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Österreichische Zeitschrift für Physikalische Medizin und Rehabilitation 12. Jahrgang, 2002, Heft 2

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Österreichische Zeitschrift für Physikalische Medizin und Rehabilitation 12. Jahrgang, 2002, Heft 2

Organ des Berufsverbandes Österreichischer Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation

Schriftleiter: K.Ammer, Wien Wissenschaftlicher Beirat:

T. Bochdansky, Feldkirch, A. Falkenbach, Badgastein, A. Guth, Bratislava, O. Knüsel, Valens, H. Mayr, Wien Chr. Prager, Wien O. Rathkolb, Wien

41 Rehabilitation onkologischer Patienten

K. Hohenstein, Chr. Prager

47 Allgemeine Rehabilitation. Grundlagen und Prinzipien

T. Bochdansky , Chr. Prager, K. Ammer

54 Passive physikalische Therapie zur Rehabilitation

beim unspezifischen chronischen Kreuzschmerz

K. Ammer

59 HAQ (=Health Assessment Questionnaire) Scores of Out-Patients in a Clinic for Physical Medicine

K. Ammer, P. Melnizky, O. Rathkolb

65 Literaturreferat

66 Strukturierte Schmerzanamnese mit Schwerpunkt Bewegungsapparat

B. Stengg, K. Ammer, Chr. Prager

69 Veranstaltungen

40 Instruktionen für Autoren

Inhalt

(4)

Instruktionen für Autoren

Manuskripte müssen dem Schriftleiter zugesandt wer den und dürfen noch nicht veröffentlicht sein. Mit der Annahme der Arbeit gehen alle Rechte an den Heraus geber über.

Verantwortlicher Schriftleiter:

Prof. DDr. Kurt Ammer Ludwig Boltzmann Forschungsstelle für Physikalische Diagnostik, Hanuschkrankenhaus, Heinrich Collinstraße 30, A 1140 Wien,Österreich, Telefon: (1) 914 97 01 Fax: (1) 914 92 64

Publiziert werden:

Editorials Übersichten Originalien Kasuistiken Berichte über interessante Veranstaltungen und Publikationen aus dem Gebiet Physikalische Medizin und Rehabilitation Mitteilungen des Berufsverbandes Österreichischer Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation Veranstaltungshinweise

Es ist auf eine klare Gliederung der Beiträge vorzugs weise in der Form: Einleitung, Methode, Ergebnisse, Diskussion, Literatur zu achten. Jeder Arbeit ist eine Kurzfassung in Deutsch (maximal 400 Wörter) und Englisch (maximal 400 Wörter) voranzustellen.

Tabellen und Abbildungen sollen gesondert dem Manu skript beigelegt werden. Legenden werden auf einem Ex trablatt beigegeben.

Literaturangaben sind auf einem gesonderten Blatt er beten und sind in alphabetischer Reihenfolge aufzulis ten. Die Literaturzitate werden durchnummeriert; im Text werden nur die entsprechenden Nummern an gegeben.

Die Einreichung der Arbeit auf Diskette unter Angabe des verwendeten Systems ist möglich und erwünscht.

Ein Ausdruck des Textes ist der Diskette beizulegen.

a.) Zeitschriftenzitate

Name der Verfassers, Vorname(n) (abgekürzt), vollstän diger Titel der Arbeit, abgekürzter Titel der Zeitschrift, Jahr; Band: Seitenzahlen,

z.B:

Schuh A: Ausdauertraining bei gleichzeitiger Kälte adaptation: Auswirkungen auf den Muskelstoffwech sel. Phys Rehab Kur Med 1991; 1: 22 28

b.) Buchzitate

Name des Verfassers, Vorname(n) (abgekürzt), vollstän diger Titel der Arbeit, Herausgeber, Titel des Buches, Verlag, Jahr. Ort, Seitenzahlen,

z.B.

Ziskin MC, Michlovitz SL:Therapeutic Ultrasound. In:

Michlovitz SL (ed): Thermal Agents in Rehabilitation.

FA.Davis, 1986, Philadelphia, p.141 176,

Von Text und Abbildungen werden den Autoren An drucke zur Korrektur zugesandt.

Jeder Autor erhält 20 Sonderdrucke seiner Arbeit kosten los.

DieÖsterreichische Zeitschrift für Physikalische Medizin und Rehabilitationerscheint 2 mal jährlich.

Ein Jahresabonnement kostet 20 Euro. , ein Einzel heft 12 Euro..

Für Mitglieder des Berufsverbandes Österreichischer Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation ist die Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag inkludiert.

Uhlen Verlag Wien, Ingeborg Machyl, Fachzeitschriftenverlag

Gusenleithnergasse 28a/1, A-1140 Wien ÖZPMR, Österr Z.Phys Med Rehabil ISSN-1026-079X

40

ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med. Rehabil 12(2) 2002

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41

Rehabilitation onkologischer Patienten

Klaus Hohenstein, Christine Prager

Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im Donauspital (Vorstand: Prim.Dr. Christine Prager), 1220 Wien

Einleitung

Obwohl die Krebsmortalität im Zeitraum 1970 bis 1999 kontinuierlich abgenommen hat, hat die absolute Zahl an Tumorpatienten zugenommen. Die 5 Jahres Überlebensrate verbessert sich ständig auf Grund der Früherkennung und neuen Behandlungsstrategien.

Laut statistischen Berechnungen ist eine weitere Zu nahme von rehabilitationsbedürftigen onkologischen Patienten in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten (1).

Bei dieser wachsenden Zahl an Krebspatienten ist mit zahlreichen körperlichen Schädigungen zu rechnen, die Maßnahmen der Rehabilitation benötigen.

Die Rehabilitation onkologischer Patienten ist in Öster reich bisher nicht etabliert. Krebspatienten wird besten falls ein Erholungsaufenthalt auf Kosten der Sozial versicherung gewährt. Die ÖBIG Studie „Rehabilitati on“ (2) aus dem Jahre 1998 deckt das Defizit von Re habilitationsmöglichkeiten für onkologische Patienten auf und empfiehlt deren Ausbau. 6 Jahre später beste hen jedoch ausser einer sehr begrenzten Möglichkeit für stationäre Rehabilitation in einem Zentrum, das

auf Lymphdraingen spezialisiert ist, keine weiteren entsprechenden Einrichtungen.

In einer prospektiven, deskriptiven Studie evaluierten Lehmann (3) et al. bei 805 Krebspatienten Probleme, die rehabilitativer Maßnahmen über die Schmerzthera pie hinaus bedürfen. 35% hatten eine generalisierte Schwäche, 30% Probleme in den Aktivitäten des tägli chen Leben, 25% Schwierigkeiten beim Gehen, 7%

waren unselbständig bei Transferaktivitäten, 7% hat ten eine Kommunikationsstörung und 52% dieser Pa tienten hatten psychologische Probleme. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass 50% aller onkologi schen Patienten und 70% der Patienten mit Tumoren des ZNS, mit Mamma und Bronchuskarzinomen Maßnahmen der rehabilitativen und physikalischen Medizin benötigen.

Mit der Frage, ob bei Krebspatienten durch rehabilita tive Maßnahmen überhaupt eine funktionelle Verbes serung erreicht werden kann, beschäftigte sich Cole (3).

Er konnte zeigen, dass bei einer Studiengruppen von 200 Krebspatienten, die stationär zur Rehabilitation aufgenommen wurden, es bei allen zu einer signifikan ten Verbesserung in den motorischen Items des FIM (in ADL´s und Mobilität) kam, unabhängig davon von welchen Tumor die Patienten betroffen waren (Mam makarzinome, hämatologische , urogenitale, gastroin testinale, gynäkologische, intrakranielle, pulmonale und Neoplasien des HNO Traktes).

