• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hessischer Ärztetag: Bürgerversicherung – Gefahr oder Chance?" (03.05.2013)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hessischer Ärztetag: Bürgerversicherung – Gefahr oder Chance?" (03.05.2013)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 866 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 110

|

Heft 18

|

3. Mai 2013

HESSISCHER ÄRZTETAG

Bürgerversicherung – Gefahr oder Chance?

Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung war das beherrschende Thema in Frankfurt. Die Kluft zwischen den unterschiedlichen Positionen ist tief.

D

ie Bundestagswahl wirft ihre Schatten voraus – so auch beim Hessischen Ärztetag, zu dem die Landesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen am 20. April in Frankfurt am Main unter dem Titel „Dschun- gel Gesundheitssystem“ eingeladen hatten. Im Zentrum stand die Frage, wie Versorgung zukunftssicher ge- staltet und finanziert werden kann.

Aus Sicht der Landesregierung hat hierzu das GKV-Versorgungs- strukturgesetz wichtige Entwick- lungen angestoßen. „Die Frage der Bedarfsplanung und Versorgungs- fragen sind der Nukleus des GKV- Versorgungsstrukturgesetzes“, er- klärte der hessische Sozialminister Stefan Grüttner. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe die Reform der Bedarfsplanungs-Richtlinie bis Ende 2012 fristgerecht erledigt, lobte der Minister, jetzt gehe es bis zum 30. Juni um die Umsetzung. In Hessen sind aus den bisherigen 26 Planungsbereichen für die hausärzt- liche Versorgung nach der Neube- rechnung 67 Planungsbereiche ent- standen. Die kleinteiligere Struktur ermögliche eine sehr viel bessere Steuerung des Bedarfs, meinte der CDU-Politiker. Zudem dürfe von den Vorgaben der Bedarfsplanungs- Richtlinie begründet abgewichen werden. So sind landesspezifische Regelungen möglich, die regionale Besonderheiten wie die demografi- sche Entwicklung oder die Morbi- dität berücksichtigen.

Versorgungsstrukturgesetz als „lernendes System“

Grüttner verwies zudem auf den Ausbau von regionalen Gesund- heitsnetzen im Bundesland. Hierfür sei im Sozialministerium eine eige- ne Servicestelle eingerichtet wor- den, die Kommunen und Gesund- heitsdienstleister dabei unterstützen

soll, neue Kooperationsformen auf- zubauen. „Das ist ein Alleinstel- lungsmerkmal von Hessen“, beton- te der Sozialminister. Dabei gehe es nicht darum, dass das Ministerium dirigistisch eingreifen wolle: „Das Land versteht sich als Partner von KV und Kassen.“ Sein Fazit: „Der erste Schritt ist getan, weitere müs- sen folgen.“ Das Gesetz sei an vie- len Stellen ein lernendes System, und „mehr Planungsbereiche allein bringen noch keinen zusätzlichen Arzt nach Hessen“.

Kontrovers diskutiert von Refe- renten und Podiumsteilnehmern wurde das Thema der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversiche- rung. Ein engagiertes Plädoyer für die Bürgerversicherung kam vom sozialpolitischen Sprecher der hessi- schen SPD-Landtagsfraktion, Dr.

med. Thomas Spies. Die Bürgerver- sicherung sei eine fiskal- und keine gesundheitspolitische Frage, denn sie habe weniger mit der Versor- gungssteuerung als mit der gerech- ten Verteilung von Lasten im Ge- sundheitssystem zu tun. Die bisheri- ge Lohnbezogenheit des Systems führe zur kontinuierlichen Erhöhung der Beitragssätze, zur ungleichen Lastenverteilung und zu falschen Steuerungseffekten wie etwa unter- schiedlicher Versorgungsdichte und ungleichem Zugang zu Spezialisten.

