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3. Identifizierung unbekannter Metabolite

3.3. Vorstellung der Metabolite

3.3.4. Biogene Amine

Amine sind Derivate des Ammoniaks, bei dem die Wasserstoffe durch Alkyl- oder Arylgruppen ersetzt wurden. Es gibt primäre, sekundäre und tertiäre Amine. Ein möglicher, vierter Substituent verursacht am Stickstoff eine positive Ladung.

3.3.4.1. Quartäre Ammoniumverbindungen

Quartäre Ammoniumverbindungen sind meistens wichtige Träger von Methylgruppen, die für Methylierungen verwendet werden. In den Urinproben konnten Betain, Carnitin und Cholin identifiziert werden.

Betain ist ein Abbauprodukt von Cholin und ein wichtiger Methylgruppen-Donor für Transmethylierungen. Bei Diabetikern wurde eine vermehrte Ausscheidung in den Urin beobachtet (Lever et al, 1994). Die Glukose-Konzentration im Urin wird jedoch bevorzugt zur Diagnose und Therapiekontrolle eingesetzt.

Carnitin wird aus Lysin gebildet. Es transportiert Fettsäuren in die Mitochondrien von

aufgenommenes Carnitin wird zu einem großen Teil mit dem Urin ausgeschieden. Sowohl systemischer als auch myopathischer Carnitinmangel führen zu erniedrigten Konzentrationen im Urin (Rebouche und Paulson, 1986).

Cholin stellt die Grundsubstanz des Acetylcholins dar und erfüllt wesentliche Intermediärfunktionen. Daneben ist es auch Baustein für Phosphatidylcholin und fungiert als Methylgruppen-Donor. Cholin ist für den Menschen essentiell, kann aber bei Bedarf in kleinen Mengen aus Ethanolamin synthetisiert werden. Es wird zu einem großen Teil zu Methylaminen abgebaut. Ein geringer Anteil wird aber auch mit dem Urin ausgeschieden, wobei die Menge ernährungsbedingt variiert.

Die Resonanzfrequenzen der drei quartären Amine liegen zwischen 2ppm und 4ppm. Die an dem Stickstoff gebundenen Methylgruppen sind chemisch äquivalent und geben ein Singulett.

Diese Signale der drei Verbindungen liegen dicht beieinander bei 3,16ppm, 3,20ppm und 3,24ppm. Betain trägt nur ein weiteres Proton, dessen Signal bei 3,78ppm liegt und durch die starken Überlagerungen dort nicht zur Analyse geeignet ist. Carnitin und Cholin tragen weitere Protonen, von denen einige zusätzlich zur Identifizierung im Protonenspektrum herangezogen werden können. Alle Signale sind von wenigen anderen überlagert.

ppm (t1)4.00 3.50 3.00 2.50

Betain Carnitin

Cholin Carnitin

Cholin

ppm (t1)4.00 3.50 3.00 2.50

Betain Carnitin

Cholin Carnitin

Cholin

Abbildung 33: Protonenspektrum einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt einige Signale der quartären Amine.

3.3.4.2. Methylamine

Unter Methylaminen werden Verbindungen zusammengefasst, bei denen, ausgehend vom Ammoniak, Wasserstoffe durch Methylgruppen substituiert sind. In den Urinproben konnten Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin und Trimethylaminoxid identifiziert werden.

Methylamin ist ein Abbauprodukt von Creatinin. Deshalb führen creatininhaltige Lebensmittel zu einer vermehrten Ausscheidung von Methylamin in den Urin.

Stoffwechselstörungen und andere Krankheiten, die zu veränderten Konzentrationen im Urin führen sind bis heute nicht bekannt.

Dimethylamin, eine Vorstufe des Carcinogens N-Nitrosodimethylamin, wird auf verschiedenen Wegen synthetisiert. Zum einen über die N-methylierung von Methylamin welches ein Abbauprodukt von Sarcosine und Glycin ist. Zum anderen ist Dimethylamin ein Abbauprodukt von N, N-Dimethylarginin, ein endogener Inhibitor der Stickstoffmonoxidsynthese aus Arginin (Tsikas et al, 2007). Außerdem wird Dimethylamin auch mit der Nahrung aufgenommen. Als Biomarker im Urin ist Dimethylamin nicht geeignet, da unterschiedliche Krankheiten, z. B. Erkrankungen der Herzkranzgefäße oder der Leber, zu einer vermehrten Ausscheidung führen (Tsikas et al, 2007).

Trimethylamin ist ein Abbauprodukt von Cholin, Carnitin und Trimethylaminoxid.

Umgekehrt wird mit der Nahrung aufgenommenes Trimethylamin zu Trimethylaminoxid abgebaut und hauptsächlich in dieser Form mit dem Urin ausgeschieden. Trimethylaminurie, ein Enzymdefekt, ruft bei den Betroffenen einen charakteristischen Geruch nach Fisch hervor.

