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Inzidenz und Ursache der sekundären Zyanoseentstehung nach Palliation des Univentrikels mittels Fontan-Operation

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(1)

Aus dem Deutschen Herzzentrum Berlin

Klinik für angeborene Herzfehler / Kinderkardiologie

DISSERTATION

Inzidenz und Ursache der sekundären Zyanoseentstehung nach

Palliation des Univentrikels mittels Fontan-Operation

zur Erlangung des akademischen Grades

Doctor medicinae (Dr. med.)

vorgelegt der Medizinischen Fakultät

Charité – Universitätsmedizin Berlin

von

Lisa Marie Schafstedde

aus Berlin

(2)

INHALTSVERZEICHNIS 1

Inhaltsverzeichnis

Abstrakt (deutsch) ... 3 Abstract (english) ... 5 Abkürzungsverzeichnis ... 7 1 Einleitung ... 8

1.1 Das univentrikuläre Herz präoperativ ... 8

1.1.1 Definition, Klassifikation und anatomische Verhältnisse ... 8

1.1.2 Pathophysiologische Auswirkungen ... 9

1.2 Therapie des univentrikulären Herzfehlers ... 10

1.2.1 Kreislauftrennung nach Fontan ... 10

1.2.2 Modifikationen im Laufe der Zeit ... 11

1.3 Das univentrikuläre Herz postoperativ ... 14

1.3.1 Univentrikuläre Hämodynamik ... 14 1.3.2 Langzeitkomplikationen ... 15 1.3.3 Chronische Zyanose ... 16 2 Fragestellung ... 20 3 Methodik ... 21 3.1 Studiendesign ... 21

3.1.1 Inzidenz der Zyanose ... 21

3.1.2 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen als wesentliche Einflussfaktoren ... 23

3.1.3 Auswirkungen chronischer Zyanose auf Fontanversagen und Mortalität ... 24

3.1.4 Weitere Risikofaktoren für Zyanoseentstehung ... 24

3.2 Kollektivbeschreibung ... 25

3.3 Statistische Analyse ... 28

4 Ergebnisse ... 29

4.1 Inzidenz der Zyanose ... 29

4.2 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen als wesentliche Zyanoseursachen - Hypothesentestung. ... 32

4.2.1 Einflussfaktor Überlaufventil ... 32

(3)

INHALTSVERZEICHNIS

4.3 Auswirkungen chronischer Zyanose auf Fontanversagen und Mortalität ... 46

4.3.1 Chronische Zyanose und Fontanversagen ... 46

4.3.2 Chronische Zyanose und Mortalität ... 47

4.4 Weitere Risikofaktoren für Zyanoseentstehung ... 49

4.4.1 Identifikation weiterer Risikofaktoren durch einen Vergleich zyanotischer versus azyanotischer Patienten ... 49

4.4.2 Prädiktive Bedeutung aller Einflussfaktoren ... 53

4.4.3 Subgruppenanalyse der Patienten mit venovenösen Kollateralen ... 56

5 Diskussion ... 58

5.1 Inzidenz der Zyanose ... 58

5.2 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen als wesentliche Zyanoseursachen – Hypothesenbasierte Ergebnisdiskussion. ... 59

5.2.1 Einflussfaktor Überlaufventil ... 59

5.2.2 Einflussfaktor venovenöse Kollateralen ... 63

5.3 Auswirkungen chronischer Zyanose auf Fontanversagen und Mortalität ... 69

5.3.1 Chronische Zyanose und Fontanversagen ... 69

5.3.2 Chronische Zyanose und Mortalität ... 70

5.4 Weitere Risikofaktoren für Zyanoseentstehung ... 71

5.4.1 Prädiktive Bedeutung für Zyanoseentstehung ... 77

6 Limitationen ... 79

7 Zusammenfassung, Fazit und Ausblick ... 80

Tabellenverzeichnis ... 82

Abbildungsverzeichnis ... 83

Literaturverzeichnis ... 84

Erklärung an Eides Statt ... 99

Publikationsliste ... 100

Lebenslauf ... 101

(4)

ABSTRAKT

3

Abstrakt (deutsch)

Einleitung: Seit 1971 können angeborene univentrikuläre Herzfehler durch eine

Kreislauftrennung mittels Fontan-Operation palliativ therapiert werden. Durch eine weltweit wachsende Erfahrung in der Chirurgie und Therapie des univentrikulären Herzfehlers ist ein Erreichen des Erwachsenenalters für Kinder mit univentrikulärer Physiologie heutzutage möglich. Neben der Volumenreduktion des Univentrikels ist die Zyanosebeseitigung dabei eines der wesentlichen Ziele der Fontan-Operation. Ob dieses Ziel erreicht wird und welche Ursachen und Folgen der Zyanose benannt werden können, soll durch die vorliegende Arbeit untersucht werden.

Methodik: Dafür wurden 350 Patienten, die zwischen 1986 und 2015 eine moderne

Modifikation der Fontan-Operation (totale cavopulmonale Verbindung, TCPC) erhalten haben und über einen medianen Beobachtungszeitraum von 4,6 [0,1-27,8] Jahren am Deutschen Herzzentrum Berlin nachbetreut wurden, retrospektiv betrachtet. Zyanose wurde definiert als arterielle Sättigung £ 93 % und transkutan mittels Pulsoxymetrie gemessen. Zu definierten Zeitpunkten (präoperativ (t0), postoperativ (t1), bei gegebener Herzkatheter- (t2) sowie der letzten Nachuntersuchung (t3)) wurde die Inzidenz der Zyanose ermittelt und beeinflussende Faktoren, wie intraoperativ angelegte Überlaufventile (ÜLV) oder venovenöse Kollateralen (VVK) identifiziert. Durch einen Gruppenvergleich zyanotischer versus azyanotischer Patienten wurden anatomische, chirurgische und hämodynamische Parameter als weitere Ursachen für postoperative Zyanoseentstehung getestet und mögliche Korrelationen mit dem Langzeitergebnis nach TCPC untersucht. Statistisch signifikante Ergebnisse wurden mittels logistischer Regression überprüft.

Ergebnisse: Die Inzidenz der Zyanose beträgt 100 % zu t0, 50 % zu t1, 72 % zu t2 und 41 %

zu t3. Signifikant beeinflussende Faktoren sind ÜLV (p < 0,001) und VVK (p = 0,02). Ebenfalls in erhöhter Korrelation mit Zyanose zeigen sich im Gruppenvergleich zyanotischer versus azyanotischer Patienten ein rechter Systemventrikel, die intrakardiale Fontantechnik sowie ein prä- und postoperativ schlechter entwickeltes Pulmonalgefäßbett. Chronische Zyanose ist assoziiert mit dem Eiweißverlustsyndrom im Rahmen des Fontanversagens und korreliert zu allen Zeitpunkten signifikant mit einer erhöhten Mortalität (logRank p (t1-t3) jeweils £ 0,02).

(5)

ABSTRAKT

In einer Risikoanalyse für die Entstehung von Zyanose bestätigen sich nach multivariater Regression ÜLV und VVK mit einer 4-10fachen Risikoerhöhung sowie ein im Vergleich zu den azyanotischen Patienten präoperativ höherer Pulmonalarteriendruck (Risk Ratio = 1,2).

Zusammenfassung: Zyanosebeseitigung durch TCPC wird häufig nicht erreicht. ÜLV und

entstehende VVK sind wesentliche Gründe dafür. Ein präoperativ erhöhter Pulmonal-arteriendruck zeigt sich als mögliche zusätzliche Ursache. Da die Auswirkungen der Zyanose von chronischem Fontanversagen bis zu einer erhöhten Mortalität reichen, bleibt ein standardisiertes Nachsorgeprotokoll zur Identifikation und ursächlichen Abklärung von Zyanose als demaskierendem Symptom einer insuffizienten Fontan-Hämodynamik unabdingbar, um einem irreversiblen Fontanversagen möglichst rechtzeitig therapeutisch entgegenwirken zu können.

(6)

ABSTRACT

5

Abstract (english)

Introduction: Since 1971 congenital univentricular heart defects can be treated palliatively with

Fontan operation. Experience with surgery and therapy of univentricular heart defects has grown across the globe. Today, it is possible that children with univentricular physiology reach adulthood. Apart from a volume reduction of the single ventricle, the objective of a Fontan operation is improvement of cyanosis. This thesis assesses whether this particular objective can be attained and identifies causes and consequences of cyanosis.

Methods: 350 patients who underwent a modern modification of the Fontan operation

(total cavopulmonary connection, TCPC) between 1986 and 2015 and received postoperative care over a median observation period of 4.6 [0.1-27.8] years at the German Heart Centre were studied retrospectively. Cyanosis was defined as arterial oxygen saturation £ 93 % and transcutaneously determined via pulse oximetry. The incidence of cyanosis was determined at specified moments (preoperative (t0), postoperative (t1), cardiac catheter examination (t2) and last follow-up (t3)) and contributing factors were identified, such as intraoperative fenestration or venovenous collaterals (VVC). In order to identify anatomical, surgical and haemodynamical parameters that are associated with the occurrence of cyanosis a group comparison of cyanotic and acyanotic patients was used and correlated with long-term results after TCPC. Statistically significant results were verified using logistic regression.

Results: The incidence of cyanosis is 100 % at t0, 50 % at t1, 72 % at t2 and 41 % at t3.

Statistically significant factors are fenestration (p < 0.001) and VVC (p = 0.02). In the group comparison, right ventricular morphology, intracardiac fontan procedure and a pre- and postoperative weak pulmonary vascular bed also show statistically relevant correlation with cyanosis. Chronic cyanosis is associated with protein losing enteropathy in the context of fontan failure and significantly correlates with higher mortality at all times (logRank p (t1-t3) £ 0.02). Using multivariate regression, fenestration and VVC increase the risk of cyanosis by 4-10times while elevated levels of preoperative pulmonary artery pressure show a 1.2-fold higher risk of cyanosis.