„Gerade in armen Bezirken und Landkreisen ist die Versorgung schlechter“, kritisierte Spies. Da bei der Bürgerversicherung alle Ein- kommensarten hinzugezogen wür- den, entstehe ein Mehr an Gerechtig- keit. Zudem beinhalte sie auch eine einheitliche Honorarordnung. „Das müsste eine ureigenste ärztliche For- derung sein“, sagte Spies.

Kein Fiskal- oder Finanzpoliti- ker, der rechnen könne, sei für die Bürgerversicherung, konterte Dr.

Volker Leienbach, geschäftsführen-

des Vorstandsmitglied des PKV- Verbands. Die funktionierende private Krankenversicherung abzu- schaffen und damit massiv Arbeits- plätze abzubauen, sei „völlig ab- surd“. „Was ist mit einem Einheits- system gewonnen, das stärker von Bundeszuschüssen leben soll? Es unterliegt mehr staatlicher Regulie- rung“, gab Leienbach zu bedenken.

Er warnte vor einer zunehmenden Konzentration der Kassen, weil dies mehr Einschränkung der Frei- heit bedeute und auch das freiberuf- liche Ethos der Ärzte bedrohe.

Das Aus der PKV wäre fatal für viele Vertragsärzte

Dr. med. Klaus-Wolfgang Richter, der Vorsitzende der Vertreterver- sammlung der KV Hessen, betonte, dass die Bürgerversicherung keine Verbesserung der medizinischen Versorgung und keine Senkung der Beiträge nach sich ziehen würde.

Das Aus der PKV wäre für viele Vertragsärzte fatal, die durch wirt- schaftliche Quersubventionierung das wirtschaftliche Überleben ihrer Praxen sichern, befürchtete Richter.

Er verwies darauf, dass die haus- ärztlichen Honorare in Hessen im bundesweiten Vergleich zu den niedrigsten zählen.

Der Wandel in strukturschwachen Gebieten mache auch vor Ärztinnen und Ärzten nicht Halt, erklärte Dr.

med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärz- tekammer Hessen. Das sei ein Pro- blem, das die ärztliche Selbstverwal- tung jedoch nicht lösen könne, denn dies sei eine Aufgabe der Gesell- schaft und der Daseinsvorsorge. Zu- gleich erinnerte der Präsident an die Gestaltungskraft der ärztlichen Selbstverwaltung und mahnte: „Wir sollten nicht nach der Politik rufen, wo wir selbst gestalten können.“

Heike E. Krüger-Brand

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ver- sorgung und Lebensqualität vor allem von Patienten im ländlichen Raum können durch das Telemonitoring er- heblich verbessert werden..

Stattdessen haben die Reformen der ver- gangenen Jahre dazu geführt, dass sich die Probleme für die Beschäftigten im Gesund- heitswesen und nicht zuletzt für die Patienten sogar

Die Bayerische Akade- mie für ärztliche Fortbildung sehe sich jedoch in der Pflicht, die Qualität in der Fortbildung zu op- timieren und habe verschiedene Qualifizierungs-

Nach ersten Ergebnissen lag die Rücklaufquote in Bayern bei den Weiterbildungsbefugten bei 74,3 Prozent (Bund: 60,4 Prozent), bei den Weiterbildungsassistenten je- doch nur bei

Mit dem System ist bereits jetzt eine umfassende und präzise Ana- mneseerhebung möglich, die auf- grund von Zeitproblemen in dieser Tiefe häufig gar nicht mehr durch den Arzt

gestoßen, die sich mit aufwen- digeren Themen und Arbeiten beschäftigt haben und nun- mehr feststellen müssen, dass der gleiche Titel auch ohne jegliche Arbeit erzielt werden

Langes Erfahrung ist, dass vor allem junge Ärzte gefähr- det sind: engagierte Men- schen, die enthusiastisch und voller Erwartungen an eine neue Aufgabe

Ich denke, dass hier eine große Chance verpasst wur- de, neben Papst, Gewerk- schaften, Kirchen und vielen anderen Menschen auch von ärztlicher Seite ein Signal zu setzen gegen