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Archiv "Zusatzbezeichnung Umweltmedizin Erstrebenswert für den niedergelassenen Arzt?" (23.06.2000)

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kungen. Die Einführung von HCV- Tests von Blutprodukten hat die Zahl der HCV-Infektionen um mehr als 80 Prozent gesenkt.

Zahlreiche Medienberichte ha- ben das Bewusstsein in der Bevölke- rung geschärft. Fernreisen werden als potenzielles Risiko wahrgenommen.

Ein Bundesgesundheitssurvey des Robert Koch-Instituts im März 2000 ergab, dass Fernreisende einen besse- ren Impfschutz gegen Tetanus und Poliomyelitis besaßen als Personen, die keine Fernreisen unternommen hatten. So verfügten nach eigenen Angaben 76 Prozent der Fernreisen- den über einen aktuellen Impfschutz gegen Tetanus (gegenüber 59 Prozent der übrigen Befragten) und 51Prozent gegen Poliomyelitis (gegenüber 27 Prozent). Dennoch bleibt auch hier viel zu tun: Der Bundesgesundheits- survey ergab nämlich auch, dass sich nur 31 Prozent der Fernreisenden in Malaria- und Gelbfieber-Endemiere- gionen durch Chemoprophylaxe oder Impfung schützen.

Auch gegen die Hepatitis A wird zu wenig geimpft. Trotz der Erfolge gibt es keinen Grund, sich auszuru- hen. Im Gegenteil: Dr. Helmut Alb- recht von der Emory University (Di- vision of Infectious Diseases, Atlanta) redete den deutschen Kollegen an- lässlich der 7. Münchner Aids-Tage ins Gewissen. Die neuen Erreger sei- en ein „bewegliches Ziel, auf das die Medizin flexibel reagieren müsse“.

Albrecht sagte für die nächsten Jahre nicht nur die Entdeckung neuer Erre- ger voraus. Für eine Reihe idiopathi- scher Krankheiten werde man eine in- fektiöse Ursache finden, wie sie be- reits für einige Leukämien, solide Tu- moren und Duodenalulzera diskutiert werde. Sarkoidose, primär chronische Polyarthritis, Lupus erythematodes, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa seien weitere „Kandidaten“.

Albrecht verlangte ein verstärk- tes Bewusstsein („emerging aware- ness“) für die Bedeutung der Infektio- logie. Konkret regte er eine zwei- bis dreijährige Weiterbildung von Inter- nisten zum Facharzt für Infektiologie an. „Solange sich auf diesem Gebiet medizinpolitisch nichts bewegt, wird das Mortalitätsrisiko für betroffene Patienten weiterhin inakzeptabel hoch

sein.“ Rüdiger Meyer

esundheit“ und „Umwelt“ sind Themen, die zusammen disku- tiert werden müssen. Immer wieder befragen Patienten ihren Arzt zu diesen Gebieten. Dabei gilt es zu klären, ob „die Umwelt“ des Patienten Ursache seiner gesundheitlichen Pro- bleme ist. Um dem gerecht zu werden, hat die Bundesärztekammer 1994 das Curriculum Umweltmedizin (200 Stun- den Kurs und 1,5 Jahre Weiterbil- dungszeit) entwickelt, das die Landes- ärztekammern übernommen haben.

Das Curriculum ermöglicht Ärzten, die die Anerkennung für ein Gebiet er- worben oder vier Jahre anrechnungs- fähiger Weiterbildungszeit absolviert haben, sich in der Umweltmedizin wei- terzubilden und dies durch die erlangte Zusatzbezeichnung auch öffentlich zu machen.

Kursteilnehmer: 70 Prozent niedergelassene Ärzte

In Baden-Württemberg haben seither rund 400 Ärzte diese Zusatzbe- zeichnung überwiegend im Rahmen der Übergangsbestimmungen erlangt.

Eine der Weiterbildungsstätten ist die Sozial- und Arbeitsmedizinische Aka- demie Stuttgart (SAMA). Seit 1995 hat sich die Zusammensetzung der Kurs- teilnehmer deutlich verändert. Stellten zuvor Ärzte aus dem öffentlichen Ge- sundheitsdienst die Mehrzahl der Kurs- teilnehmer, sind es nun vorwiegend niedergelassene Ärzte, die sich in Umweltmedizin weiterbilden. Anfang 1999 betrug der Anteil niedergelasse- ner Ärzte in den umweltmedizinischen Kursen der Akademie 70 Prozent.

Neben der regelmäßigen Evaluati- on ihrer Kurse veranstaltete die SAMA

im vergangenen Frühjahr einen „Zu- kunfts-Workshop“ zum Thema „Mög- lichkeiten und Kompetenzen in der Umweltmedizin“. Ziel der Arbeit in Zukunftswerkstätten ist es, die Betei- ligten in Entscheidungen einzubezie- hen, die sonst Politikern, Funktionä- ren oder Experten vorbehalten sind.

