Hierfür wurden, nach dem Verzehr verschiedener Nahrungsmittel, in bestimmten Zeitabständen Proben genommen und vermessen. Durch Vergleich der Protonenspektren konnten Abweichungen in den Proben erkannt werden. Die Änderungen der Konzentrationen wurden über die Intensitäten der Signale relativ zum Creatininsignal bestimmt.

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2. Darstellung der Methoden

2.1. Kernmagnetische Resonanzspektroskopie

2.1.1. Einführung

Den Grundstein für die Kernmagnetische Resonanzspektroskopie (NMR) legte der Amerikaner Otto Stern im Jahr 1933. Er fand heraus, dass Protonen, genau wie Elektronen, magnetische Eigenschaften besitzen und wurde dafür 1943 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. 1939 wies Isidor Isaac Rabi den Spin von Atomkernen nach und erhielt dafür 1944 den Nobelpreis für Physik. Felix Βloch und Edward Will Purcell gelang es 1945 unabhängig voneinander, erstmals NMR-Experimente in flüssiger und fester Phase durchzuführen. Sie wurden dafür 1952 gemeinsam mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Die Einführung der gepulsten Fourier-Spektroskopie durch den Schweizer Richard Robert Ernst (Nobelpreis für Chemie 1991) und die Entwicklung supraleitender Magnete, sowie zweidimensionaler Techniken, machen die NMR heute zu einem der wichtigsten Analyseverfahren in der Physik, Chemie, Biochemie und Medizin (Schlemmer, 2005).

2.1.2. Physikalische Grundlagen

Nahezu alle Atomkerne haben einen Drehimpuls (Spin) I, der von der Anzahl der Protonen und Neutronen abhängig ist. Dieser Spin ist durch eine Proportionalitätskonstante γ (gyromagnetische Konstante) mit einem magnetischen Moment µ verknüpft. Wird nun ein Kern mit einem Kernspin ≠ 0 in ein äußeres, angelegtes Magnetfeld B0 gebracht, richten sich

das magnetische Moment, und damit auch der Spin, im Magnetfeld aus und präzediert kegelförmig um die Magnetfeldachse. Bei Kernen mit einem Spin = ½ kann der Spin sich dabei entweder parallel (energiearm) oder antiparallel (energiereich) zur Magnetfeldachse ausrichten. Die Geschwindigkeit der Präzession wird Lamor-Frequenz ωL genannt. Sie ist von

dem Produkt aus Magnetfeld und gyromagnetischem Verhältnis abhängig.

Die Summe der im Magnetfeld auftretenden magnetischen Momente wird als Magnetisierung bezeichnet. Sie ist eine makroskopisch messbare Größe. Die magnetischen Momente verteilen sich gleichmäßig über den Präzessions-Kegel, wobei die Anzahl der energieärmeren, parallel zum Feld angeordneten Spins überwiegt. Durch diese Verteilung bildet sich eine makroskopische Magnetisierung entlang der Magnetfeldrichtung (Z-Achse) aus. Wird senkrecht zum Magnetfeld ein Hochfrequenz-Impuls eingestrahlt, kann die Magnetisierung entsprechend der Pulsdauer aus seiner Gleichgewichtslage gebracht werden. Dies ist

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übereinstimmt, da nur Strahlungsenergie dieser Frequenz absorbiert werden kann. Bei einem 90°-Puls beträgt die Auslenkung der Magnetisierung genau 90° zur Gleichgewichtslage. Ist der Puls beendet, präzediert die Magnetisierung in der x-y-Ebene, also senkrecht zum Magnetfeld. Diese Präzession erzeugt ein oszilllierendes Feld, welches in einer Empfangsspule in y-Richtung wahrgenommen werden kann. Da jetzt nur noch das Magnetfeld auf die Magnetisierung wirkt, kehren die Spins in den Ausgangszustand zurück (Relaxation). Dabei wird die überschüssige Energie im gleichen Frequenzbereich wie die der Anregung wieder abgegeben. Dieses abklingende Emissionssignal in y-Richtung wird als FID (free induction decay) bezeichnet. Durch eine Fourier-Transformation wird der FID in ein Spektrum der Frequenzdomäne umgewandelt.

Die Abhängigkeit der Larmorfrequenz eines Kernspins von seiner chemischen Umgebung wird als chemische Verschiebung δ bezeichnet. Sie beschreibt die Änderung der Resonanzfrequenz relativ zu einer Referenzsubstanz und wird unabhängig vom Magnetfeld in ppm (parts per million) angegeben. Für 1H und 13C wird fast immer Tetramethylsilan (TMS) als Referenz verwendet. Bei isolierten Atomkernen hängt die Resonanzfrequenz ausschließlich vom äußeren Magnetfeld und ihrem gyromagnetischen Verhältnis ab. In realen Molekülen wird der Kernspin durch Elektronen abgeschirmt. Die Elektronen besitzen ein magnetisches Moment, welches dem äußeren Feld entgegengerichtet ist. Dadurch wird die Resonanzfrequenz verkleinert. Ein Atomkern mit kleiner Verschiebung wird als abgeschirmt (hohes Abschirmfeld) bezeichnet, ein Kern mit großer Verschiebung ist dagegen entschirmt (tiefes Abschirmfeld).

In der hochauflösenden NMR-Spektroskopie kann eine Aufspaltung verschiedener Signale zu Multipletts beobachtet werden. Diese Aufspaltung erfolgt durch indirekte oder skalare Spin-Spin-Kopplung von Kernspins über kovalente Bindungen. Die Größe der Aufspaltung wird als Kopplungskonstante J (Hz) bezeichnet und entspricht dem Frequenzabstand von zwei Multiplettübergängen. Kopplungsmuster sind essentiell, um bestimmte Spinsysteme in einem Molekül zu identifizieren und seine chemische Struktur aufzuklären.

2.1.3. Allgemeine Experimente

In der NMR-Spektroskopie werden hauptsächlich eindimensionale Experimente eingesetzt. Dabei werden überwiegend die Kerne Wasserstoff (1H) und Kohlenstoff (13C), aber auch Phosphor (31P), Stickstoff (15N) und Fluor (19F) gemessen. Um störende Signale zu verhindern, werden deuterierte Lösemittel verwendet.

(11)

Ein Protonenspektrum enthält diverse Informationen, die zur Strukturaufklärung herangezogen werden können. Die chemische Verschiebung der Signale gibt Auskunft über einzelne Strukturfragmente, die Integrale geben die Zahl der Protonen vor und die Multiplizitäten der Signale ermöglichen Angaben über die Zahl der benachbarten Protonen. Kohlenstoffspektren geben durch die chemischen Verschiebungen ebenfalls Auskunft über Strukturfragmente. Über ein DEPT-Experiment (distortionless enhancement by polarization transfer) kann die Anzahl der direkt gebundenen Wasserstoffe am Kohlenstoff bestimmt werden. Quartäre Kohlenstoffe geben im DEPT-Spektrum kein Signal und können durch Vergleich mit einem einfachen Kohlenstoffspektrum ebenfalls identifiziert werden.

Daneben kommen auch verschiedene zweidimensionale Verfahren zum Einsatz, die durch Korrelation der einzelnen Signale zusätzliche Informationen liefern und Resonanzüberlagerungen bei größeren Molekülen oder Substanzgemischen entzerren können. Zum einen gibt es homonukleare Experimente, welche das skalare Wasserstoff-Kopplungsnetzwerk darstellen. Dazu gehören das COSY-Experiment (correlation spectroscopy), welches die Kopplung zweier Wasserstoffatome im Molekül über zwei (geminal) oder drei (vicinal) Bindungen aufzeigt, und das TOCSY (total correlation spectroscopy), mit dem sich alle Signale eines Spinsystems in Verbindung bringen lassen. Daneben gibt es auch noch das NOESY (nuclear Overhauser enhancement spectroscopy), welches räumlich benachbarte Wasserstoffatome erfasst.

Zu den heteronuklearen Experimenten zählen u. a. das HSQC-Experiment (heteronuclear single quantum coherence), das HMBC (heteronuclear multiple bond correlation) und das HSQC-TOCSY. Im ersten Experiment werden die Heteroatome und ihre direkt gebundenen Wasserstoffatome korreliert, mit dem zweiten lässt sich die Kopplung eines Protons zu einem Heteroatomen und die Kopplungen zu benachbarten Protonen aufzeigen. Dadurch ist es z. B. möglich, quaternäre Kohlenstoffe zu identifizieren. Das dritte Experiment stellt sowohl die direkt an das Heteroatom gebundenen Wasserstoffatome als auch Protonen, die zwei oder mehr Bindungen entfernt sind, dar.