(7)

ABSTRACT

Conclusion: Often the goal of improving cyanosis through TCPC cannot be achieved.

Fenestration and VVC are the main reasons. Elevated preoperative pulmonary artery pressure is a potential additional cause. The consequences of cyanosis reach from chronic fontan failure to higher mortality rates. Hence, a standard protocol for postoperative care is required for identification and causal clarification of cyanosis as a demasking symptom of an insufficient fontan hemodynamic in order to counteract irreversible fontan failure as early as possible.

(8)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

7

Abkürzungsverzeichnis

1. AHF = angeborener Herzfehler

2. ASD = atrioventrikulärer Septumdefekt 3. AV-Klappe = atrioventrikuläre Klappe 4. DHZB = Deutsches Herzzentrum Berlin

5. DILV = „double inlet left ventricle“, zu deutsch: doppelter Einlass linker Ventrikel = beide AV-Klappen oder eine gemeinsame AV-Klappe münden in den linken Ventrikel 6. DORV = „double outlet right ventricle“, zu deutsch: doppelter Auslass des rechten

Ventrikels = Ursprung sowohl der Pulmonalarterien als auch der Aorta aus dem rechten Ventrikel

7. EDP = „end-diastolic pressure“, zu deutsch: enddiastolischer Druck 8. FU = „Follow-Up“, zu deutsch: Nachuntersuchung

9. HK = Herzkatheter 10. HLHS = hypoplastisches Linksherzsyndrom 11. HZV = Herzzeitvolumen 12. LA = linkes Atrium 13. LV = linker Ventrikel 14. MA = Mitralatresie

15. PA = Pulmonalarterie (RPA = rechte Pulmonalarterie; LPA = linke Pulmonalarterie) 16. PAD = pulmonalarterieller Durchmesser

17. PAI = Pulmonalarterien-Index

18. PAP = „pulmonary artery pressure“, zu deutsch: pulmonalarterieller Druck 19. PLE = „protein losing enteropathy“, zu deutsch: Eiweißverlustenteropathie 20. PVR = „pulmonary artery resistance“, zu deutsch: pulmonlarterieller Widerstand 21. RA = rechtes Atrium

22. RV = rechter Ventrikel

23. SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung 24. TA = Trikuspidalatresie

25. TCPC = „total cavopulmonary connection“, zu deutsch: totale cavopulmonale Verbindung = Fontan-Operation

26. TPG = transpulmonaler Gradient

27. ubAVSD = unbalancierter atrioventrikulärer Septumdefekt 28. UHF = univentrikulärer Herzfehler

29. ULAI = Unterlappenarterien-Index 30. VCS = Vena cava superior

31. VCI = Vena cava inferior

32. VSD = ventrikulärer Septumdefekt 33. VVK = venovenöse Kollateralen

(9)

EINLEITUNG

1 Einleitung

1.1 Das univentrikuläre Herz präoperativ

1.1.1 Definition, Klassifikation und anatomische Verhältnisse

Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigste kongenitale Fehlbildung des Menschen. Jedes 100. Kind wird mit einem AHF geboren.1 Dank eines enormen medizinischen Fortschritts

erreichen heutzutage immer mehr Kinder mit AHF das Erwachsenenalter2-4 und bilden damit

eine Patientengruppe, deren Behandlung ein besonderes und sehr spezialisiertes Wissen verlangt. Sind diese AHF so komplex, dass nur noch ein funktionierender Ventrikel besteht, spricht man vom sogenannten „univentrikulären Herz“. Die Begrifflichkeiten sind nicht immer ganz eindeutig und auch die Klassifikationskriterien differieren bis heute5,6, gemein ist allen

Definitionen jedoch das Fehlen zweier ausreichend entwickelter Herzkammern. Dazu zählen demnach Herzfehler, bei denen das Blut beider Vorhöfe in nur eine Herzkammer mündet (wie zum Beispiel beim „Double inlet left ventricle“ (DILV)), Herzfehler mit einer fehlenden atrioventrikulären Verbindung (Mitral- oder Trikuspidalatresie; MA / TA) sowie Herzfehler mit nur einer ausreichend entwickelten Herzkammer und zusätzlichem Heterotaxiesyndrom. Auch das hypoplastische Linksherzsyndrom (HLHS) gehört zu den univentrikulären Herzfehlern, wird aber – aufgrund seiner Komplexität – eigenständig klassifiziert7,8. Herzfehler, die sich nicht

biventrikulär korrigieren lassen, wie der unbalancierte atrioventrikuläre Septumdefekt beispielsweise (ubAVSD), werden unter dem Begriff „funktionell univentrikuläres Herz“ zusammengefasst.

Da das vollständige Fehlen eines zweiten Ventrikels eher die Rarität, ein rudimentär angelegter zweiter Ventrikel dagegen viel häufiger ist9, gilt es, den univentrikulären Herzfehler zusätzlich

anhand der Morphologie des dominanten Ventrikels einzuteilen. Es ergibt sich eine Klassifikation des Herzfehlers in univentrikulär bzw. funktionell univentrikulär mit links- bzw. rechtsventrikulärer Dominanz10,11. Mit einer Inzidenz von 1-2 / 10 000 Lebendgeburten12,13

machen univentrikuläre Herzfehler etwa 1-3 % aller AHF aus14.

Im weiteren Verlauf werden sowohl univentrikuläre als auch funktionell univentrikuläre Herzfehler mit UHF abgekürzt. In Abbildung 1 finden sich drei anatomische Varianten eines UHF.

(10)

EINLEITUNG

9

Abbildung 1: Anatomische Verhältnisse am Beispiel verschiedener univentrikulärer Herzfehler

Dargestellt sind drei anatomische Varianten eines univentrikulären Herzens:

a) Doppelter Auslass linker Ventrikel (DILV): univentrikulärer Herzfehler mit beidseitig normal ausgebildeten AV-Klappen bei atrioventrikulärer Diskordanz. Sowohl venöses als auch arterielles Blut fließt in den gemeinsamen linken Ventrikel und wird von dort aus auf den Lungen- sowie den Systemkreislauf verteilt.

b) Trikuspidalatresie (TA): univentrikulärer Herzfehler mit atretischer Trikuspidalklappe und folglich hypoplas-tischem rechten Ventrikel sowie hypoplastischer Pulmonalarterie. Bei ventrikuloarterieller Konkordanz kann der Lungenkreislauf nur über offene interatriale (ASD) sowie interventrikuläre (VSD) Verbindungen versorgt werden. c) Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS): univentrikulärer Herzfehler mit hypoplastisch angelegtem linken Ventrikel bei sowohl atrioventrikulärer als auch ventrikuloarterieller Konkordanz. Sowohl die Mitral- als auch die Aortenklappe sind kritisch stenosiert oder gar atretisch, die Aorta ist hypoplastisch, ebenso der Aortenbogen. Abbildung aus: Clift P, Celermajer D. Managing adult Fontan patients: where do we stand? European respiratory review : an official journal of the European Respiratory Society 2016;25:438-50.15

1.1.2 Pathophysiologische Auswirkungen

Bei jedem dieser Herzfehler kommt es auf Vorhof- oder Ventrikelebene zu einer Vermischung von systemvenösem mit pulmonalvenösem Blut. Der singuläre Ventrikel muss zudem sowohl den Lungen- als auch den Systemkreislauf versorgen. Beide Kreisläufe verlaufen damit nicht in Serie, sondern parallel zueinander. Unbehandelt führt dieser Zustand mittel- bis langfristig zu chronischer Zyanose, eingeschränkter Belastbarkeit sowie zu einer Volumenbelastung des univentrikulären Herzens und damit letztlich zu früher Morbidität und Mortalität11,15,16. Moodie

et al. sprachen von einer 70 %igen Mortalität vor Erreichen des 16. Lebensjahres und betrachteten dabei nur Patienten mit UHF und linksventrikulärer Dominanz17. Die Prognose

unbehandelter UHF mit rechtsventrikulärer Dominanz erwies sich als nochmals schlechter11,17,18.

SVC = Vena cava superior IVC = Vena cava inferior RA = rechtes Atrium TV = Trikuspidalklappe RV = rechter Ventrikel PA = Pulmonalarterie RPA = rechte Pulmonalarterie LPA = linke Pulmonalarterie PV = Pulmonalvene LA = linkes Atrium MV = Mitralklappe LV = linker Ventrikel

(11)

EINLEITUNG

1.2 Therapie des univentrikulären Herzfehlers

1.2.1 Kreislauftrennung nach Fontan

Basierend auf der bereits im 17. Jahrhundert von William Harvey beschriebenen Saug- und Pumpfunktion der Lunge, durch die eine Lungendurchblutung ohne treibende Kraft des präpulmonalen Ventrikels vorstellbar wurde19, entwickelte Francois Fontan im Jahre 1971

erstmals eine Möglichkeit der chirurgischen Therapie des UHF. Seine Operationsmethode wurde initial zur Therapie der Trikuspidalatresie (TA) angewandt und machte es erstmals möglich, den parallelen Kreislauf zu trennen.

„A new surgical procedure has been used which transmits the whole vena caval blood to the lungs, while only oxygenated blood returns to the left heart“20, zu deutsch: „Eine neue

chirurgische Methode wurde verwendet, durch die das gesamte Blut der Venae Cavae den Lungen zugeführt wird, während ausschließlich oxygeniertes Blut zum linken Herzen zurückkehrt“. Mit dieser Aussage beschrieb Fontan die zwei wesentlichen Ziele einer atriopulmonalen Operationsmethode: die Reduktion der Volumenbelastung des Univentrikels sowie die Beseitigung der Zyanose15.

