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Bemerkung zu dem Aufsatz von Hrn. Dr. J. Baarmann:
Abhandlung über das Licht von Ibn al Haitam.
Von Eilhard Wiedemann.
Im Band 36 p. 196 dieser Zeitschrift findet sich eine Publikation
eines Werkes von Ibn al Haitam syjal\ j. von Herm Baarmann,
mit dessen Bearbeitung ich mich schon seit längerer Zeit beschäftigt
habe und aus dem ich auch einige besonders interessante Stellen
dem Inhalte nach und in Uebersetzung pubhcirt habe'), was wohl
Herm Baarmann entgangen zu sein scheint. Zu der obigen Ab¬
bandlung erlaube ich mir zunächst einige sachhche Bemerkungen.
Auf pg. 222 wird der Name von Abü Sa'd al Alä ibn Subail
als des Verfassers einer Abhandlung genannt, in welcher die Frage
nach den Grenzen der Durchsichtigkeit behandelt ist.
Diese Scbrift ist uns noch erhalten und zwar in St. Petersburg
in der Handscbriftensammlung des Orientalischen Institutes. Baron
von Rosen theilt in seinem Catalog der betrefienden Handschriften pg. 126 folgendes mit:
Cod. 192 Nr. 132 f. 148 u. 149 ^,5UUJt ..,! JLc ..,Lj>_*Jl
u L> *J •
cV-jLC J. { *m ^y) !iL«Jt l)J>y^\XM\ LftAlit iuLc ,^ ^ fjH^
(?) »JL4-£> X * ♦ >a j ^1 Ol^tj ^LLtJt ^ ^J„yJ~^X^^ oLXS' lk;$\suaJ
o'LÄ)üt tvj^ xwiLi^t ÄJLäJÜ ^Ä>axl\
Demnach hat Abü Sa'd AI 'Alä ben Sahl bei der Durchsicht
des Buches des Ptolemaeus über die Optik einen Beweis gegeben,
dass der Aether nicht den äussersten Grad der Durchsichtigkeit
besitzt und er hat dies in seiner Erörteraug zn dem betreffenden
Werk genau behandeln wollen.
1) Bulletino von Boncompagni, April 1881.
Bd. XXXVIII.
t ♦ *
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146 Wiedemann, Bemerkung zu d. Aufsatz v. Hrn. Dr. J, Baarmann.
Die Schrift fängt an : Er sagt. Es sei die Kugel der Elemente
Jl und ihr Mittelpunkt der Punkt und die Oberfläche des
Himmels .
Wir wissen nun, dass das fünfte Buch der Optik des Ptolemäus die Lehre von der Lichtbrechung behandelt, also gerade Gegenstände,
die mit den von Abü Sa'd erörterten sich nahe berühren.
Interessant ist die obige Stelle noch desshalb, weil sie uns
einen neuen Beweis dafür liefert, dass die Araber die Optik des
Ptolemäus studirt und citü"t haben, worauf ich nach der Schrift
^5 schon früher hingewiesen habe.
Ein kurzer Auszug der Schrift j5 ist in dem Leydner
Codex 201 Gol. ') enthalten und lautet dort ^ ■■-->\\ äJuLv« jJys=Ci
Darlegung der Abhandlung über das Licht. Der Traktat reicht
von fol. 316v bis 318r und ist nicht in dem Catalog mit auf¬
geführt. Er giebt in Kiü-ze dasselbe wieder, was die Schrift
jjcoJ! selbst mit ziemhcher Weitschweifigkeit enthält
Noch möchte ich mir einige sprachliche Bemerkungen erlauben.
Bei der Uebersetzung von Texten, in denen technische Ausdrücke
vorkommen, sollte man bei der Wiedergabe der letzteren doch so
vorsichtig wie möglich sein ; ist dies uicht der Fall, so ist die Ver¬
werthung der betreffenden Arbeit für den Pachmann uud den Philo¬
logen in hohem Grade erschwert. Ersterer wird bei historischen
Studieu in die Irre geführt imd letzterem fehlt meist die Möglichkeit,
die Richtigkeit der Uebersetzuug zu controUiren. Die dann einmal
falsch gegebenen Bedeutungen werden fort und foi"t wieder benutzt.