Dieser Geruch wird durch vermehrt mit dem Urin ausgeschiedenes Trimethylamin verursacht (Bain et al, 2005; Mitchell und Smith, 2001). Trimethylaminoxid wird dementsprechend im Fall einer Trimethylaminurie weniger ausgeschieden. Erhöhte Konzentrationen im Urin können nach dem Verzehr von Fisch beobachtet werden (Zeisel und DaCosta, 1986).

Da die am Stickstoff gebundenen Methylruppen chemisch äquivalent sind, geben sie jeweils nur ein Singulett. Trimethylaminoxid und Dimethylamin bei 3,39ppm bzw. 2,71ppm sind aufgrund ihrer Konzentrationen leicht zu identifizieren. Trimethylamin und Methylamin bei 2,87ppm bzw. 2,61ppm sind dagegen sehr gering konzentriert.

ppm (t1)3.50 3.00 2.50 MA

DMA

TMA TMAO

ppm (t1)3.50 3.00 2.50

MA DMA

TMA TMAO

Abbildung 34: Protonenspektrum einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der Methylamine.

Abkürzungen: TMAO – Trimethylaminoxid, TMA – Trimethylamin, DMA – Dimethylamin, MA – Methylamin.

3.3.4.3. Guanidin-Verbindungen

In den Urinproben konnten Creatin, Phosphocreatin, Creatinin und Guanidinoacetat identifiziert werden.

Creatin, ein Zwischenprodukt des intermediären Stoffwechsels, wird in der Leber in annähernd konstanter Menge aus Glycin, Arginin und Methionin gebildet. Creatin wird zum großen Teil im Muskelgewebe gelagert, wo es in energiereiches Creatinphosphat umgewandelt wird. Der Abbau erfolgt zu Creatinin. Auf einen Enzymdefekt basierende Creatin-Mangel-Syndrome sind mit niedrigen Konzentrationen im Urin verbunden.

Mangelsyndrome, die auf eine Störung im tubulären Transport zurückzuführen sind, verursachen dagegen erhöhte Creatin-Konzentrationen im Urin (Sykut-cegielska et al, 2004).

Phosphocreatin ist der aus Creatin gebildete Energiespeicher im Muskel.

Stoffwechselstörungen oder andere Krankheiten, die zu veränderten Konzentrationen im Urin führen, sind bis heute nicht bekannt.

Guanidinoacetat ist ein Metabolit im Harnstoffzyklus und im Stoffwechsel der Aminosäuren Glycin, Serin, Threonin, Arginin und Prolin. Es ist auch ein Vorläufer von Creatin und damit essentiell für den Energie-Stoffwechsel der Muskeln. Guanidinoacetat-Methyltransferase-Mangel bedingt eine erhöhte Konzentration im Urin (Sykut-cegielska et al, 2004), Nierenversagen erniedrigte Konzentrationen (Shirokane et al, 1987).

Creatinin ist das Abauprodukt des Creatinphosphats und wird im Muskelgewebe gebildet. Die

abhängig von der Masse des Körpers. Aufgrund dieser konstanten Ausscheidung bei Erwachsenen wird Creatinin häufig als interner Standard für Konzentrationsbestimmungen anderer Metabolite im Urin herangezogen. Die sogenannte „Creatinin-Clearance“ wird zum Nachweis einer beginnenden Niereninsuffizienz herangezogen. In diesem Fall ist die Menge an Creatinin, die in 24Std. je kg Körpergewicht in den Urin abgegeben wird, erniedrigt. Als Einzeluntersuchung hat die Bestimmung der Creatinin-Ausscheidung praktisch keine Aussagekraft, da verschiedene Syndrome die Konzentration verändern. So sind zum Beispiel Erkrankungen wie Muskeldystrophie, amyotrophische Lateralsklerose oder Dermatomyositis mit einem Rückgang der Muskulatur verbunden und verursachen deshalb verringerte Creatinin-Konzentrationen im Urin.

Creatinin, Creatin und Phosphocreatin sind aufgrund ihrer Konzentrationen leicht zu identifizieren. Die Resonanzfrequenzen von Creatin und Phosphocreatin liegen sowohl bei 3,91ppm als auch bei 3,01ppm so dicht beieinander, dass sie weder im Protonenspektrum noch im HSQC getrennt beobachtet werden können. Guanidinoacetat ist dagegen sehr gering konzentriert und sein Signal bei 3,78ppm wird von anderen Signalen überlagert. Zur Identifizierung ist das HSQC notwendig.

ppm (t1) 4.00 3.50 3.00

Creatin

Creatin

Phosphocreatin

Phosphocreatin

Creatinin

Creatinin

Guanidinoacetat

ppm (t1) 4.00 3.50 3.00

Creatin

Creatin

Phosphocreatin

Phosphocreatin

Creatinin

Creatinin

Guanidinoacetat

Abbildung 35: Protonenspektrum einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der Guanidin-Verbindungen.

