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Über eine Formel in der jüdischen Responsenlitteratur
und in den muhammedanischen Fetwäs.
Von Ignaz Goldziher.
I. In jüdisclien Konsultationen über gesetzliche Fragen (mbso
maiüsm) aus Ländern arabischer Zunge findet man sehr häufig als
Schlussformel der Pragestellung einen Hinweis auf den göttlichen
Lohn, dessen der Befragte für seine Entscheidung gewärtig ist.
Einige Beispiele:
Eesponsen der Geönim zumeist aus dera 10. und 11. Jahrh.
ed. Harkavy (Berlin 1887, Mek. Nird.) 187, 5—8: Nan^o ^N-i iND
Syo "^"i DDnbN (ed. NrNc-ir^) NiB-iy asi y»i
nbb« -(S NaNrn ^^bi (ed.*) sbyc); ibid. 265, 24: Nnio NSins'E
.maN nüyi ibNyn nbbNi aNisbN -;bT ie ni NTsa
Dem entspricht in den hebräischen Übersetzungen-) dieser
Redensart am Schlüsse der Anfragen: ao" T); Tiaa bapii i;-ni
"j-iani, oder b^E3i aipi:m resp. '- riN70 biss tid® *)nini,
wozu noch zuweilen ni;2ian "12 hinzukommt. Diese Formel erscheint
oft in der Abbreviatur ri"7;DOi. An eine biblische Stelle (Ruth
2, 12) ist diese Formel angepasst in der Varietät: "iia"! imi .n73b-:j imD-,::?: ninn 'n nN7:i nia
Abraham Abu-l-munä, Sohn des Maimonides, motiviert einmal
in einer seiner Entgegnungen auf die Einwürfe des Daniel ha-Babli
gegen Stellen in Maimonides' Werken, die Zusicherung des gött¬
lichen Lohnes für die Zerstreuung religionswissenschaftlicher Zweifel
durch einen Hinweis auf die biblische Stelle Jes. 57, 14. Durch
1) Es ist niclit = wie in der hebr. Übers. 314 fl" b^l .
2) Wir verweisen auf das limiaNI Daam maifflP yaip (Leipzig),
unter dessen 251 Konsultationen es nur wenige giebt, in denen die Anfrage nicht mit einer dieser Formeln schliesst. — Vgl. auch blUi Jiam 1D1B1, Meir Abulafia, Kit&b al-rasä'il (hebr. Übers.) ed. J. Brill 132, 16.
3) Häufig auch Niaii. Die Formel wird in hebr. Sprache auch in
arabischen Anfragen gebraucht, Jew. Qu. Eev. XI, 539, 10. 27.
646 Goldziher, Uber e. Formel i. d. jüd. Responsenlitteratur etc.
die Unterweisung der Fragesteller wird ein „Anstoss aus dem Wege
des Volkes hinweggeräumt' ; dafür kann man göttlichen Lohn er¬
werben 1).
Man kann jedoch nicht bezweifeln , dass diese Formeln nicht
an biblische Anschauungen anknüpfen, sondern dass sie aus der
Technik des muhammedanischen Fetwäwesens übernommen
sind, wo sie seit alter Zeit genau an derselben Stelle in derselben
Weise gebraucht werden, wie wir dies an den soeben angeführten
jüdischen Beispielen erfahren haben.