2.1.4. Anwendungsgebiete

Ein großer Vorteil der NMR liegt darin, dass die Proben während der Messung nicht zerstört werden. So stehen sie hinterher für weitere Analysemethoden zur Verfügung. Deshalb findet die NMR-Spektroskopie in vielen naturwissenschaftlichen Bereichen Anwendung. In der

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können Strukturen sowohl in Lösung als auch im Festkörper mit atomarer Auflösung bestimmt werden. In der Biologie ermöglicht sie die dreidimensionale Aufklärung von Proteinstrukturen und Enzym-Substratbindungen (Takeuchi und Wagner, 2006; Vaynberg und Qin, 2006). Die MRT (Magnetresonanztomographie) basiert auf den Prinzipien der NMR und ist heutzutage in der medizinischen Diagnostik unverzichtbar (Valencia und Castillo, 2006). Ein weiteres, wichtiges Einsatzgebiet in der klinischen Chemie und Toxikologie ist die Untersuchung von Körperflüssigkeiten (Blut, Urin, Zerebrospinalflüssigkeit, etc) auf Abbauprodukte von Medikamenten und Drogen, Infektionen und Stoffwechselstörungen (Hodavance et al, 2006; Coen et al, 2005). Diese Untersuchungen sind üblicherweise mit einem geringen Aufwand an Vorbereitungs- und Messzeit verbunden und liefern einen Überblick über alle enthaltenen Substanzen der Körperflüssigkeiten.

2.1.5. Aufarbeitung von Körperflüssigkeiten für die NMR-Spektroskopie

Körperflüssigkeiten können in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Eine Möglichkeit ist dabei die Einteilung in sekretorische Flüssigkeiten und Ultrafiltrate. Die sekretorischen Flüssigkeiten enthalten Lipide und Proteine. Diese Substanzen erschweren die Auswertung der NMR-Spektren, da sie breite Signale erzeugen, welche andere überlagern können. Es ist deshalb sinnvoll, die Lipide vor der Messung zu extrahieren und getrennt zu vermessen. Proteine können vor der Messung durch Ultrafiltration entfernt werden. Alternativ dazu ist es aber auch möglich, ihre Signale mit einer geeigneten Pulssequenz wie CPMG- oder NOESY-Pulsfolgen spektroskopisch zu unterdrücken.

Körperflüssigkeiten, die eine semipermeable Membran, wie zum Beispiel die Niere, durchlaufen haben, werden als Ultrafiltrate bezeichnet. Sie besitzen einen sehr kleinen Proteinanteil. Die Bestandteile sind niedermolekular und normalerweise gering konzentriert. Durch Lyophilisation (Gefriertrocknung) ist es möglich, diese Flüssigkeiten um ein Vielfaches aufzukonzentrieren. Die Probe wird vollständig getrocknet und der Rückstand anschließend in kleinen Mengen deuterierten Wassers wieder aufgenommen. Auf diese Weise wird auch das störende Wassersignal reduziert.

2.1.5.1. Aufarbeitung von Urin

Die Nieren halten das Milieu im Körper konstant, indem sie alle überflüssigen, organischen und anorganischen Substanzen über den Urin ausscheiden. Eine Änderung im Körper, beispielsweise durch einen Infekt oder eine Stoffwechselstörung, spiegelt sich direkt im

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Flüssigkeit. Außerdem ist Urin leicht und nicht invasiv zugänglich und damit gerade für Untersuchungen bei Kleinkindern geeignet.

Bei vielen Fragestellungen reicht es aus, die Urinproben nativ, ohne Vorbereitung zu vermessen. Das resultierende Wassersignal kann mit Hilfe geeigneter Pulssequenzen unterdrückt werden. Bei gering konzentrierten Proben ist diese Methode jedoch nur bedingt zu empfehlen. Je größer der Wasseranteil im Verhältnis zu den Konzentrationen der enthaltenen Substanzen, desto schwieriger und unvollständiger wird die spektroskopische Wasserunterdrückung. Ein weiterer Nachteil der nativen Messung ist die Tatsache, dass viele Metabolite aufgrund ihrer geringen Konzentration kaum oder gar nicht detektierbar sind. Zur Aufkonzentrierung dieser Substanzen kann der Urin lyophilisiert werden. Auf diese Weise wird auch das Wassersignal reduziert. Andererseits steigen die Intensitäten der Signale im Hochfeldbereich. Die Anzahl der Signale ist in diesem Bereich so groß, dass es zu Überlagerungen kommt, die eine Auflösung bis zur Basislinie verhindern.

Macht die Fragestellung den Vergleich mehrerer Spektren erforderlich, ist es notwendig, den pH-Wert konstant zu halten. Die Resonanzfrequenzen verschiedener Substanzen sind stark pH-abhängig, schon leichte Abweichungen führen zu teilweise großen Signalverschiebungen. Dadurch werden die Identifizierung der Signale und die Auswertung der Spektren erschwert. In der vorliegenden Arbeit wurde der Urin stets lyophilisiert und der pH-Wert mit dem K2HPO4/KH2PO4-Puffer auf 5,75-5,95 eingestellt.

2.2. Festphasenextraktion

2.2.1. Einführung

Die Festphasenextraktion (SPE) ist eine schnelle und effiziente Methode zur Auftrennung von Substanzgemischen. Sie wird hauptsächlich in der klinischen Analytik zur Vorbereitung von Blut, Urin und anderen biologischen Proben eingesetzt (Jain et al, 2006; Persson et al, 2006; Kato et al, 2005), aber auch in der Umweltanalytik (Botitsi et al, 2006; Zorita et al, 2006) oder Lebensmittelchemie (Mortensen et al, 2005; Tribalat et al, 2006). Mit ihrer Hilfe können störende Probenbestandteile, wie z. B. Proteine, entfernt werden und sie ermöglicht die Aufkonzentrierung einzelner Substanzen bzw. Substanzklassen.

Die SPE basiert wie auch die HPLC (Hochdruckflüssigchromatographie) auf Migrationsprozessen, bei denen die Komponenten adsorbiert und eluiert werden. Allerdings kommen hier nur starke, reversible Wechselwirkungen zum Einsatz. Die Extraktionskartuschen (Säulen) sind mit unterschiedlichen Materialien gepackt, die ionische,

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Probe durch die Kartusche hindurchgesaugt wird, binden die Substanzen an das Sorbens und werden nach eventuell folgenden Waschschritten mit einem geeigneten Lösemittel wieder eluiert. Dadurch ergeben sich zwei Möglichkeiten zur Trennung. Die gewünschte Substanz kann entweder auf dem Sorbens zurückgehalten, und damit auch aufkonzentriert werden, oder sie läuft durch, während störende Bestandteile adsorbieren. Gegenüber der Flüssig-Flüssig-Extraktion (LLE) besitzt die SPE gleich mehrere Vorteile. Der Verbrauch an Lösemittel ist gegenüber der LLE sehr niedrig. Damit sinken auch die Kosten und das Risiko von Verunreinigungen. Gleichzeitig ist die Wiederfindungsrate größer und der zeitliche Aufwand wesentlich geringer. Außerdem ist bei der SPE eine Automatisierung möglich, so kann sie z. B. direkt vor eine HPLC geschaltet werden.

2.2.2. SPE-Phasen

Generell lassen sich die Materialien, mit denen die Extraktionskartuschen gepackt sind, in verschiedene Klassen einteilen. In Umkehrphasen (RP), normale Phasen (NP), Ionenaustauscher- und Größenausschlussphasen.

Umkehrphasen bestehen aus unpolaren Materialien und extrahieren organische Substanzen aus polaren Lösemitteln. Die Substanzen werden über lipophile Wechselwirkungen (Van der Waals-Kräfte) an das Sorbens gebunden und mit organischen Lösemitteln eluiert. Übliche Materialien sind Kohlenwasserstoffketten oder andere lipophile Reste, die an Kieselgel gebunden werden. Daneben sind auch freie Silanolgruppen vorhanden, welche bei hohen pH-Werten dissoziieren und auf diese Weise zusätzliche ionische Wechselwirkungen einbringen. Sie können aber auch mit Trimethylsilylgruppen enthaltenden Reagenzien, wie zum Beispiel Trimethylchlorsilan geblockt werden (end-capping). Beispiele für RP-Materialen sind C18- oder C8-Kartuschen, aber auch vernetzte Kopolymere wie Styrol-Divinylbenzol.

Normale Phasen isolieren polare Verbindungen über ein polares Sorbens aus unpolaren Lösemitteln. Dabei werden hauptsächlich Dipol-Dipol-Wechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen, aber auch π-π-Wechselwirkungen ausgebildet. Typische Materialien sind Kieselgel-gebundene Aminopropyl- oder Cyanopropylgruppen.

Ionenaustauscher extrahieren polare Verbindungen aus polaren Lösemitteln über Coulomb-Wechselwirkungen. Es gibt starke und schwache Ionenaustauscher, wobei die schwachen pH-Wert abhängig sind. Typische Materialien für starke Anionenaustauscher sind quartäre Amine, für schwache primäre oder sekundäre Amine. Sie werden eingesetzt, um azide Verbindungen zu isolieren. Starke Kationenaustauscher enthalten Sulfonsäuregruppen,

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gewünschten Substanzen in ionisierter Form vorliegen. Sie werden dann an dem Sorbens neutralisiert und anschließend mit einem niedrigeren bzw. höheren pH-Wert eluiert. Größenausschlussphasen trennen Proben über die Porengröße auf. Große Moleküle, z. B. Proteine, können diese nicht durchlaufen und werden zurückgehalten. In den Poren können Materialien integriert sein, welche zusätzliche Wechselwirkungen mit der Probe eingehen und eine weitere Trennung ermöglichen. Daneben gibt es Mischphasen, die zwei oder mehr dieser Funktionen vereinen (Walker und Mills, 2002).