3.3.4.4. Primäre Amine

Bei primären Aminen ist nur ein Wasserstoff des Ammoniaks durch eine Alkylgruppe substituiert. In den Urinproben konnten Ethanolamin, Phosphoethanolamin und Taurin identifiziert werden.

Ethanolamin ist die unmethylierte Vorstufe des Cholins und ein Decarboxylierungsprodukt von Serin. Es ist ein Baustein in Plasmalogenen und in Glycerophosphatiden.

Stoffwechselstörungen oder andere Krankheiten, die veränderte Konzentrationen im Urin verursachen, sind bisher nicht bekannt.

Phosphoethanolamin, der Phosphorsäure-Ester des Ethanolamins, ist Bestandteil der Phosphatidylamine und Abbauprodukt des Sphingosin-1-Phosphates. Hyperphosphatasie, ein Enzymdefekt, bedingt eine vermehrte Ausscheidung an Phosphoethanolamin mit dem Urin (Igbal et al, 2000). Taurin ist ein Abbauprodukt von Cystin und Methionin. Es fungiert als Neurotransmitter im Gehirn, stabilisiert Zellmembranen und wird für den Ionentransport von Natrium, Kalium, Magnesium oder Calcium genutzt. Sulfit-Oxydase-Mangel oder Hyper-β -Alaninämie verursachen vermehrte Taurin Ausscheidung mit dem Urin.

Die primären Amine sind nur gering konzentriert und geben Signale mit schwacher Intensität.

Ihre Resonanzfrequenzen liegen zum Teil in dem stark überlagerten Bereich der Kohlenhydrate. Aber jede Verbindung zeigt zumindest ein Signal, welches für analytische Zwecke verwendet werden kann. Die Signale von Taurin bei 3,29ppm und 3,43ppm, und das Signal von Ethanolamin bei 3,14ppm, sowie von Phosphoethanolamin bei 3,25ppm sind nur wenig überlagert. Aufgrund der schwachen Signalintensitäten ist es sinnvoll, das HSQC zur Identifizierung heranzuziehen.

ppm (t1) 4.00 3.50 3.00 Taurin

Ethanolamin

P-ethanolamin Ethanolamin

Taurin P-ethanolamin

ppm (t1) 4.00 3.50 3.00

Taurin

Ethanolamin

P-ethanolamin Ethanolamin

Taurin P-ethanolamin

Abbildung 36: Protonenspektrum einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der primären Amine.

Abkürzung: P-Ethanolamin - Phosphoethanolamin

Im HSQC liegen die meisten Signale der identifizierten Amine relativ dicht beieinander.

Einige Resonanzfrequenzen liegen auch hier in dem stark überlagerten Bereich der Kohlenhydrate, aber die meisten sind in einem Bereich mit weniger Überlagerungen zu finden. Methylamin und Trimethylamin zeigen nur sehr kleine Signale gegenüber Dimethylamin und Trimethylaminoxid. Die Signale der Methylgruppen der Amine liegen aufgrund ihrer strukturellen Gemeinsamkeiten sehr dicht beieinander, ebenso wie Ethanolamin und Phosphoethanolamin. Das Signal von Guanidinoacetat liegt etwas abseits von den anderen Guanidino-Verbindungen. Die Verbindungen Creatinin, Creatin und Phosphocreatin zeigen Signale mit starker Intensität. Auch hier ist es nicht möglich, Creatin und Phosphocreatin zu unterscheiden.

ppm (t2) 3.50 3.00 2.50 2.00 1.50 30

40

50

60 ppm (t1) QA

MA

DMA

TMA

TMAO Cn

Cr / PCr GA

Ta

EA PEA

ppm (t2) 3.50 3.00 2.50 2.00 1.50

30

40

50

60 ppm (t1)

ppm (t2) 3.50 3.00 2.50 2.00 1.50

30

40

50

60 ppm (t1) QA

MA

DMA

TMA

TMAO Cn

Cr / PCr GA

Ta

EA PEA

Abbildung 37: HSQC einer Urinprobe. Der Ausschnitt zeigt die Signale der identifizierten Amine. In diesem Bereich ist zumindest ein Signal von jeder Verbindung zu finden. Die Markierung hebt die Signale der Methylgruppen der vorhandenen quartären Amine hervor. Abkürzungen: GA – Guanidinoacetat, Cn – Creatinin, Cr – Creatin, PCr – Phosphocreatin, MA – Methylamin, DMA – Dimethylamin, TMA – Trimethylamin, TMAO – Trimethylaminoxid, PEA – Phosphoethanolamin, EA – Ethanolamin, QA – quartäre Amine.