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Archiv "Women’s Health initiative" (08.02.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 68. Februar 2008 A265

M E D I Z I N R E P O R T

tes Brustkrebsrisiko ermittelt wur- de, stieg die Inzidenz von Mamma- karzinomen in der deutschen Unter- suchung auch bei Monotherapie.

Lobulär versus duktal

Eine aktuelle, bevölkerungsbezogene Fall-Kontroll-Studie aus den USA stützt eine Hypothese, die schon län- ger diskutiert wird: Die kombinierte Einnahme von Östrogenen und Ges- tagenen könne das Wachstum von lobulär wachsenden Mammakarzino- men fördern. Die Studie kommt zu zwei weiteren interessanten Ergeb- nissen: Die Kombination erhöht das Karzinomrisiko nicht erst ab dem vierten oder fünften Jahr der Thera- pie, sondern bereits nach drei Jahren.

Eine Monotherapie mit Östroge- nen scheint dagegen das Risiko für invasive duktale Mammakarzinome um 30 Prozent zu reduzieren (OR 0,7; Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2008, 17: 43–50). Die Analyse des Östrogen-Monotherapie-Arms der WHI-Studie war zum gleichen Ergebnis gekommen. Duktal wach- sende Tumoren machen circa 70 Pro- zent der Mammakarzinome aus, lo- buläre etwa ein Drittel. Die lobulären sind zwar oft schwieriger zu diagnos- tizieren als duktale und häufiger bilateral, sie haben aber eine bessere Prognose, wenn sie ER⫹sind.

Die Arbeitsgruppe vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle hat in der erwähnten Fall- Kontroll-Studie Daten zur Meno- pause, HT, zum Lebensstil und zur Tumoranamnese bei Patientinnen mit Mammakarzinomen in situ oder in- vasivem Wachstum (Diagnose zwi- schen 2000 und 2004: 324 lobuläre Karzinome, 196 duktal-lobuläre Tu- moren, 524 duktale Karzinome) mit Daten von Frauen derselben Alters- gruppe und ähnlichem sozioöknomi- schen Hintergrund verglichen.

Das Ergebnis: Frauen, die aktuell Östrogene plus Gestagene nahmen, hatten ein 2,7-fach erhöhtes Risiko für lobuläre und ein 3,3-fach höhe- res Risiko für lobulär-duktale Tu- moren. Fast fünffach erhöht war das Risiko für Mammakarzinome vom Mischtyp mit einem lobulären An- teil von mehr als 50 Prozent und nur 1,9-fach erhöht für Karzinome mit einem lobulären Anteil unter 50 Prozent. Schon für Frauen, die jemals drei Jahre eine Kombination von Östrogenen und Progesteron eingenommen hatten, gab es ein statistisch erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines lobulär oder duktal-lobulär wachsenden Tumors.

Kurze Latenzzeit

„Wir stellen die These auf, dass eine Behandlung mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen die Vergrößerung von Karzinom-Vor- stufen oder okkulten Tumorherden ankurbelt, die ohne den Einfluss der Hormone klein und klinisch vielleicht nie auffällig geblieben wären“, folgern die Autoren. „Von dieser mitogenen Wirkung könnten aus noch unklarer Ursache vor al- lem lobulär wachsende Tumoren betroffen sein.“

Auch Prof. Dr. med. Günter Emons von der Universitätsfrauen- klinik Göttingen hält diese Interpreta- tion der Daten „für die plausibelste“.

Für ihn wäre eine kurze Latenzzeit zwischen dem Absetzen der Hor- montherapie und einer Reduktion des Risikos für das Mammakarzinom auch biologisch erklärbar: „Es ist ein natürlicher Vorgang, dass sich okkul- te Karzinome durch Apoptose auch wieder zurückbilden. Der Apoptose steht bei HT die wachstumsfördernde

Wirkung der Östrogene gegenüber.

Fällt dieser mitogene Effekt weg, wachsen kleinere Tumorherde zum Teil nicht weiter oder bilden sich komplett zurück“, so Emons zum Deutschen Ärzteblatt.

Empfehlungen revidieren?

Obwohl sich die Hinweise verdich- ten, dass ein Verzicht auf eine kom- binierte Östrogen-Gestagen-Thera- pie in oder nach der Menopause das Risiko für Mammakarzinome reduzieren könnte, lassen sich aus den epidemiologischen Daten keine direkten Beweise dafür ableiten.

„Wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung in Deutschland“, sagt Katalinic. „Sinkt die Brustkrebs- inzidenz weiter? Und wie wirkt sich das begonnene Programm zum Mammografie-Screening, das eine Zunahme an Neudiagnosen erwar- ten lässt, auf den Rückgang aus?“

Eher heterogen sind die Daten aus prospektiven kontrollierten Stu- dien zu der Frage, nach welchem Zeitraum der Hormontherapie sich das Risiko für Brustkrebs erhöht und wie lange es nach Absetzen der Behandlung wie stark erhöht bleibt.