Laut Technical Report 668/1981 der WHO bedeutet Rehabilitation der koordinierte Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen mit Einbezug des sozialen und physikali schen Umfeldes zur Funktionsverbesserung, zum Er reichen einer größtmöglichen Eigenaktivität und zur weitestgehend unabhängigen Partizipation an allen Lebensbereichen, damit der/die Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird.

Rehabilitation zielt darauf ab, dem Patienten eine mög lichst umfassende Teilnahme am “normalen Leben”

zu ermöglichen, abgestimmt auf seine individuelle Le benssituation. Grundvoraussetzungen dafür sind selb Originalarbeit

ZUSAMMENFASSUNG

Onkologische Patienten haben Funktionsstörun- gen, die Maßnahmen der Physikalischen Medizin und Rehabilitation benötigen. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass diese Interventionen wirksam sind, und sowohl die Selbständigkeit, Schmerzsi- tuation als auch die Lebensqualität der Patienten verbessern. In Österreich ist nur wenig bekannt, dass auch onkologische Patienten rehabilitations- bedürftig sind .Die vorhandenen Strukturdefizite gilt es zu verbessern.

SUMMARY

Oncology patients present with functional impair- ments feasible for intervention from physical medi- cine and rehabilitation. Many studies have indicated the effectiveness of these interventions with respect to improvements in self efficacy, pain status and quality of life.

The need of oncology patients for rehabilitation is not enough recognised in Austria. Structural defi- cits related to that matter must be improved.

(6)

ständige Mobilität und weitgehende Unabhängigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Ziele sind die Entlassung in das häusliche Umfeld sowie bei jüngeren Patienten die Rückkehr an den Arbeitsplatz.

Patienten mit Karzinomen sollen den gleichen An spruch auf Rehabilitation haben wie Patienten mit Schädigungen anderer Organsysteme“... innerhalb der Grenzen, die diese Grundkrankheit und ihre Behand lung auferlegt“ (4). Eine onkologische Erkrankung ist eine chronische Erkrankung, die eines umfassenden Behandlersteams bedarf. Dazu gehört neben einem Team von Akutmedizinern ein Rehabilitationsfacharzt und ein Therapeutenteam (Physio , Ergotherapeuten, Logopäden, ....)

Ziele der Interventionen

können je nach Phase der Grundkrankheit sein

· präventiv (sekundär ),

· kurativ,

· rehabilitativ oder

· palliativ bei fortgeschrittene Erkrankung.

Tunkel (5) überblickt verschiedene Studien, die sich mit der Rehabilitation von Karzinompatienten be schäftigen und nimmt an, dass bei 32 % kurative, bei 39 % rehabilitative und in 23 % palliative Ziele bestehen.

Schädigungen von onkologischen Patienten, die Maßnahmen der Physikalische Medizin

und Rehabilitation bedürfen Tumorpatienten, die an die Physikalische Medizin und Rehabilitation zugewiesen werden, haben häufig fol gende Schädigungen:

· Dekonditionierung,

· Lymphödeme,

· neurologische Defizite und Paresen,

· Probleme auf Grund ossärer Instabilitäten wie pa thologische Frakturen und Schmerzen.

· Auf persönlicher Ebene sind häufig die Gehfähig keit und die Aktivitäten des täglichen Leben beein trächtigt.

Die multiplen Schädigungen werden durch den Tumor selbst (Einwachsen in das neuromuskuloskelettale Sys tem), durch Fernwirkungen des Tumors (Paraneopla sien) und Tumorbehandlung ( Chemo und Strahlen therapie, Operationen) bewirkt.

Die Dynamik der Grundkrankheit, die konkurrente antineoplastische Therapie, Komorbiditäten, Schmer zen sowie das Wissen um die reduzierte Lebenserwar tung verlangen ein besonderes Einfühlungsvermögen der Mitglieder des Rehabilitationsteams.

„Cancer related fatigue“

der Dekonditionierung Müdigkeit tritt bei 78 % der Tumorpatienten und bei 96% der Patienten, die Chemotherapie oder Strahlen therapie erhalten, auf (6).

Die Krebs bedingte Müdigkeit wird verschiedenen Leitlinien entsprechend sie durch folgende Kriterien definiert:. Von den folgenden Symptomen müssen täglich oder nahezu täglich durch mindestens 2 Wo chen vorhanden sein: Müdigkeit, Energieverlust, er höhtes Schlafbedürfnis und mindestens 5 weitere aus folgenden: Gefühl einer generelle Schwäche, Aufmerk samkeitsstörungen, Interesselosigkeit, Schlafstörungen, geringe Erholung durch Schlaf, emotionale Störun gen(Traurigkeit, Frustration,...), Schwierigkeiten mit den Erledigen täglicher Aufgaben, Störungen des Kurz zeitgedächtnisses, lange Regeneration nach körperli chen Anstrengungen

Bei dieser „Müdigkeit“ handelt es sich um ein multidi mensionales Phänomen mit verschiedenen Ursachen:

· Ein gestörte Energiemetabolismus im Rahmen Tumorerkrankung, der zu Anämie und Kachexie führt,

· prolongierte Bettruhe,

· Chemotherapie und Radiatio, sowie

· Tumoroperationen

· „Dekonditionierung“ mit reduzierter Muskelmasse, Kraftverlust (10 20%/Woche), muskulärer Dysba lance und Abnahme der aeroben Kapazität.

Schwartz (7) konnte in einer randomisierten kontrol liertem Studie bei Patienten mit Mammakarzinom zei gen, dass ein dreiwöchiges Fahrradergometertraining zu einer Verbesserung der funktionellen Kapazität, Lebensqualität, und Depression führt.

Dimeo (8) führte in einer RCT bei 70 Tumorpatienten während und nach Chemotherapie und Stammzellen transplantation ein tägliches Bettfahrradergometertrai ning (30 min. 32 ± 5 Watt) durch.Dabei kam es in der Interventionsgrppe zu einer signifikant geringere Ver weildauer, Schmerzen und Komplikationen.

Die Therapie der „Fatigue“ muss multimodal sein. Die wichtigsten Säulen der Therapie sind (9):

· Bewegungs und Trainingstherapie führt zu einer Verbesserung der muskulären und kardiovaskulären Funktion. Damit können Alltagsaktivitäten besser bewältigt werden, Ängste abgebaut werden und so ziale Interaktionen angeregt oder erhalten werden.

Wichtig ist, dass Bewegungs und Trainingstherapie individuell auf den Patienten auf den Patienten ab

42

ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 12/2 (2002)

(7)

43 gestimmt wird bezüglich Intensität ( um 60% der

max. Herzfrequenz), Frequenz (2 3mal pro Woche) und Dauer (20 30 min ) und adaptiert wird.

· Optimierung der Ernährung

· Achten auf Schlafhygiene

· Therapie von bestehenden Depressionen

· Therapie der Anämie

Lymphödem im Rahmen von Neoplasien Definition: Ein Lymphödem ist eine abnorme An sammlung von interstitieller Flüssigkeit durch Insuffi zienz des lymphatischen Systems (11). Das Lymph ödem kann ein chronisches, zur Progression neigen des Krankheitsbild werden, das sich bevorzugt an den Extremitäten findet..

Das Lymphödem wird in verschiedene Stadien einge teilt:

· Stadium I:: Reversibles Ödem, Palpation hinterlässt weichen Dellen

· Stadium II: Irreversibles Ödem. Neigung zur Bin degewebeproliferation, Verhärtungen der Haut und des Subkutangewebes.

· Stadium III: Elephantiasis, irreversibles Ödem mit Sklerosierung der Haut.