2.2.3. Methodenentwicklung

Die allgemeine Vorgehensweise bei der Festphasenextraktion kann in vier Hauptschritte unterteilt werden: Konditionierung des Sorbens, Auftragen der Probe, Waschen des Sorbens und Elution der Analyte. Die Konditionierung dient der Benetzung des Sorbens und schafft damit eine Umgebung, die zur Adsorption der Analyten geeignet ist. Sie wird auch als Solvatisierung bezeichnet. Unpolare Sorbentien werden üblicherweise mit einem Lösungsmittel, welches mit Wasser mischbar ist, gefolgt von der reinen Matrix konditioniert. Bei polaren Sorbentien werden unpolare Lösemittel zur Konditionierung eingesetzt. Im Anschluss daran erfolgt die Probenaufgabe. Hierbei sollte die Menge so gewählt werden, dass es nicht zu einer Volumen- oder Massenüberladung kommt. Der pH-Wert der Probe sollte dem Sorbens entsprechend gewählt und eingestellt sein. Das Waschen des Sorbens wird mit geeigneten Lösemitteln durchgeführt. Bei wässrigen Proben wird hierzu in der Regel Wasser eingesetzt. Dieser Schritt dient dazu, störende Verunreinigungen und Nebenbestandteile der Probe zu entfernen. Die Elution mit einem passenden Lösemittel sollte nicht zu schnell durchgeführt werden, damit die Wiederfindungsrate möglichst hoch ist. Hier ist eine Durchflussrate von etwa 3ml pro Minute geeignet.

Die Entwicklung einer Trennmethode mittels SPE setzt einige Überlegungen voraus. So sollte bekannt sein, welche funktionellen Gruppen die Analyten tragen, ob sie ionisierbar sind, in welcher Konzentration sie in etwa vorliegen und in welchem Lösemittel sie löslich sind. Bei der Matrix ist es von Interesse, ob es sich um eine wässrige oder eine organische Lösung handelt, welchen pH-Wert diese Lösung besitzt und ob störende Verunreinigungen vorliegen. Wenn diese Informationen vorliegen, kann ein geeignetes Sorbens gewählt werden. Die Wahl der Waschlösungen und Eluenten richtet sich nach dem Sorbens und den Analyten. Sie lassen sich nur durch Versuche optimieren. Da die Entwicklung und Optimierung einer Trennmethode kompliziert und zeitaufwändig ist, legen viele Hersteller ihren Kartuschen

(16)

Möglichkeit, im Internet oder in Papierform auf Applikations-Datenbanken zuzugreifen, um geeignete Verfahren zu ermitteln.

2.2.4. Durchführung der Trennung

Die Festphasenextraktion wurde im Rahmen dieser Arbeit eingesetzt, um komplexe Urinproben aufzutrennen und damit die Zahl der Signale in den NMR-Spektren zu reduzieren. Zum einen sollten die Kohlenhydrate abgetrennt werden, da ihre Resonanzfrequenzen dicht beieinander liegen und im Protonenspektrum zu Signalüberlagerungen führen. Zum anderen sollten die aromatischen Verbindungen isoliert und aufkonzentriert werden. Sie sind nur gering konzentriert und führen im Protonenspektrum zu Signalen mit zum Teil sehr schwachen Intensitäten.

ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0

Abbildung 1: Protonenspektrum einer Urinprobe. Im aromatischen Bereich des Spektrums zwischen 6,5ppm und 9,5ppm sind die Signalintensitäten z. T. sehr schwach. Im Bereich der Kohlenhydrate zwischen 3,5ppm und 4,0ppm sind dagegen Überlagerungen vieler Signale zu beobachten.

Für die Trennung wurden verschiedene RP- und NP-Kartuschen von zwei Herstellern getestet. Von Supelco kommen die Phasen DPA-6S und SC-Ph endcapped. DPA-6S ist eine normale Phase, deren polares Material aus einem Polyamidharz besteht. Die SC-Ph-Phase ist eine Umkehrphase, bestehend aus Kieselgel-gebundenen Phenylresten. Freie Silanolgruppen wurden hier blockiert. Die übrigen Kartuschen, C8, C18, C18ec, C18hydra, CN, NH2 und

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Kettenlänge und speziellen Modifikationen unterscheiden. C8 und C18 sind Silika-gebundene Octyl- bzw. Octadecylreste. Die freien Silanolgruppen können sekundäre ionische Wechselwirkungen einbringen, welche bei der C8-Phase aufgrund der kürzeren Kette stärker zum Tragen kommen. C18ec kann diese ionischen Wechselwirkungen nicht einbringen, da keine freien Silanolgruppen zur Verfügung stehen. Dadurch ist sie unpolarer als die C18-Phase. C18hydra besitzt eine spezielle, vom Hersteller nicht näher benannte Modifikation der Octadecylreste, die sie gegenüber den anderen Umkehrphasen hydrophiler macht.

Daneben wurden noch die normalen Phasen CN, NH2, und EASY eingesetzt. CN besteht aus

Kieselgel-gebundenen Cyanopropylresten. Die Phase ist polar bis mittelpolar und kann über die hohe Elektronendichte an der CN-Gruppe sekundäre Wechselwirkungen ausbilden. Die NH2-Phase ist polar und wirkt auch als schwacher Ionenaustauscher. Sie besteht aus

Kieselgel-gebundenen Aminopropylresten. EASY besteht aus einer polaren, bifunktionell modifizierten Polystyrol-Divinylbenzol-Phase, welche einen schwachen Ionenaustauscher enthält.

Die Kartuschen wurden alle auf die gleiche Weise konditioniert, indem zuerst Methanol und dann Wasser aufgetragen wurde, um die Säulen auf die wässrige Probe vorzubereiten. Die Mengen richteten sich dabei nach den Größen der Kartuschen. Die Probe wurde bei verschiedenen pH-Werten aufgetragen, bei pH3, pH9 und nativ. Gewaschen wurden alle Kartuschen mit Wasser, wobei die pH-Werte 3 und 9 für die Waschlösungen übernommen wurden. Als Eluenten wurden verschiedene Lösemittel getestet. Zum einen wurden verschiedene Wasser/Methanol Gemische in den Verhältnissen 85:15, 60:40 und 40:60 (%; v/v) in gegebener Reihenfolge eingesetzt. Zum anderen erfolgte die Elution durch Ethylacetat bzw. einer Tetrahydrofuran (THF) / Methanol Mischung im Verhältnis 1:1 (v/v). Die Volumina der einzelnen Waschlösungen und Eluenten richteten sich nach den Größen der Kartuschen. Sie wurden den Herstellerangaben entnommen. Von den Urinproben wurden jeweils 3mL aufgetragen. Da ausreichend Probenmaterial zur Verfügung stand, wurde auf Vorversuche mit weniger komplexen Gemischen verzichtet.

Im Allgemeinen erfolgt die Beurteilung einer Extraktion über die Wiederfindungsrate. Diese Beurteilung ist aber nur sinnvoll, wenn einzelne, bekannte Verbindungen isoliert werden, deren Konzentration in der Probe bekannt ist. In diesem Fall sollten keine einzelnen Substanzen isoliert, sondern Stoffklassen möglichst genau voneinander getrennt werden. Die Auswertung der Methoden erfolgte deshalb mittels NMR-Spektroskopie. Es wurde ein Protonenspektrum der Urinprobe vor der Extraktion aufgenommen und anschließend mit den

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Aussagen über einzelne Substanzen zu. Im Hinblick auf die Zielsetzung ist sie jedoch sinnvoll, da eine mögliche Reduzierung der Signalzahl sofort zu erkennen ist.

2.3. Hochdruckflüssigchromatographie

2.3.1. Einführung

Nachdem die HPLC in den siebziger Jahren entwickelt wurde, hat sie eine sprunghafte Entwicklung durchgemacht. Aufgrund verschiedenartiger Säulenmaterialien und des Einsatzes von Computern gehört sie heute zu den meistgenutzten Analysemethoden. Sie findet in allen Bereichen Anwendung, in denen Proben mit geringen Konzentrationen bearbeitet werden, wie der Biochemie, Pharmazie, Toxikologie oder der Umweltforschung. Die HPLC kann sowohl zur qualitativen als auch zur quantitativen Analyse genutzt werden. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, chemisch ähnliche Verbindungen zu isolieren und Zielverbindungen aus komplexen Gemischen zu extrahieren. Sie kann auch als Reinigungsverfahren im präparativen Maßstab eingesetzt werden.

Der Begriff Chromatographie umfasst diverse physikalische Methoden, bei denen eine Stofftrennung durch Verteilung zwischen einer ruhenden (stationären) Phase und einer bewegten (mobilen) Phase erfolgt. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Methoden, darunter die Gaschromatographie, die Dünnschichtchromatographie und die Flüssigchromatographie, entwickelt. In der Hochdruckflüssigchromatographie wird die Trennleistung durch den Einsatz von Partikeln mit sehr kleinen Korngrößen gesteigert. Die mobile Phase wird mit Druck durch die stationäre Phase gepumpt, um den dadurch entstehenden Strömungswiderstand zu überwinden.

