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Toxikologische Bewertung von Stoffen unter REACH: Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung unter Berücksichtigung der ECHA Leitlinien am Beispiel eines Zitronensäureesters

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Toxikologische Bewertung von Stoffen unter REACH:

Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung unter Berücksichtigung der ECHA Leitlinien am Beispiel eines

Zitronensäureesters

Abschlussarbeit im PGS Toxikologie Universität Leipzig

vorgelegt von

Dipl.-Chem. Jutta Göhrig

Schwetzingen, März 2013

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 3

2. Vorgehensweise ... 4

3. Charakterisierung von ATBC ... 6

4. Zusammenstellung der Methoden und Ergebnisse ... 8

4.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften ... 8

4.1.1 Für das Sicherheitsdatenblatt relevante Endpunkte ... 8

4.1.2 Einige ausgewählte Parameter mit Einfluss auf die Ökotoxikologie ... 9

4.2 Studien zum Umweltverhalten ...12

4.3 Ökotoxikologische Eigenschaften ...16

4.3.1 Akute aquatische Toxizität...17

4.3.2 Chronische aquatische Toxizität ...19

4.3.3 Toxizität für Boden- und Sediment-Organismen ...20

4.4 Toxikologische Eigenschaften ...21

4.4.1 Toxikokinetik ...21

4.4.2 Akute systemische Toxizität ...23

4.4.3 Haut- und Augenreizung ...25

4.4.4 Sensibilisierung der Haut ...26

4.4.5 Toxizität nach wiederholter Gabe ...26

4.4.6 Reproduktionstoxikologie ...27

4.4.7 Mutagenität und Kanzerogenität ...29

5. Ergebnisse aus der Gefahrenbewertung ...31

5.1 DNEL (Derived No-Effect Level) Endpunkt Toxikologie ...32

5.2 PNEC (Predicted No-Effect Concentration) Endpunkt Umwelt ...38

5.2 PBT Assessment ...39

6. Zusammenfassung ...45

7. Abkürzungsverzeichnis ...46

6. Literaturverzeichnis ...47

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1. Einleitung

REACH steht für Registrierung, Evaluierung und Zulassung von Chemikalien. Durch die REACH-Verordnung (EG-Verordnung Nr. 1907/2006) wird das Chemikalienrecht in der Europäischen Union grundlegend erneuert und vereinheitlicht. Die zuständige Behörde auf europäischer Ebene ist die ECHA (European Chemicals Agency) mit Sitz in Helsinki und wurde am 01.06.2007 gegründet. Für den Vollzug der REACH-Verordnung in den einzelnen Mitgliedstaaten sind die nationalen Behörden zuständig. Für unser Unternehmen mit Sitz in Ladenburg, Baden-Württemberg ist das Regierungspräsidium Tübingen zuständig.

Grundsätzlich neu unter REACH ist die Übertragung der Verantwortung für die Bewertung der Risiken eines Stoffes und die Bereitstellung entsprechender Sicherheitsinformationen von der Behörde auf die Industrie. Ziel ist es ein hohes Schutzniveau für Arbeitnehmer und Verbraucher sowie für die Umwelt sicher zu stellen. Zudem soll darauf hingearbeitet werden besonders besorgniserregende Stoffe durch unbedenklichere Alternativstoffe zu ersetzen.

Mit in-Kraft-treten der europäischen Chemikalienverordnung REACH am 01.06.2007 ist jeder Hersteller bzw. Importeur verpflichtet das Gefahrenpotential für seine Produkte zu ermitteln und die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren. Zu diesem Zweck muss jedes Unternehmen mit einem Produktions- oder Importvolumen ab 1 Tonne pro Jahr ein Registrierungsdossier bei der europäischen Chemikalienbehörde ECHA einreichen. Für bereits auf dem Markt befindliche Stoffe gelten mengenabhängige Übergangsvorschriften für die Registrierung. Um von den Übergangsfristenfristen profitieren zu können, musste der betroffene Stoff bis zum 30. November 2008 vom Hersteller bzw.

Importeur vorregistriert werden.

Alle potentiellen Registranten eines Stoffes wurden von der ECHA in sogenannte Foren zum Austausch von Stoffinformationen SIEFs (Substance Information Exchange Forum) zusammengefasst. Die Foren sollen den Datenaustausch zu den Stoffeigenschaften insbesondere zu den toxikologischen und ökotoxikologischen Studien zwischen den Vorregistranten erleichtern. Ziel ist es, die Zahl der Tierversuche auf ein Minimum zu reduzieren und alle vorhandenen Daten für eine Evaluierung zu nutzen. Liegt eine Wirbeltierstudie vor, darf diese nicht wiederholt werden und der Studieninhaber ist dazu verpflichtet seine Studie den anderen potentiellen Registranten zur Verfügung zu stellen. Die Forderung an die Registranten ist, ein gemeinsames Registrierungsdossier pro Substanz bei der Behörde vorzulegen.

Die REACH-Verordnung beschreibt in Artikel 12 unter Berücksichtigung der Anhänge VII – X die zunehmenden Informationsanforderungen mit steigender Produktionsmenge.

Anhang VII: Informationsanforderungen für das Mengenband ≥ 1 Tonne Anhang VIII: Informationsanforderungen für das Mengenband ≥ 10 Tonnen Anhang IX: Informationsanforderungen für das Mengenband ≥ 100 Tonnen

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Anhang X: Informationsanforderungen für das Mengenband ≥ 1000 Tonnen

Für Produktions- oder Importmengen ab 1000 Tonnen pro Jahr müssen alle in der REACH- Verordnung genannten Endpunkte erfüllt werden. In Summe sind das ca. 60 Endpunkte aus den Bereichen physikalisch-chemische Eigenschaften, Umweltverhalten, Ökotoxikologie und Toxikologie. Für die aufwändigen Langzeitstudien an Wirbeltieren gemäß den Anhängen IX und X der REACH Verordnung können vom Registranten Versuchsvorschläge eingereicht werden. Die Entscheidung über die Durchführung der Studien obliegt der europäischen Chemikalienbehörde, die diese Testvorschläge evaluiert.

2. Vorgehensweise

Die REACH Verordnung wird von einer Fülle von Guidance-Dokumenten begleitet, die Anleitung zur korrekten Umsetzung geben. Hierfür hat die Europäische Kommission eine Vielzahl von Projekten zur Umsetzung von REACH gestartet. In diesen RIPs (REACH Implementation Projects) werden beispielsweise technische Leitfäden zur Stoffbewertung oder eine Datenbank für die Registrierung entwickelt. Jeder Mitgliedsstaat hat außerdem eine Auskunftsstelle (Helpdesk) für die Unternehmen eingerichtet. Auch viele Industrieverbände bieten ihren Mitgliedsunternehmen Hilfestellung zur Umsetzung.

Die Leitlinien zur Stoffsicherheits- und Expositionsbewertung sind wie folgt gegliedert:

Abbildung 1: Aufbau der Leitlinien (Quelle:

http://guidance.echa.europa.eu/docs/guidance_document/information_requirements_de.htm) Die Leitlinien gliedern sich in Kurzleitlinien zur Einführung in das Thema und ausführliche Leitlinien zur Vertiefung der einzelnen Themenblöcke.

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Die allgemeine Vorgehensweise zur toxikologischen Bewertung eines Stoffes oder eines Gemisches unter REACH beinhaltet folgende Schritte:

1. Die Ermittlung der jährlichen Produktions- und/oder Importmengen;

2. Die Feststellung der Informationsanforderungen für das ermittelte Mengenband;

3. Die Erhebung aller Daten und Informationen, die zu einem Stoff verfügbar sind, sowohl betriebsintern als auch im Forum zum Austausch von Stoffinformationen bzw.

aus der Literatur;

4. Die Evaluierung der Daten inklusive Bewertung der Datenlage im Bezug auf Vollständigkeit und Qualität; Die Zuverlässigkeit der Daten wird anhand eines von Klimisch entwickelten Bewertungsschemas, dem Klimisch-Code festgelegt. In diesem Punktesystem gibt es 4 Bewertungskategorien:

a. Klimisch 1 - Valide ohne Einschränkungen b. Klimisch 2 - Valide mit Einschränkungen c. Klimisch 3 - Nicht valide

d. Klimisch 4 - Keine Zuordnung möglich

Dabei wird u.a. berücksichtigt, ob die Studie gemäß einer standardisierten Prüfmethode (z.B. OECD-Protokoll) durchgeführt wurde, ob die Studie unter GLP durchgeführt wurde, der Umfang der Dokumentation zu der Studie, usw.

5. Die Durchführung einer Datenlückenanalyse gemäß der geforderten REACH Endpunktmatrix;

6. Die Identifizierung der Datenlücken und die Planung des weiteren Vorgehens zur Erhebung fehlender Daten (Prüfstrategie); Neben der Durchführung experimenteller Studien werden in der REACH-Verordnung Anhang XI weitere Möglichkeiten zur Datengewinnung ohne tierexperimentelle Studien aufgeführt.

7. Die Identifizierung einer Schlüsselstudie pro Endpunkt; Dafür ist eine Studie mit mindestens Klimisch 2 Bewertung erforderlich.

8. Die Erstellung der Studienzusammenfassungen (robust study summaries) pro Endpunkt mit Hilfe der IUCLID Software; Diese spezielle Software wird von der Behörde zur Übermittlung der Daten zur Verfügung gestellt. Die Daten werden hierbei in einem vorgegebenen Format eingefügt, was die Evaluierung erleichtert.

9. Die Durchführung einer Stoffsicherheitsbeurteilung (CSA) inklusive einer Expositionsbetrachtung soweit dies erforderlich ist und die Erstellung eines Stoffsicherheitsberichtes (CSR).

Erhebung von Daten

Zur Schließung von Datenlücken wurde erstmals mit REACH die integrierte Teststrategie (ITS) in die Chemikaliengesetzgebung aufgenommen. Es handelt sich hierbei um eine Weiterentwicklung des 3R-Konzeptes. Dabei geht es um den Ersatz einer Tierstudie durch

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z.B. mehrere in-vitro Methoden (Testbatterie). Im Anhang XI der REACH-Verordnung wird auf folgende Vorgehensweisen und Konzepte verwiesen: Analogie- bzw. Stoffgruppen- konzept, d.h. Übernahme der Daten von Stoffen mit ähnlichen inhärenten Eigenschaften, aufgrund von beispielsweise struktureller Ähnlichkeit und/oder gleicher Abbauprodukte.