Häufige Ursachen des Lymphödems bei Tumorpa tienten sind Operationen am axillären oder Becken Lymphsystem, eine Strahlentherapie oder lokale Me tastasen. Die Inzidenz von Lymphödemen nach Brust krebserkrankungen wurde zwischen 6 und 70 % (12) angegeben. Mit Verbesserung der chirurgischen und strahlentherapeutischen Technik ist das Auftreten des Lymphödems deutlich zurückgegangen und tritt da mit nur mehr bei 9 16% der behandelten Patienten auf (13, 14)

Patienten mit Lymphödemen sind nicht nur auf Kör perebene, sondern vor allem auf persönlicher oder so zialer Ebene stark beeinträchtigt. In 35 % bestehen Schmerzen.

1995 entwickelte die Internationale Gesellschaft für Lymphologie Leitlinien zum Management des Lymp hödems bei Karzinompatienten (15). Folgende Maß nahmen sind besonders wichtig bei der Betreuung von Patienten mit Lymphödemen:

· Schulung und Beratung des Patienten zur Präventi on von Infektionen und weiterer Progression (kei ne Abschnürung durch inadäquate Verbände und Kleidung, keine Überlastung, keine lokale Wärme, Vorsicht bei medizinischen Eingriffen an der be troffenen Extremität.)

· Instruktionen zur Hautpflege und Lagerung der be troffenen Extremität

· Kompressionsbehandlung

· Ein individuell zugeschnittenes Übungsprogramm muss verordnet werden. Muskelkontraktionen re gen dem Lymphabfluss an, andererseits muss ein Übertraining verhindert werden.

· Lymphdrainagen

Diese Maßnahmen werden oft unter dem Begriff

„komplexe, physikalische Entstauungstherapie“

(=Kombination manuelle Lymphdrainage, Kompres sion und Bewegungstherapie) zusammengefasst.

Pathologische Frakturen

Ein wichtiges Thema für alle die mit Tumorpatienten arbeiten ist der Umgang mit Knochenmetastasen. Kno chenmetastasen sind häufig, sie verursachen Schmer zen, Lähmungen und Frakturen. Die mittlere Lebens dauer nach dem ersten Auftreten von Knochenmeta stasen sind 24 Monate und die Lebensqualität der be troffenen Patienten hängt ganz wesentlich vom Mana gement dieser Erkrankungskomplikation ab.

Verschiedene Guidelines versuchen, das Frakturrisiko bei Knochenmetastasen (Röhrenknochen) abzuschät zen. Sie basieren auf Größe der Läsion im Knochen und dem prozentuellen Anteil der Läsion am Kno chenkortex . Ein Problem ist, dass 60 % der Knochen metastasen nicht exakt auszumessen sind (16). Patho logische Frakturen kommen in gewichtstragenden und nicht gewichtstragenden Knochen gleichermaßen vor. Bei osteoblastischen Metastasen besteht ein etwas geringeres Frakturrisiko als bei osteolytischen. Bei jün geren Patienten und bei einer bereits vorhandenen Fraktur ist das Risiko einer weiteren höher. Insgesamt kommen die Guidelines zum Schluss, dass keine vali den Prädiktoren gibt.

Das Frakturrisiko bei Metastasen der Wirbelsäule wird anders bewertet, denn auch der kollabierte Wirbel kann Gewicht tragen und es kann eine bessere Aussage mit bildgebenden Verfahren gemacht werden. Häufig wird zur Beurteilung des Frakturrisikos das 3 Kolum nenmodell nach Denis verwendet (17).

Bunting (18) untersuchte, bei welchen Tätigkeiten pa thologische Frakturen auftraten. Es wurden 54 Tu morpatienten mit Knochenmetastasen beobachtet. Es kam zu 16 Frakturen bei 12 Patienten. 1 Fraktur trat während der Therapie auf, 7 Frakturen während Bett ruhe (davon waren 3 Rippen , 3 Humerus und 1 Fe murfraktur); 8 Frakturen waren asymptomatisch.

Originalarbeit

(8)

Obwohl bei Knochenmetastasen ein Frakturrisiko be steht, müssen diese Patienten mobilisiert werden, da die Immobilisation zu zahlreichen Komplikationen führen kann, die sogar lebensverkürzend sein können.

Grundvoraussetzung ist die Aufklärung des Patien ten.

Besondere Indikationen für die Rehabilitation von Pa tienten mit Knochenmetastasen sind nach stabilisie renden Operationen sowie bei Paresen durch Rücken m arkskompression mit und ohne Operation gegeben.

Rehabilitationsziele sind dabei Wiederherstellung der Mobilität und Verbesserung der Selbständigkeit. Oft ist eine Hilfsmittel und Orthesenversorgung notwen dig.

Tumorschmerz

Schmerzen sind bei Karzinompatienten ein häufig vorkommendes und das Leben sehr beeinträchtigen des Problem(30 50 %). In 50 % gehen Tumorschmer zen mit signifikanten Funktionseinschränkungen ein her. Leider werden diese Schmerzen sehr oft nicht aus reichend therapiert (bis zu 40 % „Undertreatment“) (19). Schmerzen können durch den Tumor oder durch die antineoplastische Therapie verursacht werden (Ta belle 1).

Das „Stufenschema der WHO“ ist das Grundgerüst jeder medikamentösen Schmerztherapie (Abbildung 1).

Physikalisch medizinische Maßnahmen ergänzen die medikamentöse Schmerztherapie (20): Elektrothera pie, auch mit TENS Geräten zur Heimtherapie, Be wegungstherapie und Trainingstherapie, Massagen, Wärme und Kältetherapie nutzen auf verschiedenen biochemischen, biophysikalischen und psychologi schen Ebenen Synergien in der modernen Tumor schmerztherapie.

Schädigungen durch

Tumore des Zentralnervensystems Weitere Schädigungen bei Tumorpatienten, die rehabi litativer Interventionen bedürfen, sind Neubildungen des Zentralnervensystems wie Hirntumore und Tu more des Rückenmarks primäre und Metastasen.

Marciniak et al (21, 22) konnten in ihren wissenschaft lichen Arbeiten zeigen dass sich diese Patienten durch Maßnahmen der Physikalischen Medizin und Rehabili tation in den Aktivitäten des täglichen Lebens verbes serten und ihre Lebensqualität anstieg.

Andere Studien (23,24) beschäftigten sich mit den Charakteristika von Patienten mit Hirntumoren und Patienten nach Schlaganfall und Schädel Hirn Trauma und verglichen das funktionelle Ergebnis. In diesen Arbeiten wurde gezeigt dass Paresen, Sprachstörun gen, Ataxie und kognitive Defizite bei allen drei Dia gnosengruppen in gleichem Ausmaß vorkamen und Motorik und Selbständigkeit durch rehabilitative Inter ventionen auch in gleichem Umfang verbessert wer den konnten. Hirntumorpatienten hatten eine kürzere Verweildauer im Rehabilitationszentrum und etwa ein Drittel musste auf die Akutabteilung rücktransferiert werden.

Therapierelevante Probleme von Patienten mit Rü ckenmarkstumore sind Paresen und Sensibilitätsstö rungen, Spastizität, Schmerzen, Blasen und Darm funktionsstörungen. Therapieziele sind Verbesserung von Mobilität, ADL, Schmerzen, Blasenfunktion.

Mc Kinley (22) verglich Patienten mit tumorbedingten und Patienten mit traumatischen Querschnittsläsionen in der Rehabilitation und fand bei den onkologischen Patienten ein höheres Alter, vermehrt Frauen, geringe re neurologische Defizite und mehr Paraplegien als Te traplegien. Nach einem stationären Rehabilitations

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ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 12/2 (2002)

Tabelle 1

Häufige durch Karzinome bedingte Schmerzsyndrome- nach Cheville AL

nozizeptiv somatisch nozizeptiv viszeral neuropathisch

Tumorbedingt 65 75%

Knochenschmerz Lymphknoten RM Kompression

vertebral hepat.Distension Plexopathie

Invasion Gelenke Weichteile

Intestinal/uretral

Obstruktion Neuropathie

Therapiebedingt 15 25%

Lymphödem Intest. Obstruktion Neuropathie

Osteonekrosen Beckenschmerz Neuralgien

Postthorakotomie schmerz...