Einige Specimina aus verschiedenen Zeitaltern können dies
Verhältnis zeigen. Unser ältestes Beispiel , das ungefähr aus der
Zeit jener gaonäischen Responsen stammt , ist sicherlich nicht das
früheste dieser Art. In den den Gui-ar al-fawä'id wa-durar al-
kalä'id des Sarif Abu-l-Käsim 'AU al-Murtadä (lebte 355 436)
angehängten theologischen und philologischen Anfragen und Gut¬
achten (Teheran 1272, p. 362—416) schliesst eine Fragestellung
' ' o >
mit den Worten; ».Jüi tLi ^.^ bU/i ü^Jö ,3 »A-^c ^Ci^i
(p. 389). — Dem Gazäli wurde ein Gutachten über eine gerade
in seiner Zeit viel umstrittene Prage abverlangt: wie sich der
orthodoxe Islam gegen das Andenken des Chalifen Jezid I. „des
Mörders des Husein" zu verhalten habe. Aus den Sprüchen der
grossen Imame des 2. und 3. Jahrhunderts konnte diese Frage
nicht sicher entschieden werden, die auch für die alltägliche Praxis
aus dem Gesichtspunkte Interesse hatte, ob man der Erwähnung des
Namens dieses Chalifen die üblichen Eulogieformeln (Jül i^^ u. a. m.)
nachsetzen müsse, oder mindestens dürfe, oder aber ob eine Fluch¬
formel nach diesem Namen den Forderungen der rechtgläubigen
muhammedanischen Gesinnung eher entspreche. Es ist zu be¬
achten, dass die Rehabilitierung des Jezid und der Omajjaden über¬
haupt vielfach von Theologen der ultrakonservativen hanbalitischen
Schule vertreten wurde'-), trotzdem Ahmed b. Hanbal selbst -m
1) D1D3 niCS": ed. B. Goldberg (Paris 1867) 59, 13: in: -jN B^J-'T .1735 "iliu biCDTs i7ai-iri nbip bNnn73t<b nun niD TaonsM 2) Ein älterer Zeitgenosse des Gazäli, der Hanbalite 'Abd al-Mugit b. Zuheir al-Harbi (st. 483) hatte ein Werk fi fadä'il Jezid geschrieben, das zu seiner Zeit viel Debatten hervorrief (Ibn al-Atir ed. Büläk XI, 230, vgl. Muh.
Stud. II 97). Die an Gazäli gerichtete Anfrage ist wohl aus Anlass dieser Be¬
wegung erfolgt. — Eine Apologie des Mu'äwija schrieb ein jüngerer hanbali¬
tischer Zeitgenosse, der Käili Muhammed ibn al-Farni (st. 526): ä.j»Lji/o xjyi
^^.,Lä.w qjI (Handschr. der Leipziger Universitätsbibl. D. C. Nr. 375 fol. 39v.).
Zn beachten ist folgende aus den Manäkib Alimed b. Hanbal von Jahjä b.
Manda citierte Notiz des Härün b. Ilammäl: ilj!^ ^'•^ y
Goldziher, Über e. Formel i. d. jüd. Responsenlitteratur etc. 647
alidischen Sympathien neigte'). Die Anfrage nun, mit der dem
Gazäli eine Entscheidung dieser Kontroverse abgefordert wird, schliesst mit der Formel: &).Jt ^Lii J LUu sLxui^ill iütjb yiL (Ibn Challi¬
kän s. V. al-Kijä al-Harräsl, Nr. 441, Wüstenfeld V, 16). — Eine
Konsultation aus dem 8. Jahrh. H. über die Zulässigkeit der Be¬
schäftigung mit den Schriften des Theosophen Muhji al-dln ibn
£ £
'Arab! endigen die Fragesteller mit den Worten: ^j^^=^L» Liyä!
wJl3jJt ^^-0 Jy:*^ '^'^ '■■'1}^ C^akkarl I
577, 4).
Ähnliche, auf die dem Respondenten zugesicherte göttliche Be¬
lohnung bezügliche Klauseln der Fragestellung sind aucb in späterer
Zeit in Anwendung geblieben 2). Bei dem in dieser Zeitschrift
(1, 328) von Schauffler mitgeteilten . Fetwä (a. d. J. 1175 d. H.)
über den Übertritt der Griechen in Aleppo zur röm.-katholischen
Kirche, schliesst die Pragestellung: v_)tyL!l ^^y- 'i^V*^.
