ZEITSCHRIFT FÜR ALLGEMEINMEDIZIN
ARZT UIMD
I Klinik und Praxis I Sprache
I Psychosomatische Grundversorgung
AKTUELL
I Airabiotika bei Otitis media
PRAXIS-MAGAZIN
I Wie iMn einen guten Steuerberater
#
/
Hippokrates Verlag G
’FA ISSN 0341-9835
^ r
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Ein Gegengewicht zur unbarmherzigen Nutzung jeder Minute - Raum für Muße, Gespräche und Gedanken - Fontanes Havelland.
Priv.-Doz. Dr. med.
Ursula Marsch-Ziegler St.-Gertrauden-Krankenhaus Innere Abteilung
Schwerpunkt Gastroenterologie ParetzerStr. 11
10713 Berlin
Aus den täglichen Fluten medizi
nischer Bilder, erzeugt durch Rönt
gen, Endoskopie, Ultraschall, CT und NMR, sowie durch zahllose Meß
daten, lassen sich »Krankheitsbilder«
zusammensetzen. Der kranke Mensch wird darunter nicht sicht
bar. Er ist nur durch die Summation von Wissen, Erfahrung, unvoreinge
nommenem klinischem Blick er
kennbar. Durch Gespräche, die Glaubwürdigkeit auf der einen und Zutrauen auf der anderen Seite auf
bauen, kann die Mitwirkung des Pa
tienten, die eine umfassende An
amnese und körperliche Unter
suchung erst möglich macht, er
reicht werden. Das Sammeln von Bil
dern und Labordaten hat nichts mit Heilkunst (Platon setzt sie der Rede
kunst gleich) gemein. Die Heilkunst ist keine reine Naturwissenschaft, sondern verlangt die genannten spe
zifisch ärztlichen Fähigkeiten.
Die Autoren dieses Heftes bedürfen nicht der Bildervielfalt. Ihr Anliegen ist es, Wege aus der verbalen Hilf
losigkeit aufzuzeigen. Sie wollen zur Sachkompetenz die Kommunikati
onskompetenz hinzufügen; beide sind nur durch lebenslanges kriti
sches Weiterlernen zu erreichen.
Bei Arzt-/Patientengesprächen, die falsch gestimmt beginnen, können viele Saiten zerreißen, und zwar auf beiden Seiten. Folgenschwere
»sprachliche Signale« (P. Löning), er
lernbares Gesprächsverhalten (H. Ka- erger et al.), kritische Betrachtungen zu Arzt- und Patientenbeziehungen und über Ärzte und Patienten unter stationären und ambulanten Bedin
gungen (Ch. Schmeling-Kludas), wer
den u.a. in diesem Heft diskutiert.
Der einleuchtende Aufsatz von P. Hel- mich »Was meint Beziehung?« ist die beste Einführung in diesen Themen
kreis.
Zum Abschluß sei einer mit Vorlie
be auf den Spuren von Fontane durch die Mark Brandenburg Wandernden erlaubt, Effi Briests langjährigen Arzt
zu erwähnen, den sie häufig ohne
»definierten Auftrag« ratsuchend zu sich bat. Er verstand sie und die Ur
sachen ihrer wechselnden Beschwer
den, die nicht somatischer Natur wa
ren, gab ausführliche Ratschläge und Empfehlungen zur Lektüre. Den be
kannten traurigen Lebenslauf Effi Briests hatte der Hausarzt nicht zu verantworten. Schade, daß der Grab
stein Elisabeth von Ardennes (der Großmutter Manfred von Ardennes), Fontanes Vorbild für seine Effi Briest, kürzlich vom schönen Stahnsdorfer Friedhof bei Potsdam verschwand.
Beziehungen ».... das ist ein zu wei
tes Feld«.
Ihre
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Ursula Marsch-Ziegler
0
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Atrovent
die alternative Bronchodilatation
Atrovent® Dosier-Aerosol/Atrovent® lnhaletten®/Atrovent® LS Wirkstoff: Ipratropiumbromid. Zusammensetzung: Arzneilich wirksame Bestandteile: 1 Dosier- Aerosolstoß enthält 0,02 mg Ipratropiumbromid. 1 Inhalette enthält 0,2 mg Ipratropiumbromid. 1 ml Lösung enthält 0,25 mg Ipratropiumbromid (1 Hub entspricht 0,025 mg Ipratropiumbromid). Sonstige Bestandteile: Dosier-Aerosol: Dichlordifluormethan, Trichlorfluormethan, Cryofluoran, Soja-Lecithin. Inhaletten: Glucose.
Lösung: Benzalkoniumchlorid, Natriumedetat, pH-eingestellte isotonische Kochsalzlösung. Anwendungsgebiete; Verhütung und Behandlung von Atemnot bei chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen: Chronisch obstruktive Bronchitis mit und ohne Emphysem, leichtes bis mittelschweres Asthma bronchiale, besonders bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Begleiterkrankungen. Als Zusatzbehandlung bei den genannten Krankheitsbildern zur Gabe von ß-Adrenergika, Xanthinderivaten und/
oder Kortikosteroiden. Gegenanzeigen: Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber Atrovent oder einem seiner Inhaltsstoffe darf das Arzneimittel nicht angewendet werden. In den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft soll Atrovent nur dann angewendet werden, wenn dies vom behandelnden Arzt als notwendig erachtet wird. Das gleiche gilt für die Anwendung während der Stillzeit. Bei Patienten mit Engwinkelglaukom ist die Behandlung mit Atrovent sorgfältig abzuwägen und besonders darauf zu achten, daß das Arzneimittel nicht in die Augen gerät. Nebenwirkungen: Wie auch bei anderen inhalativen Arzneimitteln kann es nach der Inhalation selten zu Husten und in äußerst seltenen Fällen zu einer Verkrampfung der Bronchien kommen. In Einzelfällen wurde eine Harnverhaltung oder als lokale Reaktion Mundtrockenheit beobachtet. Weiterhin kann es in Einzelfällen zu gastrointestinalen Motilitätsstörungen (Störungen des Bewegungsvermögens im Magen-Darm-Bereich), insbesondere bei Patienten mit zystischer Fibrose, kommen. Diese bilden sich nach Therapieunterbrechung wieder zurück. Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Schwellungen der Haut und Schleimhäute, Nesselsucht, Übelkeit, Schwindel und starker Blutdruckabfall) sind sehr selten berichtet worden. Vereinzelt wurde über auftretende Augen
komplikationen (d.h. Pupillenerweiterung, Anstieg des Augeninnendrucks, Engwinkelglaukom, Augenschmerzen) berichtet, wenn vernebeltes Ipratropiumbromid in die Augen gelangt. Wenn das Arzneimittel bei nicht sachgemäßer Anwendung versehentlich in das Auge gelangt, können eine Pupillendilatation und leichte und reversible Akkommodationsstörungen eintreten. Diese Störungen können mit miotischen Augentropfen behandelt werden. Sie klingen aber in der Regel spontan ab (Vorsicht jedoch bei Glaukomneigung!). Beim Auftreten von schweren Augenkomplikationen sollte sofort eine Behandlung mit pupillenverengenden (miotischen) Augentropfen eingeleitet und ein Facharzt aufgesucht werden. Verschreibungspflichtig. Hinweis: Weitere Einzelheiten enthalten die Fach- bzw. Gebrauchsinformationen, deren aufmerksame Durchsicht wir empfehlen, insbesondere im Hinblick auf die Dosierungsanleitung. Packungen (Stand Februar 1996):
A.V.P. Atrovent Dosier-Aerosol: 15 ml DM 40,20; 2x15 ml DM 74,00; Atrovent Inhaletten: 50 Inhaletten + 1 Inhalator M Rrx^hrinn^r DM 60,49; 100 Inhaletten DM 57,97; Atrovent LS: 20 ml DM 12,82; 2x20 ml DM 24,74; 5x20 ml DM 54,68; Klinikpackungen. pwcililliyd
Boehringer Ingelheim KG, 55216 Ingelheim am Rhein.