Nutzung von validen Modellen zur computergestützten Abschätzung von Stoffeigenschaften durch Ermittlung quantitativer oder qualitativer Struktur-Wirkungsbeziehungen (QSAR).

Liegen zu einem Endpunkt mehrere unabhängige Datenquellen vor, aber keine hat die Validität einer Schlüsselstudie, kann über den Ansatz zur Ermittlung der Beweiskraft der Daten (weight of evidence) der Endpunkt belegt werden. Müssen neue experimentelle Studien beauftragt werden, sollen diese gemäß dem OECD-Methodenkatalog unter GLP durchgeführt werden.

Stoffsicherheitsbewertung

Das Kernstück des REACH Dossiers bildet der Stoffsicherheitsbericht (CSR). Dieser ist ab einer Produktions- oder Importmenge von 10 Tonnen pro Jahr verpflichtend. Er besteht aus der Gefahrenbewertung und falls erforderlich ergänzt um eine Expositionsbewertung.

Zentrale Elemente sind hierbei die Festlegung der Einstufung und Kennzeichnung, die PBT- Bewertung und die Ermittlung der Grenzwerte (DNEL, PNEC) für die toxikologischen und ökotoxikologischen Gefährdungen. Ergibt sich aus der Stoffsicherheitsbeurteilung, dass ein Stoff aufgrund seiner schädlichen Wirkung gemäß der CLP-Verordnung eingestuft werden muss, so ist zwingend im nächsten Schritt eine Expositionsbetrachtung erforderlich.

Sicherheitsdatenblatt

Die Ergebnisse aus der Stoffsicherheitsbewertung fließen unmittelbar in das erweiterte Sicherheitsdatenblatt ein. Das Sicherheitsdatenblatt und die angehängten Expositions- szenarien für die verschiedenen Verwendungen legen die erforderlichen Risikominderungs- maßnahmen zur sicheren Handhabung einer Substanz fest. Jedem Akteur in der Lieferkette ist entsprechend mit dem Stoff ein Sicherheitsdatenblatt auszuhändigen. Jeder Anwender ist verpflichtet die entsprechenden Risikomanagementmaßnahmen in seinem Betrieb umzusetzen. Zudem muss jeder Anwender prüfen, ob seine Anwendung durch die Expositionsszenarien abgedeckt ist. Sind seine Anwendungen nicht erfasst, ist er dazu verpflichtet eine eigene Stoffsicherheitsbeurteilung durchzuführen unter Berücksichtigung seiner spezifischen Verwendungsbedingungen.

3. Charakterisierung von ATBC

Ein zentraler Punkt für die Erstellung eines gemeinsamen Registrierungsdossiers ist die Identifizierung des Stoffes. Die Identifizierungsmerkmale eines Stoffes sind in der REACH- Verordnung Anhang VI gelistet. Dazu gehören beispielsweise die CAS-Nummer, die EINECS-Nummer und die IUPAC-Nomenklatur. Weitere Merkmale sind Summen- und

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Strukturformel, Zusammensetzung, Reinheit, Art der Verunreinigungen. Ein Stoff gilt als Einzelsubstanz, wenn die Hauptkomponente zu mindestens 80 % enthalten ist und keiner der weiteren Inhaltsstoffe mit einer Konzentration über 10 % enthalten ist. Generell sollten Verunreinigungen mit einer Konzentration über 1 % identifiziert werden. Verunreinigungen mit gefährlichen Eigenschaften sollten grundsätzlich spezifiziert werden. Chromatogramme (GC, HPLC) und Spektraldaten (UV, IR, NMR, MS) müssen zum Beleg der Identität und Reinheit vorgelegt werden. Ansonsten liegt es in der Verantwortung der potentiellen Registranten die Substanzidentifizierung durchzuführen. Für ATBC konnte dies relativ einfach durchgeführt werden, da die Substanz gut charakterisiert ist und in einschlägigen Monographien (z.B. dem europäischen Arzneibuch) anhand einer Reihe von Prüfmerkmalen eindeutig spezifiziert ist.

Substanzidentifizierungsmerkmale:

Acetyltributyl citrat (ATBC) ist eine klare, farblose Flüssigkeit.

Chemischer Name Acetyltributyl citrat

IUPAC Name 1,2,3-Tributyl-2-acetyloxypropan-1,2,3,- tricarboxylat

EC Nummer 201-067-0

CAS Nummer 77-90-7

Summenformel C20H34O8

Molekulargewicht 402,5 g/mol

Strukturformel:

Reinheit:

Für die experimentellen Studien wurde die Substanz mit einer Reinheit von mindestens 99,0 % eingesetzt.

O O

O

O O

CH3 O

CH3 C

H3

O O

CH3

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Herstellung / Synthese:

Acetyltributyl citrat (ATBC) wird aus den Ausgangsstoffen Zitronensäure, n-Butanol und Acetanhydrid hergestellt. Im ersten Schritt wird die Zitronensäure mit der Alkoholkomponente im Überschuss verestert. Im zweiten Schritt erfolgt die Acetylierung, wobei die freie Hydroxylgruppe der Zitronensäure mit Acetanhydrid acetyliert wird. Danach wird der Rohester über mehrere Schritte aufgereinigt und destilliert.

Einsatzgebiete, technische Anwendungen:

Zitronensäureester wie ATBC finden in großem Umfang Anwendung als Weichmacher in Kunststoffen sowie in Beschichtungsmitteln und Dichtungsmassen. Dabei wird ATBC nicht kovalent in die Polymermatrix gebunden, sondern physikalisch-chemisch über polare Wechselwirkungen mit dem Polymer.

4. Zusammenstellung der Methoden und Ergebnisse

Für ATBC gibt es bereits umfangreiche Informationen insbesondere zur Toxikologie.

Erhoben wurden Daten zu den physikalisch-chemischen Eigenschaften, dem Umwelt- verhalten und zur Ökotoxikologie. Zur aquatischen Toxikologie wurde eine schrittweise Vorgehensweise gewählt, was zur Reduzierung von Tierversuchen geführt hat. In der Toxikologie lag der Schwerpunkt nicht auf der Entwicklung einer Teststrategie zur Generierung neuer Daten, sondern auf der Zusammenstellung und Bewertung der vorhandenen Daten für die Stoffsicherheitsbeurteilung. Die hier vorgestellten Ergebnisse beruhen auf Studien mit der Bewertungskategorie Klimisch 1 oder 2 (Erläuterung auf Seite 5). Einzige Ausnahme hiervon ist der Endpunkt Sensibilisierung, der über den Ansatz zur Beweiskraft der Daten belegt wurde. In diesem Fall gab es keine Schlüsselstudie mit ausreichender Datenqualität. Der Umfang der Daten entspricht den Anforderungen für eine Registrierung im Tonnageband ab 1000 Tonnen Produktionsmenge pro Jahr.

4.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften

4.1.1 Für das Sicherheitsdatenblatt relevante Endpunkte

Mindestens für die folgenden Eigenschaften muss gemäß der ECHA-Leitlinie R.9 das Gefahrenpotential der Chemikalie für die menschliche Gesundheit ermittelt werden:

Entzündlichkeit, Explosionsfähigkeit, Selbstentzündungstemperatur und brandfördernde Eigenschaften

Entzündlichkeit / Flammpunkt:

Die Entzündlichkeit ist der relevante Endpunkt für Gase und Feststoffe. Für Flüssigkeiten hingegen ist der Flammpunkt zu bestimmen. Die Durchführung erfolgte gemäß der europäischen Prüfmethodenverordnung Methode A.9. Das Prüfverfahren ist auf flüssige Substanzen anwendbar. Es ist sinnvoll vor der Durchführung einer Flammpunktbestimmung

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Vorinformationen über die Entzündlichkeit der Prüfsubstanz zu haben. Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur bei der Dämpfe der Testsubstanz unter den spezifischen Testbedingungen ein entflammbares Dampf-Luft-Gemisch bilden. Die Substanz wurde in einem geschlossenen Tiegel gemäß der Standardapparatur nach Pensky-Martens in einem Temperaturbereich von 40 – 360°C geprüft. Dabei wurde eine Zündquelle in regelmäßigen Temperaturintervallen durch eine Öffnung im Tiegeldeckel in die Dampfphase über der Probe eingebracht. Es wurde eine Zweifachbestimmung mit jeweils 75 ml Testsubstanz durchgeführt (Renzi 2008).

Stoffsicherheitsbewertung: Der Flammpunkt wurde mit 217,9°C bei 1017 hPa bestimmt. Als entzündbare Flüssigkeiten gelten Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt von maximal 60°C.

Somit erfüllt ATBC nicht das Kriterium für eine Einstufung gemäß CLP-Verordnung.

Explosionsfähigkeit:

ATBC enthält keine chemischen Gruppen (z.B. ungesättigte C-C-Bindungen, Hydroxid- oder Ethergruppen), die auf eine Explosionsfähigkeit schließen lassen. Gemäß der REACH- Verordnung Anhang VII, Punkt 7.11 ist daher keine Prüfung erforderlich.

Selbstentzündungstemperatur:

Dieser Endpunkt ist für ATBC nicht relevant, da die Substanz einen Flammpunkt über 200°C hat und damit gemäß der REACH-Verordnung Anhang VII, Punkt 7.12 an der Luft nicht selbstentzündlich ist.

Brandfördernde Eigenschaften (oxidierende Flüssigkeiten):

Aufgrund der chemischen Struktur ist keine brandfördernde Eigenschaft zu erwarten. Es handelt sich um eine organische Verbindung, wobei der Sauerstoff ausschließlich mit Kohlenstoff chemisch gebunden vorliegt. Somit ist eine Prüfung gemäß REACH-Verordnung Anhang VII, Punkt 7.13 nicht erforderlich.