(12)

EINLEITUNG

11 Abbildung 2: Originale Fontan-Operation

Dargestellt ist die originale Fontan-Operation für die palliative Therapie der Trikuspidalatresie. In einzelnen Schritten:

1) Anastomosierung der Vena cava superior mit dem distalen Ende der rechten Pulmonalarterie.

2) Anastomosierung des rechten Vorhofs mit dem proximalen Ende der rechten Pulmonalarterie und Ein-setzen eines Aortenklappen-Homografts.

3) Verschluss des atrioventrikulären Septumdefekts.

4) Anastomosierung zwischen der Vena cava inferior und dem rechten Vorhof und Einsetzen eines Pulmonalklappen-Homografts.

5) Ligatur der Pulmonalarterie.

Das venöse Blut fließt nun aus der oberen Körperhälfte direkt und aus der unteren Körperhälfte über den rechten Vorhof indirekt in die Pulmonalarterien, von dort zur Oxygenierung in den Lungenkreislauf und gelangt dann über das linke Herz in den Körperkreislauf.

Modifiziert nach: Fontan F, Baudet E. Surgical repair of tricuspid atresia. Thorax 1971;26:240-8.20

1.2.2 Modifikationen im Laufe der Zeit

Im Laufe der Jahre, mit mehr Erfahrung und verbesserten chirurgischen Möglichkeiten, kam es zu mehreren Modifikationen der originalen Fontan-Operation21-23. Auch wurde sie auf ein

zunehmend breiteres Indikationsspektrum angewandt, sodass heute sogar das HLHS mittels Kreislauftrennung nach dem Fontan-Prinzip therapiert wird.

1.2.2.1 Intrakardialer versus extrakardialer Fontan

Die zwei wesentlichen und in der heutigen Zeit am häufigsten verwendeten Methoden der weiterentwickelten Fontan-Operation sollen im Folgenden dargestellt werden.

2)

3)

4)

5) 1)

(13)

EINLEITUNG

Abbildung 3: Intraatrial laterale und extrakardiale Modifikation der originalen Fontan-Operation

Dargestellt sind die Modifikationen des intraatrialen lateralen Tunnels (links) sowie des extrakardialen Konduits (rechts). Links zusätzlich mit Anlage einer Fenestrierung.

Nachdem in einem ersten Schritt die Vena cava superior mit der rechten Pulmonalarterie anastomosiert wird (sogenannte Glenn-Anastomose), wird im Weiteren auch die Vena cava inferior mit der rechten Pulmonalarterie verbunden. Das Blut fließt so passiv (durch einen intraatrialen Tunnel (links) oder eine extrakardiale Gefäßprothese (rechts)) und direkt aus dem System- in den Lungenkreislauf (totale cavopulmonale Verbindung, kurz TCPC). Aus: Kogon B. Is the extracardiac conduit the preferred Fontan approach for patients with univentricular hearts? The extracardiac conduit is the preferred Fontan approach for patients with univentricular hearts. Circulation 2012;126:2511-5.24

Beide Varianten lassen sich als totale cavopulmonale Verbindung (TCPC) der bereits beschrie-benen atriopulmonalen Verbindung gegenüberstellen.

Bei der intraatrialen Fontan-Operation kommt es durch Konstruktion eines Tunnels, bestehend aus einem eingenähten Patch und der lateralen Vorhofwand, zu einer intraatrialen Anastomose zwischen VCI und dem oberen Hohlvenenstumpf. Das Blut fließt so direkt von der unteren Hohlvene durch den geschaffenen Tunnel im Vorhof in die Pulmonalarterien (PA). Bei der extrakardialen Fontan-Operation wird eine Kunststoff-Gefäßprothese zwischen der VCI und der PA eingesetzt, der Vorhof wird nicht eröffnet, das Blut fließt hier gänzlich am Herzen vorbei. Beiden Varianten geht die sogenannte Glenn-Anastomose voraus, über die das Blut der oberen

(14)

EINLEITUNG

13

Körperhälfte ebenfalls direkt der PA zugeführt wird. In den letzten Jahren zeigte sich eine Entwicklung hin zur extrakardialen Methode3,24-26, da die Operation im Gegensatz zur

intraatrialen Fontan-Operation am schlagenden Herzen ohne den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine oder eines kardioplegen Herzstillstands durchgeführt werden kann. Zudem kommt es zu keiner Narbensetzung durch intraatriale Nahtreihen, wodurch das Risiko für Arrhythmien gesenkt werden konnte. Als Nachteil gilt, dass die Gefäßprothese kein mitwachsendes Gebilde ist und somit erst eine gewisse Größe des Patienten erreicht werden sollte, bevor eine ausreichend große Prothese eingesetzt werden kann11.

Am Deutschen Herzzentrum Berlin wird seit 1997 nur noch die extrakardiale Fontan-Operation durchgeführt.

1.2.2.2 Schaffung eines Überlaufventils

Ist der Druck im Lungenkreislauf zu hoch, gibt es die Möglichkeit zur Anlage eines Überlaufventils (ÜLV). Durch eine iatrogen geschaffene 4-5 mm große Fenestrierung zwischen entweder dem lateralen Tunnel (intraatriale Fontan-Operation) oder dem extrakardialen Konduit (extrakardiale Fontan-Operation) und dem Vorhof wird der pulmonalarterielle Druck (PAP) reduziert. In der Konsequenz kann ein ausreichendes Herzzeitvolumen (HZV) gewährleistet werden, dies jedoch nur auf Kosten einer verschlechterten arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO2) durch den erneuten Rechts-Links-Shunt des Blutes27. Der Nutzen einer solchen Fenestrierung

wird kontrovers diskutiert. Viele Studien sprechen von einer verbesserten postoperativen Morbidität und reduzierten Krankenhausaufenthaltsdauer28,29, andere betonen ein gutes

post-operatives Ergebnis nach nicht fenestrierter Fontan-Operation30,31 oder sprechen gar von

schlechterer hämodynamischer Adaptation durch persistierende Fenestrierung32.

Übereinstimmend gilt, dass bei Risikopatienten mit bereits präoperativ erhöhtem PAP oder mit rechtem Systemventrikel, die Indikation zur intraoperativen Fenestrierung großzügig gestellt werden sollte11. Nach 6-12 Monaten, wenn sich der Kreislauf an die neuen hämodynamischen

Bedingungen angepasst hat, erfolgt dann gegebenenfalls ein interventioneller Verschluss, um das Risiko der Zyanose sowie paradoxer Embolien zu reduzieren33. Bei guter Adaptation an die

(15)

EINLEITUNG

1.3 Das univentrikuläre Herz postoperativ

1.3.1 Univentrikuläre Hämodynamik

Abbildung 4: Hämodynamik der biventrikulären und univentrikulären Zirkulation

Schema der normalen biventrikulären Zirkulation (A) und der univentrikulären Fontan-Zirkulation (B).

Die wesentlichen Unterschiede sind blau hervorgehoben: während bei der biventrikulären Zirkulation (A) der rechte Ventrikel die treibende Kraft für die Lungendurchblutung darstellt, muss bei der univentrikulären Zirkulation (B) ohne präpulmonalen Ventrikel der systemvenöse Druck in der Vena cava höher als der pulmonalarterielle Druck sein, um den pulmonalvaskulären Widerstand zu überwinden und den Blutfluss im Lungenkreislauf zu gewähren. Ein zusätzliches Überlaufventil erlaubt einem gewissen Prozentsatz des Blutvolumens den hohen Druck des Lungenkreislaufs zu umgehen und direkt in den Systemvorhof zu fließen.

LV = linker Ventrikel; Ao = Aorta; S = Systemkreislauf; RA = rechtes Atrium; RV = rechter Ventrikel; PA = Pulmonalarterie; P = Lungenkreislauf; LA = linkes Atrium; V = Univentrikel; CV = Vena cava; ÜLV = Überlaufventil.

Modifiziert nach: Gewillig M, Brown SC. The Fontan circulation after 45 years: update in physiology. Heart (British Cardiac Society) 2016;102:1081-636

Maßgeblich gekennzeichnet durch einen passiven, nicht pulsatilen Blutfluss der Schwerkraft entgegen ergeben sich mehrere hämodynamische Besonderheiten in der Fontan-Zirkulation36:

Grundvoraussetzung für eine funktionierende Hämodynamik ist zum einen ein erhöhter systemvenöser Druck, der so hoch sein muss, dass er den Blutfluss durch die Lunge treiben kann sowie ein verminderter PAP. Letztlich wird die Lungendurchblutung durch den transpulmonalen Gradienten (TPG) bestimmt, der der Differenz zwischen dem pulmonal-arteriellen Mitteldruck und dem enddiastolischen Druck im Ventrikel (EDP) entspricht.

Aufgrund der fehlenden myokardialen Leistung des präpulmonalen Ventrikels verfügen Patienten mit univentrikulärer Hämodynamik über eine dauerhaft reduzierte Vorlastreserve. Dies wird besonders unter Belastung evident, wenn eine Erhöhung und Beschleunigung des pulmonalen Blutflusses zur Bereitstellung eines erhöhten HZV notwendig wäre. Zudem sind

(16)

EINLEITUNG

15

die pulmonalvaskuläre Reagibilität sowie die Fähigkeit zur Rekrutierung weiterer Gefäße bei Fontan-Patienten stark eingeschränkt. Auch zeigt sich ein vermindertes oder gar ausbleibendes Wachstum der Pulmonalgefäße ab dem Glenn-Stadium37. Pathophysiologische

Erklärungs-ansätze beziehen sich auf ausbleibende wachstumsstimulierende Scherkräfte aufgrund des nicht pulsatilen Blutflusses sowie auf eine endotheliale Dysfunktion in Folge erhöhter Werte des Vasokonstriktors Endothelin-1 und einer gestörten NO-Freisetzung38. Unterentwickelte

Pulmonalgefäße mit erhöhtem PVR sind das Resultat39.