Ingelheim
73. Jahrgang - Heft 4 185
INHALT
■4\f
186 1 Entbindung zu Hause 186 ; Ösophagitis durch Alen-
I dronat 191
137 ! Antibiotika bei Otitis
j media 197
188 Vesraninone Trial 188 1 Wie wirkt Akupunktur?
203 189 1 Forschungskurs
1 Allgemeinmedizin
211
AKTUELL
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT Was meint Beziehung?
P. Helmich
Ambulante und stationäre Behandlung
C. Schmeling-Kludas
Sprache: Instrument und Ausdruck von Beziehung
P. Löning
Psychosomatische Crundversorgung H. Kaerger, R. Obliers, A. Koerfer, K. Kohle
218 Service Box mm FORUM QUALITÄT
221 Qualität im Gesundheitswesen T. Ruprecht
Was macht es in der alltäglichen Pra
xis eigentlich so schwer, erfolgreiche Beziehungen zu den Patienten herzu
stellen? Spielen da auch eigenes Machtstreben oder Unsicherheit mit?
Seite 191
PRAXIS-MACAZIN
I Psychogene Störungen wer
den häufiger, besonders bei Stadtbewohnern. Lohnt sich für Sie ein Kurs »Psychosoma
tische Crundversorgung«?
Seite 211
Abbildungsnachweise Titel: D. Loenicker S. 185: ©Diamar
■■i PHARMANEWS
234 Aktuelle Nachrichten aus der Pharmaindustrie mm KONCRESSBERICHTE
237 Behandlung der Schizophrenie Bluthochdruck,
Therapie mit alpha-Blockern
■■1 THERAPIESTUDIE
242 Vehikelabhängige Mikrozirkulation der Haut
C. W. Artman, A. Fassihi, P. Kröling, J. Regenold, J. Röding, D. Rußmann, C.Schneberger
233 Impressum
Emm 229
229 230
Kommentar: »Liebe Gehaltsempfänger...«
Gesundheitspolitik: Ernährungsberatung Recht: Aufklärung bei Schutzimpfungen 2321 Praxis-Management: Woran erkennt man
einen guten Steuerberater?
Eine Horrorvision: Sie impfen einen Säugling gegen Poliomyelitis, an
schließend erkrankt ein ungeimpfter Bekannter der Familie...
Seite 230
186
AKTUELL
Vieles spricht für eine Entbindung zu Hause I
Ist eine Hausentbindung genauso sicher wie die Klinikentbindung? Die Frage wird in einer Schweizer und in einer niederländischen Studie eindeutig bejaht, obwohl die jeweilige Praxis ganz unterschiedlich aussieht:
In den Niederlanden gibt es noch et
wa ^3 Hausgeburten unter Leitung von Hebammen, während in der Schweiz fast ausnahmslos in Klini
ken entbunden wird. Die Schweizer Studie mit Möglichkeit der Wahl zwi
schen Haus- und Klinikgeburt war so
mit - vorerst - ein Ausnahmeange
bot von Hausärzten und Hebammen.
Die Entbindung zu Hause wurde von selbstbewußten und gesunden Frau
en, vorwiegend Schweizerinnen, mit höherem sozioökonomischen Status und häufiger intakter Familiensitua
tion wahrgenommen. Für Frauen mit niedrigem Gesundheitsrisiko vergli
chen die Studien aus der Schweiz (489 geplante Haus-, 385 geplante Klinik
entbindungen), und den Niederlan-
Studien aus den Niederlanden und der Schweiz zeigen, daß eine Entbindung zu Hause so sicher ist wie die Entbindung in der Klinik!
den (1140/696) mehr als 30 Kriterien des Geburtsablaufes bei Haus- und Klinikgeburt.
Es wurden bei der Hausentbindung (niederländische Studie) für Mehr
gebärende signifikant seltener Vor
kommnisse gefunden wie Interven
tion durch einen Geburtshelfer, Re
gelwidrigkeiten, Dammrisse, Episio
tomien, Medikation in der Austrei
bungsphase, ausbleibende Plazenta
lösung, postpartale Blutung, Blut
transfusion. Vergleichbare Ergebnis
se, signifikant für Geburtseinleitung, Analgesie und Wehentätigkeit, liefer
te auch die Schweizer Studie für die Gesamtheit der Hausentbindungen;
die Neugeborenen erholten sich ent
sprechend dem höheren APGAR-In- dex vom Geburtsstreß schneller. Bei Erstgebärenden, die in der niederlän
dischen Studie gesondert betrachtet wurden, gab es weniger lange Inter
valle zwischen Blasensprung und Ge
burt, weniger Sedierung und weniger Nachuntersuchungen nach instru- menteller Entbindung.
