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Archiv "Herzinsuffizienz" (17.04.2009)

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D

ie Herzinsuffizienz ist heutzutage eine der häu- figsten und kostenintensivsten chronischen Er- krankungen (1). In den westlichen Industrienationen ist sie für 1 bis 2 % und in Deutschland für etwa 1,1 % der direkten Krankheitskosten verantwortlich.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts – mit der Folge einer sinken- den Letalität ischämischer Herzereignisse –, werden Prävalenz und Inzidenz der Herzinsuffizienz künftig zu- nehmen und zu einer weiteren Kostensteigerung im Ge- sundheitssystem beitragen (2). Zudem ist der Krank- heitsverlauf von häufig wiederkehrenden Krankenhaus- aufenthalten und einer eingeschränkten Prognose bezüg- lich des Überlebens geprägt (3). Damit stellt die Herzin- suffizienz eine hohe medizinische und ökonomische Be- lastung für die Gesellschaft dar. Um diese Erkrankung näher zu erforschen und einen Mehrwert durch die Ver- netzung von Forschung und Versorgung zu schaffen, wurde im Jahre 2003 – gefördert durch das Bundesminis- terium für Bildung und Forschung – das Kompetenznetz Herzinsuffizienz in Deutschland gegründet (4).

Die vorliegende Arbeit analysiert die Entwicklung der Fallzahlen bei der Herzinsuffizienz bezogen auf den Zeitraum bis 2050. Zusätzlich werden auf Basis der Daten der Bundesländer die Angaben zur Hospitalisati- on und zu Todesfällen sowie die Ressourcenverbräuche für die Herzinsuffizienz nach Leistungserbringern dar- gestellt.

Methodik

Die Ausführungen der vorliegenden Arbeit legen die Kodierung I50 der Herzinsuffizienz gemäß der ICD- 10-Klassifikation zugrunde. Analysebasis bilden die Daten des Statistischen Bundesamtes und der Gesund- heitsberichterstattung des Bundes (GBE). Die Auswer- tungen beziehen sich dabei auf Gesamtdeutschland so- wie auf einzelne Bundesländer. Sämtliche Daten zu Diagnosen und Todesursachen werden neben Absolut- angaben auch altersstandardisiert berichtet, um die Da- ten unterschiedlicher Jahre sowie verschiedener Regio- nen miteinander vergleichen zu können.

Die Daten zu den Diagnosen beruhen auf der Diagno- sestatistik des Statistischen Bundesamtes. Als Art der Datengewinnung liegt der Diagnosestatistik eine schriftliche Befragung der Krankenhäuser zugrunde.

ORIGINALARBEIT

Herzinsuffizienz: Häufigster Grund für Krankenhausaufenthalte

Medizinische und ökonomische Aspekte

Till Neumann, Janine Biermann, Anja Neumann, Jürgen Wasem, Georg Ertl, Rainer Dietz, Raimund Erbel

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Eine Herzinsuffizienz ist in Deutschland der- zeit der häufigste Grund für einen stationären

Krankenhausaufenthalt (Pressemitteilung Statistisches Bundesamt, 2008). Durch die Alterung der Gesellschaft wird auch künftig die Herzinsuffizienz einen zentralen Stel- lenwert bei der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung ein- nehmen. Dieser Artikel fokussiert auf regionale Unterschie- de, Kosten der Erkrankung sowie die zu erwartenden Stei- gerungsraten der Fallzahlen in den kommenden Jahren.

Methoden: Die Analysen basieren auf den Daten des Statis- tischen Bundesamtes und berücksichtigen alters- und ge- schlechtspezifische Unterschiede. Eingeschlossen wurden Angaben der Diagnosestatistik, der Todesursachenstatistik sowie der Krankheitskostenrechnung.