Stoffsicherheitsbewertung: Zusammenfassend konnte für ATBC für die aufgeführten sicherheitsrelevanten Endpunkte keine Gefährdungspotential identifiziert werden.

4.1.2 Einige ausgewählte Parameter mit Einfluss auf die Ökotoxikologie

Es wurden zuerst die physikalisch-chemischen Daten erhoben, um aus den Ergebnissen die richtige Planung für die experimentellen Studien zur Ökotoxikologie abzuleiten. Zum Beispiel sind die Wasserlöslichkeit und der Dampfdruck wichtige Parameter zum Verhalten und zur Verteilung der Substanz in der Umwelt. Der Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (LogKow) gibt Hinweise auf die zu erwartende Affinität zu biologischen Membranen und die Akkumulationsfähigkeit. Die Wasserlöslichkeit ist zudem ein entscheidender Parameter für die aquatische Toxizität.

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Wasserlöslichkeit:

Die Prüfung wurde gemäß der OECD Methode 105 bzw. der Methode A.6 der europäischen Prüfmethodenverordnung durchgeführt (Frischmann 2009). Es werden zwei Methoden beschriebenen, die Säulen-Elutions-Methode und die Kolbenmethode. Aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit von ATBC aus Vorversuchen wurde die Säulen-Elutions-Methode gewählt. Diese erwies sich jedoch für ATBC als nicht geeignet, da die Wasserlöslichkeit mit der Flussrate anstieg. Daher wurde die Wasserlöslichkeit mit Hilfe der Kolbenmethode abgeschätzt. Die Testsubstanz wurde unter Rühren bei Raumtemperatur über einen Zeitraum von 24 Stunden in Wasser gelöst und am Ende zentrifugiert. Durch flüssig/flüssig Extraktion mittels Pentan wurde die gelöste Testsubstanz von der Wasserphase abgetrennt.

Die Analytik der Pentan-Phase erfolgte gaschromatographisch mittels FI-Detektor (Flammen- ionisation) unter Verwendung von n-Decan als interner Standard zur Kalibrierung. Es wurden 4 Messungen bei jeweils 2 identischen Testsubstanzmengen durchgeführt bei einem pH zwischen 6,7 und 6,8.

Ergebnis für die Stoffsicherheitsbewertung: Mit dieser Methode wurde eine Wasserlöslichkeit von 4,49 mg/l bei 20°C ermittelt.

Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser:

Die Prüfung wurde gemäß der OECD Methode 117 bzw. der Methode A.8 der europäischen Prüfmethodenverordnung durchgeführt (Villa 2008). Es wurde die HPLC-Methode als indirekte Bestimmung gewählt, da sie für den zu erwartenden Verteilungskoeffizienten zwischen 0 und 6 geeignet ist. Für diese Methode wurde die Säule LiChrosorb RP-18 mit Umkehrphaseneigenschaften eingesetzt. Als polare mobile Phase wurde eine Mischung aus 75 % Methanol und 25 % Wasser verwendet. Es wurden 4 Messungen mit einem Injektions- volumen von 10 µl bei einer Temperatur von 40 ± 1°C und einem pH von 7,1 durchgeführt.

Bei einer Flussrate von 1,0 ml/min dauerte ein Lauf 40 Minuten. Die Elution erfolgt pro- portional zum jeweiligen Kohlenwasserstoff-Wasser-Verteilungskoeffizienten. Zuerst werden die wasserlöslichen und zuletzt die öllöslichen Substanzen eluiert. Dadurch kann eine Beziehung zwischen der Retentionszeit und dem Verteilungskoeffizienten für n-Oktanol /Wasser aufgestellt werden. Der Verteilungskoeffizient wird vom Kapazitätsfaktor k‘ über die Formel k‘ = (tR – t0) / t0 abgeleitet, wobei tR die Retentionszeit der Prüfsubstanz und t0 die durchschnittliche Zeit ist, die ein Lösungsmittelmolekül für die Wanderung durch die Säule benötigt (Totzeit). Die Totzeit wurde mittels Einspritzung von Thioharnstoff-Lösung bestimmt.

Quantitative Analysenmethoden sind nicht erforderlich, es müssen lediglich die Elutions- zeiten erfasst werden. Die Detektion erfolgte mittels eines UV-Detektors bei einer Wellen- länge von 210 nm. Nach Erstellung einer Kalibriergeraden log k‘/log Kow unter Verwendung geeigneter Referenzsubstanzen mit bekannten Verteilungskoeffizienten konnte der LogKow ermittelt werden.

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Ergebnis für die Stoffsicherheitsbewertung: Die Methode ergab einen LogKow von 4,86.

Dampfdruck:

Die Durchführung erfolgte gemäß der OECD Methode 104 bzw. der europäischen Prüfmethodenverordnung Methode A.4 (Kintrup 2009). Da für die Testsubstanz aus technischen Gründen keine der aufgeführten Methoden anwendbar war, wurde der Dampfdruck gemäß der Schätzmethode, wie in der Anlage zur Methode A.4 beschrieben, abgeschätzt. Diese Methode ist für Dampfdrücke im Bereich 105 Pa bis 10-5 Pa geeignet.

Ergebnis für die Stoffsicherheitsbewertung: Die Kalkulation ergab einen Dampfdruck von

≤ 0,027 hPa (mbar) bei 20°C.

Siedetemperatur:

Die Durchführung erfolgte gemäß der europäischen Prüfmethodenverordnung (Villa 2009).

Von den aufgeführten Methoden wurde die Differentialscanningkalorimetrie (A.2) ausgewählt. Mit diesem Verfahren wird der Unterschied in der Energieaufnahme zwischen einer Testsubstanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Testsubstanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes Abweichen (Sieden) von der Basis des Wärmeflussbildes angezeigt. In einem Vortest wurde die thermische Stabilität der Testsubstanz im Temperaturbereich von 330 – 400°C in Schritten von 10°C pro Minute überprüft. Der eigentliche Test wurde dann dreifach mit jeweils 8 - 10 mg ATBC durchgeführt. Die Erhitzung erfolgte in Schritten von 2°C pro Minute und die DSC-Kurve wurde bis zu einer Temperatur von 470°C aufgenommen.

Der Wärmestrom in mW/mg wird hierbei gegen die Temperatur aufgezeichnet. Beim Phasenübergang flüssig zu gasförmig verändert sich der Wärmestrom der Testsubstanz im Vergleich zum Referenzmaterial. Das hängt damit zusammen, dass das Verdampfen von Flüssigkeiten immer mit einer Energieaufnahme einhergeht. Die Durchführung erfolgte unter inerter Stickstoffatmosphäre und Umgebungsdruck.

Ergebnis für die Stoffsicherheitsbewertung: Die ermittelte Siedetemperatur beträgt 331°C bezogen auf den Standarddruck (100 kPa).

Schmelztemperatur:

Da der Schmelzpunkt für ATBC nicht ermittelbar ist, wurde der Pourpoint gemäß der Standardtestmethode ASTM D 97-02 bestimmt (Renzi 2008). Der Poupoint ist die Temperatur, bei der die Probe nach dem Abkühlen gerade noch wahrnehmbar fließfähig ist.

Es wurde eine Dreifachbestimmung mit jeweils 40 ml Testsubstanz durchgeführt.

Ergebnis für die Stoffsicherheitsbeurteilung: Der ermittelte Pourpoint beträgt -57°C.

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4.2 Studien zum Umweltverhalten

Zum Umweltverhalten zählt sowohl die Verteilung der Chemikalie zwischen den Kompartimenten Wasser, Luft, Boden und Sediment als auch die Abbau- und Transformationsprozesse in den einzelnen Kompartimenten.

Screening-Test auf leichte biologische Abbaubarkeit:

Bei diesem Test handelt es sich um ein Screening-Verfahren auf leichte biologische Abbaubarkeit unter aeroben Bedingungen im wässrigen Medium. Gemäß dem OECD Methodenkatalog stehen mehrere Prüfmethoden zur Verfügung. Abhängig von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Substanz (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Adsorptionspotential) sollte eine passende Methode ausgewählt werden. Für ATBC wurde das Verfahren des geschlossenen Flaschentests (OECD 301D) verwendet (Lebertz 2009).

Gemessen wird der durch den Abbau verursachte Sauerstoffbedarf über einen Zeitraum von 28 Tagen unter Verwendung eines nicht voradaptierten Inokulums in einem sauerstoff- reichen Medium. Für das Inokulum wurden Mikroorganismen aus einer kommunalen Kläranlage und aus einer Bodenprobe kombiniert verwendet. Als Medium wurde ultrareines Wasser unter Zusatz einer Nährstofflösung verwendet. Zur Überprüfung der Aktivität der Mikroorganismen wurde als Kontrollsubstanz das biologisch leicht abbaubare und gut wasserlösliche Natriumbenzoat in einer Konzentration von 3,2 mg/l eingesetzt. ATBC wurde in einer Konzentration von 1,6 mg/l eingesetzt. Der Test wurde über 28 Tage im Dunkeln bei einer Temperatur von 19 – 21°C durchgeführt. Folgende Testansätze wurden geprüft: 15 Flaschen mit Prüfsubstanz und Inokulum, 15 Flaschen mit Kontrollsubstanz und Inokulum, 15 Flaschen nur mit Inokulum (Blindwert) und 15 Flaschen mit Prüfsubstanz, Kontroll- substanz und Inokulum zur Toxizitätskontrolle. Der Gehalt an gelöstem Sauerstoff im Medium wurde zum Startpunkt 0 und nach 7, 14, 21 und 28 Tagen mit einer Sauerstoff- elektrode gemessen. Der biochemische Sauerstoffbedarf (BOD) wurde aus der Differenz zwischen Prüfzeitpunkt und Startpunkt unter Berücksichtigung der Sauerstoffzehrung des Inokulums (Blindwert) berechnet. Dieser Wert wird dann noch durch die Konzentration der Substanz in der Flasche dividiert. Der Abbau in % ergibt sich gemäß folgender Gleichung:

% biologischer Abbau = BOD (mg O2 / mg Prüfsubstanz)

ThOD (mg O2 / mg Prüfsubstanz) x 100

Der theoretische Sauerstoffbedarf (ThOD) wird aus der Summenformel der Substanz berechnet. Das ist die Gesamtmenge an Sauerstoff, die zur vollständigen Oxidation erforderlich wäre. In der Toxizitätskontrolle wurden 47 % Abbau nach 14 Tagen gemessen.

