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C-reaktives Protein: ein Prädiktor für Darmkrebs?

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S T U D I E É T U D E

J A M A

Noch ist es eine Hypothese, nach der entzündliche Vor- gänge in der Pathogenese des Darmkrebses eine Rolle spie- len. Jetzt hat eine im JAMA publizierte Studie ergeben, dass Personen mit erhöhtem CRP-Wert häufiger an dem Tumor erkranken.

Mindestens zwei Anhaltspunkte gibt es für die Annahme, dass entzündliche Prozesse beim Kolonkarzinom mitspielen könnten:

Zum einen ist seit längerem bekannt, dass Patienten mit chronischen entzündlichen Darmerkrankungen ein höheres Darm- krebsrisiko haben. Zudem soll, nach epi- demiologischen Studien, das Risiko von Kolonadenomen und -karzinomen verrin- gert sein bei Menschen, die langfristig Ent- zündungshemmer einnehmen.

Jetzt hat eine Studie ergeben, dass ein unspezifischer Entzündungsmarker, das C-reaktive Protein (CRP), möglicherweise ein Marker für ein erhöhtes Kolonkarzi- nomrisiko ist. Eine amerikanische Arbeits- gruppe um Thomas P. Erlinger ermittelte diesen Befund anhand der CLUE-II-Ko- horte, an der mehr als 220 000 Einwohner von Washington Country, Maryland, teil- nahmen. Sie hatten 1989 auch eine Blut- probe abgegeben, die auf CRP untersucht

wurde. Nach prospektiver Beobachtung der Patienten bis Dezember 2000 waren Menschen mit ursprünglich erhöhtem CRP signifikant häufiger an Darmkrebs er- krankt. «Die Befunde zeigen, dass eine starke Assoziation zwischen CRP und einem späteren Kolonkarzinom besteht», schrei- ben die Autoren im JAMA. Sie sehen ihre Ergebnisse in Übereinstimmung mit zahl- reichen anderen Befunden. Sie verweisen diesbezüglich beispielsweise auf Labor- studien, nach denen Entzündung die Um- wandlung eines Adenoms zu einem Karzi- nom zu forcieren vermag. Verschiedene Beobachtungsstudien hätten zudem erge- ben, dass die geringfügige Modifikation von Entzündungsmarkern – etwa erhöhte Zahl an weissen Blutzellen oder erhöhte Fibrinogenspiegel – mit erhöhter Krebs- mortalität assoziiert sei – bei Menschen, die bei Erhebung dieser Laborbefunde offensichtlich kein Karzinom aufwiesen.

Kein Zusammenhang konnte in der Studie zwischen CRP und Rektumkarzinom er- mittelt werden. Die Autoren führen dies auf die zu geringe Fallzahl zurück, halten es aber auch für möglich, dass diese Tu- moren womöglich etwas anderen biologi- schen Mechanismen gehorchen.

Die Studie ist nicht die erste Prospektiv- untersuchung zu dieser Fragestellung. In einer früheren Studie liess sich ein Zusam- menhang zwischen Kolonkarzinom und CRP-Erhöhung nicht feststellen. Allerdings ging diese Studie vom allgemeinen Krebs- risiko aus, und Darmkrebse traten dabei relativ selten auf. Zudem betrug die Beob- achtungszeit nur 58 Monate.

Nur eine CRP-Messung

Trotz des statistisch eindeutigen Zusam- menhangs weist die jetzige Studie eine erkennbare Schwäche auf: Das CRP war

nur einmal gemessen worden. Dennoch, meinen die Autoren, stelle dies den Befund nicht grundsätzlich in Frage. Sie geben aber zu bedenken, dass CRP ein unspezi- fischer Entzündungsmarker ist; Folgestu- dien sollten nun spezifische Zytokine oder Akute-Phase-Faktoren in den Blick neh- men, um die Mechanismen zu erhellen, die den Zusammenhang zwischen Ent- zündung und Krebsrisiko ausmachen.