Eine Zukunftswerkstatt ist ein Fo- rum, in dem Zukunftsvorstellungen entworfen und deren Realisierungs- möglichkeiten geprüft werden. Da sich die praktisch-klinische Umwelt- medizin in einem – wenn auch fort- geschrittenen – Entwicklungsstadium befindet, ist es sinnvoll, diejenigen, die in diesem Gebiet arbeiten werden, in Planung und Zielsetzung einzubin- den. Dies wollte die SAMA ihren Kursteilnehmern ermöglichen.

Zum Einstieg wurden die Kurs- teilnehmer befragt, welchen Nutzen sie von der Zusatzbezeichnung Um- weltmedizin erwarten. Am häufigsten nannten die 31 Teilnehmer die Wei- terqualifikation, die Abgrenzung von Kollegen, persönliches Interesse und den Willen, als Arzt ein kompetenter Ansprechpartner zu sein.Danach folg- te eine Beschwerde-/Kritikphase. Die Teilnehmer sollten zwei Fragen be- antworten: „Was sind die Hindernisse für eine erfolgreiche umweltmedizini- sche Tätigkeit?“ und „Was ärgert Sie im Bereich Umweltmedizin an Ihren Standesorganisationen/an den Kosten- trägern?“

Hauptkritikpunkt der Kursteil- nehmer war die Schwierigkeit, als niedergelassener Arzt die Zusatzbe- zeichnung „Umweltmedizin“ zu erlan- gen, da es aus wirtschaftlichen Grün- den nahezu unmöglich ist, eine Praxis vier Wochen lang zu schließen, um den theoretischen Teil (200 Stunden) A-1740

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 25, 23. Juni 2000

Zusatzbezeichnung Umweltmedizin

Erstrebenswert für den niedergelassenen Arzt?

Immer weniger niedergelassene Ärzte bilden sich in Umweltmedizin weiter. Eine Umfrage ergab: Einheitliche Weiterbildungsinhalte und Qualitätszirkel sind gefragt.

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zu absolvieren. Eine Teillösung sind Wochenend-Kurse, wie sie die Akade- mie Stuttgart seit zwei Jahren anbietet.

Zusätzliche Schwierigkeiten treten in den Bundesländern auf, in denen die praktische Weiterbildung an eine ein- einhalbjährige Praxisphase an einer an- erkannten Weiterbildungsstätte gebun- den ist. Die Kursteilnehmer forderten deshalb bundesweit einheitliche und praktikable Weiterbildungsrichtlinien für niedergelassene Ärzte. Beim Ver- gleich verschiedener Anforderungen in den Bundesländern schnitt das Tuto- ren-Modell von Baden-Württemberg am besten ab (siehe Kasten).

Beklagt wurde auch das unter- schiedliche Qualitätsniveau der Kurs- anbieter. Da sich die Weiterbildungs- kandidaten immer häufiger einzelne Kursteile bei verschiedenen Institu- tionen zusammensuchen – dort, wo die Termine passen –, werden Unter- schiede in der Kursplanung und -ge- staltung besonders deutlich.

Die Kursteilnehmer erwar- ten, dass sich die verschie- denen Veranstalter inhalt- lich besser abstimmen, und fordern eine Qualitätssiche- rung bei den Weiterbil- dungsträgern. Anstelle von Großveranstaltungen for- dern sie kleine Gruppen, in denen praxisbezogen disku- tiert werden kann. Sie erwar- ten auch nach Abschluss der Weiterbildung regelmäßige Angebote zur umweltmedi- zinischen Fortbildung.

Um eine einheitliche Honorierung umweltmedi- zinischer Leistungen durch- setzen zu können, halten die Kursteilnehmer es zu- nächst für geboten, valide Methoden in der Umwelt- medizin zu definieren und diese dann zu listen („Posi- tivliste“). Für diese Aufga- be komme beispielsweise eine neutrale wissenschaft- liche Kommission infrage, die von der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung autorisiert ist und eine sol- che Liste veröffentlichen kann. Dies schaffe Kosten- bewusstsein beim Patienten und stärke die Kompetenz

des Umweltmediziners. Die Liste soll- te ein Kriterium für die Erstattungs- fähigkeit zulasten der gesetzlichen Krankenkassen sein.