Damit konnte kein inhibitorischer Effekt auf die Mikroorganismen festgestellt werden (Kriterium für diesen Test gemäß OECD-Protokoll: mindestens 25 % Abbau innerhalb von 14 Tagen). Die Kontrollsubstanz wurde innerhalb von 7 Tagen zu 72 % abgebaut, damit erfüllt

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der Test das Validitätskriterium gemäß OECD-Protokoll mit mehr als 60 % Bioabbau inner- halb eines 14-Tage-Fensters. Für ATBC wurde in diesem Test ein Bioabbau von 16 % nach 28 Tagen erreicht. Die Abbaukurven wurden grafisch dargestellt.

Abbildung 2: Grafische Darstellung der Ergebnisse zum leichten Bioabbau (Quelle: Final Report SGS Institut Fresenius, Study-No.: IF-09/01533953)

Stoffsicherheitsbewertung: Das OECD-Kriterium für eine leichte biologische Abbaubarkeit (> 60 % Bioabbau innerhalb eines 14-Tage-Fensters) wurden nicht erreicht. ATBC ist somit unter diesen Testbedingungen als nicht leicht biologisch abbaubar einzustufen.

Zu berücksichtigen ist, dass ATBC ein hohes Adsorptionsvermögen an den Belebtschlamm zuzuschreiben ist sowie eine geringe Wasserlöslichkeit im Prüfmedium. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Substanz nicht im ausreichenden Maße den Mikro- organismen zum Abbau zur Verfügung stand. Die mangelnde Bioverfügbarkeit unter diesen Testbedingungen wäre somit eine Erklärung für das schlechte Ergebnis.

Screening-Test auf inhärenten biologischen Abbau:

Als weiterer Screening-Test zum Nachweis eines potentiellen Bioabbaus von ATBC unter aeroben Bedingungen wurde ein modifizierter MITI II-Test (OECD 302C) beschrieben (Miti 1992). Das Testprinzip ist wie oben beschrieben, d.h. es wird der biochemische Sauerstoff- bedarf (BOD) gemessen und über den theoretischen Sauerstoffbedarf (ThOD) der Bioabbau in Prozent berechnet. Der Test wird in einer vollautomatischen geschlossenen Apparatur

Biodegradability acc. to OECD 301D

0 20 40 60 80 100

0 5 10 15 20 25 30

Time (d)

% Degradation (% ThOD)

Test Substance Sodiumbenzoate Tox-Control

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durchgeführt. Für das Inokulum wurde Belebtschlamm aus verschiedenen kommunalen Kläranlagen und aus Sedimentproben kombiniert verwendet. 9 mg der Testsubstanz wurden in 300 ml Kulturmedium eingebracht. Der Test wurde über 28 Tage bei einer Temperatur von 25 ± 1°C mit kontinuierlicher Durchmischung durchgeführt. Das entstandene CO2 wurde mit Natronkalk absorbiert. Als Negativkontrolle wurde Medium mit Inokulum angesetzt. Zur Kontrolle der Aktivität der Bakterien wurde die Referenzsubstanz Anilin verwendet. Die Kontrollsubstanz erfüllte das Validitätskriterium mit mehr als 60 % Bioabbau innerhalb eines 14-Tage-Fensters. ATBC ist unter diesen Testbedingungen inhärent biologisch abbaubar.

Die Testbedingungen sind hier weniger stringent als beim Test auf leichte biologische Abbaubarkeit. So wird beispielsweise bei diesem Test mit höheren Inokulum- Konzentrationen gearbeitet.

Stoffsicherheitsbewertung: In diesem Test konnte innerhalb von 28 Tagen ein Bioabbau von 82 % erreicht werden.

Abbaubarkeit im Boden:

Im Boden konnte ein leichter biologischer Abbau für ATBC gezeigt werden. Der Test wurde in Anlehnung an die Standardmethode ASTM D 5988 "Standard Test Method for Determining Aerobic Biodegradation of Plastic Materials in soil" durchgeführt (Farrell 2000).

Das Prinzip der Methode beruht auf dem Monitoring der Umwandlung der Kohlenstoffatome der Prüfsubstanz in Kohlendioxid während vorgegebener Versuchsbedingungen. Der verwendete Versuchsboden wurde auf ein Wasserrückhaltevermögen von 60 % eingestellt.

Für die Positivkontrolle wurde als Substrat mikrokristalline Cellulose zugesetzt. Zur Negativkontrolle wurde der Versuchsboden ohne Substrat inkubiert. 134 mg ATBC wurden mit 50 g Versuchsboden für 42 Tage bei 30 ± 1°C im Biometer-Kolben unter aeroben Bedingungen im Dunkeln inkubiert. Während der Probenahme wurde die Apparatur für jeweils 20 Minuten belüftet um eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten.

Die gebildete CO2-Menge wurde in regelmäßigen Zeitintervallen gemessen. Dazu wurde das CO2 in KOH-Lösung absorbiert. Das Carbonat wurde mit BaCl2 ausgefällt und die Restmenge an KOH durch Titration mit HCl bestimmt. Die CO2-Entwicklung durch die Test- substanz wurde relativ zur Kontrolle nur mit Boden ermittelt. Unter Berücksichtigung der theoretisch maximalen CO2-Entwicklung (ThCO2) aufgrund des Kohlenstoffgehaltes von ATBC errechnet sich der Bioabbau in Prozent. Die Mineralisierung der Testsubstanz war durchweg höher als die der Kontrollsubstanz. Der Verlauf der Abbaukurve über den Versuchszeitraum wird auf der folgenden Seite vorgestellt. Der Abbau liegt nach 42 Tagen bei über 100 % ThCO2 und weist damit auf einen „Priming-Effekt“ durch ATBC hin, d.h. der Abbau organischer Bodensubstanz wird durch die Zusätze verstärkt.

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Abbildung 3: Abbaukurve bei einer Substratmenge von 268 mg in 50 g Versuchsboden (Quelle: Final Report R.E. Farrell Universities of Saskatchewan and Massachusetts-Lowell)

Stoffsicherheitsbewertung: ATBC erfüllt die für diesen Test festgelegten Kriterien für eine leichte biologische Abbaubarkeit mit 60% Abbau bezogen auf den ThCO2 innerhalb eines 14- Tage-Fensters. Die Zeitdauer bis zum Erreichen der 60 %-Marke für die verwendete Konzentration von 1,6 mg Kohlenstoff pro g Boden lag bei 10,9 Tagen.

Schätzung des Adsorptionskoeffienten (Koc) im Boden mittels HPLC:

Die Durchführung erfolgte gemäß OECD 121 bzw. der EU-Prüfmethode C.19. Das Prinzip der Prüfung beruht auf der gleichen Grundlage wie für die Ermittlung des Verteilungs- koeffizienten Oktanol/Wasser (siehe hierzu Seite 10). Die Retentionszeit am Säulenmaterial korreliert mit dem Adsorptionskoeffizienten und wird mittels einer Kalibriergeraden log k‘

gegen logKoc mit dem Kapazitätsfaktor k‘ über die Gleichung k' = (tR - t0)/t0 hergeleitet, wobei tR die Retentionszeit der jeweiligen Test- bzw. Referenzsubstanz ist und t0 die Totzeit. Als Säulenmaterial für die stationäre Phase wurde eine Cyanopropyl-Festphase gebunden an eine Silica-Matrix eingesetzt. Als mobile Phase wurde eine Mischung aus 55 % Methanol und 45 % Wasser verwendet. Zur Erstellung einer Kalibriergeraden wurden sechs Referenz- substanzen mit unterschiedlichen Adsorptionskoeffizienten eingesetzt. Für die Bestimmung der Totzeit wurde Natriumnitrat-Lösung eingespritzt, da es durch die Säule nicht retardiert wird. Der Test wurde mit der Prüfsubstanz und der Mischung aus Referenzsubstanzen bei einer Temperatur von 25 ± 1°C mit einem Injektionsvolumen von 20 µl ausgeführt. Die Detektion der Prüfsubstanz erfolgte mittels eines UV-Detektors bei 220 nm. Mit dem Substanz-Peak bei 12,4 Minuten wurde ein Adsorptionskoeffizient LogKoc von 4,27 (Koc 18.664 L/kg) ermittelt (Henke, 2010).

(16)

Stoffsicherheitsbeurteilung: Der ermittelte Adsorptionskoeffizient weißt auf eine hohe Sorption an organische Stoffe in Boden und Sediment hin. Die Adsorption hat den Vorteil, dass die Chemikalie nicht ins Grundwasser gelangen kann. Nachteilige Auswirkungen ergeben sich aber bei Überschwemmungen, da dann schlagartig viel Substanz freigesetzt werden kann.

Biokonzentration:

Lipophile Stoffe neigen dazu sich im Fettgewebe anzureichern. Für aquatische Organismen ist daher entsprechend ein Biokonzentrationsfaktor zu bestimmen. Das ist das Verhältnis der Konzentration des Stoffes im Organismus zur Konzentration im Wasser. Gemäß dem Anhang IX der REACH-Verordnung ist eine Prüfung erforderlich für Stoffe mit einem n- Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten LogKow > 3. Diese Stoffe reichern sich um das 1000fache in der n-Oktanol-Phase an und besitzen somit ein Bioakkumulationspotential. Da keine experimentellen Studien vorliegen, wurde für eine Risikobeurteilung der ersten Stufe der Biokonzentrationsfaktor (BCF) abgeschätzt (Fh-ITEM 2009). Der Biokonzentrationsfaktor kann näherungsweise aus dem Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten berechnet werden.

Als Grundlage für die Berechnung wurde der experimentell ermittelte LogKow von 4,86 angesetzt. Zur Abschätzung der Biokonzentration im Fisch wurde das Programm EPIWIN (Version 4.0), BCFBAF (Version 3.00) verwendet. Dieses Programm wurde von der US EPA entwickelt. Der über die Software kalkulierte Wert liegt bei 31,57 (l/kg).

