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Archiv "Bert Uwe Drechsel: Qualitätsberichte als Marketing-Instrument" (23.09.2005)

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E

in Krankenhaus ist kein Auto. Den- noch gibt es erstaunliche Parallelen zwischen dem japanischen Autobau- er Toyota und dem deutschen Privatkli- nikkonzern Helios: Beide Unternehmen sehen sich auf dem deutschen Markt seit jeher erheblichen Vorurteilen ihren Pro- dukten und Leistungen gegenüber aus- gesetzt – und begegnen diesen, indem sie sich konsequent auf die Qualität ihres Angebots konzentrieren. Toyotas Zulas- sungszahlen auf dem deutschen Markt sind in den letzten Jahren gegen den Trend gestiegen; vor allem wohl auch deshalb, weil die Modelle in der ADAC- Pannenstatistik häufig als Sieger hervor- gehen. Helios strebt ähnliche Erfolge an, und sieht sich auf dem „Weg zur Qua- litätsführerschaft“, wie Bert Uwe Drech- sel im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt unterstreicht.

Was für die Kraftfahrzeughersteller die Pannenstatistik ist, sollen für die Krankenhäuser – so zumindest die In- tention des Gesetzgebers – die Qua- litätsberichte werden. Ziel ist es, die Be- handlungsergebnisse in den Kliniken transparent und somit vergleichbar zu machen. Zum 31. August 2005 mussten die Berichte erstmals veröffentlicht wer- den (für das Jahr 2004). Dabei gehen die von Helios bereitgestellten Informatio- nen über das gesetzlich geforderte Maß hinaus. Insbesondere enthalten die Ver- öffentlichungen auch diagnosebezogene Sterblichkeitsraten in den einzelnen

Einrichtungen. „Wir wollen den Qua- litätswettbewerb zwischen den Kliniken voranbringen“, erklärt Drechsel, der die Berichte als Marketing-Instrument be- greift. Das fällt leicht, wenn die Zahlen positiv sind: So ist die Gesamtsterblich- keit in den 24 Helios-Kliniken nach Konzernangaben 18 Prozent niedriger als in deutschen Vergleichskrankenhäusern.

Allerdings sind die angegebenen Sterb- lichkeitsraten nicht unumstritten.

Die gute Behandlungsqualität sei auch das Ergebnis eines internen Wett- bewerbs, betont Drechsel. Stichwort:

Benchmarking. Neben den kontinuier- lich verfügbaren Statistiken auf der Ba- sis von DRGs, ICD- oder OPS-Kodie-

rungen messen die Helios-Kliniken der- zeit regelmäßig weitere 440 Kennzah- len, die zur Beurteilung der Ergebnis- qualität oder zum Teil auch der Mengen- entwicklung in medizinisch kritischen Bereichen dienen. Diese Daten werden monatlich in Form von Excel-Tabellen an alle Chefärzte,Verwaltungsleiter und Geschäftsführer des Konzerns versandt.

Die Transparenz sporne an, meint der Geschäftsführer und Gesellschafter des gemessen am Umsatz zweitgrößten deutschen Privatklinikkonzerns nach der Rhön-Klinikum AG, Bad Neustadt/

Saale (wirtschaftliche Kennzahlen: siehe Textkasten).

Bestimmte Krankheiten oder Verfah- ren, bei denen Verbesserungen für be- sonders wichtig gehalten werden, stehen im Fokus des internen Leistungsver- gleichs. Aus den Kennzahlen für diese Bereiche werden auch die medizini- schen Unternehmensziele abgeleitet.

Ausschlagebend sei, dass diese zentra- len Daten eine über die eigentliche Kennzahl hinausgehende Beurteilung eines Bereichs erlaubten, sagt Drechsel.

