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Archiv "Honorierungssystem der Kassenärzte als Steuerungsinstrument: Diskussion über ein heuristisches Entscheidungsmodell" (28.10.1983)

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Aufsätze • Notizen

Heft 43 vom 28. Oktober 1983

Honorierungssystem der Kassenärzte

als Steuerungsinstrument

Diskussion über ein heuristisches Entscheidungsmodell

Die Weiterentwicklung des Systems der kassenärzt- lichen Versorgung durch Vermeidung von Gewinn- aufschlägen bei ärztlichen Leistungen wird in einer Schrift „Heuristische Ent- scheidungsmodelle in der kassenärztlichen Versor- gung"*) beschrieben. Die Publikation ist das Ergebnis eines Forschungsauftrages der Stiftung Volkswagen- werk. Aus dem Titel dieser Arbeit geht allerdings nicht hervor, daß allein das Hono- rierungssystem der kassen- ärztlichen Versorgung un- tersucht worden ist.

Lothar Feige

Ausgangspunkt der Überlegun- gen der Autoren, Männer, Hart- mann und Hofmann ist, daß die Gestaltung des Honorierungssy- stems der kassenärztlichen Ver- sorgung letztendlich über Zweck- mäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Versorgung entscheide. Sie gehen weiter davon aus, daß das derzeitige Honorierungssystem nicht zieladäquat gestaltet sei.

Und sie streben eine Verbesse- rung dieses Systems mit Hilfe des von ihnen vorgestellten rekursi- ven heuristischen Entscheidungs-

modell an.

In ihren Ausgangsüberlegungen unterstellen sie eine „notwendige Fehlentwicklung" der ambulanten ärztlichen Versorgung aufgrund der in den Honoraren enthaltenen Gewinnaufschläge. Ziel ist also, ärztliche Leistung entsprechend den Minimalkosten zu honorieren.

Neben den Gewinnaufschlägen wählen die Autoren als Indikato- ren der „Fehlentwicklung" die ab- soluten Arzteinkommen als auch die Einkommensunterschiede bei den unterschiedlichen Gebiets- arztgruppen.

In ihren Überlegungen sehen die Autoren von einem vollständigen Ersatz des gegenwärtigen Hono- rierungssystems allerdings ab. Ih- nen ist es nicht möglich, eine bes- ser geeignete Alternative anzu- bieten. Auch in einer völlig dem Marktmechanismus überlassenen

ärztlichen Versorgung sehen sie keinen Vorteil, zumal der Markt- mechanismus nach ihrer Ansicht den Nachteil mit sich bringt, daß eine chancengleiche Versorgung grundsätzlich nicht möglich ist.

Ihnen geht es also darum, den Grundmechanismus der Einzellei- stungsvergütung mit Plafondie- rung des Gesamthonorars in ih- rem Sinne steuerungsadäquat weiterzuentwickeln. Innerhalb dieser Reform denken die Auto- ren auch daran, die Zahl der ein- zelnen Gebührenpositionen ein- zuschränken, wenn möglich, Lei- stungskomplexgebühren zu ent- wickeln.

Der Prozeß zum Erreichen einer in ihrem Sinne geeigneten Hono- rierungsform soll nach Ansicht der Autoren in drei Teilschritten vollzogen werden; dies auch dar- um, da die Beschaffung der not- wendigen Informationen unter- schiedlich lange dauert. Innerhalb dieser Schritte wird das jeweils bestehende Honorierungssystem fortgeschrieben. Anhand der Indi- katoren durchschnittliches Arzt- einkommen, Einkommensdiver- genzen zwischen den Gebiets- arztgruppen und Gewinnaufschlä- ge sollen dann jeweils Variationen im Honorierungssystem herbeige- führt werden.

*) von L. Männer, B. Hartmann und Hof- mann, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983.

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Honorierungssystem der Kassenärzte

In einer kurzfristigen Fortschrei- bung mit dem Ziel einer verbes- serten ambulanten Versorgung sollen sowohl die Bruttoarztein- kommen als auch die Einkom- mensdivergenzen zwischen Ge- bietsarztgruppen beeinflußt wer- den. Als Indikatoren für diese Ent- wicklung dienen die durchschnitt- lichen Bruttoarzteinkommen und die volkswirtschaftlichen Rah- menbedingungen. Informationen hierüber lassen sich kurzfristig er- arbeiten.

In einem zweiten Schritt, der mit- telfristigen Fortschreibung, sollen Einkommensunterschiede zwi- schen den einzelnen Gebietsarzt- gruppen, die nicht auf quantitati- ven oder qualitativen Unterschie- den beruhen, beseitigt werden.