In beiden Veröffentlichungen lau
tet die Schlußfolgerung aus den Un
tersuchungen nahezu gleich: Gesun
de, risikoarme Frauen, die zu Hause entbinden wollen, haben gegenüber einer Klinikgeburt kein erhöhtes Ri
siko, weder für sich selbst noch für
ihr Kind. Die positiven Erfahrungen aus beiden Untersuchungen sind An
laß, qualifizierte Betreuung für die Entbindung zu Hause aufrecht zu er
halten oder auszuweiten und für rei
bungslose Zusammenarbeit mit Ge
burtshelfern oder Kliniken im Falle von Umdenken oder Komplikationen
zu sorgen. (Feh)
Wiegers T et al:
Outcome of planned home and planned hospital births in low risk pregnancies: prospective study in midwifery practices in the Nether
lands.
BMJ 1996; 313:1309-1313.
Ackermann-Liebrich U et al:
Home versus hospital deliveries:
follow up study of matched pairs for procedures and outcome.
BMJ 1996; 313:1313-1318.
Ösophagitis durch Alendronat: Einnahme- fehler!
Alendronat, ein Aminobisphos- phonat, hemmt selektiv den Kno
chenabbau durch Osteoklasten und ist deshalb indiziert bei post- menopausaler Osteoporose (Dosis lOmg/die) und M. Paget (40mg/die für 6 Monate). Inzwischen ist das Präpa
rat (Fosamax®) fast einer halben Mil
lion Patienten verschrieben worden;
es wurden 1.273 Berichte über uner
wünschte Wirkungen dokumentiert.
Insgesamt 199 Patienten hatten ei
ne Speiseröhrensymptomatik, die für 51 Patienten (26%) als »schwer«
oder »ernst« bewertet wurde. Endo
skopische Untersuchungen zeigten im allgemeinen eine chemische Öso
phagitis mit Erosionen oder Exulze
rationen und exsudativer Entzün
dung, verbunden mit Verdickung der Ösophaguswand. Blutungen traten selten auf, eine Beteiligung von Ma
gen oder Duodenum war unüblich.
Die Läsionen heilten nach Absetzen des Präparates ab.
Die Hauptursachen der che
mischen Ösophagitis sind die Tablet
teneinnahme ohne oder mit nur we
nig Wasser und eine liegende Positi
on nach der Einnahme. Damit erhöht sich das Risiko für eine längere Ver
weildauer im distalen Ösophagus, und es kann ein gastroösophagealer Reflux provoziert werden. Diese Er
scheinungen sind auch von Tetracy
clinen, Chinin, Eisensulfat und Kali
umchlorid bekannt.
Die unerwünschten Wirkungen sind weitgehend zu vermeiden, wenn die Patienten folgende Vor
schriften genau einhalten:
■ Alendronat immer morgens nach dem Aufstehen und immer vor dem Frühstück einnehmen!
■ Unbedingt ein volles Glas Wasser (180-240 ml) trinken, nicht Kaffee oder Saft!
■ Nicht hinlegen, nach dem Früh
stück noch 30 Minuten aufrecht bleiben!
■ Die Tabletten nicht kauen und nicht lutschen!
■ Bei Auftreten von Schluckbeschwer
den, retrosternalem Schmerz oder Sodbrennen die Tabletten nicht mehr einnehmen und den Arzt auf
suchen!
Aufgrund der vorliegenden Erfah
rungen gelten als Kontraindikatio
nen für Alendronat Anomalitäten des Ösophagus mit Entleerungsstörun-
187
AKTUELL
gen wie Strikturen oder Achalasie und die Un
fähigkeit, für mindestens 30 Minuten aufrecht zu sitzen oder zu stehen. (Feh) De Groen P et al:
Esophagitis associated with the use of Alen
dronate.
N Engl] Med 1996; 335:1016-1021.
Otitis media mit Paukenhöhlenerguß:
wann Antibiotika?
Die Behandlung der persistierenden Otitis media mit Paukenhöhlenerguß bei Kindern ist umstritten. Nur bei etwa einem Drittel der Fäl
le sind pathogene Bakterien nachweisbar, und angesichts zunehmender Resistenzen gegen
über Antibiotika muß eine antibiotische Be
handlungwohlüberlegt sein. Wann der Antibio
tikaeinsatz bei diesem Krankheitsbild im all
gemeinärztlichen Rahmen sinnvoll ist, wurde in einer niederländischen randomisierten Dop-
■ Trommelfellbefund einer akuten Otitis media (Foto: aus Berghaus/Rettinger/Böhme: Duale Reihe Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Hippokrates Verlag, Stuttgart 1996)
pelblindstudie zu ermitteln versucht. 433 Kin
der im Alter von ^/2-6 Jahren, die sich in 57 All
gemeinpraxen mit beidseitiger Otitis media mit Erguß bei intaktem Trommelfell und ohne Zei
chen einer akuten Infektion vorstellten, wur
den zunächst drei Monate lang beobachtet.
Nach drei Monaten bestand bei 223 Kindern die Otitis media mit Erguß weiterhin. 162 Kinder erhielten 14 Tage lang dreimal täglich 20mg/kg Amoxicillin -i- 5mg/kg Clavulanat (Augmentan) bzw. Plazebo. Alle Kinder bekamen dreimal täg-
PROSTAMED
Prostatasyndrom mit Harnver
haltung, Miktionsbeschwerden und Restharn, Reizblase,
auch bei Frauen
Zusammensetzung: 1
Tablette Prostamed enthält: Kürbisglobulin0,1
g, Kürbismehl0,2
g, Kakao0,05
g, Extr. fl. Herb. Solidag.0,04
g, Extr. fl. Fol. Popul. trem.0,06
g. Sacch. lact.ad.
0,5
g.Anwendungsgebiete:
Prostata-Adenom Stadium I und beginnendes Stadium II mit Miktionsbeschwerden, Reizblase.Dosierung:
3x täglich 2-4 Tabletten einnehmen.
Handelsformen und Preise:
Prostamed-Tabletten:
60 St. (NI) DM 9,38; 120 St. (N2) DM 16,34;
200 St. (N3) DM 24,32; 360 St. DM 38,73
Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung, 77732 Zell-Harmersbach/Schwarzwald
188
AKTUELL
lieh Nasentropfen (Xylometazolin 0,25%). 13 Kinder wurden chirurgisch behandelt und bei 48 Kindern lehn
ten die Eltern die Studienteilnahme ihrer Kinder ab. Nach 14 Tagen war der Erguß beidseitig bzw. ein- oder beidseitig in der Augmentan-Gruppe mit 53 bzw. 84% signifikant seltener noch nachweisbar als in der Plazebo
gruppe (77 bzw. 93%).