.

(9)
(10)

11. Brennan MJ, DePompolo RW, Garden FH.. Focused Re view: Postmastectomy Lymphedema. Arch Phys Med Rehabil.

1996; 77:S44 80

12.Harris SR, Hugi MR, Olivotto IA, LevineM for the Steering Committee for Clinical Practice Guidelines Researchfor the Care and Treatment of Breast Cancer. Clinical practice guide lines for the care and treatment of breast cancer: 11. Lymph edema. CMAJ 2001;164(2):191 9

13.Velanovich V; Szymanski W. Quality of life of breast cancer patients with lymphedema.Am J Surg 1999 ;177(3):184 188 14.Petereit DG, Mehta MP, Buchler DA, Kinsella TJ.

Inguinofemoral radiation of N0,N1 vulvar cancer may be equivalent to lymphadenectomy if proper radiation technique is used. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1993 15;27(4):963 967 15. Cohen SR, Payne DK, Tunkel RS. Lymphedema Strat egies for Management. Cancer 2001; 92:980 987

16. Bunting RW, Shea B. Bone Metastasis and Rehabilitation;

Cancer 2001; 92:1020 1028

17. Gerber L., Rehabilitation for Patients with Cancer Diagno ses In: Joel A. DeLisa, ed; Rehabilitation Medicine:Principles und Practice, Third Edition.1998

18.Bunting R, Lamont Havers W, Schweon D, Kliman A.

Pathologic fracture risk in rehabilitation of patients with bony metastasis. Clin Orthop 1985; 192:222 227

19. Cheville AL. Pain Management in Cancer Rehabilitation.

Arch Phys Med Rehabil; 2001; 82:S84 S87

20. Conradi E (Hrg). Schmerz und Physiotherapie. Verlag Gesundheit GmbH, Berlin 1990

21. Marciniak CM, Sliwa JA, Spill G, Heinemann AW, Semik PE Functional Outcome Following Rehabilitation of the Can cer Patient. Arch Phys Med Rehabil; 1996; 77:54 57 22. Marciniak CM, Sliwa JA, Heinemann AW, Semik PE. Func tional Outcome of Persons With Brain Tumors After Inpatient Rehabilitation. Arch Phys Med Rehabil; 2001; 82: 457 463 23. Huang ME, Wartella JE, Kreutzer JS. Functional Out comes and Quality of Life in Patients With Brain Tumors: A Preliminary Report. Arch Phys Med Rehabil; 2001; 82: 1540 1546

24. McKinley WO, Huang ME, Brunsvold KT Neoplastic Ver sus Traumatic Spinal Cord Injury: An Outcome Comparison After Inpatient Rehabilitation. Arch Phys Med Rehabil; 1999;

80:1253 1257

Korrespondenzadresse für die Autoren Prim.Dr.Christine Prager Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im Donauspital, Langobardenstraße 122, 1220 Wien Email:Christine.Prager @SMZ.magwien.gv.at

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Allgemeine Rehabilitation.

Grundlagen und Prinzipien

Thomas Bochdansky

1

, Christine Prager

2

, Kurt Ammer

3

1Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation LKH Feldkirch / Rankweil, A 6830 Rankweil

2Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im Donauspital,1220 Wien

3Institut für Physikalische Medizin im Hanuschkrankenhaus, 1140 Wien

Einleitung

Spätestens nach diesen beiden WHO Resolutionen (Tabelle 1, Tabelle 2) ist evident, dass sich die „Rehabi litative“ Medizin grundsätzlich von der „Kurativen“

Medizin unterscheidet. Das kommt auch durch die grundsätzlich unterschiedliche Systematik der jeweili gen Klassifikation zum Ausdruck. Die krankheitsdiag nostische Information ist seit 1903 (1) im Rahmen der

„International Classification of Diseases“ (ICD) dar gestellt. Die Information über die Funktionsfähigkeit ist seit 2001(2) im Modell der „International Classifica tion of Functioning, Disability and Health (ICF) ver fügbar. Rehabilitation ist daher neben Prävention, Kuration und palliativer Medizin ein eigenes Gebiet mit einer ei genen Systematik und spezifischen Grundlagen. Das Ziel der Kuration ist die „Restitutio ad Integrum“, Ziel der Rehabilitation ist die „Restitutio ad Optimum“ (3) ICD und ICF stehen komplementär zueinander, zeigen aber gleichzeitig den grundsätzlich unterschiedlichen Zugang zum Patienten.

Die ICD, ursprünglich eine Auflistung von Todesursa chen, ist krankheitszentriert, die organspezifische Di agnose steht im Vordergrund, daher hat die ICD auch ihren Schwerpunkt im Bereich der Kuration.

ICF dagegen ist funktionszentriert und berücksichtigt darüber hinaus die individuelle und gesellschaftliche Si tuation des Patienten, die für die Gestaltung eines Re habilitationskonzeptes bestimmend ist. ICD und ICF versuchen somit das selbe „Bild“ über einen Patienten von verschiedenen Blickwinkel wiederzugeben, beide gemeinsam liefern umfassende Informationen über die Gesundheit und Fähigkeiten eines Menschen bzw. sei ne Einschränkungen.

Da dieses Bild viele Facetten hat, ist es notwendig, die einzelnen Dimensionen gezielt zu erfassen, um einen Rehabilitationsprozess gestalten zu können. Jede Funk tionsstörung ist mehrdimensional, daher muss auch ein rehabilitatives Assessment und eine rehabilitative In tervention mehrdimensional ansetzen.

Relevante Definitionen in der Rehabilitation In der ICF werden die Informationen in 2 Teile geglie dert (2). Teil 1 befasst sich mit der Funktionsfähigkeit, Teil 2 mit den Kontextfaktoren.

Fortbildung

Tabelle 1

„Rehabilitation umfasst den koordinierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen sowie Einflussnah- men auf das physische und soziale Umfeld zur Funktionsverbesserung zum Erreichen einer größt- möglichen Eigenaktivität zur weitestgehend unab- hängigen Partizipation in allen Lebensbereichen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird.“

(WHO Definition der Rehabilitation definiert im technical report 668/1981).

Tabelle 2

Beschluss der 54. Vollversammlung der Weltgesund- heitsorganisation zur internationalen Anwendung der ICF (WHA54.21 Mai 2001, )

Die 54. Vollversammlung der Weltgesundheitsorga- nisation

beschließt die zweite Auflage der Internationalen Klassifikation der Schädigungen, Fähigkeitsstörun- gen und Beeinträchtigungen (ICIDH) unter dem Titel Internationale Klassifikation der Funktionsfä- higkeit, Behinderung und Gesundheit, im folgen- den kurz ICF genannt,

fordert die Mitgliedsstaaten auf, die ICF in geeig- neter Form bei Forschung, Überwachung und Be- richterstattung zu verwenden,

bittet die Generaldirektorin, Mitgliedsstaaten auf deren Ersuchen bei der Anwendung der ICF zu un- terstützen.

(12)
(13)
(14)
(15)

51 DieRehabilitationsintensitätwird durch umwelt

und personenbezogenen Kontextfaktoren bestimmt, die einen optimierten Einsatz der Ressourcen definieren.

DieRehabilitationsprognosewird bestimmt durch die Rehabilitationsfähigkeit und Rehabilitationsinten sität und beschreibt, wieweit erwartet werden kann, dass ein Individuum ein Rehabilitationspotential aus schöpfen kann.

