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Archiv "Kongreß des Deutschen Ärztinnenbundes: Mädchen brauchen eine andere Medizin" (13.10.1995)

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Foto: Aktion Sorgenkind/Archiv POLITIK

Welchen Zweck verfolgt die ZI-Kurzfassung?

Das Zentralinstitut für die kas- senärztliche Versorgung (ZI), Köln, hat in Zusammenarbeit mit den ärztlichen Berufsverbänden für einen Großteil der Arztgruppen eine Auswahl derjeni- gen Diagnosen aus allen Kapiteln vor- genommen, die voraussichtlich das überwiegende Diagnosenspektrum in der jeweiligen Fachgruppe abdecken.*) Diese in der Wissenschaftlichen Schrif- tenreihe des Zentralinstituts publizier- ten Fachgruppenlisten liegen für fol- gende Fachbereiche vor:

Allgemeinmedizin

—Anästhesiologie

—Augenheilkunde

— Chirurgie Dermatologie Frauenheilkunde

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Innere Medizin

—Kinderheilkunde

—Pneumologie

—Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie Nervenheilkunde

Orthopädie

Radiologie und Strahlenmedizin

—Strahlentherapie Urologie

—Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie.

Die Kurzfassung des Zentralinsti- tuts dient als Einstieg in die Klassifika- tion und Codierung für die tägliche Arbeit in der Arztpraxis. Die Kurzfas- sung wird jedem Vertragsarzt über die Kassenärztliche Vereinigung zuge- stellt. Wenn es um die exakte Einord- nung eines Diagnosebegriffes unter Berücksichtigung der nur in der offizi- ellen Buchfassung enthaltenen Ein- schlüsse, Ausschlüsse, Hinweise, An- merkungen, erklärenden Texte und Synonyma geht, ist ein Blick in die of- fizielle Buchfassung unverzichtbar.

Dr. rer. pol. Gerhard Brenner, Geschäftsführer,

Zentralinstitut, Köln

*) Gerhard Brenner, Bernd Graubner, Hans-Ulrich Nowak: Diagnosen-Verschlüsselung in der Arztpra- xis. Fachgruppenbezogene Diagnosenkataloge auf der Grundlage des ICD-10. Wissenschaftliche Reihe des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versor- gung in der Bundesrepublik Deutschland, Band 52, 511 Seiten, Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln 1995, kurt., 38 DM

AKTUELL

E

s ist schlimm, was in unserem reichen Land mit Kindern und Jugendlichen geschieht", be- klagte Dr. med. Ute Otten, Prä- sidentin des Deutschen Ärztinnenbun- des, zum Auftakt des XXIV. Wissen- schaftlichen Kongresses ihres Verban- des die derzeitige

Situation von Kin- dern und Jugendli- chen. Die medizi- nische Versorgung könne nicht iso- liert von gesell- schaftlichen Pro- blemen wie Dro- gen- und Me- dikamentenmiß- brauch, wachsen- der Kinderarmut, Obdachlosigkeit, sexuellem Miß- brauch, zuneh-

menden Verhaltensstörungen sowie einer steigenden Kinder- und Jugend- kriminalität betrachtet werden. Der Kongreß habe das Ziel, krankmachen- de Faktoren zu verdeutlichen, die un- terschiedlichen Lebensbedingungen für Jungen und Mädchen aufzuzeigen und Lösungsansätze aus der Sicht von Ärztinnen darzustellen.

Der kleine Unterschied

Mädchen leiden häufiger unter körperlichen und psychosomatischen Beschwerden und beurteilen ihren Gesundheitszustand schlechter als Jungen. Zu diesem Ergebnis kam Dr.

phil. Petra Kolip von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Uni-

versität Bielefeld in ihrem Vortrag

„Geschlechtsunterschiede im subjek- tiven Gesundheitszustand 12- bis 16jähriger Jugendlicher".

Eine repräsentative Befragung von 2 400 Jugendlichen im Alter zwi- schen 12 und 16 Jahren aus den alten

und den neuen Bundesländern ergab, daß sich Jungen und Mädchen in ihrem Risikoverhalten, beispiels- weise im Umgang mit Drogen oder Alkohol, kaum noch unterscheiden.

