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Archiv "Superantigene" (17.10.1991)

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AKTUELLE MEDIZIN

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Superantigene

Den etymologisch gebildeten Arzt mag der Ausdruck „ Superantige- ne" zunächst etwas irritieren, handelt es sich doch um eines der un- schönen lateinisch-griechischen Mischwörter. Da der Ausdruck in die internationale Literatur eingegangen ist, benutzt ihn Professor Fleischer auch mit Recht. Er erklärt in dem kurzen Beitrag, weshalb nur geringe Mengen von Toxin — zum Beispiel produziert von einigen Staphylokokken in einem Scheiden-Tampon — so ausgedehnte Schockreaktionen hervorrufen können. Keineswegs kommt es allein auf die Quantität der Bakterien und der T-Lymphozyten an, sondern auch auf die Qualität ihrer Interaktionen. Rudolf Gross

Bernhard Fleischer

E

ine neue Klasse von Mole- külen ist in den letzten Jahren näher charakteri- siert worden, die T-Lym- phozyten mit so hoher Potenz stimu- lieren, daß wenige Moleküle pro T- Lymphozyt für eine Stimulation aus- reichen. Diese Moleküle werden

„Superantigene" genannt, weil - im Gegensatz zur normalen Reaktion mit Antigen - ein hoher Prozentsatz von T-Zellen stimuliert wird und weil der Mechanismus der T-Zellsti- mulation der Erkennung von Anti- gen sehr ähnlich ist. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, daß diese Wirkung auf die T-Zellen bei der Pathogenese der durch diese Mole- küle ausgelösten Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielt.

Prototypen dieser hochaktiven Stimulatoren sind die von Staphylo- coccus aureus gebildeten Enterotoxi- ne und das Toxic-Shock-Syndrom- Toxin-1 (TSST-1). Ebenfalls zur Gruppe der Superantigene gehören die erythrogenen Toxine A und C, die von ß-hämolytischen Streptokok- ken der Gruppe A produziert wer- den und die Scharlacherkrankung verursachen, ein von einem Myco- plasma (M. arthritidis) sezerniertes Protein, sowie Proteine, die von be- stimmten Retroviren der Maus ko- diert werden.

Der Mechanismus, durch den diese Moleküle T-Zellen stimulie- ren, ist in den letzten Jahren aufge- klärt worden. Dieser Mechanismus ist so effektiv, weil den T-Zellen die Erkennung ihres spezifischen

Fremdantigens simuliert wird. Nor- malerweise erkennen T-Lymphozy- ten ihr spezielles Antigen als ein durch proteolytische Spaltung ent- standenes Peptid, das von Molekü- len des Haupthistokompatibilitäts- komplexes (beim Menschen den HLA-Molekülen) an die Oberfläche der antigenpräsentierenden Zelle, zum Beispiel des Monozyten, ge- bracht wird. Die T-Zelle bindet mit ihrem Antigenrezeptor an das vom HLA-Molekül „präsentierte" Peptid.

Die Vernetzung des T-Zellrezeptors mit dem HLA-Molekül des Monozy- ten ist dann das Signal für die Akti- vierung der T-Zelle.

Superantigene wirken nicht als Fragmente sondern als intakte Mole- küle. Sie binden an HLA-Klasse II Moleküle, vorwiegend HLA-DR- Moleküle, auf Monozyten oder B- Lymphozyten und an variable Teile des Antigenrezeptors der T-Zelle.