Stoffsicherheitsbeurteilung: Aufgrund dieses Ergebnisses kann auf ein geringes Biokonzentrationspotential geschlossen werden. In der CLP-Verordnung ist ein BCF von

≥ 500 festgelegt, ab dem man von einem Biokonzentrationspotential ausgehen muss. Dieses Ergebnis allein reicht jedoch nicht für eine abschließende Beurteilung aus. Zusätzlich wurden die Ergebnisse aus einer Toxikokinetik-Studie in Ratten herangezogen. Es konnte eine schnelle Biotransformation und Eliminierung von ATBC nachgewiesen werden und ein Bioakkumulationspotential wurde nicht identifiziert. Auf eine tierexperimentelle Studie zur Biokonzentration in Fischen (OECD 305) wurde daher verzichtet, zumal die Bioverfügbarkeit von ATBC im Medium Wasser aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit und des hohen Adsorptionspotentials an Boden und Sediment als gering eingestuft wurde.

4.3 Ökotoxikologische Eigenschaften

Die Ökotoxikologie untersucht schädliche Einflüsse von Stoffen auf Struktur und Funktion von Populationen und Ökosystemen. Zum Unterschied zur Toxikologie fokussiert die Ökotoxikologie nicht auf das einzelne Individuum.

(17)

4.3.1 Akute aquatische Toxizität

Gemäß der REACH-Verordnung wird die aquatische Toxizität an drei repräsentativen Spezies (Fisch, Wirbellose und Alge) geprüft. Sehr schwer wasserlösliche Substanzen zeigen in der Regel keine aquatische Toxizität. Für das Studiendesign ist es wichtig, dass die Substanz in gelöster Form vorliegt. Bei der Prüfung schwer wasserlöslicher Stoffe wie ATBC wird mit dem WAF-Konzept gearbeitet. Hierbei wird eine gesättigte Lösung der Prüfsubstanz hergestellt und ungelöste Substanzanteile abgetrennt.

Prüfung der Toxizität gegenüber Fischen:

Die Prüfung der akuten Fischtoxizität wurde in Anlehnung an die OECD-Standardmethode 203 am Blauen Sonnenbarsch in Süßwasser durchgeführt (Foulds 1974). Das WAF-Konzept für schwerlösliche Substanzen wie ATBC war zu diesem Zeitpunkt noch nicht etabliert und wurde somit in dieser Studie nicht berücksichtigt. Die regulatorische Bewertung der Prüf- ergebnisse erfolgte unter Bezug auf die höchste eingebrachte Substanzmenge, von der keine toxischen Effekte ausgingen, unabhängig von der Frage, ob die Substanz gelöst vorlag oder nicht. Fische wurden für 96 Stunden der Testsubstanz in Ausgangskonzentrationen bis zu 120 mg/l nominal ausgesetzt. Die Prüfbedingungen waren ein pH-Wert von 6,5 – 7,6, eine gelöste Sauerstoff-Konzentration von 70 - 95 % und eine Temperatur von 23 – 24°C. Der Test wurde im Durchflussverfahren, d.h. mit Wassererneuerung durchgeführt. Ermittelt wurde die Mortalität nach 24, 48, 72 u. 96 Stunden. Bei hohen Konzentrationen wurden negative Effekte auf die Aktivität und die Beweglichkeit der Fische beobachtet. Nach Beendigung der Exposition und einer anschließenden Erholungsphase von 48 Stunden waren diese Effekte jedoch vollständig reversibel.

Stoffsicherheitsbewertung:

Für diese Studie wurde der LC50-Wert bezogen auf die nominale Konzentration für 96 Stunden auf > 38 - < 60 mg/l festgelegt. Alternativ steht heute eine in-vitro Prüfung der akuten Toxizität an Fischeiembryonen zur Verfügung. Ein OECD-Standardprüfprotokoll liegt bereits vor, das aber noch nicht verabschiedet und in Kraft getreten ist. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass es beim Fischembryo im Gegensatz zum adulten Fisch zu Unterschieden in der Resorption und im Metabolismus der Fremdsubstanz kommen kann. Zur Prüfung auf neurotoxische Effekte ist diese Methode jedoch nicht geeignet.

Prüfung der Toxizität gegenüber Daphnien:

Diese Prüfung wurde in Anlehnung an die Prüfmethode OECD 202 an juvenilen Daphnien (Alter < 24 h) durchgeführt. Die Tiere wurden der Testsubstanz für 24 Stunden bei 20°C ohne Futterzugabe ausgesetzt. Es wurde die in diesem Test maximal lösliche Konzentration von 1 mg/l ATBC bei pH 7,1 geprüft. Nach 24 Stunden konnte keine Immobilisation der Daphnien beobachtet werden (Rübelt 1997).

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Stoffsicherheitsbewertung: Es traten keine negativen Effekte bei den Daphnien auf. Die Konzentration bei der 50 % der Tiere immobilisiert werden (EC50) liegt damit mit > 1 mg/l oberhalb der Wasserlöslichkeit für diese Studie.

Prüfung der Toxizität gegenüber Algen:

Es wurde ein Test auf Hemmung des Algenwachstums gemäß OECD 201 durchgeführt (Lebertz 2009). Die Toxizität von ATBC wurde gegenüber der einzelligen Grünalgenart Desmodesmus subspicatus über mehrere Generationen untersucht. Der Test wurde in einem Kulturmedium über einem Zeitraum von 72 Stunden bei einer Temperatur von 24 – 25°C und einer Beleuchtungsstärke von ca. 8000 Lux durchgeführt. Es wurden fünf verschiedene ATBC-Konzentrationen getestet: 10, 20, 40, 80 und 100 mg/l (nominale Konzentration). Aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit der Testsubstanz wurde mit dem WAF-Konzept (Water Accomodated Fraction) gearbeitet. Für jede Testkonzentration wurde eine Sättigungskonzentration hergestellt und die ungelöste Substanz abfiltriert. Die Stabilität der Testsubstanz über den Versuchszeitraum wurde IR spektroskopisch geprüft. Die Zelldichte wurde zu den Zeitpunkten 0, 24, 48 und 72 Stunden durch Trübungsmessung bestimmt. Der Endpunkt für diese Prüfung war die Abnahme der Wachstumsrate durch die Exposition mit der Prüfsubstanz ATBC. Als Ergebnis wurde der NOEC-Wert ermittelt, d.h. die höchste Konzentration, bei der noch kein statistisch signifikanter Effekt auf die Wachstums- rate im Vergleich zur Kontrolle auftrat. Der NOEC wurde über eine statistische Auswertung unter Verwendung der Programms ToxTatPro Version 2.10.03 berechnet.

Stoffsicherheitsbewertung: Der abgeleitete NOEC-Wert für diesen Test beträgt 4,7 mg/l. Die effektive Konzentration konnte nicht eindeutig bestimmt werden. Es muss davon aus- gegangen werden, dass ungelöste Anteile nicht vollständig entfernt wurden.

Hemmung der Atmung von Belebtschlamm:

In diesem Test gemäß OECD 209 konnte kein inhibitorischer Effekt beobachtet werden und somit keine Toxizität gegenüber Mikroorganismen gezeigt werden (Lebertz 2009). Ein inhibitorischer Effekt zeigt sich in einer Reduktion des Sauerstoffverbrauchs. Es wurde Belebtschlamm aus einer vorwiegend kommunalen Kläranlage verwendet. Die Prüfsubstanz wurde in synthetischem Abwasser getestet. Es wurde ein Limit-Test bei einer maximalen nominalen Konzentration von 1000 mg/l durchgeführt. Die Expositionsdauer betrug 3 Stunden unter ständiger Belüftung bei einer Temperatur von ca. 19°C und einem pH-Wert von 8. Die Hemmwirkung in % wurde berechnet aus dem gemessen Sauerstoffverbrauch der Probe mit ATBC im Vergleich zu 2 Proben ohne Prüfsubstanz. Als Positivkontrolle zur Überprüfung der Sensitivität des Belebtschlamms wurde 3,5-Dichlorphenol eingesetzt. Die Prüfergebnisse sind gültig, da die Differenz der Sauerstoffzehrung der beiden Kontrollen 15 % nicht überschritten hat und der EC50-Wert von 3,5-Dichlorphenol im Bereich zwischen 5 und 30 mg/l liegt.

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Stoffsicherheitsbewertung: Die Testsubstanz führte zu keiner Hemmung, somit war auch eine Messung der Nitrifikation nicht erforderlich. Der EC10-Wert liegt damit bei > 1000 mg/l (nominal) bei einer Expositionszeit von 3 Stunden.

Gesamteinschätzung der aquatischen Toxizität:

Die Kurzzeitstudien im aquatischen Kompartiment zeigten keine akute Toxizität im Bereich bis zur Wasserlöslichkeit von ATBC, d.h. alle L(E)C-Werte liegen über der Wasserlöslichkeit.

Jedoch hat ATBC einen hohen LogKow und damit kann eine schädliche Langzeitwirkung auf die Wasserorganismen nicht ausgeschlossen werden. Laut CLP-Verordnung wäre für ATBC mit einem LogKow von 4,86 eine Einstufung als chronisch gewässergefährdend erforderlich (Kriterium: LogKow ≥ 4 oder BCF ≥ 500). Mit zunehmenden LogKow nimmt die aquatische Toxizität im Allgemeinen zu. Mit dem LogKow erhöht sich die Affinität zu biologischen Membranen und damit kann es zur Störung der Membranfunktion kommen (z.B. Schädigung membranständiger Proteine durch hydrophobe Wechselwirkungen). Da kein experimentell ermittelter Biokonzentrationsfaktor vorliegt, wurde der NOEC-Wert für die chronische Toxizität bestimmt, um die Einstufung abzusichern. Daphnien erwiesen sich in den akuten Studien als die empfindlichste Spezies im aquatischen Bereich, so dass eine chronische Studie mit Wasserflöhen durchgeführt wurde. Hierzu wurde ein Limit-Test an der Grenze der Wasserlöslichkeit durchgeführt.

4.3.2 Chronische aquatische Toxizität

Prüfung der chronischen Toxizität gegenüber Daphnien:

Ein Daphnien-Vermehrungstest gemäß OECD 211 wurde durchgeführt (Kuhl, Wydra 2010).

