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5. Ergebnisse aus der Gefahrenbewertung

5.1 DNEL (Derived No-Effect Level) Endpunkt Toxikologie

Ziel ist die Festlegung einer Dosis ohne schädliche Wirkung auf den Menschen. Substanzen bewirken im Allgemeinen qualitativ gleiche Veränderungen beim Menschen und im Tiermodell. Dosis und Wirkung stehen in quantitativer Beziehung zueinander. Das ermöglicht die Ableitung einer sicheren Dosis. Eine sichere Dosis für den Menschen wird unter Anwendung von Sicherheitsfaktoren auf Ergebnisse aus Tierversuchen abgeleitet. Der DNEL-Wert ist die abgeleitete Expositionshöhe von der keine schädliche Wirkung auf die menschliche Gesundheit zu erwarten ist. Lokale Wirkungen wie Reizung an Augen und Haut konnten für ATBC nicht gezeigt werden, so dass der Fokus auf der systemischen Wirkung liegt.

Die DNEL-Grenzwerte werden durch folgende Parameter beeinflusst:

Die Bevölkerungsgruppe: Unter REACH werden Arbeiter und Verbraucher betrachtet.

Unterschiede bestehen in der Empfindlichkeit (ältere Menschen und Kinder) und in der Expositionsdauer (8 Stunden bzw. 24 Stunden).

Die Häufigkeit der Exposition: Man unterscheidet hier zwischen einmaliger oder langfristiger Exposition.

Der Expositionsweg: Die Wege-Extrapolation berücksichtigt die unterschiedlichen Verab-reichungswege (oral, dermal, inhalativ) für systemische Wirkungen. Bei der hier vorgestellten Substanz ATBC liegen Daten zur oralen Exposition vor. Da keine substanzspezifischen

Daten für die dermale und inhalative Resorption vorliegen wurden die Standardfaktoren gemäß der ECHA Leitlinie R.7 angewendet. Für die Umrechnung von oraler auf inhalative Exposition wird ein Faktor 2 angewendet. Hier geht man bei fehlenden Daten vom Worst-case aus, d.h. dass die Substanz bei oraler Exposition zu 50 % systemisch verfügbar wird und bei inhalativer Exposition dagegen zu 100 %. Dagegen wird die dermale Resorptionsrate der oralen gleichgesetzt (Faktor 1). Dieses Verfahren birgt jedoch ein hohes Maß an Unsicherheit, daher sollten tierexperimentelle Studien zu den relevanten Expositionspfaden in Betracht gezogen werden. Eventuelle pfadspezifische Unterschiede (z.B. die Biotransformation in der Haut) konnten hier nicht berücksichtigt werden.

Ableitung von DNEL-Werten: Die Festlegung eines DNEL für die akute Toxizität ist für ATBC nicht erforderlich, da die DNEL-Werte aufgrund chronischer Studien berechnet werden konnten, was gemäß der ECHA Leitlinie Teil B ausreichend ist. Je nach Datenlage werden Sicherheitsfaktoren angewendet zur Berücksichtigung von Unsicherheiten, beispielsweise bei der Extrapolation vom Tier auf den Menschen. Je nach dem verwendeten Modell werden unterschiedliche Extrapolationsfaktoren eingesetzt. Konzepte wurden beispielsweise von der WHO, US-EPA, ECETOC und BAUA entwickelt. Bisher gibt es leider (noch) keine einheitliche Vorgehensweise zu Verwendung der Faktoren. Wird der LOAEL als Basis für die Berechnung angesetzt, ist gemäß der EHCA Leitlinie R.8 ein Sicherheitsfaktor zwischen 3 und 10 zu berücksichtigen. Für ATBC wurden die NOAEL-Werte, d.h. die Dosis ohne beobachtbare schädliche Wirkung, als Grundlage für die Berechnung verwendet.

Zur Extrapolation der Dosis aus einem Tierversuch auf den Menschen wird das allometrische Scaling angewendet, dabei handelt es sich um eine Korrektur aufgrund von Unterschieden in der Stoffwechselrate der Spezies. Viele physiologische Parameter (z.B. Organdurchblutung) korrelieren mit dem Körpergewicht hoch 0,75, was bei der Extrapolation von der Ratte auf den Menschen zu einem Faktor von 4 führt. Entsprechend den Grundlagen zum allometrischen Scaling sind die folgenden Standardwerte für Körpergewicht und Atemvolumina für Ratte und Mensch anzusetzen:

Abbildung 5: Physiologische Standardparameter zum allometrischen Scaling (Quelle: ECHA Leitlinie R.8, Tabelle R.8-2)

Das Konzept ist anwendbar, wenn die toxischen Effekte hauptsächlich von den Unter-schieden in der Stoffwechselrate beeinflusst werden. Nicht anwendbar ist das Scaling bei lokalen Effekten, da diese unabhängig vom Grundumsatz sind. Ebenfalls nicht anwendbar ist das Konzept, wenn die Dosis bereits als Konzentration angegeben wird, da hier das Scaling schon enthalten ist, denn Atemrate und Futteraufnahme hängen direkt vom Grundumsatz ab.

