A3150 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 47⏐⏐24. November 2006
A K T U E L L
Wenn das GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz wie geplant in Kraft tritt und zudem die Mehrwertsteuer- erhöhung greift, die Tarifsteigerun- gen in den Kliniken umgesetzt wer- den und die Finanzierungsvorgaben zur integrierten Versorgung auf- rechterhalten werden, kommen auf die Universitätsklinika nächstes Jahr Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent zu. „Dies wird zum Abbau von vielen Personalstellen und zu Einschränkungen im Niveau der Versorgung schwerstkranker Pati- enten führen“, warnte Prof. Dr. med.
Jörg Rüdiger Siewert, Erster Vorsit- zender des Verbands der Univer- sitätsklinika (VUD). Theoretisch müsse beispielsweise das Münchner Klinikum rechts der Isar 100 Arzt- und 125 weitere Personalstellen
einsparen, um die finanziellen Aus- fälle zu kompensieren.
Kritik übte Siewert auch an der vorgesehenen Neuerung, ein Zweit- meinungsverfahren für bestimmte Arzneimittel und Diagnostika zu etablieren. Aus Erfahrung wisse er, dass es zahlreiche ungeklärte finan- zielle sowie juristische Fragen gebe.
Der VUD fordert zudem, Kliniken
mit Kompetenzzentren von einer Zweitmeinungsverpflichtung aus- zunehmen. Der VUD-Vorsitzende plädierte für andere Veränderungen, beispielsweise die gezielte Öffnung der Hochschulambulanzen für die ambulante Versorgung: „Anstatt mit mehr als 2 000 unterschiedlichen Krankenhäusern könnten in einem Pilotprojekt mit 33 Universitätskli- niken innovative Versorgungsansät- ze für schwerstkranke Menschen er- probt und gebündelt werden.“ Rie
ETORICOXIB VERSUS DICLOFENAC
Das Unternehmen Merck hat gleichzeitig auf zwei US-Kongressen und in Lancet (2006;
doi:10.1016/S0140-6736(06)69666–9) die Ergebnisse eines Studienkomplexes vorge- stellt, der die kardiovaskuläre Sicherheit des Vioxx®-Nachfolgers Etoricoxib und des nicht selektiven nichtsteroidalen Antiphlogistikums (NSAID) Diclofenac verglichen hat. Im MEDAL- Studienprogramm (Multinational Etoricoxib and Diclofenac Arthritis Long-Term Study) waren 34 701 Patienten mit Arthrose oder rheumatoi- der Arthritis im Mittel 18 Monate lang entweder mit Etoricoxib (60 mg oder 90 mg/Tag) oder Diclofenac (150 mg/Tag) behandelt worden.
Nach der Auswertung von Christopher Cannon vom Brigham and Women’s Hospital in Boston sind die Substanzen gleichwertig: 320 Patien- ten erlitten unter Etoricoxib und 323 unter Di- clofenac ein thrombotisches kardiovaskuläres
Ereignis (Ereignisrate 1,24 und 1,30 pro 100 Patientenjahre; Hazard-Ratio 0,95; 95-Pro- zent-Konfidenzintervall 0,81–1,11, also nicht signifikant verschieden). Demnach wäre Etori- coxib ein unbedenklicher COX-2-Inhibitor.
Aus damaliger und heutiger Sicht Aus der Sicht des Jahres 2002, als MEDAL be- gonnen wurde, war Diclofenac sicherlich eine geeignete Vergleichssubstanz. Aus heutiger Sicht stellt sich die Situation etwas anders dar.
Mittlerweile sind die meisten Experten der Überzeugung, dass auch unter den nichtselek- tiven NSAID einige sind, die mit einem kardio- vaskulären Risiko einhergehen. Nach den Er- gebnissen einer Meta-Analyse von Harvard- Forschern, die sich allerdings nur auf Beobach- tungsstudien und nicht auf randomisierte kon- trollierte Studien stützt, gehört Diclofenac zu
den eher risikobehafteten Substanzen (Basic Clin Pharmacol Toxicol 2006; 98: 266–74).
Danach ist Diclofenac kaum weniger gefährlich als Rofecoxib in hoher Dosierung über 25 mg/die. Ein besserer Vergleichspartner wäre Naproxen gewesen, das nach der Meta-Analy- se (vielleicht neben Celecoxib) das geringste kardiovaskuläre Risiko unter den NSAID zu ha- ben scheint. Dass dies nicht geschehen ist, schmälert nach Ansicht der beiden Editorialis- ten die Aussagekraft des MEDAl-Programms.
Interessant sind auch die Ergebnisse hinsicht- lich der gastrointestinalen Komplikationen.
Zum Therapieabbruch führende Ulzera und Blutungen waren – was nicht lebensbedrohli- che Ereignisse betrifft – in der Diclofenac- Gruppe häufiger. Dafür brachen mehr Patienten aufgrund von Blutdruckerhöhungen die Be- handlung mit dem Coxib ab. Rüdiger Meyer In Ausnahmefällen ist eine drei-
statt einer fünfjährigen Weiterbil- dung für Ärzte ausreichend, um als Facharzt für Allgemeinmedizin ins Arztregister eingetragen zu werden.
So sieht es nach einem Änderungs- antrag von CDU/CSU und SPD das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vor, das Ende Oktober verabschiedet wurde. Nach dem GKV-Gesundheitsreformgesetz aus dem Jahr 2000 war eine fünfjährige Weiterbildung von Anfang 2006 ge- setzlich vorgeschrieben.
Mit dem VÄndG räumt der Ge- setzgeber nun eine dreijährige
Übergangsfrist ein.
Hintergrund ist, dass es Ärztinnen und Ärzten aufgrund von Kinder- erziehungszeiten teil- weise nicht möglich war, ihre dreijährige Weiterbildung bis zum Stichtag Anfang 2006 zu beenden. Die betrof- fenen Ärzte sollen nun nach dem VÄndG bis
Ende 2008 ihre dreijährige Weiter- bildung abschließen und sich dann als Facharzt ins Arztregister eintra- gen lassen können. Zip WEITERBILDUNG
Ausnahme wegen Kindererziehung
Foto:dpa Foto:BilderBox
GESUNDHEITSREFORM