Die Autoren folgern aus der Studie, daß es bei persistierendem Erguß sinnvoll sein kann, vor einem chir
urgischen Eingriff eine antibiotische Behandlung durchzuführen. Wie bakterielle Infektionen identifiziert werden können, ist allerdings nicht
klar. (ChR)
Baien F v et al:
Double-blind randomised trial of co-amoxiclav versus placebo for persistent otitis media with effusi
on.
Lancet 1996; 348: 713-16.
Vesraninone-Trial:
absolut negatives Ergebnis
über VesT, eine Studie mit negati
vem Ausgang bei Patienten mit Herz
insuffizienz, berichtete Jay N. Cohn, Cardiovascular Division der Univer
sity of Minnesota Medical School in Minneapolis. Diese Studie war unter dem Eindruck der Ergebnisse einer vorläufigen Untersuchung begonnen worden, in der nach sechsmonatiger Therapie bei rund 600 Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz mit einer täglichen Dosis von 60mg/die Vesra- ninone die Mortalität um 62% redu
ziert wurde. Eine so dramatische Re
duktion war bislang mit keiner ande
ren medikamentösen Therapie er
reicht worden, ln derselben Studie war jedoch auch ein Arm mit einer Dosis von 120mg Vesraninone ent
halten, der frühzeitig gestoppt wur
de, weil sich darin die Mortalität er
höhte.
ln der Folge wurde eine Studie mit einer größeren Anzahl von Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA 111 und
IV) und längerer Dauer begonnen.
Praktisch alle diese Patienten erhiel
ten bereits eine Dreifachtherapie aus ACE-Hemmer, Diuretikum und Digi
talis und in der Studie dann entwe
der 30 oder 60mg Vesraninone on top. Über 15 Monate wurden etwa 3.800 Patienten in die Studie auf
genommen.
Die Studie wurde im Juli 1996 be
endet, als in der Plazebogruppe 232 Todesfälle aufgetreten waren, ln die
ser großen Studie zeigte sich aber jetzt ein dosisabhängiger negativer Effekt des Medikamentes auf die Mor
talität. Die niedrige Dosis erhöhte im Vergleich zur Placebogruppe die Mor
talität nicht signifikant, unter der hö
heren Dosis starben jedoch 23% mehr Patienten, zumeist an plötzlichem Herztod auf der Basis einer Arrh3d;h- mie. Da sich auch keine spezielle Un
tergruppe fand, die von der Therapie profitierte und da sich auch unter der niedrigen Dosis die Lebensqualität der Patienten lediglich in den ersten drei Monaten verbesserte, ein Effekt, der in der Folge wieder verschwand, wurde die eindeutige Schlußfolge
rung gezogen, daß sich Vesraninone nach heutiger Erkenntnis nicht für die Therapie herzinsuffizienter Pa
tienten eignet. (gb)
69th Sessions der American Heart Association, Vortrag am 13. November
1996 in New Orleans.
Wie wirkt Akupunktur auf physiologische Abläufe?
Als ein geeignetes Modell zur Über
prüfung dieser Frage bietet sich die Reizung des Akupunkturpunktes P6 oberhalb des Handgelenkes zwecks Antiemese an. Hier braucht nur ein Punkt gereizt zu werden, und der Ef
fekt ist klar objektivierbar.
ln einer Literaturrecherche wur
den 33 Arbeiten zur Akupunktur bei Nausea und Erbrechen in Zusam
menhang mit Chemotherapie (5), Schwangerschaft (7) oder chirurgi
schen Eingriffen (21) gefunden, ln al
len Studien waren Vergleichsgrup
pen vorhanden, die gar nicht anders als durch Akupunktur oder durch Scheinakupunktur behandelt wur
den. ln vier Studien Avurde die Aku
punktur unter Allgemeinnarkose durchgeführt: hier zeigte die P6-Sti- mulation aus ungeklärten Gründen keinen Effekt. Von den übrigen 29 Ar
beiten zeigten 27 eine positive Wir
kung der Akupunktur. Bei 12 dieser Arbeiten handelt es sich um rando- misierte, plazebokontrollierte Studi
en mit insgesamt 1.932 Patienten. 11 von diesen Studien ergaben einen sta
tistisch signifikanten Vorteil der Aku
punktur gegenüber Plazebo. Bei der Arbeit, die keinen Nutzen der Aku
punktur zeigte, handelt es sich um
■ Akupunktur scheint antiemetisch einsetzbar zu sein (Foto: Seirin)
eine Studie an Kindern, bei denen ambulant ein Strabismus korrigiert wurde. Gegen die These, psychologi
sche Aspekte seien für die Akupunk
turwirkung verantwortlich, spricht u.a., daß eine zu starke P6-Reizung Nausea und Erbrechen verschlim
mern kann.
Diese Übersicht legt den Schluß na
he, daß die P6-Stimulation antieme
tisch wirksam sein kann. Die Ent
scheidung, ob das als »wissenschaft
lich akzeptabler Beweis« gelten kann, überläßt der Autor dem Leser. Unklar sei in jedem Falle der klinische Nut
zen der P6-Antiemesis. (ChR) Vickers A et al:
Can acupuncture have specific ef
fects on health?
J R Soc Med 1996; 89: 303-11.
189
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gemeinmedizin (DEGAM) veranstal
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versität Freiburg i. Br. ihren 111. For
schungskurs Allgemeinmedizin.
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senschaftlichen Fragestellungen im Fachgebiet Allgemeinmedizin.
Der Kurs umfaßt;
Die Durchführung einer Demon
strationsstudie in der eigenen Pra
xis
K Vortragsveranstaltungen zur Ver
mittlung von Grundlagenwissen
■ Kleingruppenarbeit zur Auswer
tung des Übungsprojektes
■ Vorbereitung zukünftiger selb
ständiger Forschungsarbeiten.
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nehmer (daher wird um Anmeldung bis zum 15. März 1997 gebeten).
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pflegung), für DEGAM-Mitglieder 290,-DM (Nachweis erforderlich).