Ergebnisse: Im Jahr 2006 wurde die Herzinsuffizienz mit 317 000 Fällen erstmals als die häufigste Hauptdiagnose für einen krankheitsbedingten stationären Krankenhaus- aufenthalt in Deutschland berichtet. Während aktuell circa 141 000 der 80-Jährigen und Älteren an einer Herzinsuffi- zienz erkrankt sind, werden für das Jahr 2050 mehr als 350 000 Betroffene in dieser Altersgruppe erwartet. Im Be- reich der Diagnosen, Todesursachen und Kosten bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Die infolge einer Herzinsuffizienz angefallenen Krankheitskos- ten betrugen im Jahr 2006 rund 2,9 Milliarden Euro.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen einen Anstieg der Hauptdiagnose Herzinsuffizienz für vollstationär behandelte Patienten in Deutschland. Bereits in naher Zukunft werden aufgrund der Altersentwicklung neue Konzepte der Präventi- on und Therapie erforderlich sein, um eine ausreichende Ver- sorgung von Patienten mit Herzschwäche zu gewährleisten.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(16): 269–75 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0269 Schlüsselwörter: Herzinsuffizienz, stationäre Versorgung, Versorgungsforschung, regionale Unterschiede, Bevölke- rungsentwicklung

Klink für Kardiologie, Universitätsklinikum Essen: PD Dr. med. T. Neumann, Biermann M.A., Prof. Dr. med. Erbel

Lehrstuhl für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen, Campus Es- sen: Biermann M.A., Dr. med. Dr. rer. pol. A. Neumann, Prof. Dr. rer. pol. Wasem Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg: Prof. Dr. med. Ertl Klinik für Kardiologie, Charité, Universitätsklinikum Berlin: Prof. Dr. med. Dietz

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Bei der fallbezogenen Diagnosestatistik handelt es sich um eine jährliche Vollerhebung, die durchschnittlich 17 Millionen Krankenhausfälle erfasst (5). Der Betrach- tungszeitraum des vorliegenden Artikels schließt die Jahre 2000 bis 2007 ein. Die Verschlüsselung von Dia- gnosen in der stationären Versorgung folgt der ICD-10- GM-Systematik. Angaben vor 2000 wurden nicht in die Analyse aufgenommen, da bis einschließlich 1999 die 9. Revision der ICD-Klassifikation angewendet wurde.

Die Angaben zur Todesursache Herzinsuffizienz basieren auf der offiziellen Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes. Erhebungsinstrumentari- en dieser jährlichen Vollerhebung sind Todesbeschei- nigungen beziehungsweise Sterbefallzählkarten. Ba- sis der Sekundärstatistik ist die Auswertung der Anga- ben der Ärzte entsprechend der ICD-Systematik. Für die Verschlüsselung von Todesursachen wird seit 1998 die ICD-10 Kodierung entsprechend der deutschsprachigen WHO-Ausgabe benutzt (6).

Für die Darstellung der Kosten wurde die Krank- heitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes zugrunde gelegt (7). Die Krankheitskostenrechnung stellt ein sekundärstatistisches Rechenwerk dar und wird im Abstand von zwei Jahren veröffentlicht. Dabei werden die aus der Gesundheitsausgabenrechnung nach Einrichtungen und Leistungsarten vorliegenden nationalen Ausgabenwerte einzelnen Krankheitskapi- teln, -gruppen oder -kategorien zugewiesen. Internatio- nale Angaben wurden durch eine selektive Literaturre- cherche für den Zeitraum von 1980 bis 2008 ermittelt.

Ergebnisse

Im Folgenden werden die Auswertungen im Bereich der Diagnosen, Sterbefälle sowie Kosten dargestellt.

Die Ergebnisse zu den Diagnosen und Sterbefällen be- ziehen sich auf Vergleiche zwischen Alters- und Ge- schlechtergruppen sowie auf Unterschiede zwischen den Bundesländern.