Jedoch waren rund 60 Prozent der Mädchen und nur 40 Prozent der Jungen unzufrieden mit ihrem Körper.

Für die Mädchen stelle der Be- ginn der Menstruation eine zusätzliche Belastung dar. Abgesehen von körper- lichen Beschwerden, sei es für sie häu- fig schwierig, die Menstruation als Zeichen von Gesundheit und Weib- lichkeit anzunehmen. Kolip zieht in ih- rer Studie den Schluß, daß die unter- schiedlichen Sozialisationserfahrun- gen von Jungen und Mädchen auch in der medizinischen Betreuung stärker berücksichtigt werden müssen.

(ongre3 des Deutschen Ärztinnenbunc es

Mädchen brauchen eine andere Medizin

Mit Risikosituationen in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beschäftigte sich der XXIV. Wissenschaftliche Kongreß des Deutschen Ärztinnenbundes vom 22. bis 24. September in Potsdam. Rund 260 Ärztinnen diskutierten in zahlreichen Vorträgen und Workshops über die physische und psychische Gesundheit von Kindern. Ganzheitliche therapeutische Ansätze und die spezifische Situation von Mädchen und Frauen fanden dabei besondere Beachtung.

A-2710 (24) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 41,13. Oktober 1995

(2)

POLITIK

Daß die Sozialisationserfahrun- gen von Mädchen den Umgang der er- wachsenen Frauen mit ihrer Gesund- heit bestimmen, war auch Aus- gangsthese des Workshops „Sozialisa- tion von Frauen und Mädchen" unter der Leitung von Dr. Ulrike Ma- schewsky-Schneider vom Bremer In- stitut für Präventionsforschung und Sozialmedizin. Erfahrungen aus der ärztlichen Praxis der Teilnehmerinnen zeigten, daß Mädchen und junge Frau- en häufig über ähnliche Gesundheits- störungen klagen. Dazu zählen vor allem die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Eßstörungen sowie diffuse Befindlichkeitsstörungen, die oft ohne klinischen Befund blieben.

Häufig lägen nicht-medizinische Ur- sachen den Beschwerden zugrunde, beispielsweise ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper, Modezwang und mangelndes Selbstwertgefühl.

Diese besondere Situation junger Frauen und Mädchen stelle veränder- te Anforderungen an ihre ärztliche Betreuung. Die Teilnehmerinnen for- derten deshalb, daß psychosomati- sche und psychosoziale Therapie- ansätze in die medizinische Grund- versorgung einbezogen werden und kein medizinisches Spezialgebiet sein sollten. Bei vielen jungen Patientin- nen komme es vor allem darauf an, ih- re Eigenverantwortung und ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Dies sei eine notwendige Voraussetzung für positives Gesundheitshandeln.

In diesem Zusammenhang for- derte der Deutsche Ärztinnenbund das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Techno- logie auf, bei zukünftigen Fördermaß- nahmen der Frauengesundheitsfor- schung Priorität einzuräumen.

Eßstörungen und Schlankheitswahn

Vorwiegend Mädchen und junge Frauen sind von Eßstörungen wie Magersucht und Bulimia nervosa be- troffen. Prof. Dr. Cornelia Thiels von der Sozialmedizinischen Fachhoch- schule Bielefeld ging in ihrem Vortrag davon aus, daß vor allem in hochindu- strialisierten Ländern die extreme Angst, dick zu werden, oder der inten- sive Wunsch abzunehmen im Mittel-

AKTUELL

punkt der Psychopathologie stehen.

Zusätzlich trügen genetische, persön- liche und familiäre Faktoren sowie belastende Lebensereignisse zur Ent- wicklung einer Eßstörung bei. Sexuel- ler Mißbrauch sei hingegen kein spe- zifischer Grund für Magersucht.

Eine Therapie von Magersucht und Bulimia nervosa ist laut Thiels am erfolgreichsten, je früher sie einsetzt.