So werde beispielsweise in der Mehr- zahl der Fälle ein hoher Anteil laparo- skopisch durchgeführter Gallenopera- tionen auch ein Hinweis auf die Verbrei- tung endoskopischer Verfahren in einer chirurgischen Abteilung sein. Die so de- finierten Konzernziele beziehen sich auf zehn Krankheitsbilder mit 22 Kennzah- len. Angestrebt wird vor allem, den An- teil der Todesfälle besonders in diesen Bereichen zu reduzieren, schonendere Behandlungsverfahren zu etablieren und die Klinikaufenthalte zu verkürzen.

Die Verkürzung der Verweildauer als Indiz für eine bessere medizinische Ver- sorgung? Geht dies nicht zulasten ärztli- cher Fürsorge den Patienten gegen- über? Ist die Kennzahl Verweildauer im P O L I T I K

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A2522 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 38⏐⏐23. September 2005

Bert Uwe Drechsel

Qualitätsberichte als Marketing-Instrument

Der Helios-Geschäftsführer über Qualitätswettbewerb auf dem Krankenhausmarkt und interne Leistungsvergleiche

Der Akutklinikmarkt 2005

Öffentliche Kliniken 59 %, 37,7 Mrd. AA

Freigemeinnützige 17 %, 11,0 Mrd. AA Private

6,4 Mrd. AA10 %

Universitätskliniken 14 %, 9,0 Mrd. AA

HELIOS 18 % 1,2 Mrd.A

davon

Der Akutklinikmarkt umfasst 64 Milliarden Euro und stellt mit 1,1 Millionen Beschäf- tigten einen zentralen Wirtschaftsfaktor in Deutschland dar.

Quelle:Hochrechnung der HELIOS Kliniken GmbH

Bert Uwe Drechsel (49) ist Geschäftsführer der Helios-Kliniken GmbH, Fulda, und dort zustän- dig für Akquisitionen und Marketing.

G espräch das

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Zeitalter der Fallpauschalen nicht ei- gentlich eine wirtschaftliche Größe?

„Nein“, antwortet der diplomierte Be- triebswirt auf diese Fragen der DÄ-Re- daktion und liefert die ökonomische Be- gründung: „Bei knappen Kassen ist es unsere Pflicht, die Ressourcen möglichst sinnvoll zu verwenden.“ Alles andere sei unethisch. Denn dann fehle das Geld an anderer Stelle.

Teamwork als Kulturrevolution

Zurück zu den internen Qualitätskenn- zahlen des Unternehmens: Diese wer- den von Fachgruppen analysiert, kritisch hinterfragt und miteinander verglichen.

Die Gremien verbinden gleiche Fachab- teilungen verschiedener Kliniken mit- einander. Jede Fachgruppe setzt sich aus den leitenden Ärzten eines Fachgebiets aller Kliniken zusammen. Die Mitglie- der einer Fachgruppe treffen sich zwei- mal jährlich und sollen auch sonst regel- mäßig miteinander kommunizieren, um sich fachlich auszutauschen. „Bei uns ist der Chefarzt nicht mehr der Allein- herrscher in seinem Fachgebiet“, sagt Drechsel. Die vorgegebene Umstellung zu Teamworkern falle den meisten aller- dings sehr schwer: „Für viele Chefärzte ist das wie eine Kulturrevolution.“ Die Angst, im internen Benchmarking schlecht abzuschneiden und so den eige- nen Ruf zu beschädigen und sich vor den Fachkollegen rechtfertigen zu müs- sen, führe anfangs häufig zu einer Blockadehaltung der leitenden Ärzte.

Drechsel: „Dies geschieht auch aus rei- ner Unsicherheit heraus.“ Nach einiger Zeit im Konzern wüssten die meisten Mediziner den kollegialen Austausch jedoch sehr zu schätzen.

