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Ich will keine Parallelen zwischen dem, was Nutz- und Haustiere manchmal leider durchmachen müssen, und den Lebensbedingungen in einem Alters- und Pflegeheim anstellen

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I 009/2009 GEF 3. Juni 2009 GEF C Interpellation

0992 Amstutz, Corgémont (Grüne)

Weitere Unterschriften: 11 Eingereicht am: 14.01.2009

Aufsicht über die Alters- und Pflegeheime?

Gross waren die Emotionen Anfang 2008 im Seeland, als der Fall eines Stalles aufgedeckt wurde, in dem Tiere unter unhaltbaren Bedingungen gehalten wurden. Zu Recht war man empört und fragte sich, wie es soweit hatte kommen können. Die Verantwortlichen wurden inzwischen zur Rechenschaft gezogen.

Ich will keine Parallelen zwischen dem, was Nutz- und Haustiere manchmal leider durchmachen müssen, und den Lebensbedingungen in einem Alters- und Pflegeheim anstellen. Ich bin überzeugt, dass diese Einrichtungen grossmehrheitlich beispielhaft geführt werden und Orte sind, an denen es Platz hat für Wärme, Gespräche und Zufriedenheit. Es sind Orte, wo qualifiziertes Personal mit Leib und Seele eine beachtliche Arbeit leistet.

Dennoch muss man bedenken, dass die Pensionärinnen und Pensionäre nicht immer in der Lage sind, Fragen zu stellen, sich zu beklagen oder Angehörige zu alarmieren. Ihre Erziehung hindert sie daran, irgendetwas zu sagen. Sie sind es vielleicht seit langem gewohnt, nicht zu stören, zu schweigen, keinen Wirbel zu verursachen und in aller Stille zu leiden. Das Risiko ist gross, dass sich dieses Verhalten mit zunehmendem Alter sowie je nach psychischem oder geistigem Zustand der Pensionärin oder des Pensionärs noch verstärkt.

Es kann auch vorkommen, dass das Pflegepersonal aus Furcht vor einem Arbeitsplatzverlust zweimal überlegt, bevor es gewisse Dinge hinterfragt, sich über diese oder jene Situation wundert, die zuständigen Stellen alarmiert oder Anzeige erstattet. Es kann somit durchaus vorkommen, dass die Pensionärinnen und Pensionäre Opfer des Schweigens werden.

Mein Vorstoss stützt sich auf die präzise Aussage einer Fachperson, die anonym bleiben möchte.

Im Herbst 2008 musste die Bewohnerin eines Heims, eine über 90-jährige Frau, aufgrund eines Dekubitus (wundgelegene Stelle) in eines der bernjurassischen Spitäler eingeliefert werden. Die Wunde am Gesäss war so tief, dass man den Knochen sehen konnte. Die Patientin musste unverzüglich operiert werden.

In Bericht «Alterspolitik im Kanton Bern» vom Dezember 2004 steht unter Kapitel

«Festlegung von Qualitätskriterien im Rahmen der Umsetzung der Heimverordnung», dass «die neuen Regelungen betreffend Betriebsbewilligung [...] auf Ende 2004 in Kraft treten. Das neue System zieht insbesondere auch die Trägerschaft in die Verantwortung, die in diesem Bereich eine aktivere Rolle übernehmen soll.»

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Der Regierungsrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Welches ist die zuständige Stelle (Trägerschaft) eines privaten Heims?

2. Verfügen nun alle privaten und öffentlichen Einrichtungen des Kantons Bern über ein Qualitätsmanagement? Wenn nein: Welche Frist hat die GEF den Einrichtungen zur Einführung eines solchen Systems gesetzt?

Der Alterspolitik-Bericht unterstreicht, dass «das Problem des fehlenden Pflege- und Betreuungspersonals akut ist und mit der Zunahme des Pflege- und Betreuungsbedarfs immer grösser wird».

3. Welche Massnahmen wurden seit 2004 im Bereich der Personalrekrutierung und Personalausbildung getroffen?

Die neuen Regelungen in Bezug auf die Bewilligungen zum Betreiben eines Alters- und Pflegeheims (Bericht vom November 2004), die sich auf die Heimverordnung vom 18. September 1996 (HEV) stützen, umschreiben klar die Grundsätze und Voraussetzungen für die Gewährung einer Betriebsbewilligung.

4. Wie lässt sich trotz der getroffenen Vorsichtsmassnahmen erklären, dass Pensionäre derart vernachlässigt werden wie oben beschrieben?

5. Kommt es in den Einrichtungen zu unangemeldeten Kontrollen? Wie oft pro Jahr?

Durch wen?

Antwort des Regierungsrates

Der Interpellant befürchtet, Pensionärinnen und Pensionäre von Alters- und Pflegeheimen, die nicht richtig behandelt werden, könnten sich zuwenig wehren oder für ihre Rechte einsetzen.

Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner in Institutionen der Pflege und Betreuung sehr wichtig und nicht immer einfach ist.

Der Regierungsrat stimmt dem Interpellanten zu, dass die Einrichtungen der Langzeitpflege im Kanton Bern grossmehrheitlich beispielhaft geführt werden und deren Personal sich voll und ganz zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner einsetzt.

Dennoch können Behandlungsfehler oder andere Mängel nie hundertprozentig ausgeschlossen werden. Um den Pflegebedürftigen und Betreuten möglichst hohe Qualität und Sicherheit zu gewähren, existieren aber ausreichend und geeignete Instrumente, Vorschriften sowie Kontroll- und Beschwerdeinstanzen. Deshalb ist es wichtig, dass Pflegende und andere Beteiligte allfällige Vorkommnisse und Beobachtungen melden. Der Regierungsrat kann nicht ausschliessen, dass Pflegepersonal vereinzelt aus Furcht vor einem Arbeitsplatzverlust davor zurückschreckt, Fehler oder Mängel zu melden oder anzuzeigen. Dabei ist jedoch einerseits zu berücksichtigen, dass grundsätzlich auch anonymisierte Hinweise möglich sind. Anderseits ist festzustellen, dass das Pflegepersonal vor dem Hintergrund des drohenden Personalmangels eine starke Position im Arbeitsmarkt innehat.

Zu Frage 1 Trägerschaft:

Die Trägerschaft ist das für den Betrieb als Ganzes verantwortliche Organ im Rahmen einer bestimmten Rechtsform. Die sogenannten privaten Pflegeheime im Kanton Bern werden durch Einzelfirmen, Stiftungen, Vereine, GmbHs und Aktiengesellschaften (Familien-AG, nicht gewinnorientierte AG oder gewinnorientierte AG) betrieben.

Aufsicht:

Die Aufsicht in allen Heimen im Kanton Bern ist dreistufig geregelt.

1) Die operative Verantwortung trägt die Heimleitung.

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2) Dieser ist die strategische Ebene, die Trägerschaft, vorgesetzt. Diese hat gemäss Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung vom 18. September 1996 über die Betreuung und Pflege von Personen in Heimen und privaten Haushalten (Heimverordnung, HEV; BSG 862.51) dafür zu sorgen, dass die Betriebsführung in den Heimen den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

3) Die externe Aufsichtsbehörde ist das Alters- und Behindertenamt (ALBA) der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF).

Beschwerdemöglichkeiten:

Nach Artikel 26 der HEV hat jede aufgenommene Person das Recht, sich formlos gegen unangemessene Behandlung zu beschweren. Bei Personen, die ihre Rechte nicht selber wahrnehmen können, steht dieses Recht den ihnen nahestehenden Personen zu. Jede Trägerschaft muss ein von der Heimleitung unabhängiges Organ als Beschwerdeorgan bezeichnen.

Weiter finanziert und unterstützt die GEF die Stiftung Bernische Ombudsstelle für Alters- und Heimfragen, die als unabhängiges Beschwerdeorgan fungiert.

In Artikel 27 der HEV sind die Aufsichtsrechtlichen Anzeigen geregelt. Tatsachen, die ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde (ALBA) geboten erscheinen lassen, können dieser jederzeit gemeldet werden. Da das ALBA gleichzeitig auch Bewilligungsbehörde ist, stehen ihm wirksame Sanktionsmassnahmen zur Verfügung. So kann einer Institution, bei welcher Mängel festgestellt werden, nur eine befristete, mit Auflagen verbundene Betriebsbewilligung erteilt oder im Extremfall diese sogar umgehend entzogen werden. Bei Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der HEV oder Auflagen der Betriebsbewilligung können auch Bussen bis 50'000 Franken verhängt werden.

Zu Frage 2

Die Heimverordnung schreibt kein Qualitätssicherungssystem vor. Gemäss Artikel 29 ist die Betreuung und Pflege nach allgemein anerkannten Qualitätsnormen auszurichten.

Die GEF hat im November 2004 einen Bericht zu den Mindestanforderungen erstellt und allen Heimen verschickt. Darin wird ein minimales Qualitätssicherungssystem erwartet.

Trotzdem haben noch nicht alle Heime eine systematische Qualitätssicherung umgesetzt.

Bei ihren Besuchen kontrolliert die Aufsichtsbehörde, ob die Mindestanforderungen in Bezug auf die Konzepte, das Personal und die Infrastruktur erfüllt sind. Dies sind strukturelle Voraussetzungen, um eine angemessene Pflegequalität sicher zu stellen.