Desgleichen schliesst die von Snouck Hurgronje (ibid. 45, 397)
herausgegebene Fragestellung des Muhammedaners aus Singapore
in Angelegenheit des Sklavenhandels mit den Worten:
^j^! 'xüt («^Lil lijüj ^5 LüUj! (jojjiaXj . Dazu sind in
jjjüt ■J^^ j*c ,}Jiasu Ix^ J jdft bi L jüsj
x/jLiö i).^\JS b!^ i^JL.^j iA*5>! JLäi ^.,L;^ ^] Kj^L*/«
<j 3 ~
Bw^xJ ^ ^'^^} (ibid. fol. 29 v). Damit im Zusammenhange sind die.
Nachriehten bei al-Mukaddasi 384, 14; 407, 13; 415, 6 zu verstehen, wonach die Hanbaliten in Isfahan, Rejj u. a. m. eine bis zur Übertreibung reichende Ver¬
ehrung für Mu'äwija (vgl. de Goeje, Gloss, geogr. v. Ä-kxS») kennzeichnet. — Es entspricht dies dem alten Sunna-Standpunkt, der die Thatsachen des histo¬
rischen Chalifates als religionsgemäss recipierte. Die soeben angeführten han¬
balitischen Äusserungen haben ihre Vorgänger an 'Abdallah b. al - Mubärak (118 —182), der eine Vergleichung des 'Omar II. mit Mu'äwija I. zu Gunsten des ersteren nicht zuliess (Ibn Chall. Nr. 321) und an Abü 'Omar al-Mutarriz (st. 345), bekannt als Guläm Ta'lab, einem fanatischen Mu'äwijavarehrer, der eiu Heft Überlieferungen iü jLä/i JjL/uas ^ tradierte, das jeder, der seine Vorträge hörte, erlernen musste (Ibn Chall. Nr. 649).
1) ZDMG. 50, 494; Patton, Ahmed ibn Hanbal and the Mihna 140.
2) So z. B. auch in den fingierten Konsultationen , die sehr häufig als Flugschriften einzeln erscheinen. Eine solche Anfrage an Emin al-Madani (1292) über die Verwerflichkeit oder Zulässigkeit des mit angeblichen Haaren des Propheten getriebenen Kultus (vgl. Muh. Stud. II, 366) schliesst: l^iX^sl
.Vl^i^b r^s ^^ß-
Bd. LIU. 43
648 Goldziher, Uber e. Formel i. d. jüd. Rei>ponsenUttercriiu,r etc.
i^päterer Zeit auch einige Invokationsformeln als Einleitung der
Entscheidung des Mufti hinzugekommen. Darüher teilt Muhammed
al-Muhihbi in seinem Werke über die Gelehrten des 11. Jahrh.s
d. H. bei Gelegenheit der Biographie des türkischen Mufti Abü
Sa'ld b. As'ad b. Ijasan 6an (1003 — 1072) folgendes mit»):
JJui^S >SS\ Jy^\ i^i fjß jS\ i^jUftJ! j wOJb ^1(5
o ^1 eJ^^Jt oljUii' ^yl jj,!, j^jtäLXÄJt «uj^
« M ' P
^jJl lA«— ViX>- (JfJj^ iSi'i-H^' u5JL-*j ^J|-i;S^|j jöLoiJ! J.^
jj> J! JJUjJi ^Lj jjl«
^^l^ >^*^ '^^s tX*-«! f-o! ».xxj ^ JoLM..Jt obüCiÄ^
.(^oUict i^ol^J! adJl
Der neue Amtsstil der modernen arabischen Kanzleien hat
freilich auch die Fetwäfordemngen nach der kurialen Schablone
gemodelt. In den sieben Petwäbänden , die ^ der einstige Mufti
von Ägypten und Rektor der Azharakademie Seich Muliammed al-
•.^bbäsi al-Mahdl aus seinen für Regierungsstellen, Richter und
Privatpersonen von seinem Amtsantritte 1264 bis 1304 abgegebenen
Gutachten zusammenstellte-), sehliessen die von Ministerien und
sonstigen Ämtern an ihn gerichteten Anfragen in der Regel mit
der bekannten geschäftlichen Pormel: i^L«,!^ fSüyiiJi »jrir*^ Ti^
^iJ- Holib I^xic yj äöUJt »j^ iJjjjuuJl Ü>I;PI
«jÜÖ i ^yiJ! (z- B- I- 448).