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zienz nach Herzinfarkt). Stressbedingte Herz- und Kreislaufstörungen (Herzstütze bei Badekuren und klimatischen Belastungen; postinfektiöse Herz- und Kreislaufschwäche; zur Prophylaxe bei infarktgefährdeten Patienten). Leich
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Diese Patienten sollten nicht mit Tarka® behandelt werden. Desensibilisierung: Bei gleichzeitiger Desensibilisierungstherapie gegen Tiergifte sind anaphylaktoide Reaktionen (teils lebensbedrohlich) möglich. LDL-Apherese: Lebensbedrohliche anaphylaW Reaktionen bei gleichzeitiger LDL-Apherese möglich. Überleitungsstörungen: Vorsicht bei Patienten mit AV-Block I. Grades sowie mit VorhofflatternZ-flimmern und akzessorischer Leitungsbahn (z. B. WPW-Syndrom). Hämodialyse; Patienten, bei denen gleich«
eine Hämodialyse mit Polyacrylnitrilmethallyl-sulfonat-high-flux-Membranen (z. B. „AN 69“) durchgeführt wurde, zeigten anaphylaktoide Reaktionen. Diese Membranen sind zu vermeiden. Bei Patienten mit Bradykardie sollte Tarka® mit Vorsicht einges werden. Nebenwirkungen: Die folgenden klinischen Nebenwirkungen können im Zusammenhang mit der Behandlung mit ACE-Hemmern auftreten: Herz-Kreislauf: schwere Hypotonie zu Beginn der Behandlung, insbesondere bei speziellen RisikogriH Symptome wie Schwindel, Schwächegefühl, Sehstörungen, selten zusammen mit einer Bewußtseinsstörung (Synkope). Vereinzelt wurde im Zusammenhang mit Hypotonie über Tachykardie, Herzklopfen, Arrhythmien, Angina pectoris, Myokardinfarkt,;
übergehende ischämische Anfälle und zerebrale Blutungen berichtet. Nieren: Niereninsuffizienz kann auftreten oder verstärkt werden. Über akutes Nierenversagen wurde berichtet. Atemwege: Bei einer größeren Zahl von Patienten Husten. In seltenen Fi Atemnot, Sinusitis, Rhinitis, Glossitis, Bronchitis und Bronchialspasmen. In Einzelfällen infolge eines angioneurotischen Ödems der oberen Atemwege Atemwegsobstruktion mit letalem Ausgang. Magen-Darm Jrakt: Vereinzelt Übelkeit, Magenschme«
Verdauungsbeschwerden, Erbrechen, Durchfall, Obstipation und Mundtrockenheit. In Einzelfällen cholestatischer Ikterus, Hepatitis, Pankreatitis und Ileus. Haut, Blutgefäße: Vereinzelt allergische Reaktionen und Überempfindlichkeitserscheinungen, wie!
Exanthem, Pruritus, ürtikaria, Erythema multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, psoriasisartige Effloreszenzen, Alopezie. Diese Symptome können einhergehen mit Fieber, Myalgie, Arthralgie, Eosinophilie und/oder erha ANA-Titern. Bei einer kleinen Zahl von Patienten angioneurotisches Ödem im Bereich des Gesichtes und des Mund-Rachengewebes, Nervensystem: Vereinzelt Kopfschmerzen, Schwindel, Abgeschlagenheit, selten Depressionen, Schlafstörungen, Parästh«
Impotenz, Gleichgewichtsstörungen, Verwirrung, Tinnitus, Seh- und Geschmacksstörungen, Laborparameter: Insbesondere bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz, einer schweren Herzinsuffizienz und einer renovaskulären Hypertonie, Anstieg der Serumkaliumsp«
der Konzentrationen von Blutharnstoff und Kreatinin. Nach Absetzen der Medikation reversibel. Bei einer geringen Zahl von Patienten Abnahme von Hämoglobin, Hämatokrit, Thrombozyten und Leukozyten, in Einzelfällen Agranulozytose und Panzytopenie, ebenso Anstieg der Leberenzyme und der Bilirubinkonzentration im Serum. Bei Patienten mit kongenitalem G-6-PDH-Mangel in Einzelfällen hämolytische Anämie. Folgende Nebenwirkungen wurden im Zusammenhang mit Verapamil berichtet: Herz-Kreislauf:
Hypotonie, Bradykardie, Herzinsuffizienz. Selten wurde über höhergradigen AV-Block berichtet, der im Extremfall zur Asystolie führen kann. Magen-Darm-Trakt: Vorrangig Otetipation, selten Übelkeit. Gingivahyperplasie bei Langzeitbehandlung ist äußerst selten und nach Absetzen der Behandlung reversibel. Haut, Blutgefäße: Selten Knöchelödeme, Gesichtsröte. Sehr selten Gynäkomastie bei älteren Patienten, besonders nach Langzeittherapie, Hyperprolaktinämie und Galaktorrhö sowie Stevens-Johnson-Syndrom und Erythromelalgie. Allergische Hauterscheinungen (Erythem, Pruritus), wahrscheinlich bedingt durch allergische Reaktionen, vereinzelt beschrieben. Nervensystem: Selten Kopfschmerzen, Nervosität, Schwindel, Müdigkeit, Parästhesien. Skelett- und Muskeisystem: Sehr selten Myalgie oder Arthralgie. Laborparameter: Vereinzelt Erhöhungen der Transaminasen und/oder alkalischen Phosphatase, wahrscheinlich als Ausdruck einer allergischen Hepatitis. Bei Patienten mit Angina pectoris oder zerebrovaskulärer Erkrankung kann eine übemnäßige Blutdmcksenkung zu einem Myokardinfarkt oder apoplektischen Insult führen. Verkehrshinweis: Obwohl ein Einfluß auf die Verkehrstüchtigkeit oder die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen, nicht festgestellt wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt wird, da Tarka® Schwindel und Müdigkeit hervorrufen kann. Verschreibungspflichtig. Handelsformen: Kalenderpackung mit 28 Retardkapseln (N 1), Kalenderpackung mit 98 Retardkapseln (N 3).
Weitere Informationen sind der Fachinformation bzw. der Packungsbeilage zu entnehmen, (Stand: September 1996)
Knoll Deutschland GmbH 67006 Ludwigshafen
^erumKaiiumsM»
C
BASF Pharma
knd
Aktiv für Mensch und GesundH^t
191
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT
Übersicht
Was meint Beziehung?
Was sind die wesentiichen Merkmale von Beziehung?
Welche spezifischen Qualitäten fordert die Arzt-Patien- ten-Beziehung vom ambulant tätigen Arzt?
Beziehung braucht zuerst die Wahrnehmung des anderen
Systemen
Was ist eine Beziehung, wie wird ihre Qualität bestimmt?
Seiten stellen wir diese Frage vor
an, wenn wir über Beziehung reden, schreiben, lehren oder klagen. Wir unterstellen, dies sei klar definiert.