Da es auch in der Umweltmedi- zin unseriös arbeitende Labors oder Institutionen gibt, die für den nieder- gelassenen Arzt nur schwer von seriö- sen Anbietern zu unterscheiden sind, da die Umweltmedizin bisher fach- übergreifend noch nicht etabliert ist und es als schwierig empfunden wird, kompetente Informationen zu be- schaffen, äußerten die Kursteilneh- mer folgende Wünsche:

Der erste Partner, mit dem ein zukünftiger Umweltmediziner in Kon- takt tritt, ist die von ihm ausgewählte Weiterbildungseinrichtung. Von ihr wird erwartet, dass sie zwar alle Schat- tierungen der Umweltmedizin ver- mittelt, die unterschiedlichen Sicht- weisen aber durch eine wissenschaft- liche Moderation ergänzt. Weiter be-

stand der Wunsch, dass sich die Kurs- teilnehmer auch bei später auftreten- den Fragen an die Weiterbildungsein- richtung wenden können.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

In seiner weiteren Tätigkeit als Umweltmediziner ist der Arzt auf mehrere Partner angewiesen, auf La- bors (für die Analysen), auf Umwelt- mobile (zum Beispiel für Wohnraum- begehungen), auf öffentliche Ämter beziehungsweise den öffentlichen Ge- sundheitsdienst (als Informationsquel- le), auf Umweltambulanzen oder auf Co-Therapeuten (zum Beispiel Psy- chotherapeuten). Eine solche inter- disziplinäre Zusammenarbeit könnte künftig wesenlich deutlicher struktu- riert werden. Interdisziplinäre Qua- litätszirkel halten die meisten Teilneh- mer für erstrebenswert.

Erste Schritte wurden bereits un- ternommen. In Baden-Württemberg existieren zwei Arten ärztlicher Qua- litätszirkel: ein Zirkel für niedergelas- sene Ärzte und einer für Umweltme- diziner des öffentlichen Gesundheits- dienstes. Der Vernetzungsgrad zwi- schen beiden ist bisher jedoch gering.

Unter Leitung des Landesgesund- heitsamtes in Stuttgart arbeiten eini- ge Labors erfolgreich zusammen, um Maßnahmen zur Qualitätssicherung in den Bereichen Spurenanalytik, Schim- melpilzanalytik und Analytik der häus- lichen Allergene zu erarbeiten.

Das Curriculum Umweltmedizin der Bundesärztekammer ist eine wert- volle Basis für eine bundesweit einheit- liche Weiterbildung. Eine zweite Fas- sung liegt seit kurzem vor. Das umwelt- medizinische Konzept wird erfolgreich sein, wenn Umweltmedizin auf wissen- schaftlicher Basis betrieben wird. Die Umweltmedizin kann dann einen Bei- trag leisten, verschiedene medizinische Fachrichtungen über den Faktor Um- welt miteinander zu verbinden.

Anschrift für die Verfasser

Dr. rer. nat. Gaby Hauber-Schwenk Prof. Dr. med. Hans Joachim Seidel Sozial- und Arbeitsmedizinische Akademie (SAMA)

Adalbert-Stifter-Straße 105 70437 Stuttgart

A-1741

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 25, 23. Juni 2000

Weiterbildung Umweltmedizin in Baden-Württemberg (Stand Juli 1998)

✑ Die Weiterbildung findet unter der Lei- tung eines/r zur Weiterbildung befugten Arztes/

Ärztin statt.

✑ Die 1½-jährige Weiterbildungszeit muss nicht unter ständiger Aufsicht des Weiterbilders erfolgen. Es genügt, wenn der Weiterzubildende und der Weiterbilder sich mindestens einmal pro Quartal, mindestens halbtägig, zu einer Fallbe- sprechung treffen. Gesprächsgruppen mit bis zu sieben Teilnehmern sind möglich.

✑ Während der Weiterbildung müssen sechs Stellungnahmen je zur Hälfte zu individual- und bevölkerungsmedizinischen Fragen inklusive wissenschaftlicher Begründung vorgelegt wer- den. Sie dürfen sich nicht nur auf ein Krankheits- bild beziehen.

✑ Der Weiterzubildende muss die Teilnahme an wissenschaftlichen Fachkongressen, insgesamt mindestens drei Tage, nachweisen.

✑ Während der Weiterbildungszeit müssen absolviert werden: eine zweiwöchige ganztägige Hospitation, davon eine Woche beim Landesge- sundheitsamt, einem Hygiene-Institut oder einer ähnlichen Einrichtung mit Weiterbildungsbefug- nis sowie eine Woche bei einem anderen Weiter- bilder mit Weiterbildungsbefugnis.

✑ Der Weiterbilder muss die Erfüllung dieser Voraussetzungen im Weiterbildungszeugnis be- stätigen.

✑ Daneben müssen die Anforderungen der Weiterbildungsordnung nachgewiesen werden.

✑ Die Weiterbildung wird mit einer Prüfung abgeschlossen.

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