47. Beilage im Jahre 1927 zu den stenogr. Sitzungsberichten des XII.
Vorarlberger Landtages.
Beilage 47.
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Bericht
des Rechtsausschusses über die Ausstellung von Richtlinien für die Anstellung ausgedienter Soldaten im Dienste des Landes Vorarlberg.
Höher Landtag!
Schon seit mehreren Jahren machen sich Bestrebungen geltend, die ausgedienten Soldaten soweit als möglich in öffentlichen Diensten unterzubringen/ Eine solche Einrichtung bestand schon, wenigstens bezüglich des Staatsdienstes, vor dem Kriege. Nunmehr wurde versucht, eine gesetzliche Regelung dieser Frage herbeizuführen. Dieser Versuch scheiterte aber an den parlamentarischen Verhältnissen.
Im Laufe des Sommers 1927 hat das Bund es Ministerium für Heereswesen versucht, das Ziel, das ursprünglich durch ein Bundesgesetz hätte erreicht werden sollen, durch sogenannte
"Richtlinien" zu erreichen.
Der Inhalt dieser Richtlinien ist etwa folgender:
Gewisse Arten von Dienstposten im Bundesdienste werden für die Anstellung ausgedienter Soldaten vorbehalten. Ausgenommen sind Dienstposten, für deren Erlangung volle Hochschulbildung vorgeschrieben ist.
Nach Vollendung des 4. Präsenz-Dienstjahres' kann ein Soldat als Anstellungs-Anwärter vorgemerkt werden. Zur Anstellungs-Anwartschaft werden Soldaten nicht zugelassen, die
a) den allgemeinen Erfordernissen für die Anstellung im Bundesdienste nicht entsprechen
(Dienstpragmatik),
b) in einer Dienstbeschreibung für einen Zeitraum nach Ablauf, des dem Dienstantritte nächstfolgenden Kalenderjahres eine "minder geeignete"
oder eine "nicht geeignete" Gesamtbeurteilung erhalten haben.
? Die Anstellungs-Anwärter haben sich bei einer Zivilstelle einer.
Erprobung zu unterziehen (Zivilprobedienst). Während der
Zivilprobedienstzeit-werden die Anstellungs-Anwärter im Präsenzstand des Heeres belassen.
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Die Zulassung zum Zivilprobedienst -.kann nur in einem Dienstzweig erfolgen, für den der Anstellungs-Anwärter die Erfordernisse für die Anstellung als Beamter aufweist.
Zum Zivilprobedienst für einen- Posten der Dienstposten-Klasse B (VII.
und V. Verwendungsgruppe - Rechnungs-, Verwaltungs- und Kanzleidienst) können nur Soldaten zugelassen werden, die zum Unteroffizier befördert worden sind oder als zur Beförderung zum Unteroffizier mindestens
"geeignet" befunden worden sind.
Wo Vorbehaltsposten zur Besetzung kommen, ist dies dem Bundesministerium für Heereswesen mitzuteilen, das diese Mitteilung verlautbart. Die
Anstellungs-Anwärter haben daraufhin die Gesuche im Wege des
Bundesministeriums für Heereswesen der Zivilstelle zu übersenden, die innerhalb 8 Wochen darüber zu entscheiden hat. Es ist also der
Zivilstelle vollkommen die Bestimmung anheimgestellt, einerseits ob ein Posten besetzt werden soll, andererseits welcher Anstellungs-Anwärter zugelassen wird.
Ein zur Probedienstleistung zugelassener Heeresangehöriger hat nicht nur nachzuweisen, daß er die Erfordernisse für die Anstellung für den
betreffenden Posten besitzt (z. B. Absolvierung einer mittleren
Lehranstalt für den Rechnungsdienst u. f. w.), sondern er muß auch die vorgeschriebene Dienstprüfung ablegen. Der Zivilprobedienst gilt' nur dann mit Erfolg abgeleistet, wenn der Anstellungswerber auch die geforderte Dienstprüfung bestanden hat.
Die Zivildienststelle, bei der der Anstellungs-Anwärter den Probedienst ablegt, kann den Anstellungsanwärter vor Beendigung des
Zivilprobedienstes zurückstellen, wenn die erfolgreiche Ableistung des Zivilprobedienstes nicht zu erwarten ist oder wenn er die Pflichten verletzt, die den Angestellten des betreffenden Dienstzweiges auferlegt sind. Es bleibt also auch die Beurteilung der Fähigkeit Sache der
Zivildienststelle.
Der von der Bundesregierung für ~bie Bundesverwaltung eingeschlagene Weg durch Aufstellung von Richtlinien erschien der Landesregierung und dem Rechtsausschusse auch für die Landesverwaltung annehmbar. Nach diesen Richtlinien hat das Land selbst die Möglichkeit, zu bestimmen, ob
ausgediente Soldaten tu den Landesdienst zuzulassen seien, unter welchen Bedingungen und in welchem Prozentverhältnis. Es stellen ferner die Richtlinien nur eine interne Bestimmung dar, die, wenn sich wider Erwarten daraus Unzukömmlichkeiten entwickeln sollten, vom Landtage wieder geändert, ja auch aufgehoben werden könnten.
Der Rechtsausschuß, wie auch die Landesregierung konnte sich der Einsicht nicht verschließen, daß die Aufstellung dieser Richtlinien sich bei einem so kleinen Personalstande, wie wir ihn in Vorarlberg haben, wenig
auswirken wird. Daß für einen einzelnen Dienstzweig in einem
Kalenderjahre zwei oder sogar drei Dienstposten mit Personen männlichen Geschlechtes zur definitiven Besetzung gelangen werden, erscheint wohl.
sehr fraglich. Es wird daher nötig sein, ein Entgegenkommen dadurch zu zeigen, .daß die Bestimmungen, der Richtlinien nicht allzu strenge ausgelegt werden.