Beziehung haben heißt ein Ver
hältnis haben, sich zu etwas verhal
ten. Ich habe eine Beziehung zu ei
ner Landschaft, einem Schreibtisch
stuhl von meinem Vater, einem Leh
rer, zu Vater und Mutter, Schwester und Bruder, zu meiner Frau und meinen Kindern, zu jedem meiner Patienten. Erlebend in der Welt zu sein, heißt zur erlebten Welt in Be
ziehung sein. So wie keine Antwort auf eine Frage auch eine Antwort ist, weil man nicht kommunizieren kann (Watzlawick), so lebt man im
mer in Beziehung zur erlebten Welt.
Einen fhichtbaren Weg zur Analy
se zwischenmenschlicher Bezie
hung bietet die Theorie des systemi
schen Denkens und das Situations
lareismodell. Beziehung entsteht nach Wahrnehmung durch Bedeu
tungserteilung und Bedeutungsver
wertung. Diese zirkulären Wirksam- mb keiten in der zwischen
menschlichen Inter
aktion gestalten Wert
setzung, Motivation und Handeln und be
stimmen so das Verhält
nis von menschlichen untereinander. Ein Mensch, ein Paar, eine Familie, eine Dorfgemeinschaft oder eine Staaten
gemeinschaft bestimmen ihre Bezie
hungen innerhalb der Systeme und Subsysteme sowie der Systeme un
tereinander durch Bedeutungsertei
lung und Bedeutungsverwertung.
Dies wäre somit das bestimmende Merkmal allen Verhaltens, Wirkens, Bewirkens und jeder Beziehung.
Die Offenheit eines Systems be
stimmt seine Wandlungsfähigkeit.
Der Mensch ist von seiner Geburt bis zur Vergreisung ein offenes, irritier
bares und wandlungsfähiges Sy
stem. Prägungen, Erfahrungen und Erlebnisse auf körperlicher, see
lischer und geistiger Ebene sind ei
ne lebenslange Quelle für Bedeu
tungserteilungen und -Verwertun
gen und schaffen so die individuel
len Wirklichkeiten.
Die ärztliche Kunst besteht im we
sentlichen darin, die individuelle Wirklichkeit des Patienten auf kör
perlicher, seelischer, geistiger und sozialer Ebene zu erkennen, sich die eigene ärztliche Wirklichkeit be
wußt zu machen und gemeinsam mit dem Patienten ein Handlungs
konzept zu entwerfen, welches bei
den Wirklichkeiten gerecht wird.
Welche spezifische Qualitäten sind in der Praxis gefordert?
Die hausärztliche Arzt-Patienten- Betreuung unterscheidet sich in ei
nem gewissen Grade von der Tätig
keit des ambulant arbeitenden Spe
zialisten, so daß sich die Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkei
ten der Beziehungsart und -Struktur in beiden Gruppen stellt.
■ Kann man für die Auftragsleistung der Gebietsärzte von einer in der Regel begrenzten, zielorientier
ten, befristeten Beziehung spre
chen, so erwartet der hausärzt
liche Patient eine unbefristete, personenorientierte, tragfahige
P. Helmich
und belastbare Beziehung zum Arzt.
Hausärztliche Tätigkeit ist defi
niert als Langzeitbetreuung mit primärer Zuständigkeit für alle Fragen zu Gesundheit und Krank
heit. Die spezialärztliche Praxis er
bringt dagegen im Regelfall geziel
te Auftragsleistungen.
■ Der Hausarzt soll eine langdauernde, stabile Beziehung zum Patienten schaffen
Je weniger ein ambulanter Arzt
besuch durch einen definierten Auf trag bestimmt ist, um so mehr Be- ziehungsfahigkeit ist beim Arzt er
forderlich. Selten äußert der Patient seine »wahre« Situation: Schmerzen, Leiden, Ängste, Sorgen, ungewöhn
liche Körperwahrnehmungen ha
ben zum Arztbesuch geführt. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient bestimmt den Informations
fluß und die Qualität der »Gesamt-
Z. Allg. Med. 1997; 73:191-194. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1997
192
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT
‘ >r>■
25jährige Patientin mit Herz
schmerz - ein ȟblicher Kurzzeit
kontakt«
Der angemessen aus-, weiter- und fort- gebildete Hausarzt kann während eines üblichen Kurzzeitkontaktes durch ge
zielte Fragen und gezielte klinische Un
tersuchung eine Arbeitsdiagnose bei ei
ner 25jährigen Patientin erarbeiten, die über Herzschmerzen klagt. Er wird zu
nächst die Leitsymptome abfragen, die bei einer organischen Erkrankung Herz
schmerzen auslösen, und das Herz aus
kultieren. Erwird die Patientin als Person wahrnehmen und ihre emotionalen Bot
schaften wie seine eigenen Gefühle re
gistrieren. Beobachtet der Arzt während der körperlichen Untersuchung Zeichen der Angst, kann die somatische Ebene si
multan psychotherapeutisch erweitert werden durch ein kurzes Innehalten mit den fragenden Worten;
»Ich meine. Sie haben Angst - fürchten Sie eine schlimme Diagnose?«
»Ja, mein Vater ist vor sechs Wochen mit Herzschmerzen ins Krankenhaus ge
kommen und war nach zwei Tagen tot.«
»jetzt kann ich Ihre Angst gut verste
hen.«
Bei fehlenden Symptomen für eine kör
perliche Ursache der Herzschmerzen ist bei dieser 25jährigen, sonst gesunden Patientin die psychosoziale Ätiologie ih
res Herzschmerzes mit ausreichender Sicherheit zu unterstellen, eine weitere Diagnostik zunächst nicht indiziert und wäre nur Ausdruck ärztlicher Inkom
petenz im psychosozialen Bereich.
Die hausärztliche Beziehung ermöglicht ein Gespräch über die Tochter-Vater-Be
ziehung der Patientin, die Bedeutung von Vater und Mutter in der Kindheit wie über ihre aktuelle Lebenssituation, nicht im Sinne einer fachtherapeutischen »Sit
zung«, sondern während eines 15-20- minütigen Sprechstundenkontaktes.
Diagnose« (Michael Bahnt). Non- Compliance ist die heimliche Ver
weigerung des Patienten, der im Sprechzimmer keine Chance hatte, nein zu sagen und dessen Wirklich
keit nicht angemessen zum Tragen kam.