Auf diese Weise vernetzen sie den T- Zellrezeptor mit den HLA-Molekü- len des Monozyten. Dies gibt, wie bei der normalen Antigenerkennung, ein stimulierendes Signal an den Lymphozyten. Superantigene haben also zwei Bindungsstellen, eine für HLA-DR-Moleküle (oder entspre- chende Moleküle bei anderen Spezi- es), eine zweite für den T-Zellrezep- tor. Hier binden sie vorwiegend an variable Teile der ß-Kette (V ß) des Rezeptors, allerdings an

verschiede-

I. Medizinische Klinik — Abteilung Pathophy- siologie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

ne Vß-Teile mit unterschiedlicher Affinität. TSST-1 zum Beispiel sti- muliert die Hälfte aller T-Lymphozy- ten des Menschen, allerdings bindet es an deren verschiedene T-Zellre- zeptoren mit unterschiedlicher Affi- nität. T-Zellen mit dem am besten passenden V ß werden am besten sti- muliert und expandiert. Das TSST-1 etwa bindet mit der höchsten Affini- tät an T-Zellen, die Vß2 tragen. Die- se T-Zellen sind daher auch bei Patienten mit TSST-1-induziertem Schocksyndrom (TSS) im Blut ver- mehrt vorhanden. Die Bindung der Toxine an variable und nicht an kon- stante Teile der T-Zellrezeptoren er- möglicht, daß die verschiedenen To- xine trotz des gleichartigen Wirkme- chanismus serologisch nicht oder kaum kreuzreagieren.

Folgen der T-Zellstimulation:

Schock und Immunsuppression Da Superantigene in Konzentra- tionen von wenigen Nanogramm pro Liter aktiv sind, kann auch eine um- schriebene Infektion mit einem pro- duzierenden Erreger zu massiver Sti- mulation des Immunsystems führen.

Dies ist zum Beispiel beim TSS der Fall: das an HLA-DR-Moleküle der Monozyten gebundene TSST-1 sti- muliert T-Lymphozyten, Interleu-

kin

-

2 und Interferon

-

y freizusetzen.

Diese Lymphokine bewirken eine massive Freisetzung von Mediatoren wie Tumornekrosefaktor-a und In- terleukin-1 aus Monozyten. Diese Dt. Ärztebl. 88, Heft 42, 17. Oktober 1991 (53) A-3517

(2)

Mediatoren sind hauptsächlich für die Symptomatik bei TSS verant- wortlich, das also als eine Folge der T-Zellstimulation betrachtet werden kann Ähnliche schockartige Sym- ptome können auch durch Enteroto- xine oder durch erythrogene Toxine (beim sogenannten toxischen Schar- lach) hervorgerufen werden. Daß Stimulation des T-Zellsystems zum Schock führen kann, ist durch die immunsuppressive Therapie mit dem T-zellstimulierenden monoklonalen Antikörper OKT3 bekannt: bei der Erstgabe des Antikörpers werden häufig schockartige Symptome beob- achtet.

Bei Applikation eines Superan- tigens in vivo folgt auf eine initiale Stimulation von T-Lymphozyten eine Immunsuppression. Sie resultiert aus einer noch nicht ganz verstandenen Abschaltung, einer sogenannten An- ergie, derjenigen T-Zellen, die mit einem Superantigen mit hoher Affi- nität reagieren. Die abgeschalteten

T-Zellen sind noch vorhanden, rea- gieren aber nicht mehr auf Antigen oder andere Stimuli.

Die Immunsuppression ist ver- mutlich für die verschiedenen Patho- gene, die Superantigene produzie- ren, von Vorteil. Daher scheinen die verschiedenen Superantigene auch in der Evolution an das Immunsy- stem des jeweiligen Wirtes adaptiert worden zu sein. Die von verschiede- nen Stämmen des Maus-Mammary- Tumorvirus kodierten Superantigene der Maus zeigen keine Homologien zu den Toxinen der grampositiven Kokken, sie sind anscheinend unab- hängig entstanden. Einige dieser re- troviralen Superantigene liegen in die Keimbahn bestimmter Maus- stämme integriert vor, sie führen hier zur Elimination der reaktiven T- Zellen im Thymus.

Ob es ähnliche „endogene Su- perantigene" beim Menschen gibt oder Superantigene, die von anderen Pathogenen des Menschen produ-

ziert werden, ist bisher unklar. Soll- ten bei Erkrankungen des Menschen Vermehrungen von T-Zellen mit be- stimmten Vß-Teilen des T-Zellrezep- tors gefunden werden, muß an die Beteiligung von Superantigenen ge- dacht werden. Eine Anwendung der Superantigene zur gezielten selekti- ven Induktion von Anergie als im- munsuppressiver Maßnahme ist zur Zeit noch nicht in Sicht. Bei der ra- santen Entwicklung auf diesem For- schungsgebiet sind neue Erkenntnis- se über eine mögliche Relevanz für die Klinik jedoch zu erwarten.