Bei den Angaben werde ich stets den arabischen Text citiren.
p. 199 Z. 1 von oben wird ^Ux>t JUc mit ,im Augenbhck
der Sammlung" übersetzt, es muss wohl heissen ,au dem Ort wo
die Strahlen zusammenkommen".
p. 199 Z. 6 V. 0. muss \yo^\ „Lichterscheinungen" übersetzt
werden durch Lichtaiien, wie der Plural Salzarten bedeutet.
O
Lichterschemungen giebt an der betreffenden Stelle einen ganz
falschen Sinn.
Das oft vorkommende ^aJI ^1*^ ist statt mit Augenstrahl
besser mit Lichtstrahl oder Gesichtstrahl wiederzugeben , u5LLs
besser dm-ch Aether als durch Himmel. j_j-UJ! ^->a!l pg. 217 u. flg.
würde wohl durch secundäi'es Licht übersetzt werden können. Es
1) Catal. cod. orient. Lugd. liatav. 3 p. d'i. ITcborsotzt vun E. Wiedemann.
Wied. Ann. 20 p. 337, 1883.
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Wiedemann, Bemerkung zu d. Aufsatz Vt Hrn. Dr. J. Baarmann. \ 47
ist wohl darunter das, was wir mit dilfus reflectirtem Licht be¬
zeichnen, zu verstehen.
Dieses wird in der That, freilich aus andem Gründen als Ibn
al Haitam annimmt, besonders bei imdurchsichtigen und trüben
Körpern bemerkbar. (Zu letzteren gehört z. B. bei schmutzigen
Flüssen das fliessende Wasser, welches in dem _^>iiJ| iJti*
zu den trüben Flüssigkeiten gezahlt wird, wahrend das Meerwasser
als durchsichtiges betrachtet wird). Bei durchsichtigen Körpern
überwiegt nämlich das von den hinter ihnen liegenden Gegenständen
kommende diffuse Licht so sehr über das bei durchsichtigen Körpem
von den kleinen Unebenheiten der Oberfläche und Unreinigkeiten
innerhalb derselben diffus reflectirte , dass letzteres nur schwierig
wahrgenommen wird.
^Lbjü^l »Jjt^ übersetzt Herr Baarmann einmal mit Brechungs¬
winkel pg. 226 und mit Ablenkungswinkel pg. 227 a. a. 0.; es
muss stets Ablenkungswinkel heissen. Ablenkung ist ja auch der
ursprünghche Sinn von ol-inü^l.
Ich habe schon früher ') einmal für diese und dio damit zu¬
sammenhängenden Ausdrücke die richtigen Bedeutungen mitgetheilt.
Geht ein Strahl aus Luft in Glas, das von einer ebenen Ober¬
fläche begrenzt ist und enichten wir da wo er die Grenzfläche
schneidet ein Loth , so entstehen zwischen dem einfaUenden Strahl
AE, dem Gebrochenen ED und dem Einfallsloth ETH folgende
Winkel :
1) Wiodem. Ann 7 p. C79, 1879. BuUetino von Boncompngni XII 1879.
Docemberlieft.
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148 Wiedemann, Bemerkung zu d. Aufsatz *. Hrn. Dr. J. Baarmann.
refractionis.
Die Verwechselung zwischen Ablenkungs- und Brechungswinkel
hat schon mehrfach falsche Auffassungen hervorgerufen. Der erstere
Winkel, gehildet von dem verlängertem einfaUenden Strahl und dem
gebrochenen, wxurde im Altertbum und Mittelalter fiir die Ab¬
lenkung und damit für die optische Verschiedenheit zweier Körper
als der massgebende betrachtet, weü er die Eichtungsänderung der
Strahlen beim Uebergang von einem Medium in ein anderes be¬
stimmt. Wir Modemen legen bekannthch den Brechungswinkel
unseren Untersuchungen zu Grunde nnd gelangen dadurch zu dem
einfachen Brechungsgesetz, das den Alten verschlossen bleiben musste.