Junge weibliche Daphnien (die Elterntiere), die zu Beginn der Prüfung weniger als 24 Stunden alt waren, wurden der im Wasser gelösten Prüfsubstanz ausgesetzt. Die Dauer der Exposition betrug 21 Tage bei einer Wassertemperatur von ca. 20°C, mit 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit. Als geeignetes Prüfmedium wurde M4 (Elendt) verwendet. Der semistatische Test wurde als Limit-Test bei der maximal löslichen Konzentration von nominal 1,5 mg/l Testsubstanz in 100 mg DMF/l durchgeführt. Zur Kontrolle wurde ein Ansatz nur mit DMF und einer nur mit Medium getestet. Es wurden jeweils 10 Daphnien pro Test eingesetzt.

Täglich untersucht und protokolliert wurden die Mortalität der Elterntiere und die Anzahl der Nachkommen. Während des Tests gab es keine Anzeichen für eine toxische Wirkung bei den Daphnien. Es konnte kein inhibitorischer Effekt auf die Reproduktionsleistung der Daphnien festgestellt werden. Über eine LC-MS/MS Analytik wurde die mittlere effektive ATBC-Konzentration im Prüfmedium mit 1,11 mg/l quantifiziert. Nachfolgend eine grafische Darstellung der Anzahl der lebensfähigen Nachkommen für die Testsubstanz im Vergleich zu den Kontrollen über den Zeitraum von 21 Tagen:

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Abbildung 4: Anzahl der lebensfähigen Nachkommen (Mittelwert) pro Elterntier über den Versuchszeitraum (Quelle: Abschlussbericht IBACON Projekt 56471221)

Stoffsicherheitsbewertung: Der NOEC-Wert beträgt ≥ 1,11 mg/l für die Reproduktions- und Überlebensrate. Es konnte mit dieser Studie gezeigt werden, dass der NOEC-Wert für die chronische Toxizität über dem Einstufungskriterium > 1 mg/l lag. Gleichzeitig liegt das Ergebnis auch über der Wasserlöslichkeit für diesen Test. Eine Einstufung als chronisch gewässergefährdend ist somit nicht erforderlich und auf eine Prüfung der Langzeittoxizität an Fischen wurde verzichtet.

4.3.3 Toxizität für Boden- und Sediment-Organismen

Gemäß der REACH-Verordnung Anhang IX, 9.4 kann für diesen Endpunkt zur Ermittlung der akuten schädlichen Wirkung die Gleichgewichtsverteilungsmethode angewendet werden.

Diese Berechnungsmethode kann bei fehlenden experimentellen Ergebnissen zur Ermittlung des PNEC (predicted no effect concentration) herangezogen werden. Hier geht man davon aus, dass die Empfindlichkeit der Boden- bzw. Sediment-Organismen mit denen im aquatischen Bereich gleichzusetzen ist. Ein Unterschied ergibt sich somit nur aus der Verteilung der Substanz im betroffenen Kompartiment. Die Bioverfügbarkeit hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften und hier insbesondere vom Adsorptionskoeffizienten ab. Eine Exposition der Organismen erfolgt über den im Porenwasser von Boden oder Sediment gelösten Anteil der Substanz. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Exposition für Teilchenfresser bei sehr adsorptiven Stoffen erheblich höher sein. Diese Methode kann zu Fehleinschätzungen führen, speziell für Substanzen, die einen hohen

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

days

Offspring

Control Solvent 1.5 mg/L

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

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LogKow (> 5) aufweisen. Es gibt leider noch zu wenig Erfahrung zur Wirkung von Chemikalien in Boden und Sediment. Die Ergebnisse zur Berechnung für ATBC werden im Abschnitt 5.2 vorgestellt.

Eine chronische schädliche Wirkung für sediment- und bodenbewohnende Organismen ist nicht zu erwarten, da ATBC im Boden leicht biologisch abbaubar ist und weder PBT noch vPvB Eigenschaften besitzt. Zur weiteren Absicherung könnte ein Versuchsvorschlag zur chronischen Toxizität an Regenwürmern und/oder Insekten mit den Endpunkten Wachstum und Reproduktion bei der Behörde vorgelegt werden.

4.4 Toxikologische Eigenschaften 4.4.1 Toxikokinetik

Die Toxikokinetik untersucht den Verbleib eines Stoffes im Organismus, d.h. die Abnahme der Konzentration im zeitlichen Verlauf. Beschrieben wird die Resorption, die Verteilung, die Biotransformation und die Elimination des Stoffes. Kenntnisse zum toxikokinetischen Verhalten eines Fremdstoffes können wichtige Informationen zur möglichen Toxizität liefern.

Wichtige Parameter sind Bioverfügbarkeit, Bioakkumulation und Bioaktivierung.

Fremdstoffmetabolismus (Biotransformation):

Einführung: ATBC hat eine geringe orale Toxizität. Die Substanz ist weder haut- noch augenreizend und zeigt kein gentoxisches Potential.

Resorption: Der Hauptresorptionsort bei oraler Aufnahme ist der Magen-Darm-Trakt und hier hauptsächlich der Dünndarm wegen seiner großen Oberfläche. Die Molekülgröße und die Lipophilie sind wichtige Eigenschaften der Substanz für die transmembrane Bewegung.

Lipophile Stoffe wie ATBC können biologische Membranen leicht durch passive Diffusion durchdringen.

First-Pass-Effekt bei oraler Aufnahme: Fremdstoffe werden über den Gastro-Intestinal Trakt direkt über die Pfortader aufgenommen und gelangen zuerst in die Leber. Als erstes Organ, das mit dem Fremdstoff in Kontakt kommt, hat sie eine hohe Aktivität an metabolischen Phase 1 und 2 Enzymen. Das bedeutet, dass bereits eine metabolische Eliminierung statt- finden kann bevor der Stoff systemisch verfügbar wird. Die Bioverfügbarkeit wäre somit herabgesetzt.

Verteilung: Das Verteilungsvolumen ist abhängig von der Molekülgröße, der Ladung, der Lipophilie, der Löslichkeit und dem Ausmaß der Proteinbindung (Bindung an endogene Eiweiße wie z. B. Albumin). Beeinflusst wird die Verteilung auch durch die unterschiedliche Organdurchblutung. Lipophile Stoffe neigen zur Akkumulation im Fettgewebe.

Metabolisierung / Biotransformation: Carbonsäureester werden bevorzugt durch Esterasen zu Alkoholen und Carbonsäuren hydrolysiert. Diese Enzyme befinden sich sowohl im Blutplasma als auch in vielen Organen. Im Fall von ATBC wären die Metaboliten Butanol,

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Essigsäure und Zitronensäure zu erwarten. Primäre und sekundäre Alkohole werden über die Alkoholdehydrogenase (ADH) zu Aldehyden bzw. Ketonen oxidiert und durch die Aldehyddehydrogenase (ALDH) zur Carbonsäure abgebaut. Die Carbonsäuren könnten über den Krebszyklus weiter zu CO2 und H2O abgebaut werden. Die Buttersäure als einfachste natürliche Fettsäure könnte über die β-Oxidation weiter abgebaut werden.

Eliminierung: Die Hauptausscheidungswege von Fremdstoffen sind renal und biliär. Lipophile Stoffe wie ATBC können nur im geringen Umfang unverändert über den Harn ausgeschieden werden. Die Molekulargewichtsgrenze für eine biliäre Elimination liegt beim Menschen bei

> 500 D. Eine biliäre Ausscheidung von ATBC oder seiner Metaboliten als glucuronidierte Konjugate wäre ein möglicher Ausscheidungsweg.

In-vivo Toxikokinetik-Studie:

In einer Toxikokinetikstudie wurde 4 männlichen Ratten zur Untersuchung der Absorption und Elimination und 5 männlichen Ratten zur Ermittlung der Absorptionsrate eine einmalige Dosis von 70 mg/kg Körpergewicht 14C radioaktiv markiertes ATBC in einer Formulierung mit Maisöl oral verabreicht. Die Resorption der Substanz erfolgte schnell (t1/2 = 1 Stunde) und umfänglich (≥ 67 %). Es konnte gezeigt werden, dass 48 Stunden nach der Exposition bereits über 99 % der verabreichten Dosis ausgeschieden wurde. Hauptausscheidungswege waren Urin (59 – 70 %) und Faeces (25 – 36 %). Im Urin wurden hauptsächlich folgende radioaktiv markierten Metaboliten gefunden: Acetyl Citrat, Mono-butyl Citrat (Hauptmetabolit), Acetyl mono-butyl Citrat, Dibutyl Citrat und Acetyl dibutyl Citrat. Der Tierköper einschließlich Blut und Gewebe wurden auf radioaktiv markierten Kohlenstoff und/oder unverändertes ATBC hin untersucht. Ein Bioakkumulationspotential konnte nicht festgestellt werden. ATBC wurde in dieser Studie schnell und umfänglich absorbiert, metabolisiert und eliminiert (Hiser et al. 1992).

Es gibt keine Studien zur dermalen Aufnahme von ATBC. Die Resorption über die Haut ist aufgrund langer Diffusionswege in der Hornhaut und die geringe Durchblutung von Epidermis (ohne Blut- und Lymphgefäße) und Dermis (mit Blut- und Lymphgefäßen) erschwert. Die Hornhaut (Stratum corneum) stellt keine große Barriere für lipophile Stoffe dar. Mit der Adsorption in die Hornhaut ist aber die Substanz noch nicht systemisch verfügbar, dazu muss eine dermale Resorption in die Epidermis und Dermis erfolgen. Dies ermöglicht dann im letzten Schritt die perkutane Penetration in die Blutgefäße. Aufgrund der physikalisch-chemischen Eigenschaften on ATBC (Molekulargewicht von 402,5 g/mol und LogKow von 4,86) ist eine umfängliche dermale Resorption nicht zu erwarten. Die ECHA geht von einer Bioverfügbarkeit von 10 % aus bei einer Molekülmasse > 500 D und einem logKow < -1 oder > 4. Aufgrund der fehlenden Datenlage wird jedoch gemäß den ECHA Leitlinien die dermale Resorption für die Stoffsicherheitsbeurteilung auf 100 % gesetzt.