Zu Frage 3

Die Regierung ist sich der Problematik des drohenden Mangels an Pflegepersonal bewusst. Sie schafft deshalb seit Jahren aktiv Voraussetzungen, um diesem Mangel zu begegnen.

Neben den Lohnanpassungen im Rahmen der VAP-Massnahmen1 für langjähriges, qualifiziertes Pflegepersonal sowie der Finanzierung von Kursen für den Wiedereinstieg in die Pflege unterstützt sie Institutionen, die Schülerinnen und Schüler ausbilden sowie Lehrlinge anstellen, mit Ausbildungsbeiträgen und fachlichem Know-how.

Zusammen mit der Erziehungsdirektion trägt sie die OdA Gesundheit2 mit und unterstützt deren Engagement für die neue Ausbildung zur Fachangestellten Gesundheit (FaGe) im Kanton Bern. Dieser wichtige Zubringer für die Pflege ermöglicht eine pflegerische Ausbildung bereits ab 16 statt wie bisher ab 18 Jahren. Gleichzeitig wurden auf Betreiben der GEF vor allem in der Langzeitpflege hunderte von Ausbildungsplätzen (Lehrstellen) für FaGe realisiert.

1 Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation im Pflegebereich.

2Organisation der Arbeitswelt (OdA) Gesundheit Bern.

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Die verkürzte Ausbildung ‚FaGe Erwachsene’ wird derzeit von einhundert Personen, die als Pflegehilfen arbeiten, absolviert. So können sich diese qualifizieren und haben sogar die Möglichkeit, sich anschliessend zur Pflegefachperson ausbilden zu lassen.

Zudem bietet der Kanton Bern auf Stufe Fachhochschule attraktive Weiterbildungen für Pflegende an, damit diese motiviert sind, im Beruf zu verbleiben.

Zu Frage 4

Der von der GEF vorgegebene Mindeststellenplan macht qualitative und quantitative Vorgaben zum Einsatz des Pflegepersonals. Zudem muss jede Bewohnerin und jeder Bewohner über eine Hausärztin oder einen Hausarzt verfügen. Diese/-r ist auch für die medizinisch-pflegerischen Fragen zuständig. Bei einem Dekubitus hätte sie/er rechtzeitig informiert werden und entsprechende Massnahmen anordnen müssen.

Leider ist es auch mit den strengsten Vorgaben und der besten Aufsicht von Seiten des Kantons nicht möglich, pflegerische „Kunstfehler“ zu verhindern. Dekubiti sind auch mit guter Pflege nicht immer zu vermeiden, sie sollten aber die absolute Ausnahme darstellen.

Beim geschilderten Fall könnte es sich um einen Pflegefehler handeln, da die GEF den genauen Sachverhalt aber nicht kennt, ist eine Stellungnahme nicht möglich.

Zu Frage 5

Aufgrund von Artikel 37 der HEV kann die Aufsichtsbehörde mittels Kontrollbesuchen überprüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften und die Bewilligungsauflagen eingehalten werden.

Da das ALBA eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Heimen pflegt, meldet es sich im Allgemeinen vor einem Aufsichtsbesuch im Heim an. Unangemeldete Besuche werden dann durchgeführt, wenn zum Beispiel aufgrund von aufsichtrechtlichen Anzeigen von einer Gefährdung der Sicherheit und der Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner ausgegangen werden muss oder wenn der Verdacht besteht, das Heim könnte Dokumente fälschen oder Beweise unterschlagen. Unangemeldete Besuche waren bisher erfreulicherweise nur in sehr geringem Umfang notwendig.

Die Mitarbeitenden des ALBA, welche die Besuche bei den Heimen durchführen, verfügen über eine pflegerische Grundausbildung auf Tertiärniveau und haben in der Regel langjährige Berufserfahrung im Pflege- und/oder Heimbereich. Das ALBA führt derzeit im Altersbereich stichprobenartig 40 bis 50 Kontrollen pro Jahr durch und erreicht damit 12- 15% aller Heime. Darin inbegriffen sind sowohl reguläre Aufsichtsbesuche wie auch Besuche aufgrund von Beschwerden oder aufsichtsrechtlichen Anzeigen. Wegen mangelnder personeller Ressourcen ist eine häufigere Kontrolle der Institutionen leider nicht möglich.

Der Interpellant stützt seine Anfrage auf die Beobachtung eines Dekubitus durch eine Fachperson. Der Regierungsrat bittet eindringlich darum, dass solche Beobachtungen unbedingt der Aufsichts- und Bewilligungsbehörde gemeldet werden. Sei es direkt oder über eine der oben aufgeführten Beschwerdestellen. Dies ist die beste und sicherste Möglichkeit, den Bewohnerinnen und Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen den ihnen zustehenden Schutz ihrer Gesundheit, persönlichen Integrität und Würde zu garantieren.

An den Grossen Rat

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