Hauptdiagnose Herzinsuffizienz

Der Anstieg der Hauptdiagnose Herzinsuffizienz für stationäre Krankenhausaufenthalte ist in Tabelle 1 wiedergegeben. Im Jahr 2002 erreichte die Herzinsuf- fizienz (I50) bezogen auf die absolute Fallzahl erst- mals Platz 3 der Hauptdiagnosen in Krankenhäusern nach der chronisch ischämischen Herzkrankheit (I25) und psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch Alkoholkonsum (F10). Bereits vier Jahre später – im Jahr 2006 – war die Herzinsuffizienz mit 317 000 Hauptdiagnosen der häufigste Grund für einen Kran- kenhausaufenthalt in Deutschland (Gesunde Neuge- borene [Z 38] werden in der Rangfolge nicht mit berücksichtigt). 2007 kam es zu einem weiteren An- stieg der Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffi- zienz um 5,6 % auf 335 000 Fälle. Bei den Frauen be- legte die Diagnose Herzinsuffizienz 2007 den ersten Rang mit 178 298 Hospitalisationen. Bei den Män- nern ist die Diagnose Herzinsuffizienz mit 156 893 Hospitalisationen nach den psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch Alkohol (F10) und der Angina pectoris (I20) auf dem 3. Rang angesiedelt.

Altersstandardisierte und altersspezifische Anga- ben zur Fallzahl in den Jahren 2000 bis 2006 sind in Grafik 1dargestellt. Danach kommt es ab einem Al- ter von 65 Jahren im Vergleich zur Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen zu einer Verzehnfachung der altersspezifischen Fallzahl je 100 000 Einwohner (Grafik 1).

Ab einem bestimmten Alter ist die Herzinsuffizienz als Einzeldiagnose bereits häufiger anzutreffen als zu- sammengefasste Diagnosebereiche (= die sogenann- ten Krankheitsgruppen der ICD-Klassifikation). Dies bedeutet exemplarisch, dass sie bei Personen über 50 Jahre die Kategorie „zerebrovaskuläre Krankhei- ten“ (I60–I69) sowie ab 60 Jahre den Bereich „endo- krine, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen“

(E00–E90) an Fallzahlen übersteigt. Ab 65 Jahren TABELLE 1

Herzinsuffizienz Diagnosen in Krankenhäusern, Deutschland, absolute Fallzahlen

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Deutschland

insgesamt 239 694 262 560 267 906 271 526 260 803 306 736 317 485

männlich 101 217 112 099 115 899 120 879 119 206 141 212 147 498

weiblich 138 476 150 456 151 941 150 647 141 595 165 523 169 985

Alte Bundesländer

insgesamt 195 152 213 497 218 800 221 133 213 500 247 460 253 709

männlich 82 324 91 242 94 521 98 617 98 008 113 912 118 004

weiblich 112 827 122 250 124 213 122 516 115 490 133 547 135 704

Neue Bundesländer

insgesamt 44 542 49 063 49 106 50 393 47 303 59 276 63 776

männlich 18 893 20 857 21 378 22 262 21 198 27 300 29 494

weiblich 25 649 28 206 27 728 28 131 26 105 31 976 34 281

Quelle: GBE (Daten für 2007 sind für Gesamtdeutschland im Text aufgeführt)

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wird sie häufiger als Krankheiten des Nervensystems (G00–G99) diagnostiziert. Für Personen ab 80 Jahren wird die Diagnose Herzinsuffizienz häufiger gestellt als Diagnosen im Bereich der ischämischen Herz- krankheiten (I20–I25). Ab einem Alter von 85 Jahren überwiegt sie bereits die Krankheitsgruppe „bösartige Neubildungen“ (C00–C97) sowie den gesamten Be- reich der Neubildungen (C00–D48).