Die notwendigen Informationen über Kosten und Umsätze er- scheinen den Autoren nur mittel- fristig erkennbar zu sein.

In einem dritten Schritt, in der langfristigen Fortschreibung, sol- len Gewinnaufschläge auf medizi- nische Leistungen minimiert, letztendlich vermieden werden.

Grundlage zur Korrektur der kurz- und mittelfristigen Steuerung ist hier die Information über minima- le „Stückkosten" der einzelnen Leistungen. Hier ist nach Ansicht der Autoren eine ständige Anpas- sung an die Entwicklung der Me- dizintechnik, aber auch an alle an- deren volkswirtschaftlichen Rah- menbedingungen zu gewährlei- sten — ein Prozeß, der sehr viel Zeit erfordert.

Ein solches Modell benötigt klare Zielvorgaben. Die Autoren legen dazu normativ Durchschnittsein- kommen und angemessene Ge- bietsarztgruppen-Einkommens- unterschiede fest. Die notwendi- gen Anhaltspunkte werden aus einschlägigen Einkommensstati- stiken entnommen. Als normative Einkommen werden Einkommen der A-16-Laufbahnbeamten oder die Einkommen der unterschied- lichen B-Besoldungsstufen ge- wählt.

Ein Modell auf unsicherer Basis Betrachtet man das vorgelegte Modell, so ist nicht zu verkennen, daß die Autoren ein in sich ge- schlossenes und konsequentes Modell zur Reform des Honorie- rungssystems der kassenärzt- lichen Versorgung vorgelegt ha- ben. Allerdings — und hier liegt wohl der entscheidende Mangel — beruht das gesamte Modell auf ei- ner Fülle von Prämissen, die man nicht akzeptieren kann. Geht man aber von falschen Voraussetzun- gen aus, so werden unrealistische Ergebnisse erzielt, obwohl das theoretische Modell folgerichtig entwickelt wird — ein konsequen- tes Sandkastenspiel.

Wenn man den Autoren in ihren globalen Aussagen, daß das Sy- stem der kassenärztlichen Versor- gung ineffizient sei, daß Ärzte aus- schließlich an der Gewinnmaxi- mierung orientiert seien und daß die Entscheidung über die Inan- spruchnahme medizinischer Lei- stungen allein beim Arzt liege, folgt, so wäre auch das Ergebnis zu akzeptieren. Dies aber ist bei Betrachtung der Realität nicht möglich.

Sicherlich ist es notwendig, wenn man ein Entscheidungsmodell entwickeln will, eine entsprechen- de Basis zu schaffen. Wenn aller- dings diese Basis ein zu wirklich- keitsfremdes Konstrukt ist, so läuft man Gefahr, daß das gesam- te Modell bei der ersten Konfron- tation mit der Realität zusammen- bricht.

Nachfrageverhalten wird vernachlässigt

Das von Männer u. a. vorgestellte Modell ist in all seinen Teilen auf das Verhalten der „Anbieter" ärzt- licher Leistungen abgestellt. Ein Versagen der Nachfrage nach ärztlichen Leistungen wird voll- kommen außer acht gelassen.

Wenn man allerdings hier nur an die weite Diskussion um die Com- pliance, die Rationalitätenfalle im

Verhalten von Versicherten oder an die Diskussion um den Begriff

„moral hazard" denkt, so dürfte von vornherein klar sein, daß er- hebliche Ineffizienzen im Bereich der Nachfrage zu finden sind.

Aber auch die Aussage, daß der Arzt allein den Konsum medizini- scher Leistungen festlegt, dürfte zumindest in Frage zu stellen sein. Erst vor kurzem hat eine wis- senschaftliche Arbeit zum Thema der angebotsinduzierten Nachfra- ge gezeigt, daß ebenfalls Zeit- Preis-Effekte als auch eine vor- handene Überschußnachfrage zur Erklärung der Ausweitung der In- anspruchnahme medizinischer Leistungen hinzugezogen werden müssen. Ein weiterer Hinweis in diesem Bereich mag sein, daß mit dem Ansteigen der Arztzahlen keine entsprechende Ausweitung der Fallzahlen einhergeht, im Ge- genteil: in einigen Bereichen die- se sogar sinken.