Liegt also eine Gesundheitsstörung vor, so kann auf grund der medizinischen Erfahrung ein Rehabilita tionspotential beschrieben werden und unter Einbe ziehung der individuellen Kontextfaktoren eine Aus sage zur Rehabilitationsfähigkeit des Patienten erfol gen. Die Prognose über ein potentiell mögliches Re habilitationsergebnis kann sodann nur unter Berück sichtigung der möglichen Rehabilitationsintensität er stellt werden.

Rehabilitationsprozess

Rehabilitation ist eine interdisziplinäre Aufgabe und muss multiprofessionell in einem Rehabilitationsteam bearbeitet werden, der Patient ist Mitglied dieses Teams, zu dem bei Bedarf auch die Angehörigen des Patienten einbezogen sind (5).

Aufgrund der sich permanent ändernden Situation kann Rehabilitation nur als Prozess gesehen werden.

Abbildung 2 listet den implizierten Algorithmus auf.

(3,4,5)

Im Falle des Eintrittes einer Gesundheitsstörung be ginnt der medizinische Behandlungsprozess mit einer Diagnostik, die nach dem Modell der ICD strukturiert ist. Die Behandlung (Therapie) erfolgt im Bereich der Kuration (niedergelassener Arzt, Fachabteilung). Mög lichst frühzeitig soll komplementär eine Beurteilung nach dem Modell des ICF erfolgen, bei der in einem ersten Assessment das Rehabilitationspotential bestimmt wird. Ist kein Rehabilitationspotential ersichtlich, so wird der Reha Prozess nicht fortgesetzt. Der Patient wird entweder entlassen oder im Falle der Pflegebe dürftigkeit an eine entsprechende Institution überwiesen.

Besteht zwar ein grundsätzliches Reha Potential, das jedoch aufgrund der individuellen und/oder umwelt bedingter Kontextfaktoren nicht ausschöpfbar ist, so besteht keine Reha Fähigkeit. Der Patient wird aus dem Reha Prozess ausgeleitet. Besteht diese Reha Fä higkeit, so erfolgt im Reha Team (gemeinsam mit dem Patienten) eine erste Zielvereinbarung und in der Fol ge wird die Rehabilitations Intervention/ Behandlung

durchgeführt. Nach einer definierten Behandlungs dauer wird ein Re Assessment durchgeführt und das Ergebnis mit dem vereinbartem Ziel verglichen. Je nach Ergebnis wird der Prozess nochmals durchlau fen. Bei Nichterreichen des Zieles muss auch das Ziel evaluiert werden.

Schnittstellen zur Rehabilitation

Der Rehabilitationsprozess stellt jedoch nur einen pas sageren Prozess dar, d.h. er ist zeitlich limitiert und kei ne endlose Schleife. Er führt bildlich gesprochen aus der Kuration entweder in die (sekundär/terti är)Prävention oder in die Palliative Medizin. Daraus er geben sich eine Reihe von Anforderungen an ein funktionierendes Schnittstellenmanagement zwischen Kuration und Rehabilitation einerseits, und zwischen Rehabilitation und Prävention / Palliativmedizin ande rerseits. Rehabilitationsabteilungen können daher kei nesfalls die Aufgaben einer Langzeitpflegestation oder eines geriatrisch orientierten Heimes übernehmen.

Rehabilitation ist nicht gleichzusetzen mit„Nachbe- handlung“.Diese ist klar der Kuration zuzuordnen und hat andere (organspezifische) Aufgaben. Die Ziel richtung rehabilitativer Interventionen ist entsprechend dem ICF Modell breiter, d.h. „mehrdimensional“ an gelegt.

Fachspezifische Rehabilitation ?

Es ist daher zu fragen, ob es eine sogenannte fachspe zifische Rehabilitation (6), z.B. eine „Neurorehabilita tion (7)“, „pädiatrische Rehabilitation“ oder „ortho pädische Rehabilitation“ definitionsgemäß überhaupt geben kann? Ist es nicht eine Kontradiktion in sich, or gan bzw. krankheitszentrierte Ansätze in einem funk tionszentrierten Gebiet zu verwenden?

Die WHO hat darauf eine klare Antwort.

Ausgehend vom ICF Modell ist zwar die „Eingangsdia gnose“ (= ICD Diagnose) für den Bereich der Kuration wesentlich und für einen ersten Schritt auch für die Gestaltung des Rehabilitationsprozesses. Jedoch in der weiteren Folge des Prozesses ist es unwesentlich, ob der Patient zum Beispiel Probleme beim Gehen hat, weil er an einer Halbseitenlähmung nach Schlaganfall leidet oder ob er eine Totalendoprothese des Hüftge lenkes erhalten hat. Im Vordergrund steht die Gang störung, die es zu verbessern gilt. Eingeschränkte Belastbarkeiten aufgrund metabolischer oder mecha nischer Ursachen stellen zwar wichtige Rahmenbedin gungen für die Dosierung der Intervention dar, sind jedoch für das Assessment des Gehens unerheblich.

Es sei noch erwähnt, dass „Gehen“ im Gang eine Fortbildung

(16)

funktionelle Komponente besitzt. Das Gehen muss aber auch als Aktivität des Teilbereichs Mobilität und als Partizipation verstanden und beurteilt werden, und gegebenenfalls ist eine entsprechende Intervention er forderlich.

Im Rahmen der oben erwähnten deutschsprachigen Konsensuskonferenzen haben wir uns entschlossen, die Begriffe „Diagnostik“ und „Therapie“ für den Be reich der Kuration zu reservieren und im Bereich der Rehabilitation die Begriffe „Assessment“ und „Inter vention“ zu verwenden. Am Beispiel der Gangstörung sei dies erklärt:

Im Rahmen der Kuration ist eine genaue Diagnostik, zum Beispiel die Lokalisation der Läsion (z.B. Hüftge lenk oder Gehirn), wichtig zur Planung und Gestaltung der Therapie mit dem Therapieziel Heilung (restitutio ad integrum). Im Rahmen der Rehabilitation dagegen ist die Bestimmung der Gehgeschwindigkeit ein wesentli cher Parameter zur Planung und Evaluation einer In tervention. Die Verbesserung der Gehgeschwindig keit, zum Beispiel durch das Anlegen einer Orthese, kann die Aktivität und in der Folge die Partizipation ei nes Patienten entscheidend verändern. Bei einem roll stuhlpflichigen Patienten kann die Errichtung einer Auffahrtsrampe die soziale Reintegration erst ermögli chen. Diese Tätigkeit (z.b. Schlosserarbeit) stellt je doch keineswegs eine „therapeutische“ Tätigkeit dar, jedoch eine wesentliche rehabilitative Intervention.

Rehabilitatives Assessment soll auch die verschiede nen Dimensionen des ICF Modelles abbilden. Derzeit werden verschiedenste Scores zur Beurteilung heran gezogen, welche die eine oder andere Dimension nur unzureichend oder nicht ausreichend gewichtet dar stellen (8). Es ist Aufgabe der Rehabilitationsmedizin, Scores zu entwickeln, die dieser Aufgabe gerecht wer den. Dazu gibt es derzeit weltweit große Anstrengun gen. Es ist in der Folge wichtig, aus diesen Scorewerten Prognoseindikatoren zu entwickeln und auch dazu gibt es zahlreiche Ansätze.

Ressourcennutzung in der Rehabilitation Es ist Aufgabe einer zeitgemäßen Medizin, die vorhan denen Resourcen optimiert einzusetzen. Dies gilt na türlich auch für die Rehabilitative Medizin.