Die HPLC arbeitet hauptsächlich mit Adsorptions- und Verteilungsgleichgewichten. Bei der Adsorptionschromatographie kommt es zu reversiblen Bindungen der Analyten an die stationäre Phase. Die Geschwindigkeit, mit der die Substanzen durch die Säule laufen, hängt von zwei Faktoren ab. Zum einen von der Affinität der Analyten zur stationären Phase und zum anderen von der Fähigkeit der mobilen Phase die Substanzen von den Bindungsstellen des Sorbens zu verdrängen.

Die Verteilungschromatographie nutzt die unterschiedliche Löslichkeit der Analyten in der mobilen und der stationären Phase. Durch die unterschiedliche Polarität der beiden Phasen stellt sich ein Verteilungsgleichgewicht ein. Je stärker das Gleichgewicht auf der Seite des Sorbens liegt, desto länger verbleiben die Moleküle auf der Säule.

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Nettoretentionszeit. Die Gesamt- oder Bruttoretentionszeit gibt die Dauer vom Einspritzpunkt bis zum Signalmaximum wieder. Retentionszeiten sind von den Eigenschaften der Analyten abhängig und machen eine Aussage über die Identität der Stoffe. Die Zahl der theoretischen Stufen wird über die Retentionszeit und die Signalbreite berechnet und ist ein Merkmal für die Qualität einer Trennsäule. Je größer die Zahl der theoretischen Stufen, desto komplexere Gemische können mit der Säule getrennt werden. Hier liegt, neben der Säulenlänge, der große Unterschied zur Festphasenextraktion. Beide Methoden basieren auf den gleichen Trennprinzipien, aber während in der SPE nur Trennstufenzahlen bis 50 erreicht werden, sind in der HPLC Zahlen um die 10.000 gebräuchlich. Dadurch lässt sich die deutlich empfindlichere und selektivere Trennung mittels HPLC erklären.

Die Identifizierung der Analyten erfolgt über geeignete Detektoren, zum Beispiel UV- oder Massenspektrometer, mittels NMR oder elektrochemisch. Quantifiziert werden die Substanzen mit Hilfe von Standardverbindungen bekannter Konzentration. Diese werden entweder einzeln gemessen oder direkt zur Probe gegeben. Durch Integration der Signalflächen können anschließend die Konzentrationen ermittelt werden.

2.3.2. Methodenentwicklung

Die Entwicklung einer Trennmethode beginnt mit der Auswahl einer geeigneten stationären Phase. Dafür sind, wie in der SPE, einige Informationen über die Probe notwendig. In der HPLC werden vorwiegend wässrige Proben analysiert, deshalb finden hauptsächlich RP-Materialien Verwendung. Da diese Phasen polare Laufmittel erfordern, werden überwiegend Gemische aus Wasser und Acetonitril oder Methanol eingesetzt. Die Zusammensetzung richtet sich nach den Eigenschaften der Probe und muss experimentell ermittelt werden. Zusätzliches Ansäuern der mobilen Phase mit Ameisensäure kann die Trennung weiter verbessern. Die Elution mit einem Laufmittel konstanter Zusammensetzung wird auch als isokratische Elution bezeichnet. Bei der Chromatographie von Substanzen mit stark unterschiedlichen chromatographischen Eigenschaften kann die Zusammensetzung des Laufmittels auch während der Trennung verändert werden. Die so genannte Gradientenelution reduziert die Unterschiede in den Retentionszeiten der Analyte. Auch hier kann die Optimierung nur experimentell erfolgen. Nachdem die Methodenentwicklung abgeschlossen ist, ist es sinnvoll, die Reproduzierbarkeit der Trennung zu testen. Dazu wird die Probe mehrmals vermessen und anschließend die Chromatogramme miteinander verglichen.

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müssen diese Vorschriften größtenteils noch optimiert werden, da die HPLC viel empfindlicher arbeitet als die SPE.

2.3.3. Durchführung der Trennung

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die HPLC eingesetzt, um damit eine Fraktion der Festphasenextraktion aufzutrennen. Diese Auftrennung sollte eine weitere Reduzierung der Signale in den NMR-Spektren zur Folge haben.

Als Säule wurde die Sphinx von Macherey/Nagel ausgewählt. Dabei handelt es sich um eine RP-Phase, die bifunktionell belegt ist. Sie bringt sowohl hydrophobe Wechselwirkungen über C18-Ketten als auch π-π-Wechselwirkungen über kurzkettige Phenylreste ein. Durch diese Eigenschaften zeigt sie, besonders bei aromatischen Verbindungen mit polaren Eigenschaften, eine gute Trennung. Die Methode wurde mit Hilfe einer analytischen Säule erarbeitet, um den Proben- und Laufmittelverbrauch gering zu halten. Aufgetragen wurde die dritte Fraktion (Elution) der SPE, um die darin enthaltenen aromatischen Verbindungen zu isolieren. Die Probe wurde nach der Elution getrocknet und in 1ml Wasser wieder aufgenommen. Für die HPLC wurde sie zentrifugiert, filtriert und mit Wasser im Verhältnis 1:1000 verdünnt. Es wurden verschiedene Laufmittel getestet, um eine ausreichende und reproduzierbare Trennung zu erreichen. Zum einen Gemische aus Wasser und Acetonitril bzw. Methanol mit und ohne einem Zusatz von Ameisensäure, zum anderen verschiedene Gradienten des Wasser/Methanol Gemisches. Da die Probe lediglich fraktioniert werden sollte, war es nicht notwendig, die Signale bis zur Basislinie zu trennen. Aromatische Verbindungen absorbieren UV-Frequenzen bei 254nm, deshalb erfolgte die Detektion über ein integriertes UV/VIS-Spektrometer.

Die eigentliche Auftrennung wurde mit Hilfe einer semi-präparativen Säule mit einer Durchflussrate von 4,8ml pro Minute durchgeführt. Dadurch musste die Probe nicht verdünnt werden und es konnten jeweils 100µ l aufgetragen werden. Anhand der UV-Spektren wurden geeignete Zeitpunkte zum Schneiden der Fraktionen gewählt. Die Fraktionen wurden bei jedem Durchlauf gesammelt, vereint und anschließend für die NMR getrocknet und in 0,5ml D2O aufgenommen.

2.4. Ergebnisse der Trennungen

2.4.1. Festphasenextraktion

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Aromaten vorhanden, Nukleoside tragen Ribose-Einheiten und langkettige organische Säuren besitzen lipophile Eigenschaften. Deshalb wurde eine Trennung als ausreichend angesehen, wenn eine deutliche Reduzierung der Signale in den NMR-Spektren vorlag. Die meisten Phasen erreichten dieses Ziel unter den gewählten Bedingungen nicht. Möglicherweise wurden nur Substanzen unterhalb der NMR-Nachweisgrenze (ca. 10µ mol/L) adsorbiert oder nur wenige Substanzen, die sich unter den gegebenen Konditionen nicht wieder eluieren ließen. Nur zwei Phasen (EASY, C18) lieferten Spektren, welche sich deutlich von dem unbehandelten Urins unterschieden.

ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0

Abbildung 2: Protonenspektrum einer Urinprobe. Dieses Spektrum einer unbehandelten Urinprobe wurde als Referenzspektrum für die Erfolgskontrolle der Trennungen eingesetzt.

2.4.1.1. Chromabond C18

Für die C18-Kartusche ergab die folgende Durchführung eine ausreichende Trennung. Der Urin wurde ohne Änderung des pH-Wertes aufgetragen und die Säule anschließend mit 3ml Wasser gewaschen. Die Elution erfolgte mit 6ml Methanol. Unter den gewählten Bedingungen adsorbierten die Kohlenhydrate und andere hydrophile Verbindungen, wie aliphatische Carbonsäuren oder Aminosäuren, nicht an dem Sorbens. Sie befinden sich in der ersten Fraktion (beladen). Die zweite Fraktion (waschen) enthält wenige Substanzen in geringen Konzentrationen, darunter auch einige aromatische Verbindungen. In der dritten Fraktion sind kaum noch Substanzen enthalten, möglicherweise liegen hier aber auch die Konzentrationen unter der Nachweisgrenze.

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A B C ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0 A B C ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0

Abbildung 3: Protonenspektren der C18-Extraktion. Die Spektren A – C entsprechen den Fraktionen 1 – 3. Das Signal bei 4,77ppm wird durch Wasser verursacht, welches durch die Vorsättigung nicht vollständig unterdrückt werden konnte. Die Reduzierung der Signalzahl ist deutlich zu erkennen.

In Spektrum A ist die Reduzierung der Signale im Tieffeldbereich deutlich zu erkennen. Im Hochfeldbereich werden dagegen weniger Unterschiede zum Referenzspektrum sichtbar. Spektrum B zeigt, auch im Tieffeldbereich, wenige Signale mit geringen Intensitäten. In Spektrum C sind nur noch wenige Signale auszumachen.

Neben anderen Substanzen sind die Kohlenhydrate nahezu vollständig in der ersten Fraktion enthalten. Sie wurde für weitere, zweidimensionale NMR-Experimente eingesetzt, um die Identifizierung verschiedener Kohlenhydrate zu erleichtern. Ein großer Anteil der aromatischen Verbindungen konnte unter den gewählten Bedingungen gar nicht eluiert

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2.4.1.2. Chromabond EASY

Die Chromabond EASY erbrachte nach folgender Vorschrift ein ausreichendes Trennergebnis. Der pH-Wert des Urins wurde auf 3 eingestellt und die Säule nach dem Auftragen mit 3ml Wasser (pH3) gewaschen. Die Elution erfolgte mit 6ml THF/Methanol. Die Kohlenhydrate adsorbieren hier ebenfalls kaum an dem Sorbens, sie sind nur in den ersten beiden Fraktionen (Beladen und Waschen) zu finden. Aromatische Substanzen werden relativ gut adsorbiert und erst mit dem Eluenten von dem Sorbens gelöst. Die Spektren der Fraktionen sind in Abbildung 4 dargestellt.