1.3.2 Langzeitkomplikationen

Abbildung 5: Univentrikuläre Zirkulation im Laufe der Zeit

Schema der univentrikulären Fontanzirkulation im Langzeitverlauf (C).

In Folge einer Negativspirale kommt es im Laufe der Zeit zu einer Erhöhung des pulmonalvaskulären Widerstands, einhergehend mit einem erhöhten pulmonalarteriellen Druck und einem verminderten pulmonalen Blutfluss sowie in der Konsequenz zu einem erhöhten Druck im Systemkreislauf mit systemvenösem Rückstau und letztlich reduziertem Herzzeitvolumen.

Abkürzungen und Literaturhinweis siehe Abbildung 4.

Trotz des verbesserten Langzeitüberlebens nach Kreislauftrennung (Pundi et al. beschreiben ein 10-Jahresüberleben von 74 % seit der Jahrtausendwende3), bleibt die Fontan-Operation mitsamt

all ihren Modifikationen eine palliative Therapie und ein Kompromiss hämodynamischer Besonderheiten. In Folge des erhöhten systemvenösen Drucks und des damit einhergehenden venösen Rückstaus zeigen sich bei Fontan-Patienten vielerlei Langzeitkomplikationen. Dabei spielen vor allem Leberkomplikationen wie portale Hypertension, Leberfibrose und –zirrhose oder das sogenannte Eiweißverlustsyndrom (PLE) eine wesentliche Rolle. Bei letzterem kommt es durch Proteinverluste über einen verminderten onkotischen Druck zu Flüssigkeits-

(17)

EINLEITUNG

ansammlungen im Interstitium mit peripheren Ödemen, Aszites, Bronchitis plastica, Pleura- und Perikardergüssen26,38,40.

Auch venovenöse Kollateralen (VVK) oder arteriovenöse Malformationen (AVM), Gefäßverbindungen, die sich aufgrund der veränderten hämodynamischen Verhältnisse wahrscheinlich neu eröffnen, entstehen nach der Fontan-Operation41. Sie bahnen einen Weg, der

unter Umgehung des erhöhten Drucks im Lungenkreislauf desoxygeniertes Blut über die Pulmonalvenen in den Systemventrikel drainiert. Durch diesen systemikopulmonalen Rechts-Links-Shunt führen sie zu erneuter Entsättigung des Blutes.

Ähnliches resultiert durch die intraoperative Schaffung eines ÜLV (siehe Abbildung 4B). Hier ist es ein iatrogener Rechts-Links-Shunt, der einen Blutfluss von etwa 25-35 % des venösen HZV aus dem Systemkreislauf unter Umgehung des Lungenkreislaufs in den Systemvorhof induziert und mit der Entstehung (oder dem Verbleiben) von Zyanose einhergeht42,43.

1.3.3 Chronische Zyanose

Etymologisch aus dem Griechischen kommend, setzt sich das Wort Zyanose aus den Worten

κυάνεος „blau“ und –οσις „[krankhafter] Zustand“ zusammen. In der Medizin wird der Begriff gebraucht, um eine Blauverfärbung der Haut zu beschreiben. Er gilt also vielmehr als inspektorische Beschreibung, als Symptom oder Ausdruck einer möglichen patho-physiologischen Veränderung. Zyanose wird, wenn nicht durch eine zusätzliche Anämie maskiert, ab einem Wert von mehr als 5 g / dl desoxygenierten Hämoglobins erkennbar44. Ihre

pathophysiologischen Auswirkungen sind immens. Besteht sie für lange Zeit, ist sowohl das Zell- als auch das gesamte Organsystem des menschlichen Körpers betroffen. Im Folgenden seien die wesentlichen Auswirkungen einer chronischen Zyanose beschrieben.

1.3.3.1 Reaktiv gesteigerte Erythropoese und Polyglobulie

Auf zellulärer Ebene kommt es infolge der chronischen Hypoxämie zu einer reaktiv gesteigerten Erythropoese45. Durch die Polyzythämie und den erhöhten Hämatokritwert des Blutes46 steigt

das Risiko für thrombotische und thromboembolische Ereignisse47,48. Zudem kommt es durch ein

Ungleichgewicht an Gerinnungsfaktoren zu einer dauerhaften Hyperkoagulabilität49, die sich auf

(18)

EINLEITUNG

17 1.3.3.2 Nephrologische Konsequenzen

Gupte et al. beschreiben die Auswirkungen chronischer Zyanose am Beispiel der Niere51.

Durch einen verminderten renalen Blutfluss und durch Erhöhung des Filtrationsdrucks kommt es zur Proteinurie und durch den ebenfalls erhöhten intraglomerulären Druck zu glomerulären Gefäßerweiterungen mit Glomerulomegalie in der Konsequenz. Ebenso weisen sie auf die vermehrte Entwicklung einer glomerulären Sklerose und interstitiellen Fibrose infolge kleiner ischämischer Nekrosen bei Patienten mit zyanotischem AHF hin.

1.3.3.3 Hepatische Konsequenzen

In der Leber zeigen sich ähnliche Komplikationen. Durch die Hypoxie kommt es zu einer Atrophie der Hepatozyten, was letztlich zu zentrolobulären Nekrosen und fibrotischen Umbau-prozessen des Lebergewebes führt52.

Neben den Folgen der chronischen Zyanose auf zellulärer Ebene ist die Leber aber auch besonders durch die veränderte Hämodynamik infolge der Fontan-Zirkulation betroffen. Der dauerhaft erhöhte Druck im Systemkreislauf führt zu einer chronischen portalvenösen Stauung, die durch einen konstanten mechanischen Reiz auf die Stellazellen zu deren Transformation in kollagenbildende Myofibroblasten führt und den fibrotischen Umbauprozess der Leber weiter vorantreibt53. Zudem kommt es durch die Lebervenenstauung zu einem reduzierten venösen

Blutfluss in der Leber, der zunächst autoregulatorisch mit einer Arterialisierung des Blutflusses kompensiert wird. Lautt et al. beschrieben bereits 1981 die sogenannte „Hepatic Arterial Buffer Response“ (HABR), durch die bei reduziertem portalen Blutfluss die Leberarterie dilatiert und in der Folge vermehrt arterielles Blut durch die Leber fließt54. Ein reduziertes Auswaschen des

gefäßerweiternden Transmitters Adenosin durch den verminderten portalvenösen Blutfluss wird als wesentlicher pathophysiologischer Erklärungsmechanismus angesehen. 30-60 % des reduzierten portalvenösen Blutflusses können so durch eine Erhöhung des arteriellen Blutflusses kompensiert werden. Bei Patienten mit chronisch erhöhtem systemvenösen Druck, bei allen Fontan-Patienten also, kommt es über die Zeit jedoch zu einer Erschöpfung dieses Systems und damit letztlich zu einer Unterversorgung des Organs55,56.

(19)

EINLEITUNG 1.3.3.4 Neurologische Entwicklungsverzögerung

Auf neurologischer Ebene konnten in Folge der erhöhten Blutviskosität eine verminderte zerebrale Gewebedurchblutung, mikro- und makrovaskuläre Verletzungen sowie eine Reduktion der (grauen und weißen) Hirnsubstanz gezeigt werden57. Dass Kinder, bei denen es

perinatal zu anhaltender Zyanose kam, vermehrt unter Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndromen leiden und sich sprachliche sowie motorisch verzögert entwickeln, wurde anhand neuropsychologischer Tests gezeigt58.

1.3.3.5 Verzögertes Knochenwachstum

Auch ein vermindertes Knochenwachstum und eine verzögerte skelettale Entwicklung wurden im Zusammenhang mit chronischer Zyanose beschrieben59. Diskutiert wird ein möglicher

Zusammenhang zwischen einer reduzierten Konzentration an Insulin Like Growth Factor (IGF 1) und dem verminderten Knochenalter bei Kindern mit chronischem zyanotischen Herzfehler60-62.

1.3.3.6 Herzinsuffizienz und ventrikuläre Hypertrophie

Herzinsuffizienz und ventrikuläre Hypertrophie werden nicht nur auf die veränderte Hämodynamik nach der Fontan-Operation zurückgeführt, vielmehr gibt es bereits auch Ergebnisse experimenteller Tier- und menschlicher Zellmodelle, die einen direkten Einfluss chronischer Zyanose auf Kardiomyozyten belegen. Über eine Down-Regulation des an der mechanischen Stabilisierung des Zellverbandes beteiligten „Zonula-Occludens-Proteins 2“ (ZO-2) erklären zum Beispiel Lenkins et al. den Zusammenhang zwischen Hypoxie und ventrikulärer Dysfunktion bei Kindern mit zyanotischem Herzfehler63. Eine durch Hypoxie

induzierte vermehrte Expression des SOCS3-Gens (Suppressor of Cytokine Signaling 3), das eine kardioprotektive Signalkaskade über den JAK-STAT-Signalweg unterdrückt, konnte durch Qiang et al. gezeigt werden64. Ein biochemischer Zusammenhang, der den Prozess myokardialer

Adaptation an chronische Zyanose beschreibt. Zudem existieren bereits Versuche, die den Einfluss von Hypoxie auf den mitochondrialen Zellstoffwechsel der Kardiomyozyten (auf transkriptioneller und posttranskriptioneller Ebene)65 oder auf deren Proliferationsrate66

(20)

EINLEITUNG

19

Nicht zuletzt aufgrund dieser vielfältigen Auswirkungen gilt die Beseitigung der Zyanose als eines der primären Ziele der Fontan-Operation. Doch wie sich mit zunehmender Langzeiterfahrung zeigt, tritt sie häufig wieder auf oder kann erst gar nicht gänzlich beseitigt werden. Viele Studien zu den Langzeitfolgen chronischer Zyanose existieren. Zahlen zu ihrer konkreten Inzidenz und damit zu ihrer klinischen Relevanz als eine der wesentlichsten Komplikationen nach einer Kreislauftrennung mittels Fontan-Operation finden sich jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich die primäre Fragestellung der vorliegenden Arbeit.