Wir haben gesehen, dass eins der jüdischen Beispiele aus der
gaonäischen Zeit in Bezug auf das charakteristische Wort der Formel
(Jli*) genau zu den aus dem 9.—10. .Tahrh. angeführten muham¬
medanischen Formeln stimmt. Auch das an einer solchen Stelle
vorkommende nmyja Nnio N:b (Responsen der Geonim ed.
Harkavy 96, 22) klingt an das in jenen arabischen Beispielen gang-
o >
bare gJl yy an.
II. Diese, wie wir sehen konnten, ganz formelhafte Fetwä-
phrase ist keineswegs als Ausdruck konventioneller Höflichkeit zu
betrachten. Der Gedanke, der ihr zugrunde liegt, ist im Hadit
1) Cliuläsat al-atar fi a'jän al-karu al-liadi 'asar (Kairo 1284) I, 128 unten.
2) Al-fatäwi-l-malidijja fi-l-wakä'i-l-misrijja, Kairo 1301 — 1304; 7 Bde.
Ooldziher, über e. Formd i.. d. jüd. EeeponsenUtteratur etc. 649
begründet. Beim Abverlangen eines Petwä wendet der Fragesteller
den im HadiJ ausgedrückten Gedanken än.
Nach einem alten muhammedanischen Spruche ist: J^-jÄ^ JJ'
^ys-Lo .jeder, der in einer zweifelhaften Sache ans selbständigem-
Denken das richtige Gesetz zu erschliessen sich bestrebt, des gött¬
lichen Lohnes gewärtig" ^), oder wie dieser Satz im vollen iZusammen-
hange lautet : 'Amr b. al-'AsI hörte vom Propheten folgenden Aus¬
spruch: jc^Ä>Ls (..^ 131^ oln"^ *^ oLoLs iXjis-Li ^LS- ^J>s>- 13!
* • .
y>.! jJis Uap»! Ji „Wenn em Richter einen Rechtsspruch zu er¬
teilen hat und mit ehrlichem Bestreben die Wahrheit erschliesst,
so erhält er (von Gott) einen doppelten Lohn, wenn seine Ent¬
scheidung richtig ist; den einfachen Lohn auch dann, wenn er
mit derselben geirrt hätte" ").
Dies ist nun der Lohn, dessen der Fragesteller den Mufti
versichert. Zur Zeit als dieser IJadltspruch entstand , hatten die
Worte i^tahada und mugtahid noch nicht die feste terminologische
Bedeutung, und hingen noch nicht mit jener genau definierten Stelle
in der Rangstufe der Gelehrtenhierarchie zusammen, die ihnen
später infolge der Ausbildung des Madhabwesens und der syste¬
matischen Schichtung der das Gesetz interpretierenden Autoritäten
zugeeignet wurde. Igtihäd bezeichnet im allgemeinen (zumal mit
im Accus.) die spekulative Forschung des Fakih*) und ist ein
Attribut der Methode des ra'j^). Nach vollzogener Codificierung
des Gesetzes hat man begonnen mit dem Titel m. höhere An¬
sprüche zu verbinden. Die oben angeführten alten Sprüche hat
man aber geme auf jeden Gesetzgelehrten angewendet, der inner¬
halb seiner Kompetenzsphäre vom jus respondendi Gebrauch
macht und in die Lage kommt über gesetzliche Anfragen Ent¬
scheidungen zu geben. Dazu muss er — wenigstens nach hanefi-
tischer Lehre ^) — nicht eben irgend eine der Stufen des igtihäd,
1) Muwatta' IV, 38 sagt dies Sa'id b. al-Musajjab, indein er für das Dija- gesetz an Stelle der Verordnungen 'Omars und Mu'äwijas eine neue Norm aufsteUt.