A B C ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0 A B C ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0

Abbildung 4: Protonenspektren der EASY-Extraktion. Die Spektren A – C entsprechen den Fraktionen 1 – 3. Das Signal bei 4,77ppm wird durch Wasser verursacht, welches durch die Vorsättigung nicht vollständig unterdrückt werden konnte.

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zur ersten Fraktion der C18-Extraktion sind wegen den Signalüberlagerungen nicht zu erfassen. Spektrum B weist ebenfalls keine Signale im Tieffeldbereich auf. Der Hochfeldbereich ähnelt der ersten Fraktion, nur sind hier die Intensitäten der Signale geringer. In Spektrum C sind Signale im Tieffeldbereich zu sehen. Die vielen Signale im Hochfeldbereich lassen vermuten, dass auch noch andere Stoffklassen in dieser Fraktion enthalten sind. Die dritte Fraktion wurde für weitere NMR-Experimente eingesetzt, mit ihrer Hilfe sollten aromatische Verbindungen identifiziert werden. Bei der Auswertung dieser Spektren wurde deutlich, dass auch hier Substanzen auf dem Sorbens haften geblieben sind. So sind zum Beispiel in allen Fraktionen keine Imidazole zu finden, obwohl im Urin welche vorkommen.

2.4.2. Hochdruckflüssigchromatographie

Die in der HPLC eingesetzte Fraktion der EASY-Extraktion ist weniger komplex als die Urinprobe, enthält jedoch immer noch verschiedene Substanzklassen. Mit Hilfe der HPLC sollten die NMR-Spektren weiter vereinfacht werden, das Hauptziel hierbei war eine weitere Auftrennung der aromatischen Verbindungen. Die Optimierung des Laufmittels ergab eine Zusammensetzung aus Wasser, Methanol und 0,1% Ameisensäure mit einem Gradienten von 5% Methanol pro Minute bei einer Anfangskonzentration von 5% Methanol und einer Endkonzentration von 100% Methanol. Mit diesem Laufmittel gelang es, das UV-Spektrum so weit zu entzerren, dass die Signale zumindest teilweise bis zur Basislinie getrennt waren und geeignete Zeitpunkte zum Fraktionieren gewählt werden konnten. Ein Durchlauf der HPLC dauerte 35 Minuten, es wurde aber nur in den ersten 15 Minuten fraktioniert, da hinterher keine UV-Signale mehr detektiert wurden. Die Spektren der Fraktionen sind in Abbildung 5 dargestellt.

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A B C D E ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0 A B C D E ppm (t1)9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0

Abbildung 5: Protonenspektren der HPLC-Trennung. Die Spektren A – E entsprechen den Fraktionen 1 – 5. Das Signal bei 4,77ppm wird durch Wasser verursacht, welches durch die Vorsättigung nicht vollständig

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Die Spektren der einzelnen Fraktionen zeigen, dass die aromatischen Verbindungen tatsächlich aufgetrennt wurden. Sie weisen charakteristische Unterschiede im Tieffeldbereich auf. Die in den einzelnen Fraktionen enthaltenen Verbindungen besitzen auch strukturelle Übereinstimmungen. So sind zum Beispiel in der dritten Fraktion drei verschiedene Nikotinamid-Derivate enthalten. In allen Spektren sind auch noch Signale von aliphatischen Carbonsäuren zu erkennen, obwohl erwartet wurde, dass diese vollständig in der ersten Fraktion gesammelt werden. Möglicherweise ist die Ameisensäure Ursache für diese Erscheinung.

Schon während der Festphasenextraktion sind Substanzverluste unvermeidbar, welche durch die HPLC noch erhöht werden. Deshalb sind die Intensitäten der Signale sehr gering. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass einige Substanzen nicht mehr detektiert werden, da sie unterhalb der Nachweisgrenze liegen.

2.4.3. Zusammenfassung

Ob eine Auftrennung des Urins mit Hilfe der Festphasenextraktion erfolgreich ist oder nicht, hängt sehr von der Fragestellung ab. Die Phasenvielfalt in Verbindung mit den vielen Substanzklassen im Urin, deren Eigenschaften sich zum Teil überschneiden, macht eine Methodenentwicklung nicht einfach. Für das hier gewählte Ziel der Signalreduzierung waren die Extraktionen auf jeden Fall ausreichend, da zumindest einzelne Fraktionen für die Strukturaufklärung herangezogen werden konnten. Die Spektren sind zwar immer noch komplex, weisen aber weniger Signalüberlagerungen auf. Auch die Abtrennung einzelner Substanzklassen war erfolgreich.

Die Durchführung einer HPLC mit Urinproben ist ohne vorhergehende SPE kaum möglich, da es leicht zu einer Überladung der HPLC-Säule kommen kann. Die Chromatographie der gewählten Fraktion hat gute Ergebnisse gezeigt. Mit ihrer Hilfe konnte die Strukturaufklärung vereinfacht werden. Die Spektren der Fraktionen sind sehr hilfreich bei der Identifizierung von unbekannten Substanzen. Es gibt kaum noch Überlagerungen und die grobe Einteilung aufgrund möglicher struktureller Übereinstimmungen erleichtert die Zuordnung unbekannter Signalgruppen. Es ist hier auch zum ersten Mal möglich, einige Kopplungskonstanten und Multiplizitäten zu bestimmen. Sowohl in den Spektren der unbehandelten Urinprobe als auch in den Spektren der Festphasenextraktionen kommen dafür zu viele Überlagerungen vor.

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3. Identifizierung unbekannter Metabolite

Urin ist für die Medizin eine sehr interessante Körperflüssigkeit, da ihre Zusammensetzung nahezu alle Stoffwechselwege des menschlichen Körpers widerspiegelt. Schädliche Substanzen und überschüssige Stoffwechselprodukte im Blut werden von den Nieren abfiltriert und mit dem Urin ausgeschieden.

3.1. Anatomie und Funktion der Niere

Die Nieren sind rötliche, bohnenförmige Organe, die unterhalb des Zwerchfells zwischen dem Peritoneum (Bauchfell) und der rückwärtigen Abdominalwand (Bauchwand) liegen. Sie werden teilweise vom 11. und 12. Rippenbogen geschützt. Die rechte Niere liegt etwas tiefer als die linke, da die Leber den Platz darüber beansprucht.

Jede Niere ist etwa 12cm lang, 7cm breit und 4cm dick. Ihr Gewicht beträgt 120 bis 200g. Sie ist von drei Gewebeschichten umgeben. Die unterste (Capsula fibrosa) besteht aus dichtem unregelmäßigem Bindegewebe, welches sich in der Außenhülle des Ureters fortsetzt. Sie schützt vor Verletzungen und bewahrt die äußere Form der Niere. Die mittlere Schicht (Capsula adiposa) wird aus einer Fettgewebemasse gebildet. Sie dient ebenfalls als Schutz vor Verletzungen und hält die Niere an ihrem Platz in der Bauchhöhle. Die oberste Schicht (Fascia renalis) besteht wiederum aus Bindegewebe, dass die Niere an den umgebenden Strukturen und der hinteren Abdominalwand verankert. Ein Längsschnitt durch die Niere zeigt zwei Schichten, außen die Nierenrinde und innen das Nierenmark. Das Nierenmark wird durch Säulen der Rindensubstanz in etwa 12 Nierenpyramiden unterteilt. Die Spitzen dieser Pyramiden werden als Nierenpapillen bezeichnet und sind von schlauchförmigen Nierenkelchen überzogen. Sie fangen den fertigen Harn auf und leiten ihn in den Sammelraum des Nierenbeckens.

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Die harnbildenden Systeme der Niere werden als Nephrone bezeichnet. Das Nephron besteht aus dem Nierenkörperchen, in dem der Primärharn abfiltriert wird, und dem Tubulusapparat, in dem durch Resorptions- und Sekretionsprozesse die Umwandlung in den Endharn stattfindet. Das Nierenkörperchen wird von einem Kapillarknäuel (Glomerulus) gebildet, welches von einer Kapsel aus einschichtigem Epithelgewebe (Bowmansche Kapsel) umgeben ist. Das Blut wird dem Glomerulus über die Vas afferens zugeführt. Anschließend gelangt es über die Kapillarschlingen in die abführende Arteriole, das Vas efferens, und wird einem zweiten Kapillarnetz zugeleitet. Die Arteriolen liegen dicht beieinander und bilden den Gefäßpool des Nierenkörperchens. Ihm gegenüber liegt der Harnpool. An dieser Stelle geht das äußere Blatt der Bowman-Kapsel in das Harnkanälchen über. Alle Nierenkörperchen liegen innerhalb der Rinde. Entweder als kortikale Glomeruli in der Außenrinde oder als juxtamedulläre Glomeruli in der Nähe der Marksubstanz.