Sie plädierte deshalb dafür, auch Leh- rerinnen und Lehrer stärker in die Früherkennung und Therapie einzu- binden. Außerdem sei es durchaus sinnvoll, Diätassistentinnen an der Be- handlung zu beteiligen. Rund 50 Pro- zent der Magersüchtigen könnten er- folgreich behandelt werden, 5 Prozent der Patientinnen sterben jedoch an ih- rer Eßstörung. Bei der Bulimia nervo- sa, die häufig wellenförmig verlaufe, sei die Prognose weniger bekannt

Mißbrauchte Kinder

Zwischen 80 und 95 Prozent der Opfer sexuellen Mißbrauchs im Kin- desalter sind weiblichen Geschlechts.

Dr. med. Sigrid Gurr von der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Charit6 berich- tete aus ihrer Kindergynäkologischen Sprechstunde zum Thema „Ist chro- nisch-sexueller Mißbrauch durch eine gynäkologische Untersuchung beweis- bar?". Ihrer Erfahrung nach weisen rund 79 Prozent der Mädchen keine gynäkologischen Befunde auf, selbst wenn sie jahrelang mißbraucht worden waren. Deshalb ist es nach Ansicht von Gurr unbedingt erforderlich, beim Verdacht sexuellen Mißbrauchs inter- disziplinär vorzugehen. Ein multidiszi- plinäres Betreuungskonzept müsse die sachkundige gynäkologische Unter- suchung ebenso umfassen wie die ge- naue Anamnese und Wertung der Aussagen der Kinder. Eine isolierte somatische oder spezielle gynäkolo- gische Untersuchung allein sei nicht geeignet, die Diagnose zu sichern oder zu widerlegen.

Zu früh geboren

Unter dem Titel „Frühgeburt — ein Risiko?" stellte Dr. Marina Mar- covich, Wien, ihr Behandlungskon-

zept Frühgeborener vor. Sie kritisier- te vor allem die aus ihrer Sicht medi- zin-technisch aggressive Entwicklung in der Neonatologie der letzten Jahre.

Sie selbst lehnt es ab, die Kinder von vornherein invasiven und schmerz- haften Prozeduren auszusetzen. Ein großer Teil von ihnen sei in der Lage, eigenständig zu atmen, vitale Funk- tionen selbst aufzunehmen und zu er- halten. Man habe in ihrer Klinik die intensivmedizinische Komponente wesentlich vermindert. Dafür betrage der Anteil der Pflege mittlerweile rund 80 Prozent. Ein weiteres Ziel sei es, die Eltern wesentlich stärker in die Pflege ihrer Kinder einzubinden und ihnen — wenn möglich — die Normal- tätigkeiten wie Baden, Wickeln, Füt- tern zu überlassen. Das unterstütze die Entwicklung einer intakten El- tern-Kind-Beziehung.

Marcovichs Philosophie im Um- gang mit den Frühgeborenen lautet:

„Wir lassen die Kinder sein, indem wir ihre Persönlichkeit und ihre Be- dürfnisse respektieren und uns bemühen, daß wir uns nach ihnen richten und nicht umgekehrt."

Außenseiter

Mit den „Medizinisch-psychoso- zialen Problemen ausländischer Kin- der" beschäftigte sich schließlich der Vortrag von Dr. Jutta Kaestner, Kin- der- und Jugendpsychiatrische Klinik Rheinhöhe. Sie betonte, daß bei der Behandlung ausländischer Kinder das wichtigste Instrument in der Psychia- trie, die Sprache, kaum einsetzbar ist.

Anamnese, Diagnostik und sprachge- bundene Psychotherapie seien durch die Sprachbarriere wesentlich einge- schränkt. Oft mangele es den behan- delnden Ärzten und Therapeuten auch an Wissen über den soziokulturellen Hintergrund, die Wertvorstellungen und die Religion der betreffenden Kin- der. Fehldeutungen seien deshalb je- derzeit möglich. Aus diesem Grund sei es häufig nötig, auf sach- und sprach- kundige Institutionen zurückzugreifen.

Der Ärztinnenbund ging mit seiner of- fiziellen Forderung, Kinder von Asyl- bewerbern und Flüchtlingen in der medizinischen Versorgung mit deut- schen Kindern gleichzustellen, auf die- ses Thema ein. Heike Korzilius A-2712 (26) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 41, 13. Oktober 1995

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