Ärztliche Leistung

ist nicht standardisierbar

Die Autoren gehen in ihrer Arbeit auch davon aus, daß entspre- chend der von ihnen gewählten Einkommensfunktion die Ärzte ih- re Arbeitszeit ohne weiteres selbst bestimmen können. Dabei bleibt doch, ohne hier eine ent- sprechende Untersuchung heran- zuziehen, die Frage, ob die Ar- beitszeit des Arztes wirklich so ohne weiteres von ihm selbst fest- legbar ist. Zum einen ist jeder Arzt in einen entsprechenden institu- tionellen Rahmen eingebunden, zum anderen zeigt doch die so oft beklagte „Fünfminutenmedizin", daß der Faktor Zeit eben doch sehr knapp ist, und daß dies nicht allein auf die Regelung durch den Arzt zurückzuführen ist, sondern hier entsprechende Nachfrage von seiten der Versicherten fest- zustellen ist.

Einer grundsätzlichen Kritik muß auch die Annahme unterzogen werden, daß Ärzte, wie dies hier modelltheoretisch beschrieben wird, sich ausschließlich am Ge- 76 Heft 43 vom 28. Oktober 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Zusammensetzung:1 Manteldragee Chol- spasminase enthält: 100 mg Hymecromon INN, 200 mg Pankreatin 4 x NF XIII, 8000 E.

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• Chronische Verdauungsstörungen auf- grund von Fermentmangel und ungenügen- dem Gallefluß • Störung der Fettverdauung, Fett-Unverträglichkeit • Verdauungs- schwäche des Alters durch Fermentmangel und vermindertes Kauvermögen • Ver-

lichen und übermäßigen Mahlzeiten

• Exkretorische Pankreas-Insuffizienz als Folge von Gallenwegs-Erkrankungen und Dyskinesien • Postcholezystektomie- Syndrom, Cholezystopathien. Gegen- anzeigen: Bisher keine bekannt.

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Dosierung: 3 x täglich 1-2 Dragees zu den Mahlzeiten. Handelsformen und Preise (inkl. MwSt.): 20 Dragees N 1 DM 7,92, 50 Dragees N 2 DM 17,01, 100 Dragees N 3 DM 31,18; Anstaltspackung mit 500 Dragees. Stand: Juli 1983

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Honorierungssystem der Kassenärzte

winnmaximum orientieren. Von den Autoren wird bei allen be- schriebenen betriebswirtschaft- lichen Produktionsfunktionen ver- nachlässigt, daß es für die Erstel- lung medizinischer Leistungen auch andere als Einkommensan- reize gibt. Unter den Annahmen der Autoren, dies mag als grund- sätzlicher Hinweis zur Untauglich- keit der alleinigen Annahme der Gewinnmaximierung dienen, hät- te eine Versorgungsstruktur, wie sie derzeit von den Kassenärzten geboten wird, nicht zustande kommen können. Einkommens- unterschiede nämlich resultieren zum großen Teil daraus, daß Ärzte Aufgaben wahrnehmen, die eben nicht dem Ziel einer Gewinnmaxi- mierung entsprechen. Eine flä- chendeckende ärztliche Versor- gung wäre sicherlich nicht mög- lich, wenn allein Einkommenszie- le das Verhalten der Ärzte domi- nieren würden.

Hier wird auch die Untauglichkeit der von den Autoren gewählten Indikatoren deutlich. Es ist eben nicht so, daß die Zielstruktur aller Ärzte gleich ist. Hieraus resultie- ren dann auch Einkommensunter- schiede. Gerade die Festlegung normativer Einkommenshöhen und Einkommensdifferenzen wür- de zur Vereinheitlichung der Ziel- strukturen führen; andere als Ge- winnmaximierungsziele wären dann nicht mehr denkbar, da nur so das zugestandene Einkommen erreicht werden kann. Die Auto- ren verkennen auch völlig, daß Ärzte unter verschiedenen Bedin- gungen arbeiten, eine generelle Standardisierung ist undenkbar.

Ärzte und Patienten sind keine je- weils homogenen Massen.

An anderer Stelle berichtet Thie- meyer zum Problem der Len- kungsfunktion einer Gebühren- ordnung, daß ein Arbeitskreis der

„Gesellschaft für sozialen Fort- schritt" dieser Frage intensiv nachgegangen sei, allerdings nicht den Nachweis habe bringen können, daß Honorardifferenzen die Behandlung eines Arztes be- einflussen.

Hauser führt dazu an, daß ein neu- er Tarif innerhalb einer schweize- rischen Versicherung, der erheb- lich höhere Vergütungen für ein- zelne Leistungen vorsah, keines- wegs zu einer Ausweitung der ärztlichen Tätigkeit geführt habe.