2) Die älteste Stelle ist Musnad al-Säfi'i (Labore 1306) 200. Ausserdem kommt der Spruch fast in jeder Haditsammlung vor, die ein Kapitel über Ge¬
setzstudium, Rechtspflege u. dgl. enthält.
3) Vgl. ij&hiriten 9. , ,
4) 'Abd al-Barr, bei Zark. zu Muwafta' I, 214 \^\J\^ iJ^iJ! iC^SUo
±j^-^\i.
5) Die säfi'itische Aufiassung stellt höhere Ansprüche; s. übier die Frage MAwerdi ed. Enger 110. Uber mugtahid al-fatdwi vgl. Joum. asiat. 18S0 I, 181. 204; Snouck Hurgronje, ZDMG. 53, 141.
48»
650 Goldziher, Uber e. Formel i. d. jüd. Responsenlitteratur etc.
in seiner späteren Bedeutung, erklommen haben und kann wohl
auch ein mukallid sein').
III. Wir benützen diese Gelegenheit noch zu einigen an dies
Gebiet sich knüpfenden sprachlichen Bemerkungen.
Der Dichter Kuheif, der mit Du-l-rumma um die Gunst der
schönen Charkä' wetteiferte, gebraucht das Wort al-mufti, um einen
frommen Mann (derselbe wird übrigens als fakih bezeichnet) zu
verspotten, der mit der ernsten Mahnung znr Gottesfurcht den
Dichter zurechtwies, als sich dieser einmal in eine schöne Frau
vergaffte (Ag. XX, U3,5): ^ üJii! ^ ^\ J, Jyb
^ b JaJSi- Hier wird mufti in demselben Sinne ge¬
braucht, wie bei ähnlichen Gelegenheiten (wo es sich um das Wein-
trinken handelt) die Worte mutakallif (Ag. XIV, 31, 2) oder fakih
(ibid. 61, 18)^). Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass im Grunde
ein Frömmler oder Heuchler gemeint sei, wofür die freien Omajjaden
und die Vertreter ihres Geistes die unbequemen Fut:ahä hielten,
die ihnen immer mit Koran und Sunna in den Weg kamen =*).
Der Gebrauch des Wortes fatwä, das ursprünglich nur die
gesetzkundige Entscheidung einer dem Fragenden zweifelhaften
Sache bedeutet«), scheint im späteren ungenauen Sprachgebrauch,
bei Beibehaltung der richtigen Bedeutung, auch aüf die schrift¬
lichen Anfragen, auf die man eine Entscheidung beansprucht,
ausgedehnt worden zu sein. In dieser Anwendung bedeutet es
wohl eigentlich das der Erledigung zugeführte Schriftstücks), das]
1) Kädi Chän (st. 592), Fatäwi (Kairo 1282) I, 8, 18: oU' J^
■_P,Vr.;t, »JOc u-LÜ! xäs\ jS> ijäi Öls-L, J^^Ä^ yi (oJjw
l».>tj^. Über die Igtibäd-Fragen schrieb Muhammed b. 'Abd al-'aziz al-Mekki (1051): al-kaul al-sadid fi ba'd mas&'il al-i^tihäd wal-taklid (Hand¬
schrift der Kairoer Bibliothek, Katal. VI, 177). Vor jetzt dreissig'Jahren er¬
scbien von dem damals sehr angesehenen Kairoer Gelebrten Rifä'a Beg al- Tabfawi, als besondere Beilage der Unterrichtsrevue Raudat al-madäris, die Monographie: al-kaul al-sadid fi-l-igtihäd wal-ta^did (Kairo 1287) s. besonders 22 unten.
