A 2046 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 41|
12. Oktober 2012 Die ambulante ärztliche und zahn- ärztliche Versorgung des DDR- Landkreises Heiligenstadt (heute Teil des Kreises Eichsfeld) mit sei- nen 35 000 bis 40 000 Einwohnern besorgten eine Poliklinik in der Kreisstadt, bestehend aus 15 Fach- abteilungen, sowie drei Außenstel- len und eine staatliche Arztpraxis auf dem Land, diese jeweils mit ei- nem Allgemeinarzt besetzt. Dazu kamen 26 Gemeindeschwesternsta- tionen in den umliegenden Dörfern.Frei niedergelassene Ärzte gab es nicht mehr. Die Poliklinik war 1988/89, also kurz vor der „Wen- de“, mit 30 Ärzten (1983 noch 37), 25 Zahnärzten (22) und 165 medizi- nischen Fachkräften (141) besetzt.
Dazu kamen noch 74 (55) „Sonsti- ge“ in Verwaltung, Fahrdienst und Hausmeisterei. Die Statistik weist für 1989 exakt 325 835 ärztliche Konsultationen (inklusive Hausbe- suchen) und 82 652 zahnärztliche aus. In den Fachabteilungen waren alle in der ambulanten Versorgung gängigen Fachrichtungen vertreten, einschließlich Röntgen, Labor und Physiotherapie. Eigens erwähnt sei schließlich noch die Diabetesambu- lanz, die 1 982 Patienten dispen- sairemäßig betreute.
Solche Zahlen hat der Autor aus den Jahren 1949 bis 1990 zusam- mengetragen, säuberlich nach Jah- ren getrennt, soweit das möglich war. Ein mühseliges Unterfangen.
Viele Unterlagen sind mit der
„Wende“, als sich die Poliklinik auflöste und die Ärzte sich zumeist niederließen, verschwunden, weil sich niemand dafür interessierte.
Außer Dr. med. Raabe, der lange in der Poliklinik arbeitete (und sich vor allem um die Diabetiker küm- merte). Entstanden ist ein eigen - williges Werk, eine Mischung aus Heimatchronik und Fachbuch. Die langen Listen der ehemaligen Mit- arbeiter, die vielen Lebensläufe dürften vor allem lokal interessie- ren, können aber auch dem Exter- nen einige Aufschlüsse vermitteln.
Von allgemeinem Interesse sind die DDR-POLIKLINIK
Wie ein Landkreis versorgt wurde PR AXI SGEBÜHR
Die Gesundheits - minister der Länder konnten sich über die Abschaffung nicht einigen (DÄ 27–28/2012: „Ge- sundheitsminister- konferenz: Gute Versorgung steht im Mittelpunkt“ von Sabine Rieser).
Doppelverlust vermeiden
Kreiert wurde sie von den Kranken- kassen, verwaltet wird sie teilweise mit erheblichem zeitlichem Auf- wand von uns Ärzten. Richtig är- gerlich wird die Angelegenheit für alle Ärzte, die mit dem „Einsam- meln“ der zehn Euro Gebühr be- schäftigt sind, wenn zwischen den
von dem Arzt tatsächlich eingenom- menen und von der KV ausgewiese- nen Beträgen eine Differenz be- steht. Das Finanzamt besteuert aus- schließlich die von der KV genann- ten höheren Summen. Dann hat man nicht nur Geld nicht erhalten, zum Beispiel durch Verzicht auf die Gebühr, man muss das nicht einge- nommene Geld auch noch versteu- ern. Das Finanzamt wird sich in je- dem Fall konsequent an die von den KVen erstellten Abrechnungslisten halten und nicht etwa an die vom Arzt erstellte Abrechnung.
Meine dringende Empfehlung an al- le Kollegen: Sorgfältige Rückspra- che und Klärung mit der zuständigen KV sind zwingend erforderlich, um einen Doppelverlust zu vermeiden.
Dr. med. Klaus Rößler, 65385 Rüdesheim
SG Ü
D m k d n 2 s konferenz:Gute Vers
GO Ä-RA TGEBER
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ darf der Arzt nur für eigene Leistungen liquidie- ren (DÄ 29–30/2012:
„Persönliche Leis- tungserbringung in der Chefarztambulanz“ von Marlis Hübner).