Alle sonstigen Unterschiede, die nicht im Zusammenhang mit der Stoffwechselrate stehen, sind unter REACH mit einem zusätzlichen Sicherheitsfaktor von 2,5 zu berücksichtigen.

Dabei handelt es sich im Wesentlichen um toxikodynamische Unterschiede. Intraspezies-Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand) werden mit einem Standardfaktor von 10 berücksichtigt. Solche Unterschiede werden beispielsweise auch durch Enzympolymorphismen bedingt.

DNEL-Berechnungen für ATBC:

Anhand der ECHA Leitlinie R.8 „Characterisation of dose (concentration)-response for human health“ wurden die folgenden DNEL-Berechnungen durchgeführt.

DNEL Herleitung für Arbeiter bei dermaler Exposition:

Der Ausgangspunkt für die Berechnung waren die Ergebnisse aus der chronisch kombinierten Kanzerogenitätsstudie von Sommer (2005) mit dem empfindlichsten NOAEL von 300 mg/kg KG/Tag für oral exponierte männliche Ratten über 1 Jahr mit Dosierungen von 100, 300 oder 1000 mg/kg KG/Tag.

Die Berechnung erfolgte mit folgenden Sicherheitsfaktoren:

− Zeitextrapolation: ist nicht erforderlich, da es sich um Daten aus einer chronischen Studie handelt.

− Interspezies Unterschiede: Faktor 4 für die Übertragung der Ergebnisse von der Ratte auf den Menschen.

− Interspezies Unterschiede: Faktor 2,5 für verbleibende toxikodynamische Unter-schiede zwischen Ratte und Mensch.

− Intraspezies Unterschiede: Faktor 5 unter der Annahme einer täglichen Exposition von 8 Stunden. Bei Arbeitern fehlen die besonders empfindlichen Gruppen wie Kleinkinder und alte Menschen.

− Wege-Extrapolation (oral → dermal): Faktor 1 unter der Annahme , dass beide Expositionswege zu gleich hohen Absorptionsraten führen.

− Qualität der Datenlage: ausreichend, kein zusätzlicher Sicherheitsfaktor erforderlich.

Es liegen ausreichende Daten aus einer chronischen Studie vor.

Gesamt Sicherheitsfaktor: 4 x 2,5 x 5 x 1 = 50 DNEL / Arbeiter / Langzeitexposition / dermal:

DNEL = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 50 = 6 mg/kg KG/Tag

DNEL Herleitung für Verbraucher bei dermaler Exposition:

Der Ausgangspunkt für die Berechnung waren die Ergebnisse aus der chronischen Toxizitätsstudie von Sommer (2005) mit einem NOAEL von 300 mg/kg KG/Tag für oral exponierte Ratten über 1 Jahr.

Die Berechnung erfolgte mit folgenden Sicherheitsfaktoren:

− Zeitextrapolation: Studiendauer ist ausreichend (chronische Studie)

− Interspezies Unterschiede (Ratte → Mensch): Faktor 4

− Interspezies Unterschiede (verbleibende Unterschiede): Faktor 2,5

− Intraspezies Unterschiede (Verbraucherexposition): Faktor 10

− Wegeextrapolation (oral → dermal): Faktor 1

− Qualität der Datenlage: ausreichend (kein zusätzlicher Sicherheitsfaktor erforderlich) Gesamt Sicherheitsfaktor: 4 x 2,5 x 10 x 1 = 100

DNEL / Verbraucher / Langzeitexposition / dermal:

DNEL = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 100 = 3 mg/kg KG/Tag

DNEL Herleitung für Arbeiter bei Exposition der Atemwege

Ausgangspunkt für die Berechnung waren die Ergebnisse aus der Studie von Sommer (2005) mit einem NOAEL von 300 mg/kg Körpergewicht bei täglicher oraler Exposition von Ratten über 1 Jahr. Zunächst wurde die orale Dosis auf eine Konzentration (NOEC)

umgerechnet inklusive einer Korrektur aufgrund der Arbeitsbelastung unter Verwendung der Standardatemvolumina bei Ratte und Mensch gemäß der Abbildung 5 auf Seite 34:

− Atemvolumen der Ratte unter Berücksichtigung einer täglichen Exposition von 8 Stunden (Ratte, 8 h): 0,38 m3/kg KG/Tag

− Atemvolumen beim Mensch unter Berücksichtigung einer täglichen Exposition von 8 Stunden (Mensch, 8 h): 6,7 m3/Person

− und unter Berücksichtigung von leichter Arbeitsbelastung: 10 m3/Person

− Wegeextrapolation (oral → Inhalation): Faktor 2 NOAEC korrigiert (Arbeiter, 8 h)