Weiterführende Literatur in:

Fleischer, B.: Immun Infekt. 19 (1991) 8-11

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Bernhard Fleischer 1. Medizinische Klinik

der Johannes Gutenberg-Universität Obere Zahlbacher Straße 63

W-6500 Mainz

Sensibilität gegen Triazolam bei älteren Patienten

Ältere Patienten reagieren an- scheinend häufig empfindlich auf Wirkungen vieler Arzneimittel, die das zentrale Nervensystem dämpfen.

Die Autoren untersuchten bei älte- ren Patienten den Einfluß des Alters auf Pharmakokinetik und Pharmako- dynamik des Benzodiazepin-Hypno- tikums Triazolam, des heute in den USA am häufigsten verschriebenen Hypnotikums.

26 gesunde Probanden (Durch- schnittsalter 30 Jahre) und 21 gesun- de ältere Probanden (Durchschnitts- alter 69 Jahre) nahmen an einer Vierweg-Crossover-Studie teil. Nach einem Einzelblind-Adaptationsver- such mit Plazebo erhielt jeder Pro- band nach Randomisierung oder im Doppelblindverfahren einmalige Plazebodosen sowie 0,125 mg und 0,25 mg Triazolam. 24 Stunden nach der Gabe von jeder der drei Unter- suchungsmedikationen wurden die

Plasma-Triazolamspiegel bestimmt und psychomotorische Leistung, Er- innerungsvermögen und Sedierungs- grad bewertet.

Die Plasma-Triazolamspiegel nahmen proportional zur Dosis zu, ältere Patienten hatten jedoch auf Grund der verminderten Arzneimit- telclearance höhere Plasmakonzen- trationen. Der durch einen Beobach- ter ermittelte Sedierungsgrad und die Leistungsminderung der Proban- den beim Zahlensymbol-Austausch- test waren bei gleicher Dosierung bei den älteren Probanden größer als bei den jüngeren.

Das Verhältnis der Plasma-Tri- azolamspiegel zum Grad der Beein- trächtigung war bei beiden Gruppen ähnlich. Ein Teil der Studie bestand aus der Präsentation einer Informa- tion eineinhalb Stunden nach Ein- nahme der Arzneimittel; die Fähig- keit der Probanden, sich 24 Stunden später an die Information zu erin- nern, wurde durch die beiden Tri- azolamgaben gemindert, und der prozentuale Erinnerungsverlust war bei den Jüngeren ähnlich wie bei den Älteren.

FÜR SIE REFERIERT

Triazolam bewirkte bei gleicher Dosierung einen größeren Beruhi- gungsgrad sowie eine größere Beein- trächtigung der psychomotorischen Leistung bei gesunden älteren Pro- banden als bei jungen Probanden.

Diese Wirkungen resultierten eher aus einer reduzierten Clearance und höheren Plasmaspiegeln des Triazo- lam als aus einer erhöhten konstitu- tionellen Sensitivität gegenüber dem Arzneimittel.

Auf der Basis dieser Ergebnisse sind die Autoren der Ansicht, daß die Triazolamdosis bei älteren Pa- tienten um durchschnittlich 50 Pro- zent reduziert werden sollte. jhn

Greenblatt, D. J. et al.: Sensitivity to Tri- azolam in the Elderly. N. Engl. Journ.

Med. 324 (1991) 1691-1698.

Dr. Greenblatt, Division of Clinical Phar- macology, Box 1007, Tufts — New England Medical Center, 171 Harrison Ave., Bo- ston, MA 02111, USA.

A-3518 (54) Dt. Ärztebl. 88, Heft 42, 17. Oktober 1991

Referenzen

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