Manchmal ist die Sorge eines Chef- arztes vor mehr Transparenz nicht unbe-

gründet. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Sterblichkeitsrate in sei- ner Abteilung signifikant höher liegt als in anderen Fachabteilungen des Kon- zerns oder auch bei „Verweildaueraus- reißern“. Für solche Fälle gebe es das Peer-Review-Verfahren, erläutert der Geschäftsführer: „Bei Zweifelsfällen und Auffälligkeiten, mitunter auch mal ohne konkreten Anlass, gehen zwei, manchmal drei leitende Ärzte anderer Helios-Kliniken die Patientenakten des betroffenen Chefarztes durch.“ Offen- sichtliche Fehler oder unbefriedigende Behandlungsabläufe werden herausge- arbeitet und Veränderungsprozesse in- itiiert. Basis für das Peer-Review-Ver-

fahren ist, dass das Vorgehen als kol- legialer Lernprozess begriffen wird.

Drechsel: „Ohne Vertrauen können Sie das ganze Verfahren vergessen.“ Nach anfänglichen Vorbehalten sei die Ak- zeptanz der Ärzte für diese Form der

„Hilfe zur Selbsthilfe“ in der Regel sehr groß, erklärt Dr. med. Michael Liebe- trau, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Innere Medizin der Helios-Klinik Blan- kenhain, zumal keine unmittelbaren Sanktionen zu befürchten seien.

An dieser Stelle lohnt ein Blick in Helios’ Medizinischen Jahresbericht 2004. Als zentrale Probleme bezie- hungsweise Ansatzpunkte für Qualitäts- verbesserungen, die über das Peer-Re- view-Verfahren ermittelt wurden, wer- den dort genannt:

>unzureichende interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Zusam- menarbeit,

>das Fehlen konsequent und zeitnah verfolgter Arbeitsdiagnosen,

> die mangelnde Einhaltung von Leitlinien und Standards, die unvoll- ständige Dokumentation und

>die unzulängliche Organisation und Stringenz des Behandlungsprozesses.

„Transparenz schafft Sicherheit“, er- läutert Drechsel, warum Helios sich dafür entschieden hat, ein umfangreiches Qualitätsmanagement zu betreiben. Nur so könnten die Vorbehalte in der Bevöl- kerung, aber auch aufseiten der Pflege- kräfte und Ärzte gegen private Klinik- ketten entkräftet werden. „Ein Kranken- haus kann nicht gegen den Willen der Mitarbeiter geführt werden“, betont Drechsel. Und noch etwas liegt dem Ge- schäftsführer am Herzen: „Ohne die Pri- vaten würde es einige Krankenhäuser gar nicht mehr geben.“ So habe Helios 2001 das defizitäre Klinikum Berlin- Buch übernommen – „inklusive demoti- vierten Personals, maroder Gebäude, vieler Schulden und jährlicher Verlu- ste“. Heute sei die Zukunft des Maximal- versorgers gesichert. Zwar habe man Stellen abgebaut, für mehr als 2 000 Men- schen bedeutete der Kauf aber die Siche- rung ihres Arbeitsplatzes. Jens Flintrop P O L I T I K

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A2524 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 38⏐⏐23. September 2005

Der Konzern

Die Helios-Kliniken GmbH, Fulda, ist mit ei- nem Umsatz in Höhe von 1,2 Milliarden Eu- ro einer der großen privaten Träger von Akutkliniken. Derzeit gehören zum Konzern 24 Kliniken, darunter vier Krankenhäuser der Maximalversorgung in Erfurt, Berlin-

Buch, Wuppertal und Schwerin. Zurzeit be- schäftigt das Unternehmen 18 000 Mitar- beiter bei einer Gesamtkapazität von 9 400 Betten. In diesem Jahr wird der Konzern erstmals die 1-Million-Patienten-Marke über- schreiten. Davon werden etwa 330 000 sta- tionär behandelt worden sein und rund

700 000 ambulant. JF

Drechsel auf der Helios-Baustelle in Berlin-Buch. Dort entsteht für 200 Millionen Euro der größte privat finan- zierte Krankenhaus- neubau Europas.

Fotos:Jens Flintrop

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