Der an die Bowman-Kapsel anschließende Kanalabschnitt wird als proximaler Tubulus bezeichnet. Er beginnt mit einem stark verknäulten Teil (Pars convoluta) und geht dann in einen gestreckten Abschnitt (Pars recta) über. Dieser gestreckte Abschnitt bildet zusammen mit einem dünnen Übergangsstück und einem dicken aufsteigenden Abschnitt die Henle-Schleife. Diese Schleife geht in den distalen Tubulus über. Er besteht aus einem dicken aufsteigenden Schenkel, welcher wiederum in einen gewundenen Teil übergeht. Der gewundene Teil berührt die afferente Arteriole des zu ihm gehörenden Nierenkörperchens und endet im Sammelröhrchen, das den Harn zur Papillenspitze leitet.

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Jeder anatomische Abschnitt eines Nephrons hat eine bestimmte Funktion bei der Harnbereitung. In den Nierenkörperchen wird durch Ultrafiltration des Blutplasmas der Primärharn gebildet. Dieser Primärharn besteht aus einer proteinfreien, wässrigen Lösung aller im Blutplasma enthaltenen Stoffe. Innerhalb von 24 Stunden werden ca. 150l Primärharn filtriert. Durch Resorption, Sekretion und Exkretion wird der Primärharn stark verändert während er die Tubuli durchläuft. In dem gewundenen Abschnitt des proximalen Tubulus befindet sich eine Natriumpumpe. Die Entfernung des Natriums aus dem Primärharn begründet ein osmotisches Druckgefälle, weswegen Wasser dem Natrium passiv folgt. Dadurch werden etwa 80% des Wassers ins Blut rückresorbiert. Eine weitere Harnkonzentrierung erfolgt in der Henle´schen Schleife. Hier werden noch einmal 18-19% des Wassers resorbiert.

Harnpflichtige Substanzen gelangen durch die Primärharnbildung in den Urin, Stoffwechselprodukte und körperfremde Stoffe werden dagegen von den Zellen der Tubuli zur Ausscheidung an den Harn abgegeben. Umgekehrt werden einige Stoffe (Glucose, Aminosäuren Chloride etc.) von den Tubulizellen ans Blut abgegeben. Bei diesen Stoffen spricht man von Schwellenstoffen. Sie werden nur über den Urin ausgeschieden, wenn ihre Konzentration im Blut einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Der Endharn gelangt aus den Sammelrohren ins Nierenbecken und von dort über den Ureter in die Harnblase (Leutert, 1994; Jecklin, 1986).

3.2. Einführung

Die Untersuchung von Urinproben ist heute ein gängiges Diagnoseverfahren, da sich pathologische Veränderungen des Stoffwechsels unter anderem auf die Zusammensetzung des Urins auswirken. Jede Stoffwechselstörung wirkt sich auf die Ausscheidung weniger Substanzen aus und verursacht so charakteristische Änderungen der Zusammensetzung. Diese Substanzen werden auch als Markermoleküle bezeichnet, da mit ihrer Hilfe eine Diagnose gestellt werden kann. Im Allgemeinen erfolgen die Untersuchungen des Urins über Einzelnachweise bestimmter Verbindungen, was mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Zudem macht es eine Vorauswahl der zu untersuchenden Metabolite erforderlich.

Die NMR-Spektroskopie bietet hier Vorteile. Neben einer schnellen und unkomplizierten Probenvorbereitung ist die Messung, je nach Fragestellung, in kurzer Zeit durchführbar und das resultierende Spektrum liefert einen metabolischen „Fingerabdruck“. Da sämtliche

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NMR-komplettes Stoffwechselprofil dargestellt werden. Der Vergleich verschiedener Spektren macht eventuell vorhandene Auffälligkeiten sichtbar, die auf eine veränderte Zusammensetzung des Urins schließen lassen.

Ein NMR-Spektrum enthält eine große Datenmenge. Um die Auswertung und den Vergleich mehrerer Spektren zu erleichtern, können Mustererkennungsverfahren eingesetzt werden. Sie bestehen im Grunde aus drei Schritten, der Datenreduktion, der Klassifizierung und der Visualisierung. In der NMR-Spektroskopie werden Mustererkennungsverfahren eingesetzt um in den Spektren Muster zu erkennen, die eine Einteilung in verschiedene Gruppen ermöglichen und, die verantwortlichen Signale zu identifizieren. Sie finden in der klinischen Diagnostik Anwendung, da sie nach einer Lernphase dazu in der Lage sind, die Spektren von Urinproben verschiedenen Gruppen zuzuordnen. Je nach Vorgabe können auf diese Weise kranke Probanden von gesunden unterschieden oder Patienten verschiedenen Krankheitsstadien zugeordnet werden. Der Einsatz von Mustererkennungsverfahren ist jedoch nur sinnvoll, wenn die auffälligen Signale auch einer Substanz zugeordnet werden können. Deshalb ist es von Interesse, das NMR-Spektrum von Urin möglichst vollständig aufzuklären und die Metabolite zu identifizieren.

3.3. Allgemeine Durchführung

Die Zuordnung der Signale in den NMR-Spektren erfolgte über Literaturrecherche, Spektrendatenbanken und Referenzmessungen. Daneben konnten einige Metabolite mit Hilfe der Strukturaufklärung identifiziert werden. Dazu wurden verschiedene 2D-Verfahren, i. e. HSQC, COSY und TOCSY, eingesetzt.

Die Strukturaufklärung ist in komplexen Gemischen schwieriger als bei Einzelsubstanzen, da verschiedene Methoden nicht verwendet werden können. So kommen in den Protonenspektren von komplexen Gemischen so viele Signalüberlagerungen vor, dass Integrale, Multiplizitäten und Kopplungskonstanten nur selten bestimmt werden können. 13C- und DEPT-Spektren können wegen der hohen Signaldichte ebenfalls nicht vollständig ausgewertet werden. Es ist in vielen Fällen aufgrund der Signalüberlagerungen auch nicht möglich, die Wasserstoff-Kopplungsnetzwerke der einzelnen Verbindungen im COSY oder TOCSY vollständig zu verfolgen. Selbst im HSQC erschweren die Überlagerungen in einigen Bereichen eine eindeutige Zuordnung der Signale. Das HSQC mit TOCSY-Transfer und das HMBC zeigen dieselben Probleme. Auch hier erschweren Signalüberlagerungen die Auswertung. Außerdem sind bei den letzten zwei Methoden sehr lange Messzeiten

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Die Strukturaufklärung erfolgte hauptsächlich über die chemischen Verschiebungen der Protonen und Kohlenstoffe. Diese geben zum Teil eindeutige Informationen über vorhandene Strukturelemente. Mit ihrer Hilfe können, vor allem im aromatischen Bereich, zumindest die Grundgerüste der Verbindungen ermittelt werden. Vorhandene Substituenten lassen sich zum Teil ebenfalls über die chemischen Verschiebungen ermitteln und aliphatische Seitenketten im COSY identifizieren.

Festphasenextraktion und HPLC verringern das Problem der Signalüberlagerungen, verdünnen aber auch die Proben, so dass einige Substanzen nicht mehr detektiert werden können. Die aus der HPLC resultierenden Proben waren so stark verdünnt, dass von den 2D-Verfahren lediglich das COSY-Experiment auswertbare Spektren ergab. Dennoch ermöglichte die Bestimmung der Kopplungskonstanten, Integrale und Multiplizitäten die Identifizierung der Pyridin-Derivate und anderer Verbindungen. Die Korrelation der Protonen zu den gebundenen Kohlenstoffen erfolgte in dem HSQC der unbehandelten Probe.

3.3. Vorstellung der Metabolite

In den folgenden Kapiteln werden die identifizierten Metabolite vorgestellt. Die gewählte Einteilung der Substanzen ist variabel, da die meisten Substanzen mehrere Eigenschaften vereinen (z. B. aromatische Carbonsäuren). Die mit den Metaboliten verbundenen Stoffwechselstörungen sind beispielhaft und nicht vollständig. Viele Enzymdefekte sind bis heute nicht aufgeklärt und die meisten Stoffwechselstörungen verursachen Konzentrationsänderungen von mehreren Substanzen. So ist es zum Beispiel möglich, dass die Konzentrationszunahme einer Verbindung mit der Konzentrationsabnahme einer anderen Verbindung verknüpft ist. In einigen Fällen wird jedoch nur auf eine Substanz untersucht, so dass die Zusammenhänge nicht zwingend erfasst werden.

In der Vorstellung der Verbindungen werden nicht alle Signale der einzelnen Metabolite erwähnt. Die Beschreibung und die Darstellung der Spektren beschränken sich auf Signale, die in den Spektren leicht und eindeutig identifiziert werden können und damit für analytische Fragestellungen geeignet sind. Eine vollständige Aufzählung findet sich in Tabelle 1 im Anhang 5.2..

Die Experimente wurden entsprechend Anhang 5.2. an einem 600MHz-Gerät durchgeführt. Es wurden verschiedene, zu unterschiedlichen Zeiten genommene Urinproben eines Kindes vermessen, um festzustellen, ob die identifizierten Metabolite ständig im Urin zu finden sind.