(21)

FRAGESTELLUNG

2 Fragestellung

Inzidenz

Das initiale Ziel ist es, die konkrete Inzidenz der sekundären Zyanoseentstehung nach Palliation des univentrikulären Herzfehlers mittels Fontan-Operation zu beschreiben. Dabei soll die postoperative Zyanose sowie die im Langzeitverlauf sekundär entstandene Zyanose quantifiziert werden. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten soll die SaO2 betrachtet und longitudinal miteinander verglichen werden.

Ursache

In einem weiteren Schritt sollen mögliche Ursachen für die Zyanose untersucht werden. Der Hypothese, dass intraoperative Fenestrierung sowie die Entstehung von VVK wesentliche Gründe für Zyanoseentstehung sind, soll dabei im Besonderen nachgegangen werden.

Auswirkungen

Zudem soll ein möglicher Zusammenhang zwischen Zyanose und Fontanversagen getestet sowie die Auswirkung chronischer Zyanose anhand einer Mortalitätsanalyse beschrieben werden.

Risikoanalyse

Zuletzt sollen Unterschiede analysiert werden zwischen den zyanotischen und den azyanotischen Patienten mit dem Ziel, eventuelle Prädiktoren für die Entstehung von Zyanose heraus zu arbeiten.

Zusammengefasst ist das Ziel der Arbeit die Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie hoch ist die Inzidenz der Zyanose nach Kreislauftrennung mittels Fontan-Operation direkt postoperativ sowie im Langzeitverlauf?

2. Sind Fenestrierung und venovenöse Kollateralen wesentliche Ursachen für Zyanose-entstehung?

3. Welche Auswirkungen chronischer Zyanose ergeben sich in Bezug auf Fontanversagen und Mortalität?

4. Welche weiteren Unterschiede zeigen sich zwischen zyanotischen und azyanotischen Patienten und haben sie prädiktive Bedeutung?

(22)

METHODIK

21

3 Methodik

3.1 Studiendesign

350 Patienten mit angeborenem univentrikulären Herzfehler, die zwischen 1985 und 2015 eine Palliation ihres Herzfehlers mittels Fontan-Operation erhalten haben, wurden retrospektiv analysiert. Dabei wurden 272 (78 %) dieser 350 Patienten im Deutschen Herzzentrum (DHZB), weitere 79 (22 %) an anderen Kliniken innerhalb und außerhalb Deutschlands operiert. Alle wurden im Laufe der Nachbetreuung am DHZB vorstellig.

3.1.1 Inzidenz der Zyanose

Die SaO2 wurde erfasst und zu unterschiedlichen Zeitpunkten longitudinal miteinander verglichen. Sie wurde transkutan mittels Pulsoxymetrie gemessen. Zyanose wurde definiert als SaO2 £ 93 %.

Abbildung 6: Schematische Darstellung des Studiendesigns

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung.

Definition der Beobachtungszeitpunkte sowie der jeweiligen Gruppengrößen:

Vier Zeitpunkte zur Betrachtung der SaO2 und Zyanose wurden definiert. Zeitpunkt 0 (t0) lag vor der Fontan-Operation, die SaO2 wurde dem Untersuchungsstatus am Tag der stationären Aufnahme entnommen. Zeitpunkt 1 (t1) beinhaltet die postoperative SaO2, die dem Untersuchungsstatus am Tag der stationären Entlassung entnommen wurden. Kam es im

100

präoperativ

(Zeitpunkt 0) Fontan-OP ggf. beim Herzkatheter(Zeitpunkt 2) postoperativ

(Zeitpunkt 1) letzte Nachsorge(Zeitpunkt 3) SaO2 (%) Zeit 75 50 SaO2? Zyanose (definiert als SaO2

(23)

METHODIK

Laufe der Nachbetreuung zu einer Herzkatheteruntersuchung (HK), so wurde auch zu diesem Zeitpunkt die SaO2 erfasst und unter dem Zeitpunkt 2 (t2) dokumentiert. Als letztes wurde die SaO2 der letzten Nachsorge erfasst und unter dem Zeitpunkt 3 (t3) zusammengefasst (Abbildung 7).

Die Patientenanzahl unterschied sich innerhalb der vier definierten Zeitpunkte und sei an dieser Stelle bereits erklärt:

Präoperativ (t0) wurden alle 350 Patienten betrachtet (100 %), die im angegebenen Zeitraum eine Fontan-Operation erhalten haben. Postoperativ (t1) wurden all diejenigen Patienten weiter betrachtet, die nicht an direkten Operationsfolgen gestorben sind (N = 335; 96 %). Die Frühmortalität belief sich auf 15 Patienten (4 %) und war definiert als Tod innerhalb eines Monats nach der Fontan-Operation. Da dies viel mehr durch postoperative Komplikationen zu erklären war als durch Langzeitkomplikationen nach der Kreislauftrennung, wurden diese Patienten aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Bei 193 Patienten (55 %) kam es im Laufe der Nachbetreuung zu einer HK-Untersuchung (t2). Das gesamte Patientenkollektiv wurde am DHZB nachbetreut und die SaO2 gemessen und dokumentiert. Zeitpunkt 3 (t3) fasst die Befunde der jeweils letzten Nachuntersuchung von allen nicht früh postoperativ verstorbenen Patienten (N = 335, siehe t1) zusammen (Abbildung 7).

(24)

METHODIK

23

Abbildung 7: Definition der Beobachtungszeitpunkte sowie der jeweiligen Gruppengröße

3.1.2 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen als wesentliche Einflussfaktoren

Zur Beantwortung der Arbeitshypothesen wurden als primäre Einflussfaktoren auf die Entstehung von Zyanose zwei Aspekte genauer betrachtet:

1. Intraoperativ angelegte ÜLV, die durch eine Verbindung zwischen dem Fontan-Konduit (oder dem lateralen Tunnel bei intrakardialem Fontan) und dem Systemvorhof einen erneuten Rechts-Links-Shunt ermöglichen und

2. VVK, die durch eine Verbindung venöser Gefäße mit den Pulmonalvenen (dem Koronarsinus oder dem Atrium) unter Umgehung des Lungenkreislaufs ebenfalls zu einem Rechts-Links-Shunt führen.

Durch eine Auswertung aller erhältlichen Operationsberichte wurde zunächst die Inzidenz an ÜLV, durch eine Auswertung aller HK-Protokolle die Inzidenz der VVK ermittelt.

(25)

METHODIK

Sättigungswerte und Zyanoseinzidenz der Patienten mit einem solchen Rechts-Links-Shunt wurden mit Sättigungswerten und Zyanoseinzidenz der Patienten ohne Rechts-Links-Shunt verglichen, um den Einfluss der Shuntverbindung auf die Hämodynamik beurteilen zu können. Kam es im Laufe der Nachsorge zu einem Verschluss der Shuntverbindung, wurden zudem die SaO2 sowie der PAP prä- und postinterventionell analysiert.

Alle folgenden Aussagen bezüglich der VVK beziehen sich dabei lediglich auf den Zeitpunkt t2, da sie nur mittels interventioneller Diagnostik sicher diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden konnten.

3.1.3 Auswirkungen chronischer Zyanose auf Fontanversagen und Mortalität

Trotz des verbesserten kurz- und mittelfristigen postoperativen Ergebnisses nach einer Kreislauftrennung mittels Fontan-Operation kommt es im Langzeitverlauf häufig zu einem Funktionsverlust und dem Auftreten relevanter Komplikationen.

Das Krankheitsbild der Eiweißverlustenteropathie (PLE) wurde als wesentliche Komplikation der Fontan-Physiologie stellvertretend für ein Fontanversagen betrachtet und die betroffenen Patienten genauer analysiert. Dabei wurde vor allem nach einem Zusammenhang zwischen chronischer Zyanose und PLE gesucht, indem Patienten mit PLE denen ohne gegenübergestellt wurden. Wie drastisch die Auswirkungen chronischer Zyanose auf den Organismus sein können, soll zuletzt anhand einer Mortalitätsanalyse veranschaulicht werden.

3.1.4 Weitere Risikofaktoren für Zyanoseentstehung

Inwiefern es neben den in der Arbeitshypothese bereits genannten Einflussfaktoren noch weitere Faktoren gibt, die mit einem Verbleiben oder sekundärem Entstehen von Zyanose einhergehen, wurde in einem letzten Schritt getestet. Dabei wurde das Patientenkollektiv eingeteilt in die Gruppen „zyanotische Patienten“ und „azyanotische Patienten“ und anhand verschiedener Parameter miteinander verglichen. Folgende prä- und postoperative Aspekte waren von besonderem Interesse:

Ø Patientencharakteristika wie Alter, Größe, Gewicht und Körperoberfläche (BSA) zum Zeitpunkt der Fontan-Operation.

Ø Anatomische Daten wie Morphologie des Systemventrikels (dominanter rechter Ventrikel (RV) oder linker Ventrikel (LV)), Art des angeborenen Herzfehlers

(26)

METHODIK

25

(Einteilung in sechs verschiedene Gruppen, siehe Kollektivbeschreibung) und Heterotaxie.

