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Archiv "Spontanerfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen - Eigeninitiative der Ärzte -" (27.02.1985)

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BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER

-================================- -

DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION

DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT

Spontanerfassung unerwünschter ArzneimittelwirkungeQ

- Eigeninitiative der Arzte

Die bei der Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission vorlie- genden fast 40 000 Berichte über unerwünschte Arzneimittelwir- kungen sind jetzt zum größten Teil im Rechenzentrum der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung eingespeichert. Damit kann die Ärzteschaft schneller über die Ergebnisse des von ihrer Arznei- mittelkommission betriebenen Spontanerfassungssystems für unerwünschte Arzneimittelwirkungen informiert werden. Wäh- rend die Ergebnisse aus 1983 aus mehrerlei technischen Gründen erst heute erscheinen können, werden wir bereits in diesem Früh- jahr die des Jahres 1984 veröffentlichen können.

Unerwünschte Arzneimittelwir- kungen können nur vom Arzt er- kannt werden. Gelegentlich ge- ben auch Patienten wertvolle Hin- weise. Berichte über unerwünsch- te Arzneimittelwirkungen sind oft zunächst nur "Verdachtsfälle";

erst analoge unabhängige Beob- achtungen oder entsprechende Literaturangaben können einen vermuteten Zusammenhang wahrscheinlich machen. Die Ärzte der Geschäftsstelle der Arzneimit- telkommission in Köln werten alle eingehenden Mitteilungen in en- ger Zusammenarbeit mit den 130 Fachmitgliedern in diesem Sinne aus, bisher fast 40 000 Berichte. So hat das Spontanerfassungssy- stem der deutschen Ärzte diesen viele wertvolle Hinweise auf neue und die Zunahme bekannter uner- wünschter Arzneimittelwirkungen gegeben. Auch der im folgenden vorgelegte Bericht über das Jahr 1983 gibt dafür weitere Beispiele.

Im Jahre 1983 gingen 4588 Berich- te über etwa 6500 unerwünschte Arzneimittelwirkungen ein. Etwa die Hälfte übersandten uns die berichtenden Ärzte direkt, der Rest ging uns durch Vermittlung der Herstellerfirmen zu. Zusätz- liche Berichte von der Arzneimit- telkommission der Deutschen Apotheker halfen uns bei der

Identifizierung der zu Mißbrauch und Abhängigkeit führenden Arz-

neimittel. Die im Spontanerfas-

sungssystem eingehenden Beob- achtungen unerwünschter Arznei- mittelwirkungen lassen keine Aus- sagen über absolute Häufigkeilen bei einzelnen Arzneimitteln zu; diese sind nur durch epidemiolo- gische Studien zu ermitteln.

Trotzdem kommt ihnen eine wich- tige Signalfunktion zu.

Die Darstellung zeigt, daß 22,4 Prozent aller Berichte schwere ü berem pfi nd I ich keits reaktionen betrafen. Dieses Ergebnis stimmt mit der allgemeinen Erfahrung überein, daß anaphylaktische bzw. anaphylaktoide Reaktionen einen hohen Prozentsatz uner- wünschter Arzneimittelwirkungen ausmachen. Davon waren 7 Pro- zent anaphylaktische (bzw. ana- phylaktoide) Schockreaktionen und 15,9 Prozent andere schwere ü berem pfi nd I ich keitsreaktionen wie Arzneimittelfieber, Angio- ödem, Bronchospasmus, Laryn- gospasmus.

..,. Zur Risikominderung müssen deshalb alle in Arzneimitteln ent- haltenen Wirkstoffe und potentiell allergenen Hilfsstoffe gegenüber Arzt und Patient voll deklariert

sein. Auch sollte jedem gegen ein

592 (86) Heft 9 vom 27. Februar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

Arzneimittel überempfindlichen Patienten ein Allergiepaß ausge- stellt werden.

Die zweithäufigste Gruppe uner- wünschter Arzneimittelwirkungen betraf das zentrale und periphere Nervensystem, wovon 7,7 Prozent psychiatrische Reaktionen und 13,1 Prozent neurologische Stö- rungen und Ausfälle waren.

An nächster Stelle standen uner- wünschte Wirkungen im Bereich des Magen-Darm-Kanals mit 16,1 Prozent aller eingegangenen Be- richte. Die Zahl der Beobachtun- gen über schwere Reaktionen wie Magen-Darm-Ulzera, -Biutu ngen, -Perforationen, -Entzündungen (einschließlich Kolitis) sowie Darmverschlüsse übertraf diejeni- gen der leichteren Magen-Darm- Beschwerden sogar geringfügig. Schwerpunkte waren durch nicht- steroidale Antiphlogistika ausge- löste Magen-Darm-Läsionen und Speiserohrengeschwüre nach Einnahme von zytotoxischen Arz- neistoffen ohne ausreichendes Nachtrinken.

Der Anteil von 11,7 Prozent an Be- richten über Arzneimittel-Miß- brauch und -Abhängigkeit stimmt bedenklich. Dabei handelte es sich vorwiegend um häufig bei Befindensstörungen verordnete, leichte Schmerz-, Schlaf- und Be- ruhigungs- sowie Abmagerungs- mittel. An der Spitze standen Ben- zodiazepine, gefolgt von barbitu- rathaltigen Mitteln und Clome- thiazol (Distraneurin®), das der Behandlung des akuten Alkohol- delirs vorbehalten bleiben sollte.