Abgestufte Nachsorge-abgestufte Rehabilitation Es ist daher auch eine Aufgabe der Rehabilitation, die Patienten möglichst rasch aus einer hochintensiven (Zkostenintensiven) Abteilung in den häuslichen pri vaten Bereich überzuführen, gleichzeitig aber auch da für zu sorgen, dass möglichst lange keine neuerliche

Wiederaufnahme erforderlich ist. Das bedeutet, dass frühzeitig, noch im Rahmen des Rehabilitationspro zesses, sekundär bzw. tertiärpräventive Maßnahmen zu ergreifen sind. Dieses Überleiten soll aber abgestuft erfolgen, d.h. die Intensität der Betreuung (à Kostenin tensität) muss sich am Bedarf des Patienten orientie ren, sollte jedoch mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit des Patienten möglichst gering gehal ten werden. Um dieses Konzept der „abgestuften Nachsorge abgestuften Rehabilitation“ zu ermögli chen, ist ein frühzeitiger Beginn der rehabilitativen Maßnahmen, schon im Rahmen des akutmedizini schen stationären Aufenthaltes erforderlich (9,10). Zur gleichen Zeit können daher „kurative“ Therapien durch geführt werden und „rehabilitative“ Interventionen erfolgen. Dies ist nicht nur ein semantischer Unter schied, sondern liegt in einer grundsätzlich unter schiedlichen Zielsetzung. Dieser Unterscheidung sollte aber nicht dazu führen, dass sich daraus unterschiedli che Finanzierungskonzepte ergeben bzw. unterschied liche Kostenträger herangezogen werden müssen, da ansonst eine notwendige Kontinuität der einzelnen komplementären (!) Maßnahmen nicht gewährleistet ist

Wohnortnahe Rehabilitation

Die „abgestufte Rehabilitation“ erfordert auch ein möglichst frühzeitiges Abklären des Umfeldes, in das der Patient möglichst rasch wieder zurückkehren soll.

Die sich daraus ableitende Forderung nach einer „wohn ortnahen Rehabilitation“ ist nicht nur ein Gebot der Ökonomie, sondern hilft in erster Linie dem Patienten, Kontakte aufrecht zu erhalten, Verbindungen zu knüpfen, und somit ein möglichst geringes Defizit der Dimension Partizipation entstehen zu lassen. Wohn ortnahe Rehabilitation ermöglicht auch, verschiedene Interventionen rasch und mit einem minimalen admi nistrativem Aufwand durchführen zu können.

Ambulant oder stationär

Im Sinne einer ökonomischen Resourcennutzung sol len die Maßnahmen, die ambulant durchgeführt wer den können, im Rahmen einer ambulanten Rehabilita tion erfolgen (11). Eine ambulante Rehabilitation ba siert ebenfalls auf dem Modell des ICF, d.h. es müssen unterschiedliche Dimensionen im Behandlungskon zept eingebaut sein. Die Verbesserung der Beweglich keit eines Kniegelenkes oder die Kräftigung der Rumpf stabilisation alleine ist keine Rehabilitation, sondern eine Therapie (Nachbehandlung) oder Prävention.

Komplexere Aufgaben, wie zum Beispiel die Rehabili tation von querschnittsgelähmten Patienten , erfor dern ein stationäres Umfeld. Trainings und Therapie

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53 einheiten, die einen mehrstündigen Zeitaufwand not

wendig machen oder multiprofessionelle Aufgaben wie zum Beispiel das Neuerlernen von Alltagsfunktio nen, können nur in einem stationärem Umfeld ökono misch angeboten werden. Auch Transfers der ver schiedenen Art können den Patienten nicht nur phy sisch belasten, sodass auch im Sinne des therapeuti schen Trainings auf die notwendigen Erholungs phasen geachtet werden muss.

Eine „abgestufte und wohnortnahe Rehabilitation“

nimmt Bedacht auf den jeweiligen Bedarf des Patien ten und nützt somit auch ökonomisch die vorhande nen Resourcen.

Schlussfolgerung

Rehabilitation ist multiprofessionell, interdisziplinär und integrativ, hat jedoch einen differenten Ansatz zur kurativen, präventiven oder palliativen Medizin.

Der Mensch als „biopsychosoziales Wesen“ bedarf im Rahmen einer modernen Medizin nicht nur der Kura tion, nicht nur der Rehabilitation, nicht nur der Präven tion und auch nicht nur der Palliativmedizin. Er bedarf einer Synopsis aller Aspekte moderner Medizin. Reha bilitation versteht sich daher in diesem Sinn als Teil ei ner modernen Medizin.

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Korrespondenzadresse Prim. Univ.Doz. Dr. Thomas Bochdansky LKH Feldkirch / Rankweil Valdunastrasse 16 A 6830 Rankweil thomas.bochdansky@lkhr.at Fortbildung

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Passive physikalische Maßnahmen zur Rehabilitation beim chronischen unspezifischen Kreuzschmerz

Kurt Ammer

Ludwig Boltzmann Forschungsstelle für Physikalische Diagnostik (Leiter: Prim.Prof.Dr.O.Rathkolb) im Hanuschkrankenhaus, 1140, Wien

Einleitung

Passive physikalische Therapie ist ein an sich unglück licher Terminus, da auch die Medikamenteinnahme oder chirurgische Therapie keine Aktivität des Patien ten bedingen und damit ebenfalls passive medikamen töse oder passive chirurgische Therapien darstellen.

Das Einsatzgebiet von passiven physikalischen Thera

pien in der Rehabilitation liegt in der ICF (=Internatio nal Classification of Functioning, 1) Kategorie des Körpers, d.h. Ziel passiver physikalischer Therapie ist es, entweder Körperstrukturen oder Körperfunktio nen zu beeinflussen.

In der Rehabilitation von Patienten mit chronischen unspezifischen Kreuzschmerzen ist die Intervention Zusammenfassung

Nach wie vor fehlen ausreichend klinische Studien, die es ermöglichen, die Wirksamkeit einzelner phy- sikalischer Therapiemaßnahmen zu belegen. Am Besten ist zur Zeit die Massage abgesichert, eine mäßige Wirksamkeit dürfte auch für die Vibrations- behandlung bestehen. Auch die Therapie mit ge- pulsten Magnetfeldern, jedoch nicht die Behand- lung mit statischen Magnetfeldern dürfte eine schmerzmindernde Wirkung entfalten. Die Trak- tionsbehandlung ist beim chronischen unspezifi- schen Kreuzschmerz evident unwirksam Über die Wirksamkeit der Soft-Laser-Bestrahlung, der Elektro- therapie einschließlich der TENS-Behandlung, der Ultraschallbehandlung sowie für Thermo-und Kryo- behandlung sind entweder die Studienergebnisse widersprüchlich oder nicht vorhanden, sodass zu der Wirksamkeit dieser physikalischen Therapie- maßnahmen noch nicht endgültig Stellung ge- nommen werden kann.

Summary

There are still not enough studies to conclude on the effectiveness of single physical treatment modali- ties. At the moment, the evidence of effectiveness is supported best for massage therapy, moderate ef- fectiveness is given for treatment with whole body vibration. Treatment with pulsed electromagnetic fields might be followed by pain reduction, but this effect can not be obtained with static magnetic fields. Good evidence exits that traction therapy in not effective in patients with chronic non specific low back pain. No final conclusion can be drawn on the effectiveness of soft-laser treatment , electro therapy including TENS-treatment, ultrasound and thermo- and cryotherapy either caused by contra- dictive study results or insufficient data.

Tabelle 1 a

Hierarchien von Studien(nach 3) 1. Experimentelle Studien

(z.B. Randomisierte kontrolierte Studie (RCT) mit versteckter Zuordnung)

2. Quasi-experimentelle Studien (z.B. experimentelle Studie ohne

Randomisierung)

3. Kontrollierte beobachtende Studie 3a. Kohorten Studie

3b. Kontrollierte CaseFallstudien

4. Beobachtende Studien ohne Kontrollgruppe 5. Experten Meinung auf Grund der

Pathophysiologie, Einzelforschung oder Konsensus.

