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Archiv "Private Pflegeversicherung: Qualitätssicherung vorrangig" (02.07.1999)

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A-1770 (34) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

DÄ: Die offiziellen Statistiken von Medicproof GmbH, zuständig für die Begutachtung im Rahmen der privaten Pflegepflichtversicherung, weisen in den letzten beiden Jahren aus, daß vor allem im stationären Be- reich relativ mehr Antragsteller in ei- ne höhere Pflegestufe eingeteilt wur- den – im Vergleich zu den Zahlen des Medizinischen Dienstes der Kran- kenkassen für die im gesetzlichen Bereich Versicherten. Was sind die Erklärungsgründe aus der Sicht von Medicproof beziehungsweise der privaten Krankenversicherung?

Uleer: Privatversicherte sind oft erst bereit, in ein Heim zu gehen, wenn alle anderen Versorgungsfor- men wirklich ausgeschlossen sind.

Dabei dürfte auch eine Rolle spie- len, daß Privatversicherte Heimko- sten, die nicht durch die Pflegeversi- cherung abgedeckt sind, in der Re- gel aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Viele gesetzlich Versicherte können hingegen auf die Unterstüt- zung der Sozialhilfe zurückgreifen.

DÄ: Zuweilen wird darüber ge- klagt, daß die Qualifikation, die be- ruflichen Voraussetzungen, der Wei- terbildungsstandard und die Fortbil- dungsanstrengungen der Ärztinnen und Ärzte sowohl beim MDK als auch der für Medicproof gutachtlich tätigen Ärzte noch zu wünschen übriglassen. Trifft dieses pauschale Urteil aus Ihrer Sicht zu, und welche Aktivitäten entwickelt Medicproof, um die für sie tätigen Ärztinnen und Ärzte auf die speziellen Gutachten- aufgaben vorzubereiten und regel- mäßig fortzubilden?

Uleer: Nein, das trifft nicht zu.

Die Qualitätssicherung steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Die speziellen Medicproof-Schulungs- programme umfassen Einführungs- und Weiterbildungsseminare mit so- zialmedizinisch relevanten Schwer- punkt-Themen. Sie finden überwie- gend dezentral statt und erfreuen sich einer großen Nachfrage. 1998 konnten allein 494 Teilnehmer regi-

striert werden. Die erstellten Gut- achten werden ebenfalls einer um- fassenden Qualitätskontrolle unter- zogen, um Schwachstellen ausfindig zu machen. Für alle diese qualitäts- sichernden Maßnahmen zeichnet der Ärztliche Dienst in der Me- dicproof-Zentrale mit sieben haupt-

amtlich tätigen Ärztinnen und Ärz- ten verantwortlich.

DÄ:Am 19. Dezember vergange- nen Jahres erklärten Sie vor der Pres- se in Bonn, daß Medicproof kurzfri- stig rund 80 Ärztinnen und Ärzten, die mit Gutachtenaufgaben betraut waren, gekündigt habe. Dies sind rund zehn Prozent der mit Me- dicproof vertraglich verbundenen gutachtenden Ärzte. Was sind die Auslöser und Hintergründe? Gibt es flächendeckend und in den jeweilig erforderlichen Fachrichtungen genü- gend Ärzte, die im Rahmen von Me- dicproof tätig werden?

Uleer: Unser Gutachternetz ist flächen- und bedarfsdeckend, wenn auch nicht gleichmäßig dicht. 70

Prozent der 870 Gutachter und Gut- achterinnen haben eine Facharzt- qualifikation, überwiegend als All- gemeinmediziner oder Internisten.

Wir wünschen uns jedoch durchaus noch einen höheren Anteil an Kinderärzten und an neurologisch/

psychiatrisch weitergebildeten Ärz- ten. Anpassungen im Gutachter- stamm werden deshalb sowohl un- ter regionalen als auch unter inhalt- lichen Gesichtspunkten kontinuier- lich vorgenommen. Die Kündigun- gen wurden nicht kurzfristig, son- dern planmäßig zum Jahresende 1998 ausgesprochen. Die meisten der Gutachter waren – sei es alters- oder zeitbedingt oder mangels re- gionalen Bedarfs – bereits vor die- sem Datum nur noch in sehr gerin- gem Umfang tätig. In einigen Fällen war die Kündigung jedoch auch eine Folge der Qualitätskontrolle. Wenn wir trotz Schulung und Nachschu- lungsmaßnahmen feststellen müs- sen, daß der von uns erwartete Qua- litätsstandard nicht erreicht wird, müssen wir uns von dem betreffen- den Gutachter trennen.