(23)

Eine inhalative Aufnahme von ATBC ist aufgrund des niedrigen Dampfdruckes von

< 0,049 Pa und des hohen Siedepunktes von 331°C nicht wahrscheinlich. Aufgrund der fehlenden Datenlage geht man jedoch auch hier von einer Resorptionsrate von 100 % aus.

Ergebnis für die Stoffsicherheitsbewertung: ATBC wird nach oraler Exposition von Ratten schnell resorbiert, metabolisiert und eliminiert.

Bioakkumulationspotential: kein Bioakkumulationspotential Resorptionsrate - oral (%): 100

Resorptionsrate - dermal (%): 100 (aufgrund fehlender stoffspezifischer Daten) Resorptionsrate - inhalativ (%): 100 (aufgrund fehlender stoffspezifischer Daten) 4.4.2 Akute systemische Toxizität

Akute orale Toxizität:

Die akute orale Toxizität wurde mittels LD50-Bestimmung getestet. Es gibt hierzu eine Rattenstudie aus dem Jahr 1959, die den wissenschaftlichen Standard mit akzeptablen Einschränkungen (geringe Tierzahl, teilweise limitierte Dokumentation) erfüllt. 5 Wistar- Ratten wurde eine einmalige Dosis von 10 bis 30 ml/kg Körpergewicht (10,5 – 31,5 g/kg bei einer Dichte von 1,05 g/ml) per Magensonde verabreicht. Die Tiere wurden innerhalb der 21- tägigen Nachbeobachtungsphase auf toxizitätsbedingte Veränderungen hin untersucht.

Körpergewicht, Blut und Urin wurden zu Beginn und am Ende der Studie kontrolliert. Es ergaben sich keine Hinweise auf eine systemische Toxizität. Auf eine Sektion der Tiere wurde aufgrund fehlender schädlicher Effekte verzichtet.

ATBC wurde auch an 8 Katzen getestet mit oraler Verabreichung. 4 Katzen wurde nach einer Fastenphase von 24 Stunden ATBC mit dem Futter in einer einmaligen Dosis von 30 bis 50 ml/kg Körpergewicht per Magensonde verabreicht, 2 weiteren Katzen wurde eine einmalige Dosis von 50 ml/kg Körpergewicht per Magensonde appliziert und 2 Katzen wurden unbehandelt als Kontrolle eingesetzt. Die Nachbeobachtungsphase betrug 2 Monate.

Die Tiere wurden regelmäßig auf äußere Anzeichen von Toxizität hin untersucht inklusive Veränderungen im Verhalten und in der Futteraufnahme. In Intervallen von 2 Wochen wurden Körpergewicht, Blut und Urin kontrolliert. Es wurden keine Anzeichen für eine systemische Toxizität beobachtet. Einzig leichte Übelkeit und Durchfall wurden bis zu 24 Stunden beobachtet (Finkelstein & Gold, 1959).

Stoffsicherheitsbewertung: Auch bei der höchsten Dosis in der Rattenstudie konnte keine schädlich Wirkung beobachtet werden. Somit konnte der LD50-Wert aus beiden Studien auf >

31,5 g/kg Körpergewicht festgelegt werden. Der für die Sicherheitsbewertung relevante toxikologische Endpunkt ist das Ergebnis aus der Rattenstudie. Basierend auf diesen Ergebnissen erfüllt ATBC nicht die Kriterien für eine Einstufung gemäß der CLP-Verordnung.

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Eine Einstufung als akut oral toxisch ist bis zu einem Maximalwert von 2000 mg/kg Körpergewicht gegeben. Bevorzugte Tierart für die Prüfung ist die Ratte

Akute dermale Toxizität:

Die Toxizität aufgrund dermaler Verabreichung wird für ATBC als gering eingestuft. Zum einen ist die orale Toxizität äußerst gering und es ist nicht zu erwarten, dass die Substanz in größeren Mengen über die Haut aufgenommen wird (s. Kapitel 4.4.1 Toxikokinetik). Es liegt eine Hautirritationsstudie am Kaninchen vor (Morflex 1975). Mit dieser Studie können neben der lokalen Wirkung auch systemische Wirkungen erfasst werden. ATBC wurde in dieser Studie über 4 Tage in einer Menge von 1 ml/kg Körpergewicht und Tag auf die intakte rasierte Haut von 3 männlichen Albinokaninchen appliziert. Die Tiere wurden täglich untersucht und darüber hinaus in einer Nachbeobachtungsphase von 36 Stunden. Aus den Untersuchungen ergaben sich keine Anzeichen für eine Toxizität. Es kam zu keinen auf die Prüfsubstanz zurückführbaren Todesfällen. Zusammenfassend kam es in dieser Studie zu keiner dermalen Toxizität bei einer täglichen Dosis von ca. 1000 mg/kg Körpergewicht.

Stoffsicherheitsbewertung: Der LD50-Grenzwert liegt in dieser Studie bei > 1000 mg/kg Körpergewicht. Nachteilig ist, dass die Studie keinem Standardprüfprotokoll folgt. Unter Einbeziehung der Ergebnisse zur oralen Toxizität und der Tatsache, dass eine umfangreiche Resorption von ATBC über die Haut nicht zu erwarten ist, wurde das dermale Toxizitäts- potential als sehr gering eingeschätzt.

Akute inhalative Toxizität:

Eine Exposition von Menschen durch Inhalation ist nicht zu erwarten. ATBC hat einen sehr geringen Dampfdruck und einen hohen Siedepunkt, daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass ATBC über die Atemwege in einer ausreichend toxisch wirkenden Menge aufgenommen werden kann, bedingt durch den sehr hohen LD50-Wert. Daher wurde zu diesem Endpunkt keine tierexperimentelle Studie durchgeführt. Jedoch ist zu beachten, dass lipophile Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit tiefer in die Lunge eindringen können. Bei der Aufnahme von Fremdstoffen über die Luft besteht auch eine erhöhte Gefahr für eine systemische Wirkung, da es zu keinem First-Pass-Effekt kommen kann. Diese Unsicherheit wurde in der Wege-Extrapolation mit einem entsprechenden Sicherheitsfaktor bei der DNEL- Berechnung berücksichtigt (Abschnitt 5.1).

Zusammenfassung der Ergebnisse für die akute systemische Toxizität:

Akute orale Toxizität: keine toxischen Effekte (LD50 > 31.500 mg/kg KG) Akute dermale Toxizität: keine toxischen Effekte (LD50 > 1000 mg/kg KG)

Akute inhalative Toxizität: Zu diesem Endpunkt wurde keine tierexperimentelle Studie durchgeführt.

(25)

4.4.3 Haut- und Augenreizung

Untersucht wird die lokale Wirkung an der Haut und am Auge. Reizungen sind meist reversibel. Bei der Reiz- und Ätzwirkung ist der pH-Wert eines Stoffes entscheidend. Liegt der pH-Wert bei < 2,0 oder > 11,5 kann davon ausgegangen werden, dass die Substanz eine starke Wirkung auf die Haut hat. Die Mechanismen der lokalen Wirkung werden bei Tier und Mensch als vergleichbar angesehen.

Hautreizung:

ATBC wurde in einer Studie zur Hautreizung über 4 Tage in einer Dosis von 1 ml/kg Körpergewicht und Tag auf die rasierte intakte Haut von 3 männlichen Albinokaninchen appliziert (Morflex 1975). Die Tiere wurden täglich untersucht einschließlich einer Nachbeobachtungsphase von 36 Stunden. In einem weiteren Test wurde 5 männlichen Albinokaninchen auf die intakte und vorgeschädigte Haut eine Dosis von je 1 ml/kg Körpergewicht 18mal an 6 Tagen pro Woche appliziert. Die Tiere wurden täglich untersucht bis insgesamt 2 Wochen nach der letzten Applikation. Es wurden keine Hautschädigungen (Rötung, Schorfbildung, Ödem und sonstige Läsionen) beobachtet.

Stoffsicherheitsbewertung: Es ergaben sich keine Hinweise auf eine Hautreizung. Die Studie entspricht zwar nicht dem Standardprüfprotokoll mit einmaliger Applikation über 4 Stunden, wurde aber als vergleichbar angesehen. Eine Einstufung in die Kategorie 2 hautreizend gemäß CLP-Verordnung ist nicht erforderlich.

Augenreizung:

In dieser Studie von Morflex aus dem Jahr 1975 wurde 3 männlichen Albinokaninchen einmalig 0,1 ml der unverdünnten Testsubstanz in den jeweils linken Bindehautsack eingebracht. Das rechte Auge war jeweils die Kontrolle. Untersucht wurde nach 20 Minuten, nach 3, 24, 48 und 72 Stunden. 2 von 3 Kaninchen zeigten eine moderate Bindehautrötung innerhalb von 20 Minuten nach der Verabreichung, die auch nach 3 Stunden beobachtet wurde und bei einem Tier noch 5 Stunden danach anhielt. Nach 24 Stunden verstärkte sich die moderate Bindehautrötung leicht bei einem Tier, wohingegen die anderen beiden Tiere ohne Befund waren. Nach 48 und 72 Stunden waren alle Augen ohne Befund.

Stoffsicherheitsbewertung: Die Stärke der Reaktion wird entsprechend der CLP-Verordnung Anhang I, Tabelle 3.3.2 der kategorisiert. Auch bei dem Tier mit der stärksten Reaktion lag der Grad der Bindehautrötung im individuellen Mittel nach 24, 48 und 72 Stunden unterhalb des Cut-off für eine Einstufung als augenreizend. Der Grad der Bindehautrötung lag bei allen Tieren im Mittel unter 2. Die Kriterien für eine Einstufung als reversibel augenreizend sind somit nicht erfüllt. Schädliche Wirkungen am Auge gelten dann als reversibel gemäß CLP- Verordnung, wenn eine vollständige Rückbildung innerhalb von 21 Tagen beobachtet werden kann.