Unterschiede in der Fallzahl ergeben sich im Ver- gleich der Bundesländer (Grafik 2). Unterhalb des bundesweiten Durchschnitts liegt die altersstandardi- sierte Fallzahl in fünf Bundesländern. Hierzu zählen in den nördlichen Regionen Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, das südlich gelegene Baden-Würt- temberg und Niedersachsen. Besonders auffällig ist die Fallzahl in Bremen, die um mehr als 30 % vom bundesweiten Fallwert abweicht. Im Vergleich dazu befinden sich die Werte für zehn Bundesländer über der bundesweiten Fallzahl, angeführt von Branden- burg mit +29 % und Mecklenburg-Vorpommern mit +28 %. In den neuen Ländern beträgt die alterstandar- disierte Fallzahl 368 je 100 000 Einwohner, in den al- ten Ländern muss von 296 Fällen je 100 000 Einwoh- ner ausgegangen werden.

Todesursache Herzinsuffizienz

Im Zeitraum von 1998 bis 2007 war die Herzinsuffizi- enz (I50) bezogen auf die absolute Anzahl durchgängig die dritthäufigste Todesursache in Deutschland nach der chronisch ischämischen Herzkrankheit (I25) und dem akuten Myokardinfarkt (I21). In Abhängigkeit vom Geschlecht zeigen sich jedoch Unterschiede. Bei den Frauen findet man die Herzinsuffizienz (I50) an zweiter Rangstelle nach der chronischen ischämischen Herzkrankheit (I25). Bei den Männern belegt die To- desursache Herzinsuffizienz (I50) seit 1999 den vierten Platz nach der chronisch ischämischen Herzkrankheit (I25), dem akuten Myokardinfarkt (I21) und bösartigen Neubildungen der Bronchien und der Lunge (C34).

In sechs Bundesländern liegt die alterstandardisier- te Sterbeziffer über dem bundesweiten Wert, wobei die Ziffer in Bremen um 22 % den Bundeswert über- steigt (Grafik 3). Einen Wert unterhalb der bundes- weiten Sterbeziffer wiesen 10 Bundesländer auf, an- geführt vom Saarland mit einer Verminderung um 49 %. Der Vergleich der alten und neuen Bundeslän- der zeigt, dass die Sterbeziffer in den neuen Ländern mit 34,5 Todesfällen je 100 000 Einwohnern unter- halb derer in den alten Ländern liegt (41,3 je 100 000 Einwohner).

Kosten

Im Jahr 2006 entstanden dem deutschen Gesundheits- wesen infolge der Diagnose Herzinsuffizienz Krank- heitskosten in Höhe von 2,9 Milliarden Euro. Die di- rekten medizinischen Kosten, das heißt Kosten die un- mittelbar in Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung stehen, werden in Tabelle 2dargestellt.

Dem stationären Versorgungssektor kam dabei eine große Bedeutung hinsichtlich der Kostenverursa-

Herzinsuffizienz als Hauptdiagnose in deutschen Krankenhäusern 2000 bis 2006 (altersstan- dardisierte Fallzahl je 100 000 Einwohner)

GRAFIK 1

Quelle: GBE

TABELLE 2

Krankheitskosten der Herzinsuffizienz in Mio. Euro, Deutschland, 2006 Gesamt Männlich Weiblich

Einrichtungen insgesamt 2 879 1 169 1 710

Gesundheitsschutz 3 1 2

Ambulante Einrichtungen 784 301 483

– Arztpraxen 162 65 97

– Praxen sonstiger medizinischer Berufe 29 9 20

– Apotheken 287 120 167

– Gesundheitshandwerk/-einzelhandel 59 25 34

– ambulante Pflege 239 79 160

– sonstige ambulante Einrichtungen 7 3 4

Stationäre/teilstationäre Einrichtungen 1 721 724 997

– Krankenhäuser 1 304 633 670

– Vorsorge-/Rehabilitationseinrichtungen 11 6 5 – stationäre/teilstationäre Pflege 407 84 323

Rettungsdienste 57 27 31

Verwaltung 147 59 88

Sonstige Einrichtungen und private

Haushalte 164 57 108

Ausland 2 1 2

(4)

chung zu. Mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro waren stationäre und teilstationäre Einrichtungen für 60 % der Behandlungskosten für die Herzinsuffizienz in Deutschland verantwortlich. Der größte Kostenanteil entfiel auf den Bereich Krankenhausaufenthalte mit 1,3 Milliarden Euro (45 % der Gesamtkosten), gefolgt von den Pflegeeinrichtungen mit 407 Millionen Euro.