Ø Chirurgische Daten wie die Art des Fontan-Typs (intrakardialer versus extrakardialer Fontan).

Ø Hämodynamische Daten wie der mittlere PAP, Gefäßdiameter der Pulmonalarterien (PAD) sowie die pulmonalarteriellen Indizes PAI und ULAI (Abbildung 8).

Abbildung 8: Pulmonalarterielle Indizes

Definition der pulmonalarteriellen Indizes PAI und ULAI:

1 = Pulmonalarterienindex (PAI) = Quotient aus der Fläche der zentralen Pulmonalarterien (RPA + LPA) und der Körperoberfläche (Norm 330 ± 50 mm2 / m2).

2 = Unterlappenarterienindex (ULAI) = Quotient aus der Fläche der peripheren Pulmonalarterien (RULA + LULA) und der Körperoberfläche (Norm 120 ± 30 mm2 / m2).

Abkürzungen: RPA = rechte Pulmonalarterie; LPA = linke Pulmonalarterie; RULA = rechte Unterlappenarterie; LULA = linke Unterlappenarterie.

Modifiziert nach: Ovroutski S, Ewert P, Alexi-Meskishvili V, Holscher K, Miera O, Peters B, Hetzer R, Berger F. Absence of pulmonary artery growth after fontan operation and its possible impact on late outcome. The Annals of thoracic surgery 2009;87:826-31.39

3.2 Kollektivbeschreibung

Präoperative Patientencharakteristika

Die Patienten waren mit durchschnittlich 4 [1-40] Jahren zum Zeitpunkt der Fontan-Operation ein insgesamt junges Patientenkollektiv, in etwa zur Hälfte männlich (52 %) wie weiblich (48 %). Das Körpergewicht im gesamten Kollektiv variierte von 5,9 bis 86 kg (Median 14,5 kg), die Körperlänge von 34 bis 190 cm (Median 100 cm). Die Körperoberfläche betrug damit im Median 0,6 [0,3-2,1] m2.

(27)

METHODIK

Anatomische Daten

Viele angeborene Herzfehler (AHF) setzen sich aus mehreren Defekten zusammen. Für einen besseren Überblick schien eine Zuordnung in wenige Diagnosegruppen sinnvoll. Insgesamt wurden die Patienten in sechs definierte Gruppen eingeteilt, eine siebte Gruppe fasst weitere, seltene Diagnosen zusammen (Tabelle 1).

Die führenden Diagnosen waren (der Häufigkeit nach absteigend): TA mit 104 Patienten (30 %), DILV mit 52 Patienten (15 %), HLHS mit 46 Patienten (13 %), ubAVSD mit 45 Patienten (13 %), DORV mit 34 Patienten (10 %) sowie PA ohne VSD mit 19 Patienten (5 %). 50 Patienten (14 %) mit selteneren AHF wurden in einer siebten Gruppe zusammengefasst.

Tabelle 1: Kardiale Diagnosen

Kardiale Diagnosen

Patientenanzahl

(N = 350)

1) Trikuspidalatresie (TA) 104 (30%)

2) Doppelter Einlass linker Ventrikel (DILV) 52 (15%) 3) Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS) 46 (13%) 4) Unbalancierter atrioventrikulärer Septumdefekt (ubAVSD) 45 (13%) 5) Doppelter Auslass rechter Ventrikel (DORV) 34 (10%) 6) Pulmonalatresie ohne Ventrikelseptumdefekt (PA ohne VSD) 19 (5%)

7) Weitere 50 (14%)

Angaben in n (%).

235 Patienten (67 %) hatten einen AHF einhergehend mit einem dominanten LV, bei 115 Patienten (33 %) ging er mit einen dominanten RV einher. 51 Patienten (15 %) hatten zusätzlich zu ihrem Herzfehler ein Heterotaxiesyndrom.

Chirurgische Daten

83 (24 %) der insgesamt 350 Patienten erhielten eine intrakardiale, 267 (76 %) eine extrakardiale Fontan-Operation. Bei insgesamt 162 (46 %) Patienten wurde intraoperativ ein ÜLV angelegt.

Daten zur Mortalität

Insgesamt 15 Patienten (4 %) verstarben innerhalb eines Monats nach der Fontan-Operation und wurden aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Weitere 29 Patienten (8 %) sind nach mehr als einem Monat im Laufe der Nachbetreuung verstorben, sodass sich das Gesamtüberleben auf insgesamt 306 Patienten (88 %) belief.

(28)

METHODIK

27

Alle beschriebenen Daten sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tabelle 2: Kollektivbeschreibung

Patientencharakteristika

Alter bei Fontan-Operation [Jahren] Geschlecht

männlich / weiblich

Größe bei Fontan-Operation [cm] Gewicht bei Fontan-Operation [kg]

Körperoberfläche bei Fontan-Operation [m2]

4,0 [1,2-39,6] 182 (52%) / 168 (48%) 100 [34-190] 14,5 [5,9-86] 0,6 [0,3-2,1] Anatomische Daten Systemventrikel RV / LV 115 (33%) / 235 (67%) Heterotaxie 51 (15%) Chirurgische Daten Fontantyp intrakardial / extrakardial 83 (24%) / 267 (76%) ÜLV 162 (46%)

Daten zur Mortalität

Frühmortalität (1) 15 (4%)

Spätmortalität (2) 29 (8%)

(1) Tod innerhalb eines Monats nach Fontan-Operation; (2) Tod nach mehr als einem Monat nach Fontan-Operation. Abkürzungen: RV = rechter Ventrikel; LV = linker Ventrikel; ÜLV = Überlaufventil.

(29)

METHODIK

3.3 Statistische Analyse

Präoperative, operative und postoperative Daten aller Patienten wurden aus elektronischen sowie archivierten Akten gesammelt. Dabei wurden im Besonderen die Kurvendokumentation, Operationsberichte, stationäre und ambulante Arztbriefe sowie HK-Protokolle gesichtet. Alle Daten wurden tabellarisch in einer SPSS-Datei erfasst und mit dem Programm SPSS Statistics Version 23 für Mac OS ausgewertet.

Die Daten der deskriptiven Statistik sind angegeben im Median mit Range beziehungsweise in der Gesamtanzahl N oder der Anzahl der jeweiligen Merkmalsausprägung n mit dem entsprechenden Prozentwert. Um nominale Variablen zweier unverbundener Gruppen miteinander zu vergleichen, wurde der Chi-Quadrat-Homogenitätstest nach Pearson beziehungsweise, bei kleineren Gruppengrößen (wenn die minimal erwartete Häufigkeit < 5), der Fishers-Exakt-Test verwendet. Metrische Variablen wurden zunächst mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test auf Normalverteilung getestet. Bei gegebener Normalverteilung wurde der T-Test, bei nicht normalverteilten Variablen der Mann-Whitney-U-Test zum Vergleich der Variablen durchgeführt. Um Variablen innerhalb verbundener Gruppen zu vergleichen, wurde der Wilcoxon-Test (zum Vergleich metrischer Variablen) sowie der McNemar-Test (zum Vergleich nominaler Variablen) verwendet. Ein signifikanter Unterschied wurde jeweils bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von unter 5 % angenommen (p < 0,05) und in der Ergebnisdarstellung mit einem * markiert. Alle p-Werte sind dabei rein deskriptiv zu betrachten. Zur Analyse der Mortalitätsdaten wurde das Kaplan-Meier-Verfahren benutzt. Mit Hilfe des Log-rank-Tests wurden die Überlebenszeiten zwischen den definierten Gruppen miteinander verglichen. Mittels logistischer Regression wurde die Abhängigkeit der nominalen Variable „Zyanose“ von unabhängigen Variablen (Prädiktoren) untersucht. Die nach univariater Analyse signifikanten Prädiktoren wurden durch eine multivariate Analyse geprüft.

(30)

ERGEBNISSE

29

4 Ergebnisse

4.1 Inzidenz der Zyanose

Die transkutan gemessene SaO2 vor dem letzten Schritt der Fontan-Komplettierung variiert bei allen Patienten zwischen 60 und 93 % (im Median 83 %), die Inzidenz der Zyanose liegt damit bei 100 %. Unmittelbar postoperativ (t1, am Tag der Entlassung) beträgt die SaO2 94 [78 -100] %. Im Median führt der letzte Schritt der Fontan-Komplettierung zu einem Anstieg der SaO2 um 11 % und reduziert die Inzidenz der Zyanose um 50 %.

Zum Zeitpunkt 2 (1 [0,1-25,4] Jahre nach Fontan-Operation) beträgt die SaO2 im Median 92 [70-100] %, 28% der Patienten sind frei von Zyanose, während 72 % erneut zyanotisch geworden oder dies seit der Operation geblieben sind.

Bei der letzten Nachuntersuchung (4,6 [0,1-27,8] Jahre nach der Fontan-Operation) beträgt die SaO2 95 [60-100] %, was im Vergleich zur präoperativen Situation einer Verbesserung der SaO2 um 12 Prozentpunkte entspricht. 41 % der Patienten zeigen jedoch immer noch arterielle Sättigungswerte im zyanotischen Bereich.

Die Werte der arteriellen Sättigung zu den verschiedenen Zeitpunkten sind dargestellt in Abbildung 9, die entsprechende Inzidenz der Zyanose in Abbildung 10.

(31)

ERGEBNISSE

Abbildung 9: Arterielle Sauerstoffsättigung im zeitlichen Verlauf

Abkürzungen: t0 – t3 = Zeitpunkt 0 - 3; SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; HK = Herzkatheter; FU = Follow-Up. Angaben in Median [Range].