Knapp 7 Prozent der unerwünsch- ten Wirkungen betrafen Herz und

Kreislauf. Weitere Fälle sind be- reits unter den anaphylaktischen Reaktionen aufgeführt. Zahlrei- che Medikamente führten zu Blut- druckerhöhung und -abfall sowie zu Herzrhythmusstörungen. Bemerkenswert waren Berichte über zum Teil schwere periphere (und eine mesenteriale) Durchblu- tungsstörungen, auch mit Gan-

grän, durch eine Heparin/Dihydro-

(2)

10% 20%

'der 4588 Berichte*

0%

Schwere Überempfindlichkeits- reaktionen 15,4%

Schockreaktionen 7%

Exantheme/Urticaria 16%

Schwere Hautreaktionen/Lyell 4,5%

ZNS/Peripheres NS 13,1%

Psychiatrische Reaktionen 7,7%

Medikamenten-Mißbrauch/

Abhängigkeit 11,7%

Magen-Darm-Beschwerden 7,9%

MD-Ulcera, -Blutungen, Colitis 8,2%

Hämatologische Nebenwirkungen 5,2%

Herz-Kreislauf-Reaktionen 6,8%

Leberfunktionsstörungen/

Leberzellschaden 4,9%

Nebenwirkungen an Niere/Harnwegen 2,6%

Endokrine/hormonelle Nebenwirkungen/

Stoffwechselstörungen 3,3%

Nebenwirkungen am Auge 2,3%

Nebenwirkungsprofil: Auswertung der 4588 Berichte aus 1983

• Pro Bericht werden durchschnittlich 1,4 Symptome angegeben, durch Aufnahme in mehr als eine Gruppe liegt die Prozentsumme über 100

ergotamin-Kombination (verglei- che DEUTSCHES ÄRZTEBLATT vom 10. Dezember 1982, Seite 32).

Besonders tragisch ist eine An- zahl von Berichten über thrombo- embolische Ereignisse unter hor- monaler Kontrazeption mit zum Teil katastrophalen Folgen. Davon waren sechs Frauen jünger als 22 Jahre! Störungen der Blutzellbil- dung und -gerinnung entziehen sich oft bis zur lebensbedroh- lichen maximalen Ausbildung der Erkennung. Dennoch wird der er- fahrene Arzt bei allen unspezifi- schen Beschwerden seiner mit betroffenen Arzneimitteln behan- delten Patienten immer an die Möglichkeit einer unerwünschten Wirkung am blutbildenden Sy- stem denken. So betrafen 1983 5,2 Prozent aller Berichte uner- wünschte hämatologische Wir- kungen. Besorgniserregend ist die Zunahme der Berichte über unerwünschte Arzneimittelwir- kungen an der Leber, von einer Erhöhung spezifischer Enzyme bis hin zum akuten Leberversa- gen. Das Antimykotikum Ketoco- nazol (Nizoral®) und Antiarrhyth- mika, vor allem Prajmaliumbitar- trat (Neo-Gilurytmal®), standen im Vordergrund. Unerwünschte Arz- neimittelwirkungen an der Niere werden durch die beschränkten, nichtinvasiven diagnostischen Möglichkeiten oft erst im fortge- schrittenen Stadium erkannt. So stand akutes Nierenversagen mit über 20 Berichten an der Spitze dieser Symptomengruppe, dicht gefolgt von Berichten über Mik- tionsstörungen bis zur Harnver- haltung. Hämaturie und hämor- rhagische Zystitis betrafen auch Störungen der Blutgerinnung. Un- erwünschte Wirkungen von seiten des Stoffwechselsbzw. Endokrini- ums machten 3,3 Prozent der ein- gegangenen Berichte aus. Die zu- nehmende Verordnung von Arz- neistoffen, die das dopaminerge System beeinflussen, spiegelt sich in über 20 Berichten über Gy- näkomastie, Mastopathie und Ga- laktorrhöe wider.

Die Berichte über besonders schwerwiegende unerwünschte Wirkungen an den Sinnesorganen

hielten sich im Berichtsjahr in Grenzen, Verdachtsfälle von Amaurose, arzneimittelinduzierter Katarakt und Glaukom sowie Taubheit betrafen nur wenige Fäl-

le. Häufiger wurde über Ge- schmackverlust und -störungen berichtet, die jedoch nahezu alle reversibel waren. Vorübergehen- de Störungen des Sehvermögens und der Tränensekretion sowie Konjunktivitiden machten, zusam- men mit akustischen Wahrneh- mungs- und Gleichgewichtsstö- rungen, den Hauptanteil der Be- richte auf diesem Gebiet aus. Im Vergleich zu 1982 hat die Zahl der bei der Geschäftsstelle der Arz- neimittelkommission eingegange- nen Berichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen um nahe- zu 40 Prozent zugenommen. Wir

können die Kollegen nur dann über die Risikosituation in der Bundesrepublik umfassend infor- mieren, wenn uns noch mehr Ärz- te, insbesondere über neue (uner- wartete und schwere) uner- wünschte Arzneimittelwirkungen umgehend in Kenntnis setzen.

Auch Hinweise auf auffällige Häu- fungen bereits bekannter uner- wünschter Wirkungen sind uns wertvoll. Der neue Berichtsbregen im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT er- leichtert Ihnen und uns die Arbeit;

bitte vergessen Sie nicht anzu- kreuzen, wenn sie einen ausführ- lichen Beratungsbrief wünschen.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Postfach 41 01 25

5000 Köln 41

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 9 vom 27. Februar 1985 (89) 593

Referenzen

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