Auf die Rehabilitationseinrichtungen entfiel hingegen ein geringer Anteil von 11 Millionen Euro.

In den westlichen Industrienationen machen die Kosten der stationären Versorgung bei Patienten mit Herzinsuffizienz 50 bis 70 % der Krankheitskosten aus (8–10). Auch für die Rehospitalisierungskosten ergeben sich hierbei schwankende, aber dennoch hohe Werte von 17 bis 41 % (10, 11). Insgesamt gilt in die- sem Versorgungssektor, dass mit der Schwere des Ver- laufs der Herzinsuffizienz auch die Kosten in Abhän- gigkeit vom NYHA-Stadium (NYHA, New York Heart Association) zunehmen (12).

In Deutschland entfielen 27 % (784 Millionen Eu- ro) der Krankheitskosten für Herzinsuffizienz im Jahr 2006 auf den ambulanten Versorgungsbereich. Arzt- besuche hatten daran einen Anteil von 21 % (162 Mil- lionen Euro, 6 % der Gesamtausgaben).

Die ambulanten Kosten steigen ebenfalls mit dem Schweregrad der Erkrankung. Der prozentuale Anteil der ambulanten Kosten an den Gesamtkosten nimmt mit Progression der Erkrankung jedoch ab. Dies be- deutet, dass bei Patienten im fortgeschrittenen Stadi- um andere Kosten (zum Beispiel Hospitalisationen) im Vordergrund stehen (11, 12).

Im internationalen Vergleich beträgt der Anteil der Kosten des ambulanten Versorgungssektors zwischen 30 und 35 % der Gesamtkosten (8, 10). Arztbesuche sind dabei für etwa 6 bis 8 % an den Gesamtkosten be- teiligt, die Kosten der medikamentösen Therapie mit 11 bis 18 % und die Kosten der ambulanten Pflege mit 8 bis 9 % (8–10).

Diskussion

In der vorliegenden Arbeit wurden auf Basis der Da- ten des Statistischen Bundesamtes alters- und ge- schlechtsspezifisch der aktuelle Stand sowie die re- gionalen Unterschiede bezogen sowohl auf die Dia- gnose als auch die Todesursache Herzinsuffizienz dar- gestellt. Ferner wurden ökonomische Belastungen an- hand der Kosten für das deutsche Gesundheitssystem veranschaulicht.

Die Analysen für Gesamtdeutschland bestätigen die Altersabhängigkeit der Herzinsuffizienz. Ab ei- nem Alter von 60 Jahren steigt die Diagnose Herzin- suffizienz als Hauptdiagnose für die stationäre Auf- nahme in deutschen Krankenhäusern nachhaltig an.

Auch aus dem internationalen Vergleich ergibt sich ei- ne entsprechende altersabhängige Zunahme dieser Er- krankung (13–14).

Auf Landesebene differiert jedoch die Fallzahl der Herzinsuffizienz zwischen den einzelnen Bundeslän- dern trotz Altersstandardisierung teilweise erheblich.

Diese Unterschiede lassen verschiedene Schlüsse zu, können aber anhand der vorliegenden Daten nicht ein- deutig begründet werden. Insbesondere Unterschiede Herzinsuffizienz als Hauptdiagnose in deutschen Krankenhäusern 2006 (altersstandardisierte Fallzahl je 100 000 Einwohner)

GRAFIK 2

(5)

in der medizinischen Versorgung, der Art der Diagnos- tik und der Dokumentation auf Länderebene könnten zu diesen Differenzen beitragen. Inwiefern dies zu- trifft, ist in weiteren Untersuchungen zu ermitteln.