Zwei Lösungswege
Mit Interesse und einigem Erstau- nen habe ich Ihren Report über ein Urteil des OLG Frankfurt (Az.: 8 U 226/10) gelesen. Sofern ich Ihre Darlegungen nicht missverstehe, scheint dieses höherinstanzliche Gerichtsurteil offensichtlich das Ansinnen solcher Privatpatienten zu stützen, die zunächst chefärztliche Leistungen in Anspruch nehmen und sich anschließend unter kon- struierten Gründen ihrer gegebenen Zahlungspflicht entziehen wollen.
Folgerichtig darf dieses Urteil als höchst fragwürdig betrachtet wer- den . . . In Kenntnis dieses Urteils drängen sich zwei Lösungswege auf, um Nachahmerprozessen vor- zubeugen:
1. Der primär behandelnde Chefarzt A gibt die erforderlichen Laborleis- tungen in Schriftform seinem labor- medizinischen leitenden Kollegen B
konsiliarisch in Auftrag. Folgerich- tig könnte der leitende Labormedi- ziner B zu den von ihm ermittelten Laborwerten einen laborfachärztli- chen Befundbericht formulieren, in welchem er sich für die konsiliari- sche Einbindung bedankt und die durchgeführten Laborresultate la- borfachärztlich kommentiert. Dieses Vorgehen könnte nicht beanstandet werden, würde gemäß Ziffer GOÄ 75 zusätzliches Liquidationsvolu- men für Chefarzt B in Aussicht stel- len und Gerichtsprozesse der vorlie- genden Art ad absurdum führen.
2. Alternativ könnte der primär be- handelnde Chefarzt A zumindest das Basislabor auch im eigenen Na- men berechnen und den hieraus re- sultierenden Liquidationserlös im Innenverhältnis als Liquidationsbe- teiligung seinem leitenden labor- fachärztlichen Kollegen B zufließen lassen.
Zusätzliches „Speziallabor“ ist hin- gegen weiterhin nur vom durchfüh- renden Laborfacharzt B selbst zu liquidieren, da ja unter dessen An- leitung und Aufsicht und auch in dessen ureigenem Verantwortungs- bereich die betreffende Spezialdia - gnostik durchgeführt wird. Dies sollte auch Recht sprechenden Ju- risten eigentlich einleuchten . . .
Prof. Dr. med. Jörg Piper, Chefarzt der Inneren Medizin, Meduna-Klinik, 56864 Bad Bertrich
GO G
N S A L r
„ t der Chefarztambulan
B R I E F E / M E D I E N
Hinweise auf die Entstehungsge- schichte der Polikliniken in der ehe- maligen Sowjetischen Besatzungs- zone und in der DDR. Vor allem aber interessieren die vielen Details über die Funktionsweise einer gro- ßen Poliklinik, die Raabe akribisch zusammengetragen und – so gut es ging – geordnet hat.
Kritische Töne sind in dieser von einer leisen Wehmut durchzogenen Chronik eher selten. Immerhin er- fährt man, dass auch Heiligenstadt die Arztflucht zu schaffen machte und die Stasi ebenfalls in der Poli- klinik ihre IM hatte. Sehr anschau- lich wird, wie zwiespältig die Auf- lösung der Poliklinik und die Ein- führung neuer ambulanter Struktu- ren an der Basis aufgenommen werden. Die Ärzte und ihre Mitar- beiter(innen) erlebten einen Umbruch sondergleichen. Die Verwaltungen
agierten hilflos. Der Verfasser stellt seiner Poliklinik ein gutes Zeugnis aus und bedauert deren Ende. Er hält das Prinzip, die Fachgebiete unter einem Dach zu organisieren, für sinnvoll. Folgt man dem Geleit- wort von Prof. Dr. med. habil. Jür- gen Kleditzsch, dem letzten Ge- sundheitsminister der DDR und Verhandler beim Einigungsvertrag, dann wurde bei der „Wende“ die Chance verpasst, aus den Poliklini- ken neue Organisationsformen, et- wa vernetzte Praxen, zu entwickeln.
Nun kehren sie unter kapitalisti- schen Vorgaben als MVZ wieder.
Norbert Jachertz Hermann Raabe: Poliklinik Heiligenstadt mit Außenstellen Uder, Ershausen und Arenshausen.
Cordier, Heilbad Heiligenstadt 2011, 288 Seiten, gebunden, 19,90 Euro
Hermann Raabe: Poliklinik Heiligens
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