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Entflechtung zwischen Kirche und Staat vollzogen haben? 2

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M 218/2007 JGK 27. Februar 2008 JGK C Motion

0299 Messerli, Nidau (EVP)

Löffel, Münchenbuchsee (EVP)

Weitere Unterschriften: 14 Eingereicht am: 03.09.2007

Grundsatzdebatte zum künftigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat: Trennung, Entflechtung oder Status quo?

Der Regierungsrat wird beauftragt, in einem Bericht zuhanden des Grossen Rates die erforderlichen Grundlagen und Hintergrundinformationen für eine Grundsatzdebatte zum künftigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat aufzuarbeiten.

Im Bericht sollen u.a. die folgenden Fragen und Aspekte behandelt werden:

1. Analyse des Ist-Zustandes

• Inwiefern rechtfertigt sich das bestehende enge Verhältnis zwischen dem Kanton Bern und den drei staatlich anerkannten Landeskirchen? Welche Vor- und Nachteile bringt die bestehende Regelung für den Kanton, die Kirchen und die Bevölkerung?

• Wo, wie und warum ist die bestehende rechtliche und finanzielle Bevorzugung der drei Landeskirchen gegenüber den Freikirchen und anderen religiösen Organisationen, die alle auch einen wichtigen diakonischen, sozialen und kulturellen Beitrag für die kantonale Bevölkerung leisten, weiterhin gerechtfertigt?

• Welche konkreten Leistungen in den Bereichen Soziales, Kultur, Bildung und Erziehung, die nicht ausschliesslich für ihre Mitglieder bestimmt sind, erbringen die Landeskirchen für die Allgemeinheit? Wie lassen sich diese Leistungen quantifizieren?

• Wie ist das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in den anderen Kantonen geregelt?

• Welche Erfahrungen haben die Kantone gemacht, die eine Trennung resp.

Entflechtung zwischen Kirche und Staat vollzogen haben?

2. Konkrete Vorschläge und Szenarien über die künftige Ausrichtung der Beziehung des Kantons zu den Landes- und zu den Freikirchen

• Wie liesse sich das Verhältnis zwischen dem Kanton und den drei anerkannten Landeskirchen mit den nachfolgenden Varianten und Szenarien

a) Trennung b) Entflechtung

c) weitere Varianten und Abstufungen neu regeln?

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• Was hätten die einzelnen Varianten/Szenarien für den Kanton, die Kirchen und die Bevölkerung für konkrete Folgen und Auswirkungen?

• Wie liesse sich das Verhältnis des Kantons zu den Freikirchen und anderen religiösen Institutionen neu regeln und verbessern?

Begründung:

In der Grossratsdebatte zur Motion Bolli „Liberale Lösungen für den Kanton Bern - Religionsfreiheit für Unternehmerinnen und Unternehmer“ vom 7. und 11. Juni 2007 wurde darüber diskutiert, ob juristische Personen von der Kirchensteuerpflicht befreit werden sollen. Dabei sind auch grundsätzliche Fragen über das bestehende enge Verhältnis zwischen Kirche und Staat aufgeworfen worden.

Es ist an der Zeit, die Stellung zwischen den Landeskirchen und dem Kanton zu überdenken. Der Kanton Bern ist zusammen mit den Kantonen Waadt, Schaffhausen und Zürich einer der wenigen Stände, in der nach wie vor ein enges Verhältnis zwischen Kirche und Staat besteht. Diese enge Anbindung an den Staat gibt den Landeskirchen eine grosse religiöse Machtposition und Privilegien. Es darf deshalb zumindest die Frage gestellt werden, ob diese besondere Stellung der Landeskirchen überhaupt noch zeitgemäss ist und nicht den Grundprinzipien eines liberalen und konfessionell neutralen Staates zuwiderläuft. Freikirchen und andere religiösen Gruppierungen leisten ebenfalls einen grossen diakonischen, sozialen und kulturellen Beitrag an die kantonale Bevölkerung, ohne in den Genuss steuerlicher Mittel zu kommen und von der öffentlich-rechtlichen Anerkennung durch den Kanton zu profitieren.

Ziel der Motion ist es, eine Grundsatzdebatte über das künftige Verhältnis von Kirche und Staat zu führen. Mit einem Bericht könnte der Regierungsrat die erforderlichen Grundlagen und Hintergrundinformationen für eine spannende und für den Kanton Bern wegweisende Debatte liefern, deren Ausgang völlig offen ist.

Antwort des Regierungsrates

Mit der Absicht, eine Grundsatzdebatte zum künftigen Verhältnis von Kirche und Staat auszulösen, verlangt die Motion einen Bericht. Dieser soll neben einer gründlichen Analyse des bestehenden Verhältnisses Szenarien für eine mögliche Umgestaltung enthalten.