DÄ: Wie sind die vertraglichen Konditionen konkret bei Medic- proof ausgestaltet in bezug auf ver- traglich tätige gutachtende Ärzte?

Das Gutachtenhonorar ist unseres Wissens seit zwei Jahren unverändert bei 160 DM pro Gutachten. Welcher Zeitaufwand ist im Durchschnitt für die Begutachtung und die Erstellung des Formulargutachtens notwendig?

Uleer: Die Honorierung ent- spricht dem, was auch in der sozialen Pflegeversicherung bezahlt wird.

Der Zeitaufwand hängt sehr vom Einzelfall ab. Im Durchschnitt gehen wir von einem Gesamtzeitaufwand von etwa zwei Stunden für die Erstel- lung eines Gutachtens aus. Diese Zeit beinhaltet die Terminvereinba- rung, den Hausbesuch, die Fahrzeit und die schriftliche Ausarbeitung des Formulargutachtens. Der Auf- wand wird jedoch höher, wenn ein Gutachter eine überdurchschnittlich weite Anfahrt hat. Eine Überprü- fung der Honorierung im laufenden Jahr haben wir den Gutachtern vor einiger Zeit in Aussicht gestellt.

(Die Fragen stellte Dr. Harald Clade, Redaktion DÄ.) N Dr. jur. Hans Christoph Uleer, Geschäftsführendes

Vorstandsmitglied des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. (PKV), Köln, Geschäfts- führer von Medicproof GmbH

Foto: PKV/bonn-sequenz – Hans Windeck

Private Pflegeversicherung

Qualitätssicherung vorrangig

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SGB XI) bedeuteten, daß jeder An- tragsteller aufgenommen werden mußte. Ein mit der gesetzlichen Pfle- geversicherung identischer Versiche- rungsschutz mußte nach dem An- wartschaftsdeckungsprinzip als pri- vatrechtlicher Vertragsabschluß ge- schaffen werden. Musterbedingungen wurden nach allgemein zivilrechtli- chen Grundsätzen festgelegt.

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Die private Pflegeversicherung (PPV) schuf sich ihre eigene Sach- verständigenorganisation. Medic- proof war zunächst eine Gesellschaft für Medizinische Gutachten GmbH, Bonn, die zum Juni 1996 in die Trä- gerschaft der PPV übernommen wur- de. Die Kölner Zentrale hat 43 Mitar- beiter, der Ärztliche Dienst sechs Ärztinnen und Ärzte sowie fünf nichtärztliche Mitarbeiterinnen. Über das Bundesgebiet ausgebreitet arbei- tet ein kontraktierter ärztlicher Mit- gliederstamm von derzeit rund 800 Ärzten, die für 46 auftraggebende private Versicherungsunternehmen tätig sind. In den alten Ländern fallen etwa zwei Gutachten pro Woche, in den neuen bei langen Anfahrwegen zwei pro Monat an. Von den Me- dicproof-Gutachtern sind 20 Prozent niedergelassene Ärzte, 28 Prozent Angestellte, Beamte und Rentner, 17 Prozent Krankenhausärzte, 13 Pro- zent reine Gutachter und 9 Pro- zent Mitarbeiter arbeitsmedizinischer Dienste. In den Fachrichtungen über- wiegen Praktische Ärzte (30 Pro- zent), Allgemeinmediziner (22), In- ternisten (16) und Arbeitsmediziner (9). Wie bei der gesetzlichen Pfle- geversicherung ist vorhergehende Terminabsprache vorgeschrieben.

Im Prinzip ist dies umstritten, die Ankündigung des Besuches er- schwert die ohnehin kaum mögliche objektive Beurteilung des sozialen Umfeldes. Gutachter der Gesund- heitsämter für Hilfe in besonderen Lebenslagen (Sozialhilfe) kommen meist ohne Vorankündigung, um die

„normative Kraft des Faktischen“

besser beurteilen zu können.