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4.4.4 Sensibilisierung der Haut

Bei diesem Test wird eine immunologisch induzierte Hautreaktion auf eine Substanz (allergische Kontaktdermatitis) ausgelöst. Die einzelnen Phasen des Tests sind die Induktionsexposition, die Induktionsphase und die Provokationsexposition. Es wurde ein Meerschweinchen Maximierungstest in Anlehnung an die Prüfmethode OECD 406 (Magnusson Kligman Test) durchgeführt (US EPA 2001). Leider fehlen zu dieser Studie wichtige Details wie Anzahl der behandelten Tiere und verabreichte Substanzkonzentrationen. Die Induktion erfolgte durch intradermale Injektion der Testsubstanz ATBC mit Freundscher Adjuvans in die enthaarte Schulterregion der Tiere. Die Wirkung wird durch das Adjuvans potenziert und damit wird die Empfindlichkeit des Tests erhöht. 7 Tage später wurde durch eine epidermale okklusive Applikation induziert. Die Provokation erfolgte am Tag 21 epikutan okklusiv und wurde eine Woche später nochmals wiederholt. Die Ruhephasen sind erforderlich, damit sich eine Immunreaktion entwickeln kann. Die Untersuchung der Tiere erfolgte jeweils 24 und 48 Stunden nach Entfernung des Okklusivverbandes. Bewertet werden entzündliche Reaktionen der Haut wie Rötung und Schwellung. Es konnte keine Sensibilisierung ausgelöst werden.

Für den Ansatz zur Beweiskraft der Daten wurde eine zweite Studie herangezogen.

In einem humanen Patch Test (Epikutantest) wurden 59 Probanden (Männer und Frauen) wiederholt durch Applikation auf kleine Hautareale 0,4 ml der Prüfsubstanz ATBC ausgesetzt (US EPA 2001). Die Induktionsbehandlung wurde 3mal pro Woche über 3 Wochen durchgeführt. Dabei wurde ein mit ATBC getränktes Läppchen für 24 Stunden am Oberarm belassen. Die Auslösebehandlung wurde 2 Wochen danach zweifach durchgeführt mit einem Patch-Set an der Originalstelle und einem Set benachbart. Vor jeder Patch-Behandlung und jeweils 48 und 96 Stunden danach wurde der Hautzustand mit einem Punktesystem bewertet. In diesem Test konnte durch ATBC keine Sensibilisierung ausgelöst werden.

Stoffsicherheitsbewertung: Die Studie am Meerschweinchen alleine reicht nicht aus um eine gesicherte Aussage zum Sensibilisierungspotential machen zu können. Mit dem Vorliegen von 2 Studien aus unterschiedlichen Quellen kann jedoch mit dem Ansatz zur Beweiskraft der Daten (REACH-Verordnung Anhang XI) eine hinreichend beweiskräftige Datenlage geschaffen werden. Die negativen Ergebnisse aus den zwei unabhängigen Studien lassen somit den Schluss zu, dass die Prüfsubstanz ATBC kein sensibilisierendes Potential besitzt.

4.4.5 Toxizität nach wiederholter Gabe

Gemäß der OECD Methode 408 wurde eine subchronische Fütterungsstudie über einen Zeitraum von 90 Tagen mit Wistar-Ratten durchgeführt (Rosner 2003). Den Ratten wurde in drei Dosisgruppen und einer Kontrollgruppe mit jeweils 10 Männchen und 10 Weibchen

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täglich 0, 100, 300 bzw. 1000 mg ATBC pro kg Körpergewicht mit dem Futter verabreicht. Mit dieser Studie wurden wirkungsbezogene Änderungen von Morphologie, Physiologie, klinischer Chemie, Wachstum und Lebensdauer untersucht. Am Ende der Studie wurden alle Tiere getötet und seziert einschließlich einer histopathologischen Untersuchung von Organen (u.a. Leber, Nieren, Fortpflanzungsorgane) und Geweben. Es kam zu keinen ungeplanten Todesfällen. Es kam zu keinen Effekten auf die Futteraufnahme und die Körpergewichtsentwicklung. Es gab keine klinischen Anzeichen für eine Toxizität und auch die ophthalmologische Untersuchung blieb ohne Befund. Auf neurologische Veränderungen wurden nicht untersucht. Eine Urinanalyse wurde nicht durchgeführt. Die beobachteten Effekte beschränkten sich auf die Hochdosisgruppe. Es kam zu geringen Abweichungen bei den klinisch biochemischen Parametern (männliche Ratten waren stärker betroffen als weibliche) und leicht erhöhten Lebergewichten verbunden mit minimaler hepatozellulärer Hypertrophie. Diese klinischen und biochemischen Veränderungen wurden metabolischen Adaptionsprozessen zugeordnet und nicht als Zeichen von Toxizität gewertet.

Stoffsicherheitsbewertung: Da keine adversen Effekte bis zur höchsten Dosis auftraten, wurde diese Dosis als NOAEL-Wert angesehen. Der NOAEL wurde somit auf ≥ 1000 mg/kg Körpergewicht und Tag festgelegt.

4.4.6 Reproduktionstoxikologie

Die Studien dienen der Erkennung und Analyse schädlicher Einflüsse der Testsubstanz auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Elterntiere und die Entwicklung der Nachkommen.

Zweigenerationen-Prüfung:

Es gibt in der Literatur eine Zweigenerationenstudie mit Ratten in Anlehnung an die OECD- Methode 416 (Robbins 1994). ATBC in Mengen von 0, 100, 300 und 1000 mg/kg Körpergewicht und Tag wurden 30 männlichen und 30 weiblichen Ratten pro Dosisgruppe oral verabreicht. Die Exposition erfolgte bereits vor der Verpaarung, über die Trächtigkeit bis hin zur Stillperiode und Aufzucht der Nachkommen. Es konnte bei keiner Dosierung ein Einfluss auf die Fruchtbarkeit, Verpaarung, Trächtigkeit und Anzahl der Nachkommen festgestellt werden. Zudem blieben die körperliche Verfassung und das Verhalten der Tiere unbeeinflusst. Einzig die Körpergewichte der männlichen Tiere der F1 Generation in der mittleren und hohen Dosis-Gruppe waren durchgehend reduziert. Bei den Nachkommen wurde eine leichte Reduktion im Körpergewicht und eine leicht erhöhte Sterberate bei Dosen von 300 und 1000 mg/kg KG/Tag beobachtet. Da aber auch eine durchweg reduzierte Wasseraufnahme bei den Elterntieren beobachtet wurde, wurde das als Grund für diese Effekte vermutet. Darüber hinaus wurden keine schädlichen Wirkungen beobachtet. Bei der Sektion konnte keine Abnormität oder Entwicklungsstörung bei den Nachkommen festgestellt werden.

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Stoffsicherheitsbewertung: Der NOAEL für die Auswirkungen auf die Elterntiere wurde auf 100 mg/kg KG/Tag festgelegt aufgrund der Gewichtsreduktion bei den männlichen Eltern- tieren der F1 Generation. Es wurden keine Effekte auf die Reproduktion und die Entwicklung bis zur höchsten Dosis von 1000 mg/kg KG/Tag in dieser Studie beobachtet. Es kam zu keiner Beeinträchtigung der Sexualfunktion und Fruchtbarkeit der Elterntiere sowie der Entwicklung der Nachkommen. Auch aus einer chronischen Studie mit oraler Verabreichung ergaben sich keine Hinweise auf schädliche Effekte oder morphologische Abweichungen an den Geschlechtsorganen und Geweben (Eierstöcke, Brustdrüse, Prostata, Vagina und Gebärmutter).

Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität:

Das Prinzip gemäß der OECD-Methode 414 ist die Untersuchung schädlicher Wirkungen einer Substanz auf das trächtige Versuchstier und den Embryo bzw. Fötus während der pränatalen Entwicklung. Toxische Wirkungen können zum Tod der Feten, zu strukturellen Abnormitäten (Fehlbildungen) oder zu Wachstumsstörungen führen. Die Behandlung beginnt im Allgemeinen mit Tag 5 der Trächtigkeit bis zu einem Tag vor der Geburt bzw. der Tötung der Muttertiere (ca. Tag 20 bei der Ratte). Eine Studie gemäß der empfohlenen OECD- Methode liegt für ATBC nicht vor. In einer nicht standardisierten Studie wurde Ratten die Testsubstanz oral verabreicht über einen Zeitraum von 12 Monaten (Larionov und Cherkasova 1977). Die Tiere wurden in 3 Gruppen eingeteilt unter Berücksichtigung einer Kontrollgruppe. Den Tieren wurde über das Futter eine Dosis von 0, 50 und 250 mg/kg KG/Tag verabreicht. Nach 9 Monaten wurden die Tiere verpaart. 1 Tag vor der Geburt wurden alle Muttertiere getötet und sowohl Uterusinhalt als auch Feten untersucht.

Ausgewertet wurde die Gewichtszunahme der Muttertiere, Größe und Gewicht der Plazenten, Zahl, Geschlecht, Größe und Gewicht der lebenden und toten Feten, morphologische Abweichungen sowohl äußerlich als auch bei Geweben und Verhaltensauffälligkeiten. Bei einer Dosis von 50 mg/kg KG/Tag konnte keine schädliche Wirkung identifiziert werden. Bei einer Dosis von 250 mg/kg KG/Tag wurde eine Gewichts- und Größenzunahme bei den Feten sowie erhöhte Plazentagewichte beobachtet. Wachstum und Entwicklung der Nachkommen wurden nicht beeinflusst. Es gab weder negative Wirkungen auf die Fruchtbarkeit noch auf die Anzahl der Schwangerschaften und Nachkommen.

Stoffsicherheitsbewertung: Der NOEL für die Entwicklungstoxizität wurde auf 250 mg/kg KG/Tag festgelegt. Insgesamt konnte mit dieser Studie keine Entwicklungstoxizität gezeigt werden. ATBC wird im Körper schnell und umfänglich metabolisiert und eliminiert. Auch von den möglichen Abbauprodukten sind keine reproduktionstoxischen Wirkungen zu erwarten.

Zur weiteren Absicherung höherer Expositionskonzentrationen beim Menschen könnte ein Limittest gemäß der geforderten OECD-Methode 414 bei einer Dosierung von 1000 mg/kg

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