Derzeit lassen weder die US-ame- rikanischen Gesundheitsbehörden noch das Bundesinstitut für Arznei- mittel und Medizinprodukte in Bonn (BfArM) eine Bereitschaft erkennen, von ihrer Einstellung zur lang- fristigen Hormongabe abzuweichen.

Frauen sollten Hormone allenfalls zur Behandlung starker klimakteri- scher Symptome und dann so kurz wie möglich einnehmen. Eine großzügigere Indikationsstellung für die HT, wie sie die Internatio- nale Menopause-Gesellschaft for- dert, ist im Moment nicht konsens- fähig. Die IMS weist in ihren Stel- lungnahmen immer wieder darauf hin, dass die Daten aus internatio- nalen Krebsregistern uneinheitlich seien und die epidemiologische Entwicklung zum Beispiel in Groß- britannien keinen Zusammenhang zwischen HT und Brustkrebsinzi- denz nahe lege.

Die IMS zieht in „Climacteric“

(2007; 10: 181–84) aus den aktuel- len Daten folgende Schlussfolge- rungen: „Die Sicherheit der HT ist weitgehend eine Altersfrage. Für



 WOMEN’S HEALTH INITIATIVE

Die US-amerikanische Women’s Health Initiative (WHI) ist als Präventionsstudie angelegt. Von 16 608 postmeno- pausalen Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren (Durchschnitt: 63 Jahre) erhielten 8 506 Teilnehmerinnen eine Kombination aus equinen, konjugierten Östrogenen und Medroxyprogesteronacetat, die andere Gruppe (8 102 Frauen) bekam Placebo. Primäre Endpunkte waren koronare Herzkrankheit (KHK) und die Rate der Mamma- karzinome. Im Juli 2002 wurde die WHI-Studie vorzeitig nach circa fünf Jahren abgebrochen (geplant waren 8,5 Jahre), denn sowohl das kardiovaskuläre wie auch das Krebsrisiko waren bei Frauen unter Östrogen-Gestagen- Therapie erhöht. So gab es unter der HT 38 Mammakarzi- nome pro 10 000 Frauen pro Jahr, in der Placebogruppe waren es 30 Tumoren pro 10 000 Personen pro Jahr, sowie eine Erhöhung des Risikos für Brustkrebs um 26 Prozent.

Es kam auch häufiger zu Herzinfarkten (plus 29 Prozent), und zu Schlaganfällen (plus 41 Prozent). Das Risiko für Lungenembolien war bei der HT im Vergleich zu Placebo etwa doppelt so hoch (JAMA 2002; 288: 321–3). nsi

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Frauen unter 60 Jahren gibt das Si- cherheitspofil der HT keinen Anlass zur Besorgnis. Neue Daten und die unter Berücksichtigung des Lebens- alters der Studienteilnehmerinnen durchgeführten Reanalysen älterer Studien zeigen, dass für die meisten Frauen der mögliche Nutzen einer Hormontherapie hoch ist, soweit dies klar indiziert ist, und die Risi- ken gering sind, wenn die Therapie innerhalb der ersten Jahre nach der Menopause begonnen wird.“

Ob das Pendel insgesamt wieder in Richtung einer Hormontherapie (et- wa selektiv für jüngere postmenopau- sale Frauen) zurückschlagen könnte, wie die IMS sich dies vorstellt, wird wohl erneut diskutiert werden, wenn zwei weitere Studien abgeschlossen sein werden. Die Kronos Early Estro- gen Prevention Study (KEEPS) und die Early versus Late Intervention Trial with Estradiol (ELITE) sollen gezielt den präventiven Wert der HT bei „jüngeren“ postmenopausalen Frauen prüfen. Beide sind zwar pro- spektiv angelegt, allerdings werden nur Surrogatmarker untersucht.

Angesichts dieser nicht einheit- lichen Datenlage stellt sich für behan- delnde Ärzte die Frage, wie sie jede Patientin individuell optimal beraten können. „Die derzeitige Studienlage lässt nur den Schluss zu, dass Frauen sich sehr genau überlegen sollten, ob sie Hormone nehmen wollen“, sagt Prof. Dr. med. Martina Dören (Charité – Universitätsmedizin Ber- lin) auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes. „Sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Frauen fehlen be- lastbare Belege aus kontrollierten kli- nischen Studien, dass Östrogene oder Östrogen-Gestagene-Kombinationen – abgesehen von der Behandlung von starken Hitzewallungen – einen Bei- trag zur Prävention leisten können.

