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Archiv "Billiger und vor allem „sauberer“: Antihäinophiler Faktor VIII wird gentechnisch produziert" (12.10.1989)

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Greg Roldan arbeitet an den Chromatographie-Säulen, durch deren Trennprozeß das Gen-Produkt Faktor VIII gewonnen wird, das 225 000 Blutern in der Welt als „Koate-HT" zur Verfügung stehen soll

Fotos (2): Bayer AG

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT PHARMAFORSCHUNG

I

n gut einem Jahr soll es so- weit sein, dann will die Bayer AG in den USA, Eu- ropa und Japan den gentech- nisch hergestellten antihämo- philen Faktor VIII zur Zulas- sung anmelden. Die klinischen Studien zur Erprobung des gentechnisch gewonnenen Gerinnungsstoffes, die seit 1988 angelaufen sind, wurden Ende August während eines Satelliten-Symposiums von der Bayer AG und deren ame- rikanischer Tochter Miles- Cutter Biological in Tokio im Rahmen eines Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Thrombose und Hämosta- se vorgestellt. -

Cutter, organisatorisch Miles zugeordnet, gehört zu den weltweit nur wenigen Fir- men, die technisch in der La- ge sind, den Faktor VIII aus Spenderblut zu isolieren. Seit den 70er Jahren wird der an- tihämophile Faktor VIII — von Cutter hochkonzentriert aus tiefgefrorenem Human- Plasma gewonnen — als ge- friergetrocknetes Pulver zur Behandlung der Hämophilie bereitgestellt. Dem Produkt dieser Meisterleistung soll nun geklonter Faktor VIII an die Seite gestellt werden.

Der gentechnisch gewon- nene Gerinnungsfaktor, so die Argumente von Bayer, wird nicht nur langfristig billi- ger, sondern auch „sauberer"

sein. Denn trotz sorgfältiger Reinigungsverfahren können Viren beim Isolieren des Wirkstoffes aus dem Plasma von Spenderblut übertragen werden. Daher sind Infektio- nen durch Hepatitis-B- und -C-Viren (NANB), Cytome- galieviren, EBV-Virus, HIV- Virus, HTLV-Virus und Par- voviren nicht hundertprozen- tig auszuschließen. Ohnehin werden in den USA bei Hä- mophilie-Patienten, so be- richtete in Tokio Frau Prof.

M. W. Hilgartner, New York, Hepatitis-B-Marker bei 72 Prozent gefunden, NANB-as- soziierte Transaminaseerhö- hungen bei 71 Prozent, HIV- Antikörper bei achtzig Pro- zent und autoimmunassozi- ierte Erkrankungen und Im- mundysfunktionen bei fünf-

zehn bis achtzig Prozent fest- gestellt.

Durchschnittlich braucht ein Bluter 65 000 Einheiten Faktor VIII pro Jahr, um rund 32 Blutungsereignisse zu stillen. Der Aufwand für die medikamentöse Behandlung ist hoch. Zudem stehen welt- weit nur begrenzte Mengen an Blutplasma zur Verfü- gung. Zu Versorgungsengpäs- sen kommt es besonders in den Ländern der Dritten Welt. Das führt dazu, daß dort Plasmaprodukte in eige- ner Regie hergestellt werden, deren Qualität als zweifelhaft einzustufen ist.

Der kalifornischen Firma Genentech gelang es 1984, Hamster-Nierenzellen gene- tisch so zu verändern, daß sie zur Produktion von rekombi- nantem Faktor VIII (rFVIII) genutzt werden können. Das Know-how erwarb Cutter/

Bayer im Lizenzvertrag und kann nun den Gerinnungs- stoff im großem Maßstab her- stellen. Mit 2351 Aminosäu- ren, mehreren Zuckermole- külen, einem Molekularge- wicht von ca. 300 000 und ex- tremer Temperaturlabilität ist rFVIII das bisher größte und komplizierteste Molekül, das als Arzneimittel gentech- nisch entwickelt wurde.

Die den Faktor VIII pro- duzierenden Hamster-Nie- renzellen werden in einem Fermenter mit einer speziel- len Nährlösung der Fermen- tation unterworfen. Durch die anschließende Reinigung, so erläuterte in Tokio U.

Klein aus Berkeley, bei der mehrere Methoden (Immun- affinitätschromatographie, Gelfiltration, Ionenaus- tauschchromatographie) kombiniert werden, soll eine hohe spezifische Aktivität er- reicht werden. Angestrebt wird ein niedriger Grad an Verunreinigung durch Zell- proteine, Zell-DNA oder Mäuse-IgG. Zudem sollen potentielle nicht-menschliche Viren inaktiviert werden, ob- wohl es als unwahrscheinlich gilt, daß derartige Viren in das gentechnisch gewonnene Produkt gelangen können.

Bisher sind weltweit 72 Hämophilie-Patienten in die klinischen Prüfstudien mit rFVIII aufgenommen wor- den. Sicherheit, Pharmakoki- netik, Wirksamkeit, die Be- handlung bei akuten Blutun- gen und die Prophylaxe bei Operationen wurden geprüft.

Insgesamt zeigten die Da- ten, die in Tokio vorgelegt wurden, daß die Wirksamkeit von rFVIII mit demjenigen

Der Cutter-Wissenschaftler Bou- medine Mered hat das Fermen- tationsverfahren zum Herstellen von rFVIII im Labormaßstab ent- wickelt; Cutter in Kalifornien ist der weltgrößte Hersteller von Plasma-Produkten.

des aus Plasma gewonnenen und standardgereinigten Fak- tors gleichrangig ist. Da rFVIII eine etwas längere Halbwertzeit, nämlich von 16 bis 17 Stunden, hat, ist es denkbar, daß eine effektive Therapie mit weniger rFVIII auskommt. Der aus Plasma gewonnene Faktor hat eine Halbwertzeit von 14 Stunden.

Die Untersuchungen von Ch. Abildgaard und D. Brett- ler, New York, zur immunolo- gischen Sicherheit des gen- technisch hergestellten Arz- neimittels ergaben, daß es bei der Behandlung auch Anti- körperbildner gegen rFVIII gibt. Bei aus Plasma gewonne- nem FVIII liegt diese Rate zwischen acht und zwölf Pro- zent. Zur Zeit läßt sich aller- dings für rFVIII an den bisher erst 72 überprüften Patienten, von denen nur 42 mittel- bis langfristig (ein Jahr) unter- sucht werden konnten, noch keine entsprechende Rate festlegen.

An Nebenwirkungen wur- den beobachtet: in einem Fall eine vorübergehende leichte Hypotonie, lokale Infusions- unverträglichkeiten sowie ei- nige unspezifische Beschwer- den. Bezogen auf rund 1,5 Mil- lionen Einheiten, die injiziert wurden, liegt die Nebenwir- kungsrate bei 0,97 Prozent, einschließlich subjektiv ange- gebener Beschwerden bei 1,7 Prozent.

Dr. med. C. Herberhold

Billiger und vor allem „sauberer"

Antihäinophiler Faktor VIII wird gentechnisch produziert

Dt. Ärztebl. 86, Heft 41, 12. Oktober 1989 (77) A-2981

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