1st es heute nur der juckende Fuß
pilz, der in die Praxis führte, oder soll mittels »Präsentiersymptom«
die Angst vor Krebs, AIDS, Part
neruntreue oder finanzielle Not an
gesprochen werden? Es bedarf lang
jähriger Übung und Erfahrung, um
in der Praxisroutine und bei meist kurzen Kontaktzeiten sich an den Bedürfnissen und der aktuellen Pa
tientenwirklichkeit zu orientieren.
Ärztliche Kunst ist, dem Herz
schmerz seine jeweils angemessene Bedeutung und Deutung zukom
men zu lassen.
Haben Ärzte eine angemesse
ne Beziehungskompetenz?
Es wird immer wieder betont, wie Erfolg und Mißerfolg ärztlichen Handelns wesentlich von der Arzt- Patienten-Beziehung abhängen. Da
mit wird vom Arzt eine Beziehungs
fähigkeit im Umgang mit seinen Pa
tienten erwartet. Fähigkeiten sind in aller Regel das Ergebnis von Lernen und Üben; wo und wann lernen und üben der angehende Arzt und die angehende Ärztin in Aus-, Wei
ter- und Fortbildung eine all
gemeine wie eine spezifische ärztliche Beziehungsfähig
keit?
Leider ist die Frage rheto- "
risch - auf seinem Weg zum selbständigen, eigenverant
wortlichen, weitergebildeten Arzt in Klinik und Praxis bleibt es dem Zufall bzw. der Eigeninitiative überlassen, was hier an Wissen und Fähigkeit erarbeitet wird. Nicht eine Pflichtveranstal
tung des Curriculums gibt den Stu
dierenden die Chance, Aufbau, Ge
staltung und Reflektion einer (sei
ner künftigen) Arzt-Patient-Bezie- hung unter Supervision eines erfah
renen Lehrers zu üben. Aus-, Weiter
und Fortbildung verkennen völlig die Bedeutung der Beziehungsfähig
keit für den ärztlichen Beruf Die traditionelle Krankheitslehre, das Wissen um diagnostische und therapeutische Strategien sind not
wendige Voraussetzungen und Hil
fen für erfolgreiches ärztliches Han
deln. Aber: Ein SOjähriger Patient mit 30kg Übergewicht, Cholesterin
werten über 400mg% und Blutdruck
werten um 200/120 RR könnte durch ein computergesteuertes Experten
system nach dem Stand des Wissens einen Diagnose- und Therapieplan
ausgedruckt bekommen, der sowohl aufgrund der eingegebenen Daten individualisiert wie nach dem Stand des Wissens optimiert ist.
Das Wissen von Didaktik, Lern- und Verhaltenswissenschaften und Psychologie, welches den medizi
nischen Therapieplan »patienten- ffeundlich« gestaltet hat, vermag ei
nes jedoch nicht; Auf eine individu
ell vorgegebene Patientenwirklich
keit eine individuelle Antwort zu ge
ben, welche die emotionalen Bot
schaften des Patienten während des Praxiskontaktes angemessen auf
IST DOCH ALLES GANZ LEICHT LU VERSTEHEN ‘
greift und seine aktuelle Mit- teilungs-, Leidens- und Autonomie
fähigkeit in das Interaktionsgesche
hen als gestaltendes Element einflie
ßen läßt.
Die erwartete und zu fordernde ärztliche Kompetenz ist einerseits Sachkompetenz, andererseits Kom
munikationskompetenz. Das Praxis
beispiel (Kasten 2) illustriert die Not
wendigkeit der Verflechtung von Wissen hinsichtlich Krankheitsleh
re und Psychologie mit Kompetenz in Kommunikation und Beziehung.
Die Beziehungsfähigkeit des Arz
tes hat auch während der kurzen Phase des Erarbeitens von Diagnose- und Therapieplan ihre Bedeutung, dagegen prägt sie entscheidend den Heilerfolg während der oft langen Dauer der Gesundung. Ein Qualitäts
merkmal ärztlichen Handelns, ein bestimmendes Merkmal für den ärztlichen Beruf überhaupt, ist so
mit die Interaktions- bzw. Kom-
193
Übersicht
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT
Der Patient ist beim Arzt mehr als nur ein Kunde
Sie meinem Mann doch er soll weniger trinken!«
Die SOjährige Ehefrau des Architekten i jxt während der lebhaften Montags- spiiichstunde an:»... Herr Doktor, mein t’s'ian-' kommt gleich zu Ihnen, er hat ei- r.t Crippe. Sagen Sie dem doch bitte äTfSs er solle nicht so viel trinken! Das immer schlimmer! Aber Herr Dok- io!, sagen Sie bloß nicht, daß ich ange- r.ilen und was gesagt habe. Dann ist hier die Höüe los...!«
Wk: r eagiere ich als Hausarzt auf das An- i'ogen der Patientin? Wie finde ich Zu
gang zum Architekten, damiter Hilfe bei seinen Problemen bei mir sucht und niriht beim Alkohol? Wie thematisiere i-^ h die Paarbeziehung der beiden, um gieichzeitig neben den Individualbezie- huogen zu ihr und ihm eine therapeuti
sche Beziehung zu dem Paar aufzubau- eri? Bei Psychotherapeuten ist solche Si
tuation unüblich, nach manchen Schu
len sogar verboten: bei Hausärzten, die einer »integrierten Medizin« verpflichtet sind, ist es eine notwendige Kunst.
munikationskompetenz, die ihrer
seits das Niveau der Beziehungs
fähigkeit festlegen.
Die Kommunikation und Bezie
hung zwischen Arzt und Patient ist vom Rollen- und Selbstverständnis der Ärzte und Patienten wesentlich bestimmt. Ist schon im Geschäft der Kunde »König«, so sollte jeder Pa
tient beim Arzt »Kaiser«
sein: er ist mehr als Kunde, der Arzt mehr als Leistungserbringer.
Selbstverständlich hat mm die Arzt-Patienten-Be-
ziehung auch einen ge
schäftlichen, finanziellen Aspekt, dessen Bedeutung heute jedoch ein unangemessenes Ausmaß angenom
men hat. Der Patient ist verunsi
chert, weil er nicht mehr abschätzen kann, was zu seinem und was zu des Arztes Wohl geschieht.
Wer sich mir im Sprechzimmer mit seinen Ängsten, Sorgen, Leiden, körperlichen und seelischen Qualen anvertraut, mit seiner Nacktheit ei
ne Nähe zuläßt wie sonst nur bei auserwählten Menschen, der schenkt mir etwas, was jenseits un
serer geschäftlichen Vereinbarung liegt - dieses Wissen sollte sich die Ärzteschaft bewußt machen!