2) Vgl. Muhammed. Stud. I, 31.
3) Merwän b. al-Muhallab nennt ja den Hasan Bajri jLa!t ,iyyiJ!
O Tab. II, 1401, 5.
c,e ,o- ,o, o>
4) LA s. V. XX, 6 oben: XJ Jsi\ b« ^^JXsü\i ^yi]]^ l-A^ftJ!^
ioujai 3> 'xAääJi.
6) Vgl. al-Mul.iibbi, Chulasat al-atar III, 341,6 tlÄs^l ^Li^ J^S^
Vgl. 'a^yil\ Ibn Markow, bei de Goeje, Arib 94, 8.
Goldziher, Uber e. Formel i. d. jüd. Responsenlitteratur etc. 651
die Anfrage in gewohnter Form enthält. Dieser Sachverhalt folgt
aus Beispielen, die aus dem 10. und 11. Jahrh. vorkommen:
Muglr al-din al-Hanbali (ca. 900) sagt in der Biographie des
Seich Maki b. 'Abd al-Saläm al-Rumeil5 (st. 492): ^JxilS oJL/
.. p
l^jA^j j.LiJt} yoA juJ! ji,Lj' d. h. es kamen Anfragen zu
ihm aus vielen Ländern '). Ebenso gebraucht das Wort sehr häufig
auch al-Muhibbi (Ende des 11. Jahrh.) in seinem Biographienwerke.
Von Ahmed b. 'AbdaUäh al-Mekkl (st. 1077) sagt er: „die Fatäwi
kamen zu ihm, und er beantwortete sie in der angemessensten
und schönsten Weise' 2). Man sagt in diesem Sinne:
^^JSalS , um auszudrücken, dass jemand schriftUche Antworten auf
die ihm vorgelegten Anfrageschriften erteilt*). ,Du sollst nicht
mehr auf Fetwä's schreiben' d. h. nicht mehr schriftUche Ent¬
scheidungen über vorkommende formelle Fragen treffen dürfen*).
Von dem nachmals berühmten Negm al-din al-öazzi (st. 1061) wird
erzählt, dass ihm sein Meister Sihäb al-dln al-'Aitäwl, selbst einer
der hervorragendsten Gesetzgelehrten seiner Zeit, zwanzig Jahre vor
seinem Tode die Erlaubnis gab „auf Fetwä's zu schreiben' (^y^t^
^y^\ J>c iüLÄiüLj iJ), dass er aber von dieser Erlaubnis nur
sehr beschränkten Gebrauch machte {^yis \s3J,\ nS^ ^5 «..^Oi^
^A-wÄXJt j äJes-tj jACj »MS\ 3 »LXs»tj). Kurz vor dem Tode des
Lehrers traf ein Fetwä ein; da sagte er zu Negm al-din : , Schreibe darauf (die Entscheidung), und da schrieb er sie auch auf besonderen
Wunsch des Lehrers unter eigenem Namen. So kamen denn die
schriftlichen Anfragen (al-fatdwi) von nun ab in bäufiger Folge
zu ihm und er gab immerfort Entscheidungen's). Als der Seich
1) Al-ins al-galil (Kairo 1283) 264, 5 v. u.
2) Ciiulasat al-atar 1, 226, 20 ^»UaJ! vi>jLj^ jOt S.=>\-,
\^\Jas> v-JÄcIj ^[y- y^^.s-li LjÄc v_.y^ÄS xJtc Jiy.
i
3) Mugir al-din 579, 6 i^.LxäJ! ^J.£. • • • ^^^i^W '"^ ^^^5
i>-
4) Al-MuMbbi IV, 152,7 LsPJsju (^.LÄfti! Ja; "3.
5) ibid. 198: jLä. wuCii juJx. t jUs i^y^ oycus?