Tabelle 2 a

Evidenz der Wirksamkeit

Strong Evidence (Evidenzstufe A) konstante Ergebnisse in zahlreichen hochqualifizierten RCTs

Moderate Evidence (Evidenzstufe B) Konstante Ergebnisse in einer hochqualifizierten RCT und einem

oder mehreren niedrig qualifizierten RCTs oder konstante Ergebnisse in zahlreichen niedrig qualifizierten RCTs

Limited bzw. Contradictory Evidence (Evidenzstufe C)

Wechselnde Ergebnisse in zahlreichen RCTs

No Evidence (Evidenzstufe D) Keine RCTs

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55 auf der Ebene des Körpers eine wenig erfolgreiche

Strategie. Nachemson (2) hat die Wirksamkeit von Therapien nach den Prinzipien der Evidenz basierten Medizin (3) zusammengestellt, und lediglich für eine einzige, die Körperebene beeinflussbare Maßnahme, näm lich die Manualtherapie eine gesicherte Wirksam keit berichtet. Das ist zum Teil auch dadurch bedingt, dass qualitativ hochwertige klinische Studien zu sol chen häufig eingesetzten Therapiemaßnahmen nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind, um zu ge sicherten Aussagen über die Wirksamkeit dieser The rapie formen zu kommen.

Nachfolgend soll die Wirksamkeit sog. passiver physi kalischer Therapien berichtet werden, wobei die Daten dazu vorwiegend aus systematischen Reviews extra hiert wurden

Mechanotherapie Traktion

Die Traktionsbehandlung wurde in mehreren syste matischen Reviews (2,3,4) übereinstimmend als evi dent unwirksam beim chronischen Kreuzschmerz be urteilt. Diese Einschätzung wurde auch in einer aktuel len Arbeit gefunden, in der die Effekte der Traktions behandlung mit einer Interferenzstromtherapie ver glichen wurden (5).

Vibration

Die Exposition zu Vibrationen wird üblicher Weise als Risikofaktor für die Entwicklung von Kreuzschmer zen eingeschätzt. Neuere Untersuchungen haben eine Beeinflussung der kurzen Interspinalmuskeln durch Vibration wahrscheinlich gemacht und eine rezente klinische Studie hat durch Ganzkörpervibration ähnli che Effekte wie bei Extensions Gymnastik berichtet (6). Durch beide Maßnahmen konnte gleichartig eine Reduktion der Schmerzen und eine Verbesserung im Pain Disability Index erzielt werden.

Massage

Für die Massagebehandlung beim chronischen Kreuz schmerz haben lange Zeit ausreichend Studiendaten gefehlt, sodass in einem Review über physikalische Therapie beim Rückenschmerz (4) diese Therapie form noch als nicht beurteilbar eingeschätzt wurde.

Die rezente Aktualisierung (7) eines Cochrane Review aus dem Jahre 2000 ist nach Auswertung von neuen Publikationen zu der Schlussfolgerung gekommen, Massage als wirksame Therapie von Patienten mit sub akuten oder chronischen Kreuzschmerzen zu bewer ten. Die vorliegende Version berichtet nun Schluss folgerungen, die aus 9 randomisierten Studien abgelei

tet wurden. Im Gegensatz zur Erstfassung kommen die Autoren aufgrund der Ergebnisse von vier neuen, methodisch hochwertigen Studien zum Schluss, dass Massage in der Behandlung von subakuten und chro nischen Rückenschmerzen eine wirksame Therapie darstellt. Trotz des Trends zu methodisch besser durch geführten Untersuchungen wird darauf hingewiesen, dass Daten zu Langzeiteffekten und im Vergleich zu Plazebotherapien weitgehend fehlen. Darüber hinaus existiert auch keinerlei Information über die Wirksam keit der Massage im Vergleich zu Nichtbehandlung.

Die akzeptierten Studien berichten über den Effekt der Massage im Vergleich zur Wirbelsäulenmanipulati on (3 Studien, Manipulation unmittelbar nach Thera pie wirksamer als Massage, kein Unterschied in der Wirksamkeit nach 3 Wochen) und Elektrotherapie (4 Studien, Elektrotherapie unmittelbar nach Therapie etwas wirksamer als Massage kein Unterschied in der Wirksamkeit nach Abschluss der Behandlungsserie).

Miederbehandlung (2 Studien, kein Unterschied zwi schen Massage und Miederbehandlung), Krankengym nastik (1 Studie, kurzzeitig bessere Ergebnisse im Ro land Morris Score nach Massage als nach Kranken gymnastik), Akupunktur (1 Studie, bessere Langzeit effekte nach Massage als nach Akupunktur), Entspan nungstherapie (1 Studie, Verminderung der Schmerz intensität etwas ausgeprägter nach Massage als nach Entspannungstherapie) und Selbstbehandlung (bessere Ergebnisse nach Massagebehandlung als nach Selbst managements des Rückenschmerzes) wurden eben falls mit der Wirksamkeit von Massage verglichen.

Seitdem Ernst 1999 unter Berücksichtigung von Stu dien, die bis zum Juli 1997 publiziert worden waren, über die Wirksamkeit von Massage beim Rücken schmerz berichtet hatte (9), ist die Argumentation über die Effektivität dieser Therapieform entschieden ein facher geworden. Eine Reihe von methodisch guten Studien hat die Wirksamkeit von Massage bei chroni schen Rückenschmerzen untermauert ( 10, 11, 12,13), auch wenn die untersuchten Vergleichstherapien bis weilen aus der Komplementärmedizin kommen (12,13).

Leider erlaubt der nun deutlich verbesserte Wirksam keitsnachweis weiterhin keine Differenzialindikation zur Massagetherapie bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz. Dies liegt an dem Umstand, dass bei den vorhandenen Studien das Symptom Rückenschmerz nicht mit Änderungen von Körperfunktionen wie lo kale Schmerzauslösung oder veränderter Muskeltonus verbunden worden war, sodass Patienten, die aufgrund bestimmter Symptomkonstellationen besonders gut auf Massage ansprechen, auch nach dem aktualisierten systematischen Review nicht identifiziert werden kön

Fortbildung

(20)

nen. Das Erkennen von möglichen Respondern für Massagetherapie würde den gezielten Einsatz und die Effizienz dieser Behandlungsform steigern. Mögli cherweise gibt es neben positiven Vorurteilen, die nachweislich die Wirksamkeit einer Therapiemaßnah me erhöhen (14), noch andere Merkmale, die das posi tive Ergebnis einer bestimmten Therapieform voraus sagen.

Thermotherapie

Thermotherapeutische Maßnahmen sind in vielen Richt linien zur Behandlung chronischer Kreuzschmerzen zu finden. Diese Empfehlung beruht auf Empirie und nicht auf den Ergebnissen kontrollierter klinischer Studien, auch wenn zahlreiche Untersuchungen über Effekte der Wärmeanwendung auf die Körpertempe ratur, das Kreislaufsystem und das Immunsystem be richten. Allerdings dürfte die Schlussfolgerung des Cochrane Reviews zur Thermotherapie bei rheuma toider Arthritis auch für Wärmeanwendungen beim Rückenschmerzpatienten zutreffen. Die Akzeptanz der Wärmetherapie durch den Patienten ist im Allgemei nen sehr gut (15) und eine positive Beeinflussung der Befindlichkeit nach Thermotherapie wurde gezeigt (16). Bei fehlenden unerwünschten Wirkungen von Wärmeanwendungen bestehen keine Gründe, der Emp fehlung zur Wärmetherapie bei Patienten mit chroni schen Kreuzschmerzpatienten nicht nachzukommen.