Helfer und Hilfsbedürftiger - ein überholtes Konzept?!
Im traditionellen Weltbild ist der Arzt der Gesunde, versteht sich der Patient als der Kranke; der eine ist der Wissende, der andere der Unwis
sende, der Arzt der Helfer, der Pa
tient der Hilfsbedürftige. Der Arzt handelt zum Wohle des Patienten, er weiß, was diesem Wohl nützlich und nicht nützlich ist. Solches pater- nalistische Selbstverständnis ver
stößt nicht nur formal gegen den Grundsatz der Patientenautonomie, es führt auch selten zum Ziel, denn viele Patienten werden so heute nicht mehr erreicht.
Unsere Patienten wissen und füh
len selbst am besten, was ihrem Wohl dient; deshalb sollten wir nach gründlicher Information über Nut
zen und Risiken einer geplanten ÄRZTE BEDARF MODERNE PRAXIS-
EINRICHTUNGEN
Maßnahme ihre persönlichen Präfe
renzen im partnerschaftlichen Ge
spräch mit ihnen zu eruieren su
chen. In der geglückten Arzt-Patien- ten-Beziehung wird gemeinsam die aktuelle Autonomiefahigkeit des Pa
tienten ausgelotet, in gemeinsamer Verantwortung ein Handlungskon
zept erarbeitet.
Ungerechtfertigte Reste paternali- stischen Denkens finden sich auch im modernen Medizinbetrieb und Gesundheitssystem. Eine mißver
standene - oft auch mißbrauchte - Fürsorglichkeit der Solidargemein- schaft führt vielfach zu Fremdhilfe und Fremdbestimmung des Kran
ken. Für Handeln, das die Auto
nomie fördert, wird der Arzt durch das Honorarsystem bestraft; der Pa
tient verlernt immer mehr, in eige
ner Verantwortung für seine Ge
sundheit selbst zu sorgen.
Einflußfaktoren auf die Arzt-Patienten-Beziehung Um die Arzt-Patienten-Beziehung zu verbessern, wollen wir über häu
fige Einflußfaktoren reflektieren.
Hier rückt ins Blickfeld, wer und was an der Beziehungsgestaltung betei
ligt sind;
■ Der Arzt und sein Umfeld (Persön
lichkeit, Lebensgeschichte, Werte
hierarchie, Berufserfahrung, wis
senschaftliche Paradigmen, Indu
striemarketing).
■ Der Patient und sein Umfeld (Per
sönlichkeit, Erkrankung, Werte
hierarchie, Lebensgeschichte, An
gehörige, soziales Umfeld, Me
dien).
■ Die rechtlichen und kassenärzt
lichen Rahmenbedingungen wie die ökonomischen Interessen der Beteiligten.
Beziehungsfahigkeit wird geför
dert durch;
■ Ärztliche Selbstwahrnehmung während des Arzt-Patienten-Kon- taktes.
■ Wohlwollen, das auf Verstehen und Annehmen gründet.
■ Ehrliches Interesse an der Person und deren Problemen.
■ Schulenübergreifende psychothe
rapeutische Basis-Kompetenz, besser: Menschenkunde.
■ Begrenzung der funktionalen Asymmetrie zugunsten einer per
sonalen. Symmetrie im Sinne ei
ner Überwindung des ärztlichen Paternalismus.
■ Ärztliche Selbstwahrnehmung ist erforderlich von der Begrüßung bis zur Verabschiedung:
194
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT
■ Wie sympathisch bist Du mir?
■ Wie fühle ich mich mit Dir?
■ Was sind Deine Probleme - für Dich? - für mich?
■ Wie würde ich diese Probleme lö
sen?
■ Wie könntest Du diese Probleme lösen?
■ Was ist mein Anteil an deiner Pro
blemlösung?
Die Beziehungsfähigkeit des Arz
tes sollte ihm eine gezielte Reaktion auf den individuellen Patienten an einem bestimmten Tag erlauben:
■ im Informations stand.
■ in Deutung von Gesundsein und Kranksein (Krankheitskonzept).
■ in seiner aktuellen Hilfsbedürftig
keit mit Wunsch und Notwendig
keit.
■ zur Fremdhilfe in seiner aktuellen Fähigkeit zu Autonomie und zu Mitverantwortung.
Die Beziehungsfahigkeit des Arztes zeigt sich darin, wie er die Wirklich
keit des Patienten auf der körper
lichen, seelischen und sozialen Ebe
ne wahrnimmt, wie er die vom Pa
tienten erlebten Probleme im Sinne und zum Wohle des Patienten ge
wichtet und ein Angebot von Deu
tungsmöglichkeiten für die Gesamt-
Prof. Dr. Peter Helmich Komm. Direktor der Abteilung Allgemeinmedizin
Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf Persönliche Daten
1930 in Brüggen/Niederrhein geboren; Studium in Würzburg, Berlin, München.
Beruflicher Werdegang
1962 Übernahme der väterlichen Landpraxis Fachver
treter der universitären Allgemeinmedizin der Hei
nrich-Heine-Universität Düsseldorf seit 1977.
Arbeitsschwerpunkte
Das biopsychosoziale Betreuungskonzept, Qualitäts
sicherung in der Allgemeinmedizin: Lehrqualität.
Was macht es so schwer, Bezieh
ungen aus der Sicht der Beteiligten erfolgreich zu gestalten?
Auf diese schwierige Frage möchte ich meine Antwort anbieten:
■ Wir halten die eigene Wahrheit für ei
ne objektive Wahrheit und die der nicht Zustimmenden für einen Irr
tum.
■ Wir müssen oft recht behalten, weil wir ein leicht irritierbares Selbstwert
gefühl haben.
■ Wirsind häufig unnötig unsicher, weil wir uns bedroht fühlen, ohne es zu sein.
■ Wir wollen unnötig Macht haben, weil wir uns irrtümlich bedroht füh
len.
Wir erleben uns ungeliebt, weil und wenn wir uns nicht selber lieben.
Situation anbietet, die zu einer ge
meinsam getragenen Entscheidung führen. Es gilt also, gemeinsam die Patienten-Wahrheit für diesen Tag zu erarbeiten, eine für den Patienten stimmige Problemlösungsstrategie aus den offen diskutierten Optionen mit unterschiedlichen Risiken, Chan
cen, Vor