^^^LääJ! ».Aic ciouLo ^ »-yiXs .i5vjw5 J«J jLäs
jjisj j*Ä*»Ls.
652 Goldaher, Über e. Formel i. d. jüd. Reeponeetditteratur etc.
al-ifilftm Ja^jft al-Min^ärl durch eine Krankheit am Schreiben ver¬
hindert war, betraute er seinen Schüler Mubammed aus Angora
(si 1098) damit, ,auf die Fetwft's zu schreiben" (Jj, iüLÄ>Üt
^^LääJI); dies Amt behielt er bei (,er schrieb immerwährend auf
die F.") bis sein Lehrer selbst abgesetzt vmrde"^). Und um aus¬
zudrücken, dass die Entscheidungen eines gelehrten Mufti allent¬
halben Beifall begegnen, sagt man: ,man zollte Beifall seinem
Schreiben auf die Fetwä's"«) (t^JXäi\ JU jOjUT Ojl^ ^).
1) Al-Huhibb! IV, 214.
2) Ibid. UI, 218,6 s. a. anderwärts 876,6 v. u. nj^Läs
XjjAft« »Jiyi-y.
653
Die geographische Liste IIR 50.
Von F. H. Welssbach.
Der Text IIR 50 ist meines Wissens nocb nicht im Zusammen¬
hang behandelt worden. Eine solche Bearbeitung scheint aber auch
jetzt noch wünschenswert und zeitgemäss zu sein. Die Ausgabe
im Londoner Inschriftenwerke enthält nicht nur eine Anzahl Ver¬
sehen, sondem ist auch unvollständig. Allerdings sind die meisten
Fehler schon längst verbessert, aber von den verschiedensten Ge¬
lehrten und an den verschiedensten Stellen. Wer bis jetzt den
Text studieren und benutzen wollte, war genötigt, das Material in
tagelanger Arbeit zusammenzutragen. Diese Mühe habe ich ihm
ein für allemal abgenommen. Hierzu kommt, dass der II R 50 ver¬
öffentlichte Text durch ein neuangefügtes Brachstück zum Teil er¬
gänzt werden kann. Zwar ist dieses Fragment bereits 1881 Frdr.
Delitzsch (Wo lag das Paradies? S. 104) bekannt gewesen, auch
von Meissner (s. Jensen in Keilinschr. Bibl. 3, 1, 134 Anm. 1)
kopiert, aber noch von niemandem veröffentlicht worden.
Zum Studium des in Rede stehenden Textes wurde ich durch
einige Städtenamen, die ich in den von mir kopierten Beschwörungs¬
tafeln des British Museum fand, veranlasst. Auf mein Ersuchen
gestattete mir Herr King in Abwesenheit Dr. Budges , die Tafel,
welche in der Kouyunjik-Galerie ausgestellt ist, einige Stunden im
Students' Room zu kollationieren. Leider war mir zu jener Zeit
weder Delitzschs Paradies, noch Brünnows Classified List zugäng¬
lich. Hätte ich diese beiden Bücher damals zu Rate ziehen können,
so würde ich selbstverständlich nicht ermangelt haben, einige wenige
Stellen , wo ich anders las als die genannten Gelehrten , nochmals
ganz genau zu besichtigen. Für jetzt muss ich mich in diesen,
übrigens wenig zahlreichen Fällen dai-auf beschränken, die Unter¬
schiede unserer Lesungen festzustellen, ohne eine Entscheidung
treffen zu wollen Denn wenn ich mich auch bemüht habe, jede
Abweichung von dem Texte des Inschriftenwerkes sorg<igst zu
untersuchen, möchte ich doch nicht wagen, ohne nochmalige aus¬
drückliche Prüfung des Originals Männern entgegenzutreten , die
im Lesen von Thonurkunden eine ungleich grössere Übung haben
als ich selbst.
4 i