Die beiden Aussagen entstammen einer Diskussion innerhalb eines Symposiums der Bosch-Stiftung, in dessen Verlauf das von den Au- toren entwickelte Modell der ärzt- lichen Honorierung durch Männer referiert worden war.

Industrieökonomik ist in der ärztlichen Versorgung nicht gefragt

Innerhalb der gesamten Betrach- tung um die Ineffizienz der ärzt-' lichen Leistungserbringung steht bei den Autoren im Vordergrund, daß diese aus der Tatsache von Gewinnaufschlägen auf die ein- zelnen ärztlichen Leistungen re- sultiert. Das gesamte Modell dient

letztendlich der Absicht, solche Gewinnaufschläge zu beseitigen.

Grundsätzlich muß aber dabei be- dacht werden, daß die Autoren bei all ihren Überlegungen Produk- tionsfunktionen zugrundelegen, die sie direkt der Industrieökono- mik entlehnen.

Eine solche Vorgehensweise er- scheint allerdings sehr fragwür- dig, da das gesamte Gebiet der kassenärztlichen Versorgung dem Dienstleistungssektor zuzurech- nen ist. Daß hier andere Gesetze bei der Erstellung von Leistungen herrschen, sollte den Autoren aus der Literatur hinreichend bekannt sein. Zum anderen bleibt das grundsätzliche Problem, daß man innerhalb der ärztlichen Versor- gung zwar den Input anhand von Preisen messen kann, allerdings nie weiß, in welcher Weise dieser Input zu meßbarem Erfolg geführt hat. Der Output des Systems näm- lich, z. B. das Lindern von Schmerzen oder das Heilen einer Krankheit, kann in keiner Weise ökonomischen Kriterien genü- gend quantitativ festgelegt wer- den.

Allein diese wenigen Überlegun- gen stellen das von den Autoren entwickelte Modell vom Grunde her in Frage. Darüber hinaus muß man anfügen, daß die von den Au- toren angestrebte Reduzierung der Preise für ärztliche Leistun- gen bis zu den minimalen Stück- kosten, also die vollkommene Vermeidung von Gewinnaufschlä- gen, nur dann möglich ist, wenn alle Ärzte unter gleichen Bedin- gungen arbeiten würden. Dies ist aber tatsächlich in keiner Weise gegeben, da z. B. Möglichkeiten zur Rationalisierung sehr unter- schiedlich sind, aber auch grund- sätzlich die Behandlungsweise der einzelnen Ärzte vollkommen unterschiedlich sein muß, da eine Behandlung immer nur im Zusam- menwirken von Arzt und Patient individuell möglich ist.

Es ist auch vollkommen ungeklärt, in welcher Weise die Autoren die persönlichen Leistungen des Arz- tes in ihre Berechnungen der mi- nimalen Stückkosten einbeziehen wollen. In weiten Zügen läßt sich sicherlich eine Reduzierung von Gewinnaufschlägen bei techni- schen Leistungen erreichen, wenn auch diese unter sehr unter- schiedlichen Gegebenheiten er- bracht werden. Bei persönlichen ärztlichen Leistungen erscheint dies allerdings vollkommen un- möglich. Gerade das Gespräch zwischen Arzt und Patient läßt kei- ne Standardisierung zu. Hier ist weder Input noch Output bewert- bar. In diesem Zusammenhang denke man nur an intensive ärzt- liche Gespräche oder an human- genetische Beratungen oder gar an psychotherapeutische Gesprä- che. Wie soll hier eine Honorie- rung ohne Gewinnaufschläge ge- funden werden? Solche ärzt- lichen Leistungen entziehen sich völlig einer Standardisierung und Rationalisierung.

Dieser Denkweise wird ja auch in der erst seit kurzem in Kraft be- findlichen GOÄ Rechnung getra- gen. Gerade das Festlegen von Schwellenwerten — aber auch die Möglichkeit der Abdingung — trägt 78 Heft 43 vom 28. Oktober 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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ja der Tatsache Rechnung, daß nicht Fall gleich Fall ist. Gerade hier soll ja die Möglichkeit gege- ben sein, Besonderheiten in der ärztlichen Behandlung in der Form der Gebührenberechnung zu berücksichtigen. Unbehaglich erscheint darüber hinaus der Ge- danke, daß eine weitgehende Standardisierung ärztlicher Lei- stungen, wie sie notwendig wäre, um dem vorgelegten Modell zu entsprechen, die gesamte ambu- lante ärztliche Behandlung ent- menschlichen würde. Beispiele kann man hier sicherlich dem der- zeitigen Krankenhausbetrieb ent- nehmen. In diesem Bereich wer- den ja Elemente der Rationalisie- rung medizinischer Leistungen vorgestellt. Nicht ohne Grund for- dert man daher eine Humanisie- rung des Krankenhausbetriebes.

