38 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 3⏐⏐16. Januar 2009
M E D I Z I N
Rückenorthesen wichtig
Den Autoren ist es gelungen, dieses komplexe und schwierige Thema in sehr kompakter Form anschaulich aufzuarbeiten. Dennoch möchten wir im Folgenden noch kleinere Ungenauigkeiten korrigieren. So heißt es zum Beispiel auf Seite 578 im linken unteren Abschnitt:
„Gezielte Übungsprogramme reduzieren zumindest das Sturzrisiko. Die bisher durchgeführten Studien sind aber in ihrer Fallzahl zu klein, um auch eine Verminderung von Frakturraten nachweisen zu können. Da Frakturen relativ seltene Ereignisse sind, braucht man dafür sehr große Studien, die bisher nicht durchgeführt wurden.“
Diese Aussage kann so nicht stehen bleiben, da Kaptoge et al. im Rahmen einer prospektiven, bevölkerungsbe- zogenen, europaweit durchgeführten Studie bei 2 103 Männern und 2 565 Frauen eindeutig nachweisen konn- te, dass das Sturzereignis eine weit größere Bedeutung für die Entstehung osteoporoseassoziierter Frakturen hat, als beispielsweise eine verminderte Knochendichte (1). Dies wird auch bestätigt durch eine Untersuchung an 2 649 postmenopausalen Frauen durch Geusens et al. (2).
In einem weiteren Punkt wurde leider vergessen, die Bedeutung der Rückenorthesen in der Behandlung so- wohl akuter als auch chronischer Schmerzen zu erwäh- nen. So steht beispielsweise in den DVO-Leitlinien von 2006: „Nach Frakturen sollte schnellstmöglich eine Mobilisierung erfolgen. Zur Schmerzminimierung ste- hen neben (…) eine Stabilisierung durch eine Wirbel- säulen-aufrichtende Orthese (…) zur Verfügung“. Wei- ter wir dann ausgeführt, dass bei chronischen Beschwer- den „(…) orthetische Maßnahmen zur Stabilisierung der Haltung und zur Schmerzreduktion hilfreich sind.
Außerhalb des akuten Frakturereignisses sind Orthesen vorzuziehen, die ein Training der Rückenmuskulatur fördern“.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0038a
LITERATUR
1. Kaptoge S, Benevolenskaya LI, Bhalla AK et al.: Low BMD is less predictive than reported falls for future limb fractures in women across Europe: results from the European Prospective Osteoporosis Study. Bone 2006; 38: 145–9.
2. Geusens P, Autier P, Boonen S, Vanhoof J, Declerck K, Raus J: The relationship among history of falls, osteoporosis, and fractures in postmenopausal women. Arch Phys Med Rehabil 83: 903–6.
3. Pfeifer M, Begerow B, Minne HW. Effects of a new spinal orthosis on posture, trunk strength and quality of life in women with postme- nopausal osteoporosis. Am J Phys Med Rehabil 2004; 83: 177–86.
Dr. med. Michael Pfeifer Prof. Dr. med. Helmut W. Minne
Institut für klinische Osteologie Gustav Pommer und Klinik
„DER FÜRSTENHOF“
Am Hylligen Born 7 31812 Bad Pyrmont
E-Mail: iko_pyrmont@t-online.de
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Beschwerden vor Fraktur
In dem verdienstvollen CME-Artikel über die „häu- figste generalisierte Skeletterkrankung mit einer er- heblichen Unter- und Fehlversorgung in Deutschland“
vermisst man in der Zusammenfassung leider den Hinweis auf die notwendige Basal-Medikation mit Kalzium und Vitamin D3, die nur im Text etwas um- ständlich und wenig einprägsam erwähnt wird; weiter die Empfehlung, grundsätzlich bei Frauen älter als 50 und Männern älter als 60 Jahre die Körpergröße von Hilfskräften messen und nach früheren Messergebnis- sen fragen zu lassen.
Dann wäre schon im Vorfeld die Verdachtsdiagnose zu stellen und Entsprechendes zu veranlassen.
Die Messung des Bauchumfangs in Nabelhöhe im Stehen und die Messung des Blutdruckes könnte gleichzeitig Risikofaktoren für Herz- und Kreislaufer- krankungen aufdecken. Zu oft trifft man Patienten, denen in einer Uniklinik ein teures Biphosphonat ver- ordnet, die erforderliche Basistherapie aber vergessen wurde.
Zu „Klinik“: „Eine Osteoporose ist asymptoma- tisch. Sie manifestiert sich erst durch Frakturen.“
Nach Meinung der Autoren würde das bedeuten, das
„Kind müsse erst in den Brunnen gefallen sein“, ehe die Diagnose zu stellen und eine Therapie einzulei- ten ist. Die Wirbelsäulen-Osteoporose macht aber durchaus schon vor der ersten Fraktur Beschwerden.
Man trifft kaum einen Betroffenen, der nicht lange vorher Wirbelsäulenbeschwerden hatte, meist bedingt durch Arthrose kleiner Wirbelgelenke, deren Ge- lenkflächen besonders viele Nozizeptoren besitzen.
Osteoporotische Wirbelsäulenformveränderungen, Keil- wirbel, Kyphose und Bandscheibenverschmälerung begünstigen die Spondylarthrose, die die Ursache von etwa 80 bis 85 Prozent aller Wirbelsäulenbeschwer- den ist. Diese sind oft manuell-therapeutisch gut be- einflussbar, leider meist nur im Sinne eines „Stroh- feuereffektes“.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0038b
Dr. med. Lothar L. Schute Südring 56
63500 Seligenstadt
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Primäre Osteoporose – leitliniengerechte Diagnostik und Therapie
von Prof. Dr. med. Klaus M. Peters, Prof. Dr. med. Erika Baum in Heft 33/2008