Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 16|
18. April 2014 A 697 derausweis oder gegenüber seinen Ange-hörigen die Spende ausdrücklich ablehnt.
Die Krankenkasse hätte die Pflicht, ihre Versicherten mit entsprechenden Auswei- sen zu versorgen.
Die Transplantationsmedizin könnte we- sentlich entspannter zum Wohle der Pa- tienten arbeiten.
Dr. med. Michael Hillenbrand, 86720 Nördlingen
landen zunehmend vor Sozialgerichten.
Das Gutachterverfahren ist nicht mehr not- wendig. Bei Einführung der Psychothera- pierichtlinien waren die Psychotherapeuten nicht besonders gut ausgebildet. Das hat sich spätestens nach dem Psychotherapeu- tengesetz von 1999 geändert. Das Gutach- terverfahren gehört abgeschafft.
Allerdings bleibt es dabei: Die Wirksam- keit der Psychotherapie ist (nur) in der in den Psychotherapierichtlinien festgelegten
„Dosis“ wissenschaftlich knallhart belegt.
Jetzt sagen die Kassen: Halbieren wir doch die Dosis, damit mehr Menschen bei gleichem Geldeinsatz behandelt werden können. Wer würde das beim Diabetes sa- gen oder bei einer Chemotherapie? Not- wendig bleibt eine Neudefinition der psy- chotherapeutischen Versorgung . . .
Gerhard Leinz, 24103 Kiel
DAS GESPRÄCH
Rainer Richter, Präsident der Bundespsycho- therapeutenkammer, kritisiert die Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes (DÄ 8/2014: „Das Gespräch mit Prof. Dr. Rainer Richter: ,Das ist purer Zynismus‘“ von Petra Bühring).
Missverhältnis
Da ist ein irrsinniges Missverhältnis: Die Krankenkassen geben circa elf Milliarden für die ambulante Zahnmedizin aus, nur 1,5 Milliarden für die ambulante Psycho- therapie. Trotzdem: Nur mehr Therapeu- ten, das bringt es nicht. Das System der psychotherapeutischen Versorgung ist dringend reformbedürftig. Die Psychothe- rapierichtlinien sind über 40 Jahre alt. Da- mals hieß es: Psychotherapie nur dann, wenn „wirklich notwendig“. Dies spielt den „Befindlichkeitsstörungsphilosophen“
in die Hände. Wer würde „Behandlung erst bei handfesten Auswirkungen“ bei ei- nem Diabetes oder bei einer Fettstoff- wechselstörung propagieren?
Damals hieß es: Eine Zentrierung auf einen Konflikt muss möglich sein, sonst macht Psychotherapie keinen Sinn. Wer würde das sagen, wenn der Diabetiker auch Fett- stoffwechselprobleme und Bluthochdruck hat? In den Psychotherapierichtlinien ist die Diskriminierung (keine Behandlung)
„zu schwer Kranker“ vorgesehen. Das ver- stößt gegen das Antidiskriminierungsge- setz. Das Verschleppen der Reform der Psychotherapierichtlinien hat dazu geführt, dass in Deutschland die Behandlungsquote der „leichten“ Störungen gering ist und psychische Störungen erst dann eine hohe Behandlungsquote aufweisen, wenn sie chronifiziert sind. Gott sei Dank ist das zum Beispiel beim Diabetes nicht so. Der Bürokratismus des Gutachterverfahrens bindet sehr viel Arbeitszeit von Psychothe- rapeuten. Das Gutachterverfahren wird durch juristische Entwicklungen zuneh- mend brisant: Die Berichte an den Gutach- ter mit den Hypothesen der Therapeuten
finger als nicht angebracht erklären . . . Die Elefanten sind da. Auch wenn das nicht jedem passt.
Dr. med. Hannah Weinbacher, 80796 München
GLOSSE
Ist an dem Burn-out-Gerede etwas faul? (DÄ 8/2014: „Burn-out: Innenansichten“ von Burk- hard Voß).
Die rosa Elefanten
Wenn ich meine Windschutzscheibe auf- merksam betrachte, finde ich mehr Krat- zer – das grundlegende Prinzip der Bias, das Dr. Burkhard Voß in seiner Glosse be- schreibt, dürfte keinem Arzt neu sein.
Dass einer, der nicht an einen rosa Elefan- ten denken soll, an einen rosa Elefanten denkt, ist auch klar.
Die Beantwortung der Frage, warum nun in unserer Zeit – um bei diesem Bild zu bleiben – so viele Menschen an rosa Ele- fanten denken, dürfte möglicherweise von Soziologen kompetenter beantwortet wer- den können als von Ärzten.
Dabei hilft es aber nicht, dem Betroffenen zu sagen: „Jetzt hör aber auf, an Elefanten zu denken. Das macht keinen Sinn. Nur Opfer von Seuchen, Kriegen oder Natur- katastrophen dürfen an Elefanten denken.“
Die Aufgabe des Arztes sehe ich vielmehr darin: die Hand zu reichen; zuzuhören. Zu sagen: „Es ist o. k., wenn du leidest. Du darfst leiden. Du bist ein Mensch. Wir alle sind Menschen. Und leiden gehört zum Menschsein dazu.“
Vielleicht würde gerade diese Akzeptanz des Leidens und des Menschen als Men- schen (mit allem, was dazugehört) helfen?
Man kann Leiden nicht immer rational wegdiskutieren und mit erhobenem Zeige-
PRÄVENTIONSKURSE
Ab diesem Jahr prüfen nur noch wenige Kas- sen die Qualität von Präventionskursen selbst (DÄ 9/2014: „Zentrale Prüfstelle soll für einheit- liche Qualität sorgen“ von Eva Richter-Kuhl- mann).
Bürokratiemonster ohne Qualitätsgewinn
Erste Erfahrungen mit der neu eingerich- teten zentralen Prüfstelle bleiben leider weit hinter den Erwartungen an eine Qua- litätssteigerung für Präventionskurse zu- rück. Bisher überprüften die Krankenkas- sen die Qualifikation des Kursanbieters und die Qualität der Kursinhalte durch Fachleute für Präventionsmaßnahmen selbst. Von der zentralen Prüfstelle wird jetzt die Einspeisung von Texten und Do- kumenten in eine Online-Datenbank ge- fordert. So werden neben ausführlichen Stundenbildern auch genaue Begründun- gen der Zielgruppen erwartet.
Dies führte dazu, dass nun Kurse von Phy- siotherapeuten, die seit Jahren erfolgreich von den Krankenkassen anerkannte Präven- tionskurse anbieten, nicht mehr zertifiziert wurden. Hindernis war hierbei nicht die Qualifikation oder Erfahrung der Anbieter, sondern das Ausfüllen der komplexen Da- tenbankmasken der zentralen Prüfstelle. Es wurden von der zentralen Prüfstelle skurril anmutende standardisierte Ablehnungen mit vagen Begründungen verschickt . . . Telefonische Rückfragen bei der zentralen Prüfstelle konnten leider nicht fachgerecht beantwortet werden, da die Zertifizierungen nicht von Fachleuten für Medizin oder Sport, sondern zumindest teilweise von Verwaltungsfachangestellten und Daten- bankadministratoren durchgeführt werden . . . Inzwischen gibt es im Internet kosten- freie Vorlagen von Begründungen für Zielgruppen und Stundenpläne. Diese können in die Datenbankmasken der zen- tralen Prüfstelle kopiert werden, welche sodann den Kurs anerkennt.
Ein Qualitätsgewinn für Kursteilnehmer lässt sich so sicher nicht erreichen. Eher ein Bürokratiemonster mit sinkender Zahl von geförderten Präventionskursen . . .
Dr. med. Bernd Scholz, 67063 Ludwigshafen