Auch im Vergleich zwischen den alten und neuen Bundesländern bleibt offen, was den Unterschieden zugrunde liegt. Auffällig ist die erhöhte Fallzahl in den neuen Bundesländern, die über Jahre hinweg mit unterschiedlicher Ausprägung besteht und sich auch in einer altersstandardisierten Analyse widerspiegelt.

Bei der Betrachtung der Todesursachenstatistik sind speziell die Differenzen zwischen den Ge- schlechtern hervorzuheben. Im Vergleich der Bundes- länder sterben laut der Sterbeziffer mehr Frauen als Männer an Herzinsuffizienz. Für Gesamtdeutschland nimmt die Herzinsuffizienz den zweiten Rang bei Frauen ein, wohingegen sie sich bei den Männern – bei zunehmender Tendenz – aktuell auf Platz vier be- findet. Da Frauen oft ein höheres Lebensalter als Männer erreichen, ist es zu erklären, dass absolut im hohen Alter mehr Frauen als Männer an Herzinsuffizi- enz leiden und sterben (15).

Im internationalen Vergleich ist der Anteil der To- desursache Herzinsuffizienz an der Zahl der gesamten Sterbefälle in Deutschland erhöht (16). Es ist daher er- forderlich, sowohl die Ursache für die erhöhte Sterb- lichkeit als auch Ansatzpunkte für eine optimierte Diagnostik und Therapie zu ermitteln.

Möglichkeiten hierfür lassen sich aus den Ergeb- nissen der SHAPE-Studie ableiten (17). Danach ist nur ein geringer Teil der europäischen Bevölkerung in

der Lage, die typischen Symptome einer Herzinsuffi- zienz zu beschreiben. Oft geht dieses auch mit einer unzureichenden Diagnostik und medikamentösen Therapie einher. Deshalb fordern die Autoren der SHAPE-Studie eine bessere Aufklärung der Bevölke- rung zusammen mit einer leitliniengetreuen Behand- lung durch die Ärzte.

So können durch eine Reihe der auf dem Markt zugelassenen Medikamente – unter anderem Beta- Blocker und Hemmer des Renin-Angiotensin-Aldo- steronsystems – Symptome verringert und die Le- bensqualität der Betroffenen verbessert werden. Dies resultiert in einem hohen medizinischen Nutzen (1).

Aus diesem Grund sollten diese Präparate entspre- chend den Leitlinien angewendet werden. Neben me- dizinischen Aspekten wird aber auch die Gesund- heitsökonomie bei der Diagnostik und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich der Herzinsuffizienz, eine zunehmende Rolle spielen. Vor allem kostenintensive Therapieverfahren werden in absehbarer Zeit vermehrt in den Fokus gesundheitsö- konomischer Betrachtungen rücken.

Im Hinblick auf die in den kommenden Jahren zu- nehmende volkswirtschaftliche Belastung, die durch die Herzinsuffizienz entsteht, ist es wichtig, alters-, geschlechtsspezifische und regionale Unterschiede in Deutschland darzustellen (15). Auf Basis dieser Daten lassen sich sowohl die künftigen Belastungen als auch die Grundlagen für die Gestaltung von Präventions- programmen und Konzepten der optimierten Versor- gung ermitteln.

Herzinsuffizienz-Sterbefälle 2007 (altersstandardisierte Sterbefälle je 100 000 Einwohner) GRAFIK 3