Die Berechnung erfolgte gemäß der ECHA Leitlinie R.8, Formel R.8-3 (sRV: Standardatem-volumen, wRV: Standardatemvolumen bei leichter Arbeit, ABS: Absorption):

NOAEC = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 0,38 m3/kg KG/Tag x (6,7 m3/10 m3) x ½ = 264,5 mg/m3 Die Berechnung erfolgte mit folgenden Sicherheitsfaktoren:

− Zeitextrapolation: Studiendauer ist ausreichend (chronische Studie)

− Interspezies Unterschiede (verbleibende Unterschiede): Faktor 2,5

− Intraspezies Unterschiede (Arbeiterexposition): Faktor 5

− Qualität der Daten: ausreichend (kein zusätzlicher Sicherheitsfaktor erforderlich) Gesamt Sicherheitsfaktor: 2,5 x 5 = 12,5

DNEL / Arbeiter / chronische Exposition / systemische Wirkung (Inhalation):

DNEL = 264,5 mg/m3 ÷ 12,5 = 21,16 mg/m3

DNEL Herleitung für Verbraucher bei Exposition der Atemwege

Ausgangspunkt für die Berechnung waren die Ergebnisse aus der Studie von Sommer (2005) mit einem NOAEL von 300 mg/kg KG/Tag bei oraler Exposition von Ratten über 1 Jahr. Zunächst wurde die Dosis unter Verwendung der Standardatemvolumina bei der Ratte gemäß Abbildung 5, Seite 34 auf eine Konzentration (NOEC) umgerechnet:

− Atemvolumen der Ratte unter Berücksichtigung einer täglichen Exposition von 24 Stunden (Ratte, 24 h): 1,15 m3/kg KG/Tag

− Wegeextrapolation (oral → Inhalation): Faktor 2

NOAEC korrigiert (Verbraucher, 24 h)

Die Berechnung erfolgte gemäß der ECHA Leitlinie R.8, Formel R.8-3 (sRV: Standardatem-volumen, ABS: Absorption):

NOAEC = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 1,15 m3/kg KG/Tag x ½ = 130,5 mg/m3 Die Berechnung erfolgte mit folgenden Sicherheitsfaktoren:

− Zeitextrapolation: Studiendauer ist ausreichend (chronische Studie)

− Interspezies Unterschiede (verbleibende Unterschiede): Faktor 2,5

− Intraspezies Unterschiede (Verbraucherexposition): Faktor 10

− Qualität der Daten: ausreichend (kein zusätzlicher Assessment Faktor erforderlich) Gesamt Assessment Faktor: 2,5 x 10 = 25

DNEL / Verbraucher / chronische Exposition / systemische Wirkung (Inhalation):

DNEL = 130,5 mg/m3 ÷ 25 = 5,22 mg/m3

DNEL Herleitung für Verbraucher bei oraler Exposition:

Ausgangspunkt für die Berechnung war der NOAEL von 300 mg/kg Körpergewicht und Tag aus der Studie von Sommer (2005) bei oraler Exposition von Ratten über 1 Jahr.

Eingesetzte Extrapolationsfaktoren zur Ermittlung des DNELs:

− Zeitextrapolation: Studiendauer ist ausreichend (chronische Studie)

− Interspezies Unterschiede (Ratte → Mensch): Faktor 4

− Interspezies Unterschiede (verbleibende Unterschiede): Faktor 2,5

− Intraspezies Unterschiede (Verbraucherexposition): Faktor 10

− Qualität der Daten: ausreichend (kein zusätzlicher Assessment Faktor erforderlich) Gesamt Assessment Faktor: 4 x 2,5 x 10 = 100

DNEL / Verbraucher / Langzeitexposition / oral:

DNEL = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 100 = 3 mg/kg KG/Tag DNEL Herleitung für Arbeiter bei oraler Exposition:

Ausgangspunkt für die Berechnung war der NOAEL von 300 mg/kg Körpergewicht und Tag aus der Studie von Sommer (2005) bei oraler Exposition über 1 Jahr.

Eingesetzte Extrapolationsfaktoren zur Ermittlung des DNELs:

− Zeitextrapolation: Studiendauer ist ausreichend (chronische Studie)

− Interspezies Unterschiede (Ratte → Mensch): Faktor 4

− Interspezies Unterschiede (verbleibende Unterschiede): Faktor 2,5

− Intraspezies Unterschiede (Arbeiter): Faktor 5

− Qualität der Daten: ausreichend (kein zusätzlicher Assessment Faktor erforderlich) Gesamt Assessment Faktor: 4 x 2,5 x 5 = 50

DNEL / Verbraucher / Langzeitexposition / oral:

DNEL = 300 mg/kg KG/Tag ÷ 50 = 6 mg/kg KG/Tag