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 vor Fontan

t0 nach Fontant1 beim letzten FUt3

83% [60-93] 94% [78-100] 92% [70-100] 95% [60-100] beim HK t2

(32)

ERGEBNISSE

31 Abbildung 10: Zyanose im zeitlichen Verlauf

N (t0) = 286; N (t1) = 298; N (t2) = 180; N (t3) = 335.

Abkürzungen: t0 – t3 = Zeitpunkt 0 - 3; SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung. Angaben in n (%).

Zusammenfassung: Es lässt sich zeigen, dass die Inzidenz der Zyanose durch die Fontan-Operation zwar reduziert, zu keinem Zeitpunkt jedoch gänzlich beseitigt wird. Zum Zeitpunkt der HK-Untersuchung zeigen die Ergebnisse mit 130 zyanotischen Patienten (72 %) eine extrem hohe Zyanoseinzidenz und auch bei der letzten Nachuntersuchung (FU) ist mit 41 % noch fast die Hälfte der Patienten zyanotisch.

(33)

ERGEBNISSE

4.2 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen als wesentliche Zyanoseursachen - Hypothesentestung.

4.2.1 Einflussfaktor Überlaufventil

Eine Hypothese zur Ursache der hohen Inzidenz der Zyanose nach TCPC ist die Schaffung eines intraoperativ angelegten ÜLV.

Dieses wurde initial bei 155 der insgesamt 335 Patienten (46 %) intraoperativ angelegt. Im weiteren Verlauf beträgt die Inzidenz an offenen ÜLV 55 % (n / N = 106 / 193) zu t2 sowie 26 % (n / N = 88 / 335) zu t3, nachdem es bei einigen Patienten interventionell verschlossen werden konnte oder sich von selbst verschlossen hat (Tabelle 3).

Tabelle 3: Inzidenz des Überlaufventils

ÜLV Anzahl (n / N)

zu t1 (postoperativ) 155 / 335 (46%)

zu t2 (beim HK) 106 / 193 (55%)

zu t3 (bei der letzten Nachuntersuchung) 88 / 335 (26%)

Abkürzungen: ÜLV = Überlaufventil; t1 - t3 = Zeitpunkt 1 - 3; HK = Herzkatheter. Angaben in n / N (%).

Die postoperative SaO2 (Zeitpunkt 1) bei den Patienten mit einem solchen Überlaufventil beträgt im Median 91 [78-98] % im Vergleich zu 95 [80-100] % bei den Patienten ohne angelegtes ÜLV (p < 0,001; siehe Abbildung 11 A).

(34)

ERGEBNISSE

33

Abbildung 11: Arterielle Sauerstoffsättigung in Abhängigkeit von der Präsenz eines Überlaufventils

A) zu t1:

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; ÜLV = Überlaufventil. Angaben in Median [Range].

Betrachtet man isoliert die Patienten, die im Laufe der Nachsorge eine HK-Untersuchung erhalten haben (Zeitpunkt 2), so zeigt sich eine Differenz der SaO2 von im Median 3 %. Die SaO2 der Patienten mit ÜLV beträgt 90 [70-97] %, die der Patienten ohne ÜLV im Median 93 [78-100] % (p < 0,001; Abbildung 11 B). S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 nach Fontan

mit ÜLV nach Fontanohne ÜLV

91% [78-98] 95% [80-100] nach Fontan 94% [78-100] p<0,001*

(35)

ERGEBNISSE B) zu t2:

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; HK = Herzkatheter; ÜLV = Überlaufventil. Angaben in Median [Range].

Bei der letzten Nachuntersuchung (Zeitpunkt 3) zeigt sich eine um 4 Prozentpunkte geringere SaO2 bei den Patienten mit ÜLV im Vergleich zu denen ohne (91 [72-99] % bei Patienten mit offenem ÜLV versus 95 [60-100] % bei Patienten ohne ÜLV oder mit Zustand nach Verschluss des ÜLV; p < 0,001, siehe Abbildung 11 C).

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 93% [78-100] 90% [70-97] 92% [70-100] p<0,001* beim HK beim HK mit ÜLV beim HK ohne ÜLV

(36)

ERGEBNISSE

35 C) zu t3:

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; FU = Follow-Up; ÜLV = Überlaufventil. Angaben in Median [Range].

Tabelle 4: Arterielle Sauerstoffsättigung und Zyanose in Abhängigkeit von der Präsenz eines Überlaufventils Patienten mit ÜLV Patienten ohne ÜLV p zu t1 (N = 298) n = 133 n = 165 SaO2 (%) 91 [78-98] 95 [80-100] <0,001* Zyanose 105 (79%) 43 (26%) <0,001* zu t2 (N = 180) n = 94 n = 86 SaO2 (%) 90 [70-97] 93 [78-100] <0,001* Zyanose 84 (89%) 46 (53%) <0,001* zu t3 (N = 335) n = 88 n = 247 SaO2 (%) 91 [72-99] 95 [60-100] <0,001* Zyanose 63 (72%) 73 (30%) <0,001*

Abkürzungen: ÜLV = Überlaufventil; p = Irrtumswahrscheinlichkeit; t1 - 3 = Zeitpunkt 1 - 3; SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung.

Angaben in Median [Range] bzw. in n (%).

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 beim letzten FU mit ÜLV 91% [72-99] beim letzten FU 95% [60-100] beim letzten FU ohne ÜLV 95% [60-100] p<0,001*

(37)

ERGEBNISSE

Zusammenfassung: Die Inzidenz eines offenen ÜLV zu den ersten zwei Beobachtungs- zeitpunkten beträgt in etwa 50 % (46 % zu t1 und 55 % zu t2, Tabelle 3) und ist damit relevant hoch. Dabei lässt sich zeigen, dass ein offenes ÜLV mit einer signifikant geringeren SaO2 einhergeht (Abbildung 11 A-C) und sich die Zyanoseinzidenz zu jedem Zeitpunkt signifikant unterscheidet (Tabelle 4; p < 0,001 zu allen Zeitpunkten).

4.2.1.1 Verschluss des Überlaufventils

Zum letzten Beobachtungszeitpunkt beträgt die Inzidenz eines noch offenen ÜLV 26 % (siehe Tabelle 3). Bei 69 der 155 Patienten mit ÜLV wird es im Laufe der Nachbetreuung (0,9 [0,01 -22,7] Jahre nach Fontan-Operation) wieder verschlossen. Bei 52 Patienten geschieht dies interventionell im Rahmen der HK-Untersuchung zu t2. Die SaO2 steigt dadurch im Mittel von 92 % auf 96 % (p < 0,001) und reduziert die Inzidenz der Zyanose um 51 % (von 70 % vor der Intervention auf 19 % nach der Intervention, p < 0,001; Abbildung 12). Bei den restlichen 17 Patienten zeigt sich in der HK-Untersuchung ein bereits verschlossenes ÜLV, sodass von einem Spontanverschluss ausgegangen wird.

Abbildung 12: Arterielle Sauerstoffsättigung und Zyanose vor und nach Verschluss des Überlaufventils S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 vor Verschluss des ÜLV 92% [70-96] 96% [80-100] nach Verschluss des ÜLV p<0,001*

(38)

ERGEBNISSE

37 n / N = 37 / 52 (fehlende Daten bei n = 15 Patienten).

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; ÜLV = Überlaufventil. Angaben in Median [Range] bzw. n (%).

4.2.1.2 Kriterien für einen Verschluss

Ob ein ÜLV verschlossen werden kann oder nicht, wird im Rahmen des HK getestet. Dabei wird das ÜLV versuchsweise geblockt und die SaO2 sowie der mittlere PAP gemessen. Es zeigen sich folgende, in Abbildung 13 dargestellte Werte:

0 5 10 15 20 25 30 35 40

vor Verschluss nach Verschluss

A n za h l (n ) keine Zyanose Zyanose 26 (70%) 7 (19%) p<0,001* des ÜLV des ÜLV

(39)

ERGEBNISSE

Abbildung 13: Okklusionsversuch des Überlaufventils im Herzkatheter A) Arterielle Sauerstoffsättigung ungeblockt und geblockt:

B) Pulmonalarterieller Druck ungeblockt und geblockt:

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; PAP = mittlerer Pulmonalarteriendruck; ÜLV = Überlauf- ventil.

Angaben in Median [Range].

SaO2 (A) und PAP (B) ungeblockt versus geblockt jeweils dargestellt für die Patienten, bei denen das ÜLV ver-schlossen werden konnte (links) und für die, bei denen das ÜLV nicht verver-schlossen werden konnte (rechts).

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 Verschluss des ÜLV kein Verschluss des ÜLV 93% [77-97] p<0,001* p=0,002* p=0,006* 89,5% [72-96] 96% [78-100] 84% [70-95] = ungeblockt = geblockt P A P (m m H g ) 20,0 17,5 15,0 12,5 10,0 7,5 5,0 11mmHg [7-18] 11,5mmHg [7,5-18] 12,75mmHg [9,5-18] 15,5mmHg [12-21] p=0,003* p=0,029* p=0,013* Verschluss des ÜLV kein Verschluss des ÜLV = ungeblockt = geblockt

(40)

ERGEBNISSE

39

Die SaO2 bei den Patienten mit Verschluss beträgt ungeblockt 89,5 [72-96] % und steigt durch die Blockung auf 96 [78-100] % an (p < 0,001). Der PAP steigt dabei lediglich um 0,5 mmHg (von 11 auf 11,5 mmHg, p = 0,003). Bei den Patienten ohne Verschluss beträgt die SaO2 84 [70-95] % ungeblockt und steigt unter Blockung auf 93 [77-97] % (p = 0,002). Der PAP steigt jedoch von 12,75 [9,5-18] mmHg auf 15,5 [12-21] mmHg (p = 0,029). Die SaO2 im geblockten Zustand ist höher in der Gruppe mit Verschluss des ÜLV und beträgt hier 96 % im Vergleich zu 93 % in der Gruppe ohne Verschluss des ÜLV (p = 0,006). Der PAP ist bei ersteren um 4 mmHg geringer (p = 0,013).