Steht ._» ! t-..; \ii allein, so mag man es, um sich unserer gewöhn¬
lichen Bezeichnungsweise anzupassen, mit Brechung wiedergeben.
OiiLüt , das sich vielfach findet , soUte stets durch „das
fortschreitende Licht' und nicht durch „das eindringende Licht'
übersetzt werden. Deun es hängt z. B. nicht das Eindringen wohl
aber das Portschreiten mit der Durchsichtigkeit im Sinne Ibn AI Hai- tams zusammen.
Sollte auf pg. 217 die Lesung ^j\:>. richtig sein, der Lon¬
doner Codex hat ^^SjOus», so lässt sich die betreffende Stelle, nach
der die Luft zwischen zwei Wänden dünner sein soU , als die um¬
gebende in folgender Weise erklären. Betracbten wir zvrischen
zwei Wänden hindurch einen Gegenstand, so erscheint uns derselbe
heller, als wenn wir üm obne die Wände sehen; im ersten Fall
ist aUes seithche Licht abgeblendet. Auf demselben Princip beruhen
die Opemguckerartigen Pappkästen ohne Linsen, durch welche man
in BUdergallerien die Gemälde besieht. Die Dünnheit der Luft hat
natürlich mit der obigen Erscheimmg nichts zu thun.
j_jJu muss fast stets mit Bergkrystall übersetzt werdeu, be¬
sonders wenn es neben _L>; Glas steht. Unter KrystaU kann man
(L ' ^ gar verschiedenerlei verstehen.
^L*aJ \yo pg. 218 Z. 6 v. 0. dürfte besser statt durch Morgen¬
licht durch Morgendämmemng wiederzugeben sein.
Leipzig, Juh 1883.
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Altorientalische Metallurgie.
Von E. Reyer.
Bei den Egyptem reicht die Bronzemetallurgie in frühe Zeit,
doch hat man meines Wissens bisher keine Bronzegeräthe auf-
geftmden, welche über die 6. Dynastie zurückdatirten. Trotzdem
wird behauptet, die Egypter hätten die Hartmetalle schon in der
ältesten Zeit gekannt. Die Steinbauten und der bekannte Fund
einer eisemen Klammer in der von Vyse eröf&ieten Pyramide sollen
als Beweise dienen. Ich bestreite die Stichhaltigkeit beider Argu¬
mente : Die Steinarbeiten können , wie ich anderwärts nachweise,
sehr wohl mittels Steinwerkzeugen vollzogen werden. Die Eisen¬
klammer aber ist aus zwei Ursachen nicht beweiskräftig. Erstens
gesteht Vyse, nur das Loch im Steine gesehen zu haben, in welchem
die Klammer nach Aussage der arabischen Steinmetzen gesteckt
haben sollte. Zweitens wäre selbst ein echter Eisenfimd bedeutungs¬
los. Das Eisen mochte inmierhin in früher Zeit bekaimt gewesen
sein ; so lauge die Völker es nicht verstanden, das Metall zu reinigen und (mittels der Kohlung) in Stahl zu verwandeln, war das Material
als Nutz- und Hai-tmetaU nicht zu verwerthen, es konnte weder die
Steinwerkzeuge, noch die guteu Bronzewaffen verdrängen.
Diese Einwendungen sind sdso uicht beweiskräftig. Aus zwei
imderen Argumenten scbeint aber in der That zu folgeu , dass die
Egypter schon vor Beginn der Monumental-Kultur ein Hartmetall
und zwar die Bronze allgemein verwertheten. Erstens werden in
den Göttersagen Steinwafifen nicht erwähnt '), zweitens erscheint für die Begriffe Bronze und Lanze schon in den ältesten Zeiten dasselbe Wort (Chomt) verwendet.
Im alten Reiche trifft man dm'chweg (roth gemalte) Bronze¬
waffen im Gebrauch. Unter den grossen Eroberem des neuen Reiches
wird auch Eisen als kostbare Beute iinportüt, der Handel vermittelt
1) Während in den indogerinanischou Göttorsagou diu Steiuwaffeu Alimau und Mjöluii' geuanut werdeu.