Packungen

Über die Wirksamkeit der Monotherapie mit Wärme packungen bei chronischen Kreuzschmerzen finden sich keine Studien. Hingegen gibt es Hinweise, dass die stundenlange Behandlung mit Wärmepackungen Vor teile in der Therapie des akuten Kreuzschmerzes bietet (17). Chok hat bei Patienten mit subakuten Kreuz schmerzen zwei Patientengruppen verglichen, die bei de mit Wärmepackungen behandelt wurden und eine Gruppe zusätzlich ein Ausdauertraining der Rücken streckmuskulatur durchführte (18). Erwartungsgemäß fanden sich eine ausgeprägtere Schmerzreduktion und ein besserer Score im Roland Morris Fragebogen in der Trainingsgruppe, jedoch auch die ausschließlich mit Wärmepackungen behandelten Patienten erzielten nach 6 Wochen eine 50% Schmerzreduktion.

Infrarot

Für die Infrarottherapie bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen sind ebenfalls keine kontrollierte Studien auffindbar. Über die Infrarottherapie gibt es zwar Literatur zum physikalischen Wirkprinzip, die Effekte auf die Thermoregulation, doch in den Erfah rungsberichten zum klinischen Effekt der Infrarotthe rapie kommen Patienten mit chronischen Kreuz schmerzen nur am Rande vor (19).

Kurzwelle

Studien zur Kurzwellentherapie des chronischen Kreuz schmerzes haben keine über Placebo hinausgehende Wirksamkeit gefunden. Die tatsächlich eingeschaltete Kurzwelle war hinsichtlich Schmerzreduktion etwas weniger wirksam als die nicht eingeschaltete Kurzwelle (20), zwischen kontinuierlicher Kurzwelle und gepuls ter Kurzwelle waren keine unterschiedlichen Effekte zu finden (21). Allerdings fanden sich zwischen tat sächlich applizierte und scheinbar angewendeter Kurz welle (20) Unterschiede hinsichtlich der Arbeitsunfä higkeit der Patienten, die nach tatsächlicher Kurzwel lenbehandlung geringer als nach Plazebotherapie aus geprägt war.

Ultraschall

Ein systematischer Review aus den Niederlanden über die Ultraschalltherapie bei muskulo skelettalen Er krankungen hat keine einzige Arbeit aufgenommen, die über die Ultraschalltherapie von Rückenschmerzen berichtet (22). In der Datenbank Medline findet sich eine einzige Publikation, die über die Monotherapie mit Ultraschall beim chronischen Kreuzschmerz we gen Bandscheibenvorfalls berichtet (23). Insgesamt muss die Ultraschalltherapie beim chronischen Kreuzschmerz als nicht ausreichend untersucht klassifiziert werden.

Kryotherapie

Zur Wirksamkeit der Kryotherapie beim chronischen Rückenschmerz liegen nicht einmal Daten aus der sub jektiven Patientenbeurteilung vor (15), kontrollierte Studien fehlen

Lasertherapie

Die Studien Ergebnisse zur Wirksamkeit der Soft La ser Therapie sind widersprüchlich (24,25), sodass diese Therapieform als nicht ausreichend untersucht bezeich net werden.

Elektrotherapie Diadynamische Ströme

In einer kontrollierten Studie aus Finnland (26), in der die Wirksamkeit der diadynamischen Ströme im Ver gleich zu einer Wärmeplatte bei verschiedenen Schmerz syndromen untersucht worden war, fand sich auch eine kleine Gruppe von Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen. Während nur 4/17 Patienten, die mit einer Wärmeplatte behandelt worden waren, ein mäßiges oder gutes Behandlungsergebnis erzielten, boten 6/16 Patienten nach Therapie mit diadynami schen Strömen ein gutes, und 2/16 ein mäßiges Be handlungsergebnis.

56

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Mittelfrequenz

Eine randomisierte kontrollierte Studie (6) hat sowohl die Interferenzstrombehandlung als auch die apparative Traktionsbehandlung bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen unwirksam gefunden. Eine eigene Untersuchung hat sowohl eine niederfrequente Strom behandlung als auch die Therapie mit sterischen Inter ferenzströmen bei einer Untergruppe vom Patienten wirksam in der Reduktion der Schmerzen gefunden, die durch eine Reizung der Beckenbänder bedingt wa ren (27).

TENS

In allen Reviews zur TENS Therapie (4,5, 28) wird die ser Therapie zwar eine mögliche schmerzreduzierende Wirkung zugestanden, aber bei fehlender Überlegen heit im Vergleich zu Plazebo diesem Effekt keine klini sche Relevanz zugestanden. Problematisch bleibt bei diesen Meta Analysen, dass sowohl sensibel schwelli ge als auch unterschwellige Reizintensitäten in die Ge samtbeurteilung aufgenommen wurden. Diese unter schiedlichen Reizstärken haben aber zwangsläufig un terschiedliche Auswirkungen auf die Einschätzung der Therapie durch den Patienten.

Magnetfeldtherapie Statische Magnetfelder

Für diese Therapieform konnte keine wirksame Schmerz reduktion im Vor Nach Vergleich noch im Vergleich zu Plazebo gefunden werden (29). Die The

rapie mit statischen Magnetfeldern muss als evident unwirksam beurteilt werden.

Gepulste Magnetfelder

Die vorhandenen Studien (30), die über die Wirksamkeit der Therapie mit gepulsten niederfrequenten Magnet feldern bei Rückenschmerzpatienten berichten, stüt zen eine analgesierende Wirkung dieser Therapieform, auch wenn die methodische Qualität dieser Studien sehr bescheiden ist.

Zusammenfassung

Nach wie vor fehlen ausreichend klinische Studien, die es ermöglichen, die Wirksamkeit einzelner physikali scher Therapiemaßnahmen zu belegen. Die Evidenz der Wirksamkeit einzelner physikalischer Therapie modalitäten ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Am Be sten ist zur Zeit die Massage abgesichert, eine mäßige Wirksamkeit dürfte auch für die Vibrationsbehand lung bestehen. Auch die Therapie mit gepulsten Mag netfeldern, jedoch nicht die Behandlung mit statischen Magnetfeldern dürfte eine schmerzmindernde Wir kung entfalten. Die Traktionsbehandlung ist beim chronischen unspezifischen Kreuzschmerz evident unwirksam. Über die Wirksamkeit der Soft Laser Be strahlung, der Elektrotherapie einschließlich der TENS Behandlung, der Ultraschallbehandlung sowie für Thermo und Kryobehandlung sind entweder die Stu dienergebnisse widersprüchlich oder nicht vorhanden, sodass zu der Wirksamkeit dieser physikalischen The rapiemaßnahmen noch nicht endgültig Stellung ge nommen werden kann.

Fortbildung

Tabelle 2

Evidenz der Wirksamkeit einzelner physikalischer Therapiemodalitäten

Therapiemodalität Wirksamkeit Evidenzniveau

Massage wirksam Strong (A)

Ganzkörpervibration wirksam Moderate (B)

Gepulste Magnetfelder wirksam Limited (C)

Traktion unwirksam Strong (A)

Statische Magnetfelder unwirksam Moderate (B)

Soft Laser unbekannt Contradictory (C)

TENS unbekannt Contradictory (C)

Ultraschall unbekannt Zu wenig Daten (D)

Elektrotherapie unbekannt Zu wenig Daten (D)

Thermotherapie unbekannt Zu wenig Daten (D)

Kryotherapie unbekannt Zu wenig Daten (D)

(22)

Literatur

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Korrespondenzadresse des Autors Oberarzt Prof. Dr Kurt Ammer Ph.D Ludwig Boltzmann Forschungsstelle für Physikalische

Diagnostik im Hanuschkrankenhaus Heinrich Collinstr. 30 A 1140 Wien

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