„Entmenschlichung" konnte bis- her weitgehend im System der ambulanten ärztlichen Versor- gung vermieden werden. Das kon- sequente Durchsetzen des vorge- legten Modells würde allerdings eine solche Entmenschlichung bedingen, denn eine „Produk- tion" zu minimalen Stückko- sten verbietet „kostentreibende"

menschliche Zuwendung.

Die Vermeidung von Gewinnen muß auch dazu führen, daß jeg- licher Anreiz zu innovativer Tätig- keit innerhalb der ärztlichen Pra- xen verlorengeht. Aber gerade durch innovative Prozesse wer- den in Diagnostik und Therapie Verfahren entwickelt, die insge- samt die Leistungserbringung verbessern und letztendlich zu Kostenreduzierungen führen.

Wenn allerdings zu befürchten ist, daß jegliche Innovation zum Absenken der betreffenden Ge- bühren führt, wie dies ja im Mo- dell von Männer, Hartmann und Hofmann vorgesehen ist, so wer- den solche Innovationen zum Nachteil der Patienten ausbleiben müssen.

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Lothar Feige Berliner Allee 20

3000 Hannover 1

Aktive Schutzimpfungen haben in erheblichem Maß zur Verringe- rung der Kindersterblichkeit und des Krankenstandes beigetragen.

Sie gehören zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen. Dabei gewinnen zunehmend Impfungen gegen lange als harmlos einge- stufte Erkrankungen wie Masern, Mumps und Röteln an Bedeutung.

Dies gilt besonders für Masern. In der Bundesrepublik Deutschland wurde 1980 bei jährlich 500 000 Masernerkrankungen mit 500 En- zephalitiden und 80 Todesfällen gerechnet (Vivell). Während die tödlichen Verläufe vor allem bei Kindern mit zusätzlichen chroni- schen Erkrankungen oder mit Be- einträchtigungen der Abwehrme- chanismen auftreten, kann auch ein bis dahin völlig gesundes Kind im Anschluß an Masern infolge ei- ner Enzephalitis eine lebenslange Hirnschädigung erleiden. Mumps gehört zu den wichtigsten Ursa- chen des kindlichen Diabetes mellitus. Die Gefahr der Röteln- embryopathie ist allgemein be- kannt. All diese Komplikationen wiegen um so schwerer, als die Krankheit und alle ihre Folgen

heute durch gut verträgliche akti- ve Impfungen vermieden werden können. Die Kosten-Nutzen-Ana- lyse spricht ganz eindeutig für ei- ne komplette Durchimpfung un- serer Kinder. Diese ist in Ländern mit rigoroser Durchsetzung staat- licher Gesundheitsprogramme, aber beispielsweise auch in zahl- reichen Staaten der USA gelun- gen. In derartigen Ländern sind beispielsweise die Masern ausge- rottet.

Zu den eine komplette Durchimp- fung begünstigenden Faktoren gehört Kostenfreiheit, zumindest aber einheitliche und für Ärzte und Patienten transparente Rege- lungen der Kostenfrage. Außer in Bayern ist derzeit in anderen Bun- desländern keine dieser beiden Forderungen erfüllt. Darum muß angenommen werden, daß in un- serem Land Erkrankungen und Komplikationen, die durch Imp- fung vermeidbar gewesen wären, auf das Konto der unbefriedigen- den Kostenregelung gehen. Um einen Überblick über die Situation und gleichzeitig einen Anstoß zur Kostenübernahme bei allen akti-

Plädoyer für Kostenfreiheit von Impfungen bei Kindern

Peter Allhoff und Hermann Olbing

Schutzimpfungen bei Kindern gehören zu den bekanntesten und wirksamsten Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten. Durch komplette Durchimpfung aller Kinder lassen sich sogar Krank- heiten gänzlich ausrotten, wie dies beispielsweise bei den Ma- sern in einigen Ostblock-Ländern und in zahlreichen Staaten der USA gelungen ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist davon noch weit entfernt. Eine wesentliche Ursache dafür liegt in der unübersichtlichen und lückenhaften Kostenregelung für diese Impfungen. Nur in Bayern wurde bisher eine beispielhafte Rege- lung getroffen, die vor allem auch den zunehmenden Trend, Kin- der durch den niedergelassenen Arzt impfen zu lassen, berück sichtigt. Dort werden nämlich die Impfkosten von den gesetzli- chen Krankenkassen übernommen.

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