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3.3.1. Aromatische Verbindungen

Die meisten aromatischen Verbindungen im Urin sind nur sehr gering konzentriert, da sie aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften nicht sehr hydrophil sind.

3.3.1.1. Aromaten

Benzol-Derivate machen einen Teil der aromatischen Verbindungen aus. Durch gebundene Hydroxyl- und Carboxylgruppen wird die Hydrophilie dieser Verbindungen gesteigert. Dadurch ist es möglich, sie mit dem Urin auszuscheiden. Zu den Aromaten, die im Urin identifiziert werden konnten, gehören Vanillinsäure, Homovanillinsäure, Hydroxyphenylessigsäure, 3-Hydroxyphenylessigsäure, Phenylessigsäure, Kresol, 4-Hydroxybenzamid, 4-Hydroxybenzoesäure und Hippursäure.

Vanillinsäure ist ein Abbauprodukt von Tyrosin, Catecholaminen und von Vanillin, welches mit der Nahrung aufgenommen wird. Bei Patienten mit Leberzirrhose sind erhöhte Konzentrationen im Urin zu finden (Liebich und Pickert, 1985).

Homovanillinsäure ist ebenfalls ein Abbauprodukt im Catecholamin-Stoffwechsel. Vermehrte Ausscheidung im Urin wird bei verschiedenen Tumoren, wie z. B. Phäochromozytomen, Neuroblastomen und Ganglioneuromen beobachtet (Shi et al, 1998; Gerlo und Sevens, 1994). 4-Hydroxyphenylessigsäure ist ein deaminiertes Oxidationsprodukt von 4-Tyramin und Tyrosin. Leberzirrhose führt unter anderem zu einer vermehrten Ausscheidung von 4-Hydroxyphenylessigsäure in den Urin (Liebich und Pickert, 1985).

3-Hydroxyphenylessigsäure, ein Metabolit von Tyrosin und Rutin, wirkt als Antioxidans im menschlichen Organismus. Stoffwechselstörungen oder andere Krankheiten, die zu erhöhten Konzentrationen im Urin führen, sind bis heute nicht bekannt.

Phenylessigsäure ist ein Abbauprodukt von Phenylethylamin. Ihre Struktur ähnelt denen der Neurotransmitter Dopamin und Adrenalin, weshalb sie ebenfalls anregende Wirkung besitzt. Die Konzentration von Phenylessigsäure im Urin ist bei depressiven Menschen signifikant erniedrigt (Szabo et al, 2001).

4-Kresol ist ein Endprodukt des Proteinstoffwechsels durch den Abbau von Tyrosin und Phenylalanin. Die Ausscheidung in den Urin ist abhängig von der Proteinaufnahme. Benzol oder Toluol werden unter anderem zu 4-Kresol abgebaut, welches dadurch vermehrt mit dem Urin ausgeschieden wird.

Über 4-Hydroxybenzamid im Urin ist nichts bekannt, es könnte über die Nahrung in den menschlichen Stoffwechsel gelangen.

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4-Hydroxybenzoesäure ist ein Stoffwechselprodukt von verschiedenen Substanzen, darunter Catechine, Parabene und Polyphenole. Parabene sind in Kosmetika enthalten und werden hauptsächlich über die Haut aufgenommen. Catechine und Polyphenole werden mit der Nahrung aufgenommen. Als Biomarker im Urin ist 4-Hydroxybenzoesäure aufgrund der vielen Quellen nur bedingt geeignet.

Hippursäure wird, in Folge der Entgiftungsfunktion von Leber und Niere, durch Konjugation von Benzoesäure mit Glykokoll gebildet. Auch Toluol wird zum größten Teil zu Hippursäure abgebaut. Niereninsuffizienz führt zu verringerter, Stoffwechselstörungen zu vermehrter Ausscheidung mit dem Urin. Natriumbenzoat ist ein Konservierungsmittel in vielen Lebensmitteln, welches ebenfalls zu Hippursäure abgebaut wird. Deshalb ist die Konzentration im Urin zum Teil auch von der Ernährung abhängig (Zuppi et al, 1998).

Aufgrund ihrer geringen Konzentrationen geben Aromaten nur schwache Signale im Protonenspektrum, die sich zum Teil nur wenig von der Basislinie abheben. Außerdem ist im HSQC deutlich zu erkennen, dass viele Signale überlagert sind und im Protonenspektrum deshalb nicht separiert dargestellt werden. Die chemische Verschiebung der aromatischen Kohlenstoffe liegt, je nach Substituenten, zwischen 100ppm und 135ppm. Sie enthalten nur wenig strukturelle Informationen. Hauptsächlich lassen sich die einzelnen Aromaten mit Hilfe des COSY identifizieren. In vielen Fällen sind auch die Kopplungssignale der aromatischen Protonen zu den Protonen alipahtischer Seitenketten zu beobachten, was für die Strukturaufklärung sehr hilfreich ist. Die Resonanzfrequenzen der aliphatischen Seitenketten liegen in dem überlagerten Bereich der Kohlenhydrate und sind für analytische Zwecke wenig geeignet.

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ppm (t2)8.00 7.50 7.00 110.0 115.0 120.0 125.0 130.0 135.0 ppm (t1) ppm (t2)8.00 7.50 7.00 110.0 115.0 120.0 125.0 130.0 135.0 ppm (t1)

Abbildung 8: HSQC einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt den Bereich, in dem die Signale der Aromaten liegen. Die meisten Signale sind intensitätsschwach und einige Signale sind überlagert.

Sowohl Vanillinsäure als auch Homovanillinsäure sind in den untersuchten Proben nur sehr gering konzentriert. In den Protonenspektren sind die Signale beider Verbindungen durch andere Resonanzfrequenzen überlagert. Die Vanillinsäure ist nur mit Hilfe des HSQC identifizierbar. Auch dort zeigt sie lediglich schwache Signale. Homovanillinsäure kann dagegen über ihre Kopplungssignale im COSY identifiziert werden. Interessant sind dabei die Kopplungen der aromatischen Protonen zu den aliphatischen Seitenketten. Die Kopplungen der aromatischen Protonen bei 6,89ppm und 6,73ppm zur Methylengruppe der aliphatischen Seitenkette bei 3,47ppm sind deutlich zu erkennen. Ganz schwach ist auch eine Kopplung der Methoxygruppe bei 3,84ppm zu dem benachbarten aromatischen Proton bei 6,89ppm sichtbar. Die 4-Hydroxyphenylessigsäure zeigt ebenfalls deutliche Kopplungssignale der aromatischen Protonen bei 7,14ppm und 6,84ppm zur Methylengruppe der aliphatischen Seitenkette bei 3,46ppm. 3-Hydroxyphenylessigsäure ist weniger konzentriert, zeigt jedoch gleichfalls Kopplungen der aromatischen Protonen bei 6,82ppm und 6,77ppm zu der aliphatischen Methylengruppe bei 3,48ppm.

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ppm (t2) 7.00 3.00 3.50 4.00 ppm (t1) Homovan 4-OH-PES 3-OH-PES ppm (t2) 7.00 3.00 3.50 4.00 ppm (t1) Homovan 4-OH-PES 3-OH-PES

Abbildung 9: COSY einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Kopplungssignale der aromatischen Protonen zu den aliphatischen Seitenketten. Abkürzungen: 3-OH-PES – 3-Hyrdoxyphenylessigsäure, OH-PES – 4-Hydroxyphenylessigsäure, Homovan - Homovanillinsäure

Die Hippursäure und die Phenylessigsäure gehören zu den aromatischen Substanzen, die im Urin die höchsten Konzentrationen aufweisen. Sie sind auch im Protonenspektrum deutlich zu identifizieren. Allerdings liegen zwei Signale der Phenylessigsäure bei 7,32ppm und 7,31ppm so dicht beieinander, dass sie sich überlagern. Eine dritte Substanz, U1, die ebenfalls relativ hoch konzentriert ist, konnte nicht eindeutig identifiziert werden.

ppm (t1) 7.50 7.00 8.00 Hip Hip Hip Phe Phe U1 U1 ppm (t1) 7.50 7.00 8.00 Hip Hip Hip Phe Phe ppm (t1) 7.50 7.00 8.00 Hip Hip Hip Phe Phe U1 U1

Abbildung 10: Protonenspektrum einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der konzentrierten aromatischen Verbindungen, die das Spektrum dominieren. Abkürzungen: Hip – Hippursäure, Phe – Phenylessigsäure, U1 – Unbekannte Substanz.

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Die Aufspaltung der Signale der unbekannten Substanz im Protonenspektrum weist darauf hin, dass es sich um eine para-substituierte Verbindung handelt. Im COSY zeigt sie Kopplungen der aromatischen Protonen bei 7,23ppm und 7,17ppm zu einer Methylgruppe bei 2,31ppm, die nahe bei denen des 4-Kresols liegen. Die Signale der aromatischen Protonen sind gegenüber dem 4-Kresol tieffeldverschoben, was darauf hinweist, dass in der para-Position keine freie Hydroxygruppe gebunden ist. Daneben ist im TOCSY eine schwache Kopplung zu 4,62ppm zu erkennen. Das lässt darauf schließen, dass es sich hier um ein Konjugat des 4-Kresols handelt, möglicherweise ein Glucuronid. Konjugierte Verbindungen können allein mit Hilfe der NMR-Spektroskopie nicht identifiziert werden, da in der Regel keine Kopplungen zu den gebundenen Kohlenhydraten oder Glucuroniden beobachtet werden (siehe 3.1.2.1. Nukleoside). Für eine genaue Identifizierung sind deshalb weitere Untersuchungen notwendig.