Bei Medicproof erfolgt die Zu- ordnung des Gutachtenauftrages zu

einem der Vertragsärzte in der Regel EDV-gesteuert; das heißt, der dem Aufenthaltsort des Antragstellers am nächsten wohnende Gutachter erhält den Auftrag. Ausnahmen werden zu- gelassen, wenn Besonderheiten des Einzelfalles die Begutachtung durch einen Arzt mit spezifischer Qualifika- tion erforderlich machen oder kein in der Nähe wohnender Vertragsarzt zur Verfügung steht. Bei stationärer Be- gutachtung erfolgt bei Medicproof meist die Zuweisung zu Stufe I oder II, die endgültige Beurteilung erfolgt unter Berücksichtigung des Umfeldes zu Hause oder im Altenheim.

Unterschiede gibt es beim Wi- derspruch. Beim MDK ist ein Wi- derspruchsverfahren vorgeschrieben.

Das beanstandete Gutachten wird dort zunächst dem Erstgutachter vor- gelegt. Bleibt er bei seiner Meinung, wird ein zweites Gutachten veranlaßt, selten als Obergutachten vom Dienst- stellenleiter, meist von einer erfahre- nen Pflegekraft. Arzt und Nichtarzt wechseln sich ab. Wird dem Wider- spruch nicht abgeholfen, geht der An- trag an die Pflegekasse, die dann das Weitere veranlaßt. Bei Medicproof können die Versicherten sofort Klage beim Sozialgericht erheben. Dennoch erstellt auch Medicproof auf Vorhalt ein Obergutachten, ohne daß dem Antragsteller Kosten entstehen. Der Anteil der Einsprüche betrug bei Me- dicproof bei ambulanten Fällen 6,5 Prozent, bei den stationären 3,8 Pro- zent.

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Medicproof kooperiert mit dem Medizinischen Dienst der Spitzenver- bände der Pflegekassen (MDS), Es- sen, um die vom Gesetzgeber gefor- derte maßstabgerechte Bewertung und damit bundesweit enheitliche Be- urteilung von Pflegebedürftigkeit zu gewährleisten. Die dafür gültigen

„Kreuzchenformulare“ von Medic- proof haben fünf Seiten, die des Medi- zinischen Dienstes vierzehn Seiten.

Sie sind häufig Datenfriedhöfe. Weni- ger wäre hier mehr. Überfordert sind Gutachter vom Medizinischen Dienst und Medicproof, wenn es in den Richtlinien heißt: „Zur Feststellung der Pflegestufe ist dann für die Be-

messung des zeitlichen Mindestpfle- geaufwandes bezüglich des festge- stellten Hilfebedarfes durch Laien- pfleger von einer durchschnittlichen häuslichen Wohnsituation auszuge- hen. Die Sicherheit der unmittelbaren Umgebung des Antragstellers (zum Beispiel lose Teppiche, rutschiger Holzboden) ist zu berücksichtigen.“

Einen Teppich kann man rutschfest machen, auch ohne die Pflegestufe zu ändern.

EErrg geeb bnniissssee

Von Medicproof werden die Pflegestufen II und III häufiger als vom MDK anerkannt. Die Unter- schiede wurden von der alten Bun- desregierung damit erklärt, daß „Pri- vatversicherte tendenziell versuchen, sich länger selbst zu helfen, und erst später Leistungsanträge stellen. Die- se werden dann eher anerkannt.“ In- dividualfaktoren der Versicherten sind meistens nicht sicher zu berück- sichtigen. Die Vitalität ist verschie- den. Erstaunlich ist, daß bei den über 90jährigen Privatversicherten mehr als die Hälfte keinen Pflegeantrag stellte. Männer über 90 sorgten häu- figer für sich selbst: 2 017 männlichen standen 6 503 weibliche Pflegean- tragsteller gegenüber. Auf dem Prüf- stand stehen die Kosten: staatliches gegen privates System. Kosten für 100 000 Pflegegutachten von Medic- proof stehen denen von 1,5 Millionen vom MDK gegenüber. Unter Zu- grundelegen der statistischen Zahlen liegen die „Stückkosten“ beim MDK vierzig Prozent höher. Bei aller Vorsicht gegenüber der Statistik: Es bleibt wieder einmal viel Geld in den Netzen der öffentlichen Verwaltun- gen hängen, das den Kranken verlo- rengeht. Viel Aufwand wird einer Scheinpräzision gewidmet, die den Institutionen mehr als den Patienten nützt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-1768–1771 [Heft 26]

Anschrift des Verfassers Dr. med. Karl-Heinz Weber Parkstraße 8

45478 Mülheim/Ruhr

A-1771

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999 (35)

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