Die JAMA-Kommentatoren Boris Pasche und Charles N. Serhan äussern sich zu- rückhaltend zur Frage, ob CRP ein Darm- krebsprädiktor sei. «Wenn wir von einer langen präklinischen Entwicklungszeit des Kolonkarzinoms ausgehen, könnte es auch sein, dass die erhöhten CRP-Werte eine Folge der Erkrankung darstellen und nicht einen Risikofaktor markieren.» Sie neh- men an der singulären CRP-Bestimmung Anstoss und fordern in künftigen Studien serielle Messungen. Für eine Schwäche der Studie halten sie den Umstand, dass man sich auf die Angaben der Patienten

C-reaktives Protein: ein

Prädiktor für Darmkrebs?

Ergebnisse einer prospektiven Studie

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l Die prospektive Studie ergab, dass Menschen mit einem erhöh- ten CRP-Wert in den nächsten 10 Jahren signifikant häufiger ein Kolonkarzinom entwickelten als Personen mit normalen CRP.

l Die Befunde müssen nun bestä- tigt und spezifiziert werden, ehe allenfalls therapeutische oder präventivmedizinische Konsequenzen aus ihnen folgen können.

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verlassen musste bei der Frage, ob sie in den letzten 48 Stunden vor der CRP-Mes- sung NSAR oder Aspirin eingenommen hatten.

Klinische Relevanz ist offen

Ob und in welcher Weise die Befunde kli- nisch bedeutsam werden, also etwa im Rahmen von Therapie- und Präventivstra- tegien genutzt werden können, ist derzeit völlig offen, auch wenn nun ein weiterer Befund die These zu stützen scheint, dass Entzündung auf irgendeine Weise an der Darmkrebspathogenese beteiligt sein könnte. «Die provokativen Befunde wer- den Grundlagenforscher und Epidemiolo- gen animieren, auf diesem Gebiet weiter zu forschen», meinen die JAMA-Kom- mentatoren. Sie spekulieren ihrerseits aber bereits über die Frage, wie der CRP-An- stieg mit dem Kolonkarzinom zusammen-

hängen könnte. Ihrer Meinung nach könnte die CRP-Produktion als ein Signal des Immunsystems gedeutet werden. Un- ter der Annahme, dass der Tumor für das Abwehrsystem ein Fremdkörper ist, könnte es sich so abspielen: An einem bestimm- ten Punkt übersteigt die Proliferation von neoplastischen Zellen und die Zerstörung von normalem Gewebe das Vermögen der zytotoxischen Lymphozyten und Ma- krophagen, die Tumorzellen zu zerstören und sie abzuräumen. Der Leber wird nun signalisiert, dass sie mit der Produktion des Opsonins CRP beginnen muss, um auf diese Weise die Clearance der Tumorzel- len zu erleichtern. Dies ist, nach Meinung der Autoren, womöglich «die erste Kom- munikation zwischen Leber und Kolon, die anzeigt, dass eine lokale Entzündung im Gang ist.» Trifft die Hypothese zu, be- deutete dies, dass das initiale Tumor- wachstum vom Organismus als Entzün-

dung erkannt wird. Tatsächlich gibt es für einige Tumore histologische Hinweise auf frühe leukozytäre Infiltrate, die zusammen mit ersten Tumorzellnekrosen auftreten.

Thomas P. Erlinger: C-reactive protein and the risk of incident colorectal cancer.

JAMA 2004; 291: 585–590.

Boris Pasche, Charles Serhan: Is c-reactive protein an inflammation opsonin that sig- nals colon cancer risk? JAMA 2004; 291:

623–624.

Uwe Beise

Interessenlage: Die Studie wurde vom Maryland Cigarette Restitution Fund, vom National Institutes of Health und dem American Institute for Cancer Research unterstützt.

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