In den von der Landesregierung vorgeschlagenen Richtlinien ist die Beschränkung enthalten, daß für die Anstellung auf einem Vorbehalts-
Posten im Landesdienste nur Soldaten, in Betracht kommen, die den Zivilprobedienst in dem einschlägigen Dienstzweige (Rechnungsdienst, Verwaltungsdienst, Kanzleidienst u. s. w.), zu dem der zu besetzende Posten gehört, im Bereiche der zur Anstellung zuständigen Stelle abgelegt haben. Es kann also nur ein Heeresangehöriger angestellt werden, der in der Landesverwaltung' von Vorarlberg zum Probedienst zugelassen wurde und diesen Probedienst mit Erfolg zurückgelegt hat.
Werden Soldaten in den Landesdienst aufgenommen, so wird ihnen nach dem vorliegenden Antrage die im Bundesheer tatsächlich vollstreckte
Präsenzdienstzeit angerechnet. Für Heeresangehörige, die nach diesen Richtlinien angestellt werden, entfällt die sonst nach dem Gehaltsgesetze vorgeschriebene 2 jährige Vorbereitungsdienstzeit.
298 -
> Der Rechtsausschuß, stellt - nmVben
^- Antrag: s
Der hohe Landtag wolle beschließen: " : ;
"Den von der Vorarlberger Landesregierung vorgeschlagenen und in der Beilage
enthaltenen "Richtlinien für-die Anstellung ausgedienter Soldaten im Dienste des'
Landes Vorarlberg" wird^ die'Zustimmung erteilt." ' ' - Bregenz, am 15. November 1927.
- Der Obmann und Berichterstatter:
Dr. Redler e. h.
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47. Beilage im Jahre 1927 zu den stenogr. Sitzungsberichten des XII.
Vorarlberger Landtages.
Richtlinien
für die Anstellung ausgedienter Soldaten im Dienste des Landes Vorarlberg.
Ausgediente Soldaten sind bis auf weiteres für den Dienst des Landes Vorarlberg, nach folgenden Richtlinien anzustellen:
1. Für die Anstellung von Soldaten^ (Wehrmännern, Wehrmann-Chargen unÜ aus dem Wehrmannstand hervorgegangenen Unteroffizieren) werden die in der Beilage bezeichneten Dienstposten in dem aus dieser Beilage ersichtlichen Hundertverhältnis zur Gesamtzahl der in jedem Kalenderjahr mit Personen männlichen Geschlechtes zur definitiven Besetzung oder zur Besetzung mit einem Beamtenanwärter (§ 4 des Gehaltsgesetzes) gelangenden Dienstposten vorbehalten.
2. Die gemäß Punkt 1 vorbehaltenen Dienstposten (Vorbehaltsposten) werden in zwei Klassen eingeteilt und zwar in die Dienstpostenklasse A und in die Dienstpostenklasse B.
Die Zugehörigkeit der einzelnen Vorbehaltsposten zu einer der beiden Dienstpostenklassen geht aus der Beilage hervor. "
3. Anstellungsanwärter, die die Verleihung eines der nach Punkt 1 vorbehaltenen Dienste Posten anstreben, haben sich einer Erprobung
(Zivilprobedienst) zu unterziehen. Aus die Zulassung zum Zivilprobedienst und die Ableistung des Zivilprobedienstes finden.
ybie von der Bundesregierung am 13. Julh1927 beschlossenen "Richtlinien"
sinngemäß Anwendung.
4. Für die Anstellung auf einem Vorbehaltsposten kommen nur Soldaten in Betracht, die vom Bundesministerium für Heerwesen nach Maßgabe, der von der Bundesregierung beschlossenen "Richtlinien" mit einem
Anstellungsschein beteilt worden sind (Anstellungsscheininhaber), und zwar werden die Vorbehaltsposten Anstellungsscheininhabern verliehen werden, die den Zivilprobedienst in dem Dienstzweig, zu dem der erledigte Posten gehört, im Bereiche der zur Anstellung zuständigen Stelle abgelegt haben.
5. Anstellungsscheininhabern, denen ein Vorbehaltsposten verliehen wird, wird die im Bundesheer tatsächlich vollstreckte Präsenzdienstzeit für die Erlangung höherer Bezüge und gegen Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages für die Ruhegenußbemessung angerechnet.
6. Für Anstellungsscheininhaber, die nach diesen Richtlinien angestellt werden, entfällt die sonst vorgeschriebene
Vorbereitungsdienstzeit (Anwärterdienstzeit, provisorische Dienstzeit, probeweise Dienstleistung u. bergt.).
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Ausmaß des Mbehalles in den MMen MnstMigen.
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1 Rechuungsdienst*) . . . . 7 33 V-3 12 *) Nur für Soldateii, die
2 Verwaltungsdienst*) . . .. 7 if ii eine mittlere'Lehranstalt ab- solviert habeii (Verordnung
3 Mittlerer technischer Dienst*). 7 n ii r der.
Bundesregierung vom 18. März 1927, B. G. Bl.
4 Kanzleidienst 50 6 Nr. 87, Anläge lr II. Ab- schnitt, A, Absatz 1 und 2).
5 Technischer Hilfsdienst höherer Art 5 h ? 6 Oberwärter anderLandesirren- " anstatt Valduna '. - . . 5 n
12
Druck von I. N-.Teint sch, Bregenz.
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