(6)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird es künftig immer mehr ältere Menschen geben, während die absolute Bevölkerungszahl aufgrund ge- ringer Geburtenzahlen kontinuierlich abnimmt. Dabei steigt die Lebenserwartung der 65-Jährigen bis 2050 um circa 4,5 Jahre. Im Jahr 2050 wird es doppelt so vie- le 60-Jährige wie Neugeborene geben. Noch vor zwei Jahren waren diese Altersgruppen in ihrer Anzahl nahe- zu gleich besetzt. Derzeit gibt es etwa 4 Millionen 80- Jährige und Ältere, deren Zahl im Jahr 2050 auf 10 Mil- lionen ansteigen wird (15). Da die Herzinsuffizienz ei- ne Alterskrankheit ist und ihr Schwerpunkt bei den 65- Jährigen und Älteren liegt, werden in Zukunft immer mehr Menschen aufgrund der beschriebenen Altersver- schiebungen betroffen sein. Während heute 141 000 der 80-Jährigen und Älteren an Herzinsuffizienz er- krankt sind, wird sich diese Zahl bis 2050 auf schät- zungsweise 353 000 mehr als verdoppeln.

Abgesehen vom demografischen Wandel ergeben sich Änderungen in der Häufigkeit von Hospitalisa- tionen darüber hinaus durch den medizinischen Fort- schritt. In der Arbeit von Levy et al. (18) zeigt sich, dass die Anwendung von Beta-Blockern und ACE- Hemmern bei Personen mit Herzinsuffizienz mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit im Vergleich zu einem symptomatischen (nicht mortalitätssenken- den) Therapieansatz einhergeht. Diese Verlängerung der Überlebenszeit bei Patienten mit chronischer Herz- insuffizienz trägt zusätzlich zu einem Anstieg der Prävalenz und unter Umständen auch zu vermehrten Hospitalisationen bei.

Limitationen im Rahmen der vorliegenden Arbeit ergeben sich aus der zugrundeliegenden Datenqua- lität. Die überwiegende Anzahl der Angaben ent- stammt dem Statistischen Bundesamt und basiert so- mit auf den offiziellen Daten im Rahmen der jährli- chen Vollerhebung. Limitationen aus Sekundärdaten- quellen begründen sich maßgeblich in der zugrunde- liegenden Kodiertätigkeit. Dabei ist zu bedenken, dass die Vergabe des Diagnoseschlüssels im Kranken- haus erfolgt und bereits dort Fehler auftreten können.

Bezüglich der Todesursachenstatistik können sich Ungenauigkeiten unter anderen durch die subjektive Auswertung der Todesursachen in den Statistischen Landesämtern ergeben. Wie groß diese Ungenauig- keiten sind, kann jedoch letztendlich nicht quantifi- ziert werden.

Hingewiesen werden muss in diesem Zusammen- hang auch auf die Tatsache, dass es sich bei der Kran- kenhausstatistik um fallbezogene Angaben handelt, wohingegen in der Todesursachenstatistik personen- bezogene Angaben enthalten sind. Somit lassen die Angaben der Krankenhausstatistik keinen direkten Vergleich mit der Todesursachenstatistik zu. Auch di- rekte Rückschlüsse auf die Prävalenz der Erkrankung sind aufgrund der Erfassung mehrerer Krankenhaus- aufenthalte einer Person nicht gegeben. Es liegt im Datenmaterial begründet, dass die Ergebnisse des- kriptiv sind und keine Erklärungsmöglichkeiten für die berichteten Unterschiede liefern können.

Schlussfolgerung

Die Herzinsuffizienz ist seit 2006 die häufigste Hauptdiagnose für einen stationären Krankenhausauf- enthalt in Deutschland. Die Ergebnisse der vorliegen- den Arbeit dokumentieren die Bedeutung der Herzin- suffizienz bezüglich vollstationärer Krankenhausauf- nahmen sowie der Belastungen für das Gesundheits- system. Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus regio- nale Unterschiede in Deutschland auf und stellen die zu erwartende weitere Zunahme der Herzinsuffizienz in den kommenden Jahren dar.

Die vorliegenden Daten sind für die Gestaltung von Forschungs-, Präventions- und Behandlungsprogram- men der Herzinsuffizienz wichtig, um auch in Zukunft eine ausreichende Versorgung von Patienten mit Herzschwäche sichern und verbessern zu können.