4-Kresol ist nicht sehr konzentriert, die Signale sind im Protonenspektrum überlagert. Im COSY ist es dagegen eindeutig zu identifizieren. Die Kopplungen der Signale bei 7,16ppm und 6,84ppm zu dem Signal der Methylgruppe bei 2,26ppm sind eindeutig zu erkennen. Daneben sind auch die Kopplungssignale der unbekannten Substanz zu sehen.

ppm (t2)7.250 7.200 7.150 7.100 7.050 7.000 2.050 2.100 2.150 2.200 2.250 2.300 2.350 2.400 2.450 ppm (t1) U1 U1 4-Kresol 4-Kresol ppm (t2)7.250 7.200 7.150 7.100 7.050 7.000 2.050 2.100 2.150 2.200 2.250 2.300 2.350 2.400 2.450 ppm (t1) ppm (t2)7.250 7.200 7.150 7.100 7.050 7.000 2.050 2.100 2.150 2.200 2.250 2.300 2.350 2.400 2.450 ppm (t1) U1 U1 4-Kresol 4-Kresol

Abbildung 11: COSY einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Kopplungssignale der aromatischen Protonen zu den aliphatischen Seitenketten von 4-Kresol und der unbekannten Substanz U1.

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sind und ihre Signale im Protonenspektrum dicht neben anderen liegen, ist es von Vorteil, das COSY zur Identifizierung heranzuziehen.

ppm (t2) 7.00 6.50 7.50 8.00 ppm (t1) 4-OH-BA 4-OH-BS ppm (t2) 7.00 6.50 7.50 8.00 ppm (t1) ppm (t2) 7.00 6.50 7.50 8.00 ppm (t1) 4-OH-BA 4-OH-BS

Abbildung 12: COSY einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Kopplungssignale der aromatischen Protonen von 4-HYdroxybenzoesäure (4-OH-BS) und 4-Hydroxybenzamid (4-OH-BA).

3.3.1.2. Heteroaromaten

Der Begriff Heteroaromaten steht für aromatische Verbindungen, die ein oder mehrere Heteroatome enthalten. Sie werden aufgrund der Art und Anzahl der Heteroatome und der Anzahl enthaltener Kohlenstoffatome in unterschiedliche Substanzklassen eingeteilt. In den untersuchten Urinproben konnten verschiedene Purine, Pyrimidine, Indole, Imidazole und Pyridine identifiziert werden.

3.3.1.2.1. Nukleoside

Ribonukleinsäure (RNA) ist eine Hauptkomponente der Genexpression. Sie setzt sich aus verschiedenen Nukleosiden zusammen, welche wiederum aus einem Ribosemolekül und einer Nukleinbase (Purin- oder Pyrimidin-Derivat) bestehen. Neben den vier bekannten Nukleosiden Adenosin, Cytidin, Uridin und Guanidin enthält RNA eine große Anzahl modifizierter Verbindungen. Bei den Modifizierungen handelt es sich hauptsächlich um Methylierungen der Basen, die im Anschluss an die RNA-Synthese erfolgen. Diese modifizierten Nukleoside können nach Abbau der RNA nicht wieder verwendet werden. Deshalb werden sie über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Dabei gehen auch immer

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bekannt (Schram, 1998; Seidel et al, 2006). Mit ihrer Hilfe können Aussagen über den RNA-Stoffwechsel und über den Proteinstatus gemacht werden. Außerdem sind viele heute als Tumormarker bekannt (Zheng et al, 2002; Kammerer et al, 2005; Seidel et al, 2006). Die meisten Nukleoside und Nukleinbasen sind im Urin von gesunden Individuen jedoch so gering konzentriert, dass sie mit Hilfe der NMR nicht detektiert werde können (Zheng et al, 2002; Hofmann et al, 2003). In den untersuchten Proben konnten Adenosin, Cytidin, Cytosin, Dihydrouracil, Guanosin, Pseudouridine, Thymin, Xanthin, Uracil und Uridin identifiziert werden.

Pseudouridine ist unter anderem ein Marker für das Wachstum von Lymphknotentumoren und wird in Verbindung mit anderen Nukleosiden für die Anwesenheit verschiedener Tumore als Marker verwendet (Kvist et al, 1990; Tu et al 1995).

Uracil und Dihydrouracil werden häufig als Indikator für die Enzymaktivität der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase eingesetzt. Wenn Tumore mit Uracilanaloga, wie zum Beispiel 5-Fluoruracil, behandelt werden, müssen die Medikamente über die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase abgebaut werden. Ist die Enzymaktivität eingeschränkt, werden die Medikamente angereichert und können zu Vergiftungen führen (Kuhara et al, 2001).

Nukleinbasen und Nukleoside sind im Urin nur gering konzentriert. Deshalb besitzen die Signale in den Spektren auch nur schwache Intensitäten. Kopplungssignale der Nukleinbasen zu den Ribosemolekülen werden weder im COSY noch im TOCSY beobachtet. Die Ribosemoleküle der Nukleoside können jedoch mit Hilfe der α-Wasserstoffe identifiziert werden. Diese zeigen charakteristische Resonanzfrequenzen zwischen 5,8ppm und 5,9ppm und die dazugehörenden Kohlenstoffe zwischen 88ppm und 91ppm. Gegenüber den α-Wasserstoffen anderer Kohlenhydrate sind diese Signale deutlich tieffeldverschoben.

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ppm (t2) 6.30 6.20 6.10 6.00 5.90 5.80 5.70 85.0 90.0 95.0 ppm (t1) Adenosine Uridine Guanosine Cytidine ppm (t2) 6.30 6.20 6.10 6.00 5.90 5.80 5.70 85.0 90.0 95.0 ppm (t1) ppm (t2) 6.30 6.20 6.10 6.00 5.90 5.80 5.70 85.0 90.0 95.0 ppm (t1) Adenosine Uridine Guanosine Cytidine

Abbildung 13: HSQC einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der α-Wasserstoffe, der zu den Nukleosiden gehörenden Ribosen.

Die Nukleinbasen Uracil, Uridin und Cytidin lassen sich im COSY identifizieren, da die Wasserstoffatome der Basen miteinander koppeln. Die Signale von Uracil liegen bei 7,52ppm und 5,78ppm. Die gebundene Ribose verschiebt die Resonanzfrequenzen der Base im Uridin zu 7,83ppm und 5,96ppm. Die Signale des Cytidins liegen mit 7,86ppm und 6,09ppm nahe bei denen des Uridins, was durch strukturelle Ähnlichkeiten bedingt ist. Dementsprechend sind die Signale des Cytosins bei 7,58ppm und 6,02ppm nahe bei denen des Uracil zu finden. Pseudouridin ist ebenfalls in diesem Bereich zu finden. Allerdings handelt es sich in diesem Fall um eine Kopplung zwischen dem Signal der Base bei 7,64ppm und dem Signal des α-Wasserstoffs der Ribose bei 4,68ppm. Da die Ribose in diesem Fall über ein Kohlenstoffatom an die Base gebunden ist, ist diese Kopplung möglich.

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ppm (t2)6.50 6.00 5.50 5.00 4.50 7.00 7.50 8.00 8.50 ppm (t1) Uridin Uracil Cytidin Pseudouridin Cytosin ppm (t2)6.50 6.00 5.50 5.00 4.50 7.00 7.50 8.00 8.50 ppm (t1) Uridin Uracil Cytidin Pseudouridin ppm (t2)6.50 6.00 5.50 5.00 4.50 7.00 7.50 8.00 8.50 ppm (t1) ppm (t2)6.50 6.00 5.50 5.00 4.50 7.00 7.50 8.00 8.50 ppm (t1) Uridin Uracil Cytidin Pseudouridin Cytosin

Abbildung 14: COSY einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Kopplungssignale der Nukleinbasen Uracil, Uridin, Cytosin, Cytidin und Pseudouridin.

Die Nukleinbasen der Nukleoside Adenosin und Guanosin, sowie Thymin und Xanthin tragen nur singuläre Protonen, die nicht mit anderen Protonen koppeln. Sie können nur mit Hilfe des HSQC identifiziert werden, da ihre Intensität in dem Protonenspektrum so gering ist, dass man sie nicht eindeutig als Signal identifizieren kann.

ppm (t2) 8.50 8.00 7.50 130.0 135.0 140.0 145.0 150.0 155.0 160.0 ppm (t1) Adenosin Adenosin Guanosin Thymin Xanthine ppm (t2) 8.50 8.00 7.50 130.0 135.0 140.0 145.0 150.0 155.0 160.0 ppm (t1) ppm (t2) 8.50 8.00 7.50 130.0 135.0 140.0 145.0 150.0 155.0 160.0 ppm (t1) Adenosin Adenosin Guanosin Thymin Xanthine

Abbildung 15: HSQC einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der Nukleinbasen Adenosin, Guanosin, Xanthin und Thymin. Da diese Substanzen nur gering konzentriert sind, ist auch die Intensität der Signale schwach.

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