Zusammenfassung: Diese Ergebnisse zeigen zum einen, dass die Blockung des ÜLV mit einem signifikanten Anstieg der SaO2 korreliert und unterstreichen den bereits zuvor gezeigten Einfluss des ÜLV auf Zyanoseentstehung. Zum anderen zeigen sie aber auch, dass mit der Blockung des ÜLV ein Anstieg des PAP einhergeht. Ein Verschluss des ÜLV wird möglich, wenn sich beim Okklusionsversuch ein eindeutiger Anstieg der SaO2 verbunden mit einem nur moderaten Anstieg des PAP feststellen lässt. (Bei grenzwertigen Ergebnissen wird im Einzelfall individuell entschieden.)

4.2.2 Einflussfaktor venovenöse Kollateralen

Als weitere Ursache für sekundäre Zyanoseentstehung wurden VVK getestet, die durch Gefäßverbindung des venösen Systems mit den Pulmonalvenen (dem Koronarsinus oder dem Vorhof) einen erneuten Rechts-Links-Shunt ermöglichen. Da das Vorhandensein VVK letztlich nur mittels invasiver Diagnostik in Form einer HK-Untersuchung sicher diagnostiziert werden kann, beziehen sich die folgenden Zahlen lediglich auf den Zeitpunkt 2, den Zeitpunkt der HK-Untersuchung bei 193 der 350 Patienten (55 %).

Insgesamt können bei 88 der 193 Patienten (46 %) VVK diagnostiziert werden. Die mediane SaO2 bei diesen Patienten beträgt 91 [70-97] %, die SaO2 der Patienten ohne VVK 92 [70 –100] % (p = 0,024; Abbildung 14). Die Inzidenz der Zyanose beläuft sich bei den Patienten mit VVK auf 80 % im Vergleich zu 65 % bei den Patienten ohne VVK (p = 0,031).

(41)

ERGEBNISSE

Abbildung 14: Arterielle Sauerstoffsättigung in Abhängigkeit von der Präsenz venovenöser Kollateralen

zu t2:

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; HK = Herzkatheter; VVK = venovenöse Kollateralen. Angaben in Median [Range].

Zusammenfassung: Es zeigt sich, dass auch die Inzidenz an VVK mit 46 % durchaus relevant ist und sich die Zyanoseinzidenz zwischen Patienten mit und ohne VVK signifikant unterscheidet.

4.2.2.1 Verschluss der venovenösen Kollateralen

Von den 88 Patienten mit VVK werden diese bei 74 Patienten (84 %) in der gleichen HK-Untersuchung verschlossen. Die SaO2 vor Verschluss beträgt 91 [70-98] % und steigt nach dem Verschluss auf 94 [81-100] % an (p < 0,001). 54 der 88 Patienten mit VVK (76 %) zeigen vor deren Verschluss Sättigungswerte im zyanotischen Bereich, während es nach dem Verschluss nur noch 28 zyanotische Patienten (39 %) sind (p < 0,001; Abbildung 15).

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 91% [70-97] 92% [70-100] 92% [70-100] beim HK beim HK ohne VVK beim HK mit VVK p=0,024*

(42)

ERGEBNISSE

41

Abbildung 15: Arterielle Sauerstoffsättigung und Zyanose vor und nach Verschluss der venovenösen Kollateralen

n / N = 71 / 74 (fehlende Daten bei n = 3 Patienten).

Abkürzungen: SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; VVK = venovenöse Kollateralen. Angaben in Median [Range] bzw. in n (%).

S a O 2 (% ) 100 95 90 85 80 75 70 65 60 vor Verschluss der VVK 91% [70-98] nach Verschluss der VVK 94% [81-100] p<0,001* 0 10 20 30 40 50 60 70 80

vor Verschluss nach Verschluss

A n za h l (n ) keine Zyanose Zyanose 54 (76%) 28 (39%) p<0,001* der VVK der VVK

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ERGEBNISSE

Bei 14 Patienten (16 %) werden die VVK nicht verschlossen, da diese entweder hämodynamisch nicht relevant sind (die SaO2 bewegt sich im nicht zyanotischen Bereich oder die Patienten verspüren keinerlei Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit; n = 11) oder, da ein Verschluss aus technischen Gründen nicht möglich ist (n = 3). Bei 57 der 88 Patienten mit VVK zu t2 (65 %) erfolgen weitere HK-Untersuchungen im Langzeitverlauf (im Median 2 [1-16] Untersuchungen pro Patient), häufig mit weiteren Verschlüssen neuer oder erneut eröffneter VVK.

4.2.2.2 Kasuistik

Der Einfluss von VVK sowie vom Kollateralenverschluss auf die SaO2 soll im Folgenden beispielhaft anhand einer Falldarstellung gezeigt werden:

Eine vierjährige Patientin mit TA, ASD vom Secundum-Typ, VSD sowie PA-Stenose erhält eine extrakardiale Fontan-Operation mit Anlage eines ÜLV. Nach der Operation beträgt die SaO2 91 %. Damit befindet sie sich im zyanotischen Bereich, der sich zunächst durch die Schaffung der Fenestrierung hinreichend erklären lässt. Knapp ein Jahr nach der Fontan-Operation erfolgt eine diagnostische HK-Untersuchung zur Evaluierung der hämodynamischen Situation bei SaO2-Werten um 90 %. Das ÜLV kann nicht mehr dargestellt werden, sodass von einem Spontanverschluss ausgegangen wird. Allerdings zeigt sich in der Untersuchung, dass eine geringe Anzahl an Lebervenen in den linken Vorhof mündet. Aufgrund des stabilen klinischen Zustands der Patientin verzichtet man zu diesem Zeitpunkt auf eine Intervention im Sinne einer chirurgischen Korrektur bzw. eines interventionellen Okklusionsversuchs der Lebervenen. Die Patientin entwickelt sich körperlich und neurologisch gut, alle verlaufsbeobachtenden Nachuntersuchungen erbringen zufriedenstellende Ergebnisse. 10 Jahre nach der Fontan-Operation, in einem Alter von 15 Jahren, kommt es jedoch zu einer Reduktion der körperlichen Belastbarkeit und zu zunehmender Zyanose unter Belastung mit Sättigungsabfällen bis auf 73 %. Eine MRT-Untersuchung zur Ursachenfindung der Zyanose zeigt das in Abbildung 16 dargestellte Bild mit einem immensen Konvolut aus VVK. In einer sich anschließenden HK-Untersuchung zur gezielten angiographischen Darstellung des venösen Geflechts mit gleichzeitiger Möglichkeit zum interventionellen Verschluss zeigt sich das in Abbildung 17 dargestellte Bild. Die VVK können mittels spezieller Verschlusssysteme („Amplatzer Vascular Plugs“, je 8 bzw. 12 mm) embolisiert werden (Abbildung 18). Die SaO2 der Patientin steigt durch den Verschluss von 83 % auf 97 % an.

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ERGEBNISSE

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Abbildung 16: Bild einer 3D-MRT rekonstruierten venovenösen Kollaterale

Dargestellt ist ein 3D-MRT morphologisch rekonstruiertes Konvolut venovenöser Kollateralen. Die venovenöse Kollaterale wird von mehreren großkalibrigen Venen gespeist, die zum Teil aus der Vena cava superior, zum Teil auch aus der Vena azygos (bei gegebener Azygoskontinuität der Vena cava inferior) stammen und mündet in die rechte Pulmonalvene.

(45)

ERGEBNISSE

Abbildung 17: Angiographische Darstellung einer venovenösen Kollaterale

Dargestellt ist die gleiche stark geschlängelte venovenöse Kollaterale nach Kontrastmittelgabe.

Die Punktion eines Gefäßes des Azygossystems erfolgte von dorsal rechts paravertebral unter CT-Kontrolle. Abbildung 18: Interventioneller Verschluss einer venovenösen Kollaterale

Nach interventionellem Verschluss in der gleichen angiographischen Untersuchung mittels zwei Amplatzer Vascular Plugs (AVP) lässt sich keine weitere Kontrastmittelaufnahme in der venovenösen Kollaterale mehr nachweisen.

AVP 1 (8 mm)

AVP 2 (12 mm)

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ERGEBNISSE

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In Zusammenschau aller bereits beschriebenen Ergebnisse lässt sich Folgendes festhalten:

Ø Die Inzidenz der sekundären Zyanose nach Kreislauftrennung mittels Fontan-Operation ist hoch (50 % zu t1, 72 % zu t2, 41 % zu t3; siehe Abbildung 10).

Ø Intraoperativ angelegte ÜLV sowie neue Gefäßverbindungen in Form von VVK sind dabei wesentliche Gründe.

4.2.2.3 Überlaufventile und venovenöse Kollateralen

Einige Patienten zeigen sowohl ein offenes ÜLV als auch VVK. Die in Abbildung 19 dar-gestellte Aufschlüsselung der Zyanoseursachen zum Zeitpunkt der HK-Untersuchung zeigt eine Inzidenz von 32,5 % (n = 42 Patienten), die sowohl ein offenes ÜLV als auch diagnostizierte VVK haben. Bei nur 15 % (n = 20 Patienten) findet sich im HK keine Ursache für die Zyanose.

Abbildung 19: Zyanoseursachen zum Zeitpunkt der Herzkatheteruntersuchung

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