Der Regierungsrat anerkennt das Bedürfnis, die komplexen Zusammenhänge, welche das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Kanton Bern begründen, vertiefter kennen zu lernen und nimmt zum Begehren wie folgt Stellung:

1. Das Verhältnis von Kirchen und Staat im Kanton Bern gab immer wieder Anlass für Untersuchungen. Ein umfassender Bericht wurde vor 20 Jahren gestützt auf eine Motion im Grossen Rat in Auftrag gegeben und erschien 1991 unter dem Titel „Kirche – Gewissen des Staates?“ Er setzte sich in erster Linie mit der Frage auseinander, inwieweit sich die Kirchen zu politischen Fragen äussern dürfen.

Zu den historischen Rechtstiteln, welche die materielle Grundlage von Kirche und Staat bilden und deren Relevanz äussert sich ein durch die evangelisch-reformierte Landeskirche in Auftrag gegebenes Gutachten von Herrn Fürsprecher Dr. Ueli Friederich. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Die Verpflichtung des Kantons Bern zur Besoldung der evangelisch-reformierten Geistlichen gründet auf verschiedenen Rechtstiteln. Zunächst und im Wesentlichen übernahm der Staat die Pflicht als Rechtsnachfolger der Pfrundstiftungen und als neuer Eigentümer des Kirchenguts im Gefolge des Dekrets vom 7. Mai 1804. Als Patron hatte dem Kanton bereits vorher die Pflicht zur Einkommensergänzung und zum Unterhalt

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der Liegenschaften obgelegen, soweit diese seinem Patronat unterstanden. Das Dekret von 1804 stellte das Ergebnis von Verhandlungen des Kantons mit der Geistlichkeit dar, hat „vertragsähnlichen“ Charakter und stellt damit einen weiteren besonderen Rechtstitel dar. In relativ bescheidenem Umfang begründete der Staat Bern weitere Verpflichtungen durch Vertrag.

b) Die auf diesen Titeln beruhende Besoldungspflicht des Kantons wurde als Dauerschuldverhältnis begründet und als solche durch diesen selbst immer wieder bestätigt. Sie ist weder durch Zeitablauf noch wegen veränderter Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt der clausula rebus sic stantibus dahingefallen und auch nicht durch bisherige Staatsleistungen getilgt worden. Die Verpflichtung besteht, unabhängig von Art. 54 KiG, heute noch.

c) Der Kanton Bern ist heute zur Besoldung der Pfarrstellen verpflichtet, deren Gut er aufgrund des Dekrets vom 7. Mai 1804 oder später mit der Übernahme von Patronaten zu Eigentum erhalten hat oder welche Gegenstand entsprechender besonderer Vereinbarungen, namentlich der Vereinigungsurkunde von 1815, waren.

Anlässlich der Vereinigung des Kantons Bern mit dem Jura und dem Laufental verpflichtete sich der Kanton Bern, weitere Geistliche nach den Grundsätzen des Dekrets von 1804 zu besolden.

d) Der Kanton Bern hat grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit, die Pfarrbesoldungen aufzuheben. Er kann seine Verpflichtung auf zwei Arten ablösen: entweder durch Herausgabe des seinerzeit übernommenen Kirchenguts beziehungsweise Ausrichtung einer entsprechenden, auf heutige Verhältnisse umgerechneten Entschädigung für nicht mehr vorhandene Vermögenswerte oder durch Kapitalisierung der heute ausgerichteten Leistungen, zu welchen er aufgrund der erwähnten Rechtstitel verpflichtet ist.

e) Die Entschädigung ist an die kirchliche Körperschaft (Landeskirche oder die einzelne Kirchgemeinde) auszurichten, welche die Besoldung der Geistlichen in Zukunft übernimmt. Im Zweifel wird dies die Landeskirche sein. Mit der Entschädigung wird die Verpflichtung zur andauernden Besoldung zu überbinden sein.

f) Sowohl die Landeskirche als auch die einzelne Kirchgemeinde hat die verfahrensrechtliche Möglichkeit, einen ihr materiell zustehenden Anspruch auf Entschädigung gestützt auf ihre Autonomie geltend zu machen. Beide Körperschaften können sich ebenso auf ein entsprechendes wohlerworbenes Recht berufen.

2. Der Regierungsrat erachtet das erst 1994 erstellte Gutachten von Herrn Frspr. Dr. U.

Friederich als eine solide Grundlage, welche zum aktuellen Verhältnis von Kirche und Staat und dessen Legitimation ausreichend Auskunft gibt. Seitdem sind keine neuen Gesichtspunkte auszumachen, welche eine erneute Untersuchung rechtfertigen würden. Allein für die in der Motion gewünschte Analyse des Ist-Zustandes wäre mit einem Kostenaufwand von CHF 80'000.-- zu rechnen. Da nicht davon auszugehen ist, dass ein erneutes Gutachten neue Erkenntnisse zeitigen wird, erachtet es der Regierungsrat weder als angebracht noch als sinnvoll, die dazu notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen einzusetzen.

Er beantragt deshalb, die Motion abzulehnen.

Antrag: Ablehnung

An den Grossen Rat

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