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Archiv "Urologie im Nationalsozialismus: Schmerzhafte Erinnerungen" (09.12.2011)

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A 2656 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 49

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9. Dezember 2011

UROLOGIE IM NATIONALSOZIALISMUS

Schmerzhafte Erinnerungen

Mit einer aufwendigen Buchpublikation widmet sich die Deutsche Gesellschaft für Urologie der Geschichte des Faches in der Zeit des Nationalsozialismus.

E

in zweibändiges Werk, „Uro- logen im Nationalsozialis- mus“, her ausgegeben im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), widmet sich der Geschichte des Fachgebiets in Deutschland während des Nationalsozialismus.

Es beschreibt die Einzelschicksale vertriebener Urologen ebenso wie die Anpassung der Fachgesellschaft an das NS-System. Viele Jahre müh- samer Archivarbeit verbergen sich hinter der aktuellen Publikation, die Mitte September beim 63. DGU- Jahreskongress vorgestellt wurde.

Im Auftrag der Gesellschaft für Uro- logie und zusammen mit zwölf Au- toren – Medizinhistorikern und Uro- logen aus Deutschland, den USA und Österreich – hat der DGU-Ar- chivar Prof. Dr. med. Dirk Schult- heiss die beiden Bände herausgege- ben. „Vor 1933 war etwa ein Drittel der Urologen hier jüdischen Glau- bens“, erläuterte Schultheiss bei der Buchpräsentation. Damit sei der An- teil von Juden in der Urologie dop- pelt so hoch gewesen wie in der üb- rigen Ärzteschaft. Nicht zuletzt ih- retwegen sei Deutschland bis 1933 das Zentrum der urologischen Welt- elite gewesen. Im Zuge der Machter- greifung seien diese internationalen Kapazitäten aus ihren Positionen ins Exil oder in den Tod gedrängt wor- den. Ihren Platz hätten andere Uro - logen eingenommen, die auch nach 1945 in diesen Ämtern blieben.

Zwar habe die DGU auch in der Vergangenheit das Unrecht an den vertriebenen Kollegen und die „ge- schmeidige Anpassung“ der ver- bliebenen Urologen an die national- sozialistische Politik thematisiert.

Doch die quantitative Dimension der Vertreibung, die einzelnen Schicksale der emigrierten oder er- mordeten Kollegen sowie das Aus- maß der Anpassung der neuen Fach elite an die politischen Rah-

menbedingungen seien in dieser Form noch nicht bekannt gewesen.

Dreieinhalb Jahre verbrachten Schultheiss und seine Mitstreiter mit dem Studium bislang unbearbeiteter Quellen. Ergebnis ist in Band 1 des Werks eine Reihe von Einzel- und Sammelbiografien. Diese beschäfti- gen sich mit den Opfern des Natio- nalsozialismus und auch mit denen, die in dem Unrechtssystem Karriere machten. „Wir wissen nun, dass es vielerorts auch vorauseilenden Ge- horsam gab“, berichtete Schultheiss.

„Es gab zwar Vorschriften, dass jü- dische Kollegen aus dem Dienst ent- fernt werden sollten, doch die Um- setzung dieser Vorschriften war nicht zwingend.“

Im zweiten Band sind ausgewähl- te Quellen von 1933 bis 1944 zu- sammengefasst. Sie reichen von di-

versen Bescheinigungen der Reichs- ärztekammern über Praxisverkaufs- anzeigen bis hin zu Zeitschriftenbei- trägen oder im Druck erschienenen Vortragsmanuskripten, unter ande- rem zu nationalsozialistisch gefärb- ten Themen wie Vererbungslehre, Zwangssterilisation und Sexualmo- ral. „Eine kritische Auseinanderset- zung mit diesem Thema war überfäl- lig“, sagte Schultheiss.

Dieser Aussage stimmte auch Dr.

Rainer Engel zu. Er war 1960 nach dem Medizinstudium aus Deutsch- land in die USA ausgewandert. Zur DGU-Jahrestagung war er zurück in Deutschland und kommentierte die Buchpräsentation mit den Worten:

„Ich war 1938 bei der Reichspo- gromnacht dabei, so etwas vergisst man nicht.“ Die Beschäftigung mit der Geschichte seines Fachgebiets liegt Rainer Engel auch in den USA am Herzen: Seit dem Jahr 2009 hat er in Baltimore in der Zentrale der Amerikanischen Gesellschaft für Urologie das „William P. Dindusch Center for Urologic History“ mit aufgebaut.

Umso mehr freute sich der Hobbyhistoriker über das Buchpro- jekt der DGU: „Das Buch ist sagen- haft gut. Es hat nur einen Fehler:

Sein Markt ist begrenzt.“ Engel bat die DGU darum, sich für eine Über- setzung des Werks ins Englische einzusetzen: „Vielerorts wird uns Deutschen noch vorgeworfen, wir würden uns nicht mit unserer Ver- gangenheit auseinandersetzen. Die- ses Buch weckt schmerzhafte Erin- nerungen, doch es ist ein wichtiges

Buch.“

Antje Thiel Matthis Krischel, Friedrich Moll, Julia Bellmann,

Albrecht Scholz, Dirk Schultheiss: Urologen im Nationalsozialismus. Zwischen Anpassung und Vertreibung. Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, 256 Seiten, gebunden, 49,90 Euro

Matthis Krischel, Friedrich Moll, Julia Bellmann, Albrecht Scholz, Dirk Schultheiss: Urologen im Nationalsozialismus. Biografien und Materialien.

Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, 272 Seiten, gebunden, 49,90 Euro

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