Im Gegenteil, Risiken würden bei Anwendung in Kauf genommen, eine ,untere Grenze‘ einer als sicher an- zusehenden Behandlungsdauer lässt sich nicht definieren. Das Brustkrebs- risiko ist nicht wegzudiskutieren, und ein Schutz vor Herz-Kreislauf-Er- krankungen oder Schlaganfall kann auch nicht erwartet werden.“ I Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Dr. rer. nat. Renate Leinmüller, Rüdiger Meyer

V

or fünf Jahren hat die WHI-Studie weltweit zu einer Neubeurteilung der Hormontherapie (HT) im Klimakteri- um und in der Postmenopause geführt.

Inzwischen mehren sich Stimmen, die den Eindruck erwecken, im Grunde sei die ganze Aufregung unnötig gewesen.

Bei oberflächlichem Lesen der Artikel könnte man tatsächlich vermuten, alle Vorbehalte gegen eine Hormontherapie seien haltlos, und daher seien die emp-

fohlenen Einschränkungen der Verord- nung nicht mehr aktuell.

Diese Einschätzung wurde auch auf der Pressekonferenz der International Menopause Society zum Thema „HRT and the Menopause: Time for Re-Evalua- tion“ vermittelt. Danach ist das Brust- krebsrisiko für symptomatische Frauen durch eine Hormontherapie nur gering- fügig erhöht, wenn die Therapie in der frühen Postmenopause begonnen wird.

Es bleibt aber unbestritten, dass eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie das Brustkrebsrisiko erhöht. In einer Auswertung von Colditz aus dem Jahr 2005 heißt es: „Es ist eindeutig doku- mentiert, dass Östrogene das Brust- krebsrisiko erhöhen und dass die Zuga- be von Gestagenen zu den Östrogenen das Risiko weiter erhöht.“ (1)

Ein weiterer Punkt ist die Neuein- schätzung der kardiovaskulären Ereig- nisse unter einer Hormontherapie (2).

Wenn die Hormontherapie im Alter von 50 bis 59 Jahren begonnen wird, gibt es zumindest kein erhöhtes Risiko kardio- vaskulärer Ereignisse. Kurz nach der Menopause hat die Hormontherapie diesbezüglich offenbar einen neutralen Effekt, in späteren Jahren führt sie aber zu einem Anstieg ungünstiger Ereignisse.

Anders verhalten sich die Risiken eines Schlaganfalls. Im Zeitraum von bis zu zehn Jahren nach der Menopause steigt das Risiko durch HT um 77 Prozent.

Die Schlussfolgerung lautet daher:

„Die Ergebnisse stützen die aktuellen Empfehlungen, dass eine HT kurzfristig zur Linderung mittlerer oder schwerer vasomotorischer Symptome verwendet werden sollte, aber nicht längerfristig zur Prävention kardiovaskulärer Erkran- kungen.“ Dies entspricht exakt den der- zeitigen Empfehlungen: Die HT bedarf einer Indikation, das heißt, sie sollte nur zur Linderung ausgeprägter klimakteri-

scher Beschwerden verordnet werden, und zwar nur so niedrig wie möglich und nur so lange wie nötig.

Ein weiterer Aspekt wird bei den der- zeitigen Diskussionen meist außer Acht gelassen: Die Reanalyse der „Million Women Study“ hat frühere Ergebnisse zum Einfluss einer HT auf das Ovarial- karzinomrisiko bestätigt (3). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Frauen unter einer HT ein erhöhtes Ovarialkarzi- nomrisiko haben. Seit 1991 habe die HT-Einnahme in Großbritannien zu 1 300 zusätzlichen Ovarialkarzinomen und zu 1 000 zusätzlichen Todesfällen durch ein Ovarialkarzinom geführt.

Unter Berücksichtigung dieser Daten gibt es keinen Grund, von den derzeitigen Empfehlungen abzuweichen. Wenn eine Frau unter schweren klimakterischen Symptomen leidet, muss man ihr die Hor- montherapie nicht vorenthalten. Eine Auf- klärung über die möglichen Risiken sollte jedoch nicht unterlassen werden. I

Universitätsfrauenklinik Göttingen

LITERATUR

1. Colditz GA: Estrogen, estrogen plus progestin therapy, and risk of breast cancer. Clin Cancer Res 2005; 11(2 Pt 2): 909s–17s.

2. Rossouw JE et al.: Postmenopausal hormone therapy and risk of cardiovascular disease by age and years since menopause. JAMA 2007; 297(13): 1465–77.

3. Beral V et al.:Ovarian cancer and hormone replacement therapy in the Million Women Study. Lancet 2007; 369(9574): 1703–10.

KOMMENTAR

Prof. Dr. Dr. med. Bernd Hinney

Postmenopausale Hormontherapie

Unnötige Aufregung?

Referenzen

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