Danksagung

Die Arbeit wurde unterstützt durch das Kompetenznetz Herzinsuffizienz, ge- fördert vom Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (Netzwerkzentrale Kompetenznetz Herzinsuffizienz, Augustenburger Platz1, 13353 Berlin; Homepage: www.knhi.de).

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 18. 7. 2008, revidierte Fassung angenommen: 28. 1. 2009

LITERATUR

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ABW-Wissenschaftsverlag 2008.

4. Schuster U, Osterziel KJ, Dietz R: Kompetenznetz Herzinsuffizienz.

Humboldt Spektrum 2003; 4: 4–8.

Klinische Kernaussagen

>Die Herzinsuffizienz ist derzeit der häufigste Grund für eine stationäre Krankenhausaufnahme in Deutschland.

>Die Alterung der Gesellschaft wird in den kommenden Jahren zu steigenden Fallzahlen und einer wachsenden Bedeutung der Diagnose Herzinsuffizienz hinsichtlich der medizinischen Versorgung der Bevölkerung führen.

>Leitliniengerechte Behandlung geht mit einer Senkung der hohen Letalitätsrate in diesem Patientenkollektiv einher.

>Die direkten Krankheitskosten der Herzinsuffizienz (2006: 2,9 Milliarden Euro in Deutschland) ergeben sich vor allem durch stationäre Aufenthalte.

>Präventions- und Versorgungskonzepte sind erforder- lich, um bei steigenden Fallzahlen auch künftig eine ausreichende Versorgung von Patienten mit Herzinsuffi- zienz zu gewährleisten.

(7)

5. Statistisches Bundesamt: Fachserie 12 / Reihe 6.2.1. Diagnosedaten der Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern (einschließlich Sterbe-, und Stundenfälle) 2007. Wiesbaden 2008.

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Anschrift für die Verfasser PD Dr. med. Dipl.-Kfm. Till Neumann Klinik für Kardiologie

Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen E-Mail: till.neumann@uk-essen.de

SUMMARY H

Heeaarrtt FFaaiilluurree:: tthhee CCoommmmoonneesstt RReeaassoonn ffoorr HHoossppiittaalliizzaattiioonn iinn G

Geerrmmaannyy——MMeeddiiccaall aanndd EEccoonnoommiicc PPeerrssppeeccttiivveess

Background: Heart failure is now the commonest reason for hospital- ization in Germany (German Federal Statistical Office, 2008). Heart failure will continue to be a central public health issue in the future as the population ages. This article focuses on regional differences, the costs of the disease, and the expected rate of increase in cases in the near future.

Methods: This analysis is based on diagnosis statistics, cause-of- death statistics, and cost of illness data, as reported by the German Federal Statistical Office. Age- and sex-specific differences are taken into account.

Results: 2006 was the first year in which heart failure led to more hospital admissions in Germany (317 000) than any other diagnosis.

At present, about 141 000 persons in Germany aged 80 and over have heart failure; by the year 2050, it is predicted that more than 350 000 persons in this age group will be affected. The rate of diagnosis of heart failure, its frequency as a cause of death, and the costs associated with it all vary across the individual states of the Federal Republic of Germany. The nationwide cost of heart failure in 2006 was estimated at 2.9 billion euros.

Conclusions: These findings reveal that heart failure has become more common as an admission diagnosis of hospitalized patients in Germany. Because the population is aging, new concepts for preven- tion and treatment will be needed in the near future so that the affected patients can continue to receive adequate care.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(16): 269–75 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0269 Key words: heart failure, hospitalization, health services research, regional differences, population trends

The English version of this article is available online:

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In dem Beitrag „Kritisches Lesen wissenschaftlicher Artikel“ von Jean-Baptist du Prel et al. im Deutschen Ärzteblatt vom 13. Februar 2009 (Heft 7) ist in der Tabelle 2 („Checkliste zur Beurteilung der Qualität wis- senschaftlicher Veröffentlichungen“) ein Schreibfehler aufgetreten:

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