Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 25|
25. Juni 2010 A 1233S
eit Jahrzehnten bereits sind Blutbanken und an- dere Einrichtungen zur Speicherung menschli- chen Gewebes selbstverständlicher Bestandteil der me- dizinischen Versorgung und Forschung. Im Rahmen der Nationalen Kohorte sollen künftig sogar die Daten von 200 000 Bürgern gespeichert werden, um neue Erkenntnisse über Volkskrankheiten zu gewinnen. Mit den Biobanken und ihren Datensätzen ist es möglich, Spender trotz Pseudonymisierung wieder zu identifi- zieren. Zwar sind Biobanken überwiegend in öffent- licher Trägerschaft, doch auch Pharmafirmen oder Versicherer könnten sich für die Sammlungen interes- sieren. Spezifische rechtliche Vorschriften für diese Banken, in denen nicht nur Zellen und Gewebe aufbe- wahrt werden, sondern auch die daraus gewonnenen Informationen und genetischen Daten, fehlen jedoch bislang. Auch das seit Februar dieses Jahres geltende Gendiagnostikgesetz befasst sich nicht mit dem Be- reich der Forschung.Der Deutsche Ethikrat legt nun den Finger auf diese Regelungslücke und fordert klare gesetzliche Be - stimmungen. Nachdem er sich bereits 2004 mit die- sem Thema beschäftigte, veröffentlicht er jetzt seine zweite (einstimmig verabschiedete!) Stellungnahme mit dem Titel „Humanbiobanken für die Forschung“
und schlägt ein 5-Säulen-Konzept für eine gesetzliche Regulierung vor.
Wichtigste Säule dieses Konzepts ist ein Biobank- geheimnis. Es soll die Verarbeitung und Übermittlung von Proben und zugehörigen Daten während ihrer ge- samten Existenz auf die Zwecke wissenschaftlicher Forschung begrenzen. „Gegenüber allen forschungsex- ternen Dritten sollen die Daten unzugänglich sein“, er- klärt die Bioethikerin Prof. Dr. Regine Kollek. Die Forschung werde diese Regelung nicht erschweren.
Den Kern des Biobankgeheimnisses sollen – entspre- chend den Regelungen, die für Ärzte gelten – eine
Schweigepflicht und ein Zeugnisverweigerungsrecht bilden. Damit wäre der Zugriff für alle Personen und Institutionen außerhalb des Wissenschaftsbereichs, einschließlich des Staates, verboten. „Inwieweit der Staat Zugriff haben darf, wird sicher heftig diskutiert werden“, vermutet der Jurist Prof. Dr. Jochen Taupitz.
Er empfiehlt ihn nur sehr begrenzt zu erlauben, zum Beispiel zur Gefahrenabwehr im Fall von Terroran- schlägen.
Mit den weiteren Säulen möchte der Ethikrat die Nutzung von Biobankmaterialien und Daten regeln.
Grundsätzliche Voraussetzung für die Verwendung der Proben und Daten in Biobanken soll die Einwilligung des Spenders sein. Aber auch Ethikkommissionen möchte das Gremium einbeziehen sowie eine Qualitäts- sicherung und ein öffentlich zugängliches Biobankre- gister eingerichtet wissen. Der Rat empfiehlt zudem, in- ternational verbindliche Schutzstandards anzustreben, um das Biobankgeheimnis auch beim Austausch von Proben und Daten mit Kooperationspartnern im Aus- land zu sichern. Dies wird nötig sein, denn die Entwick- lung von Biobanken hat international enorm an Dyna- mik gewonnen, und ein Ende ist derzeit nicht in Sicht.
DEUTSCHER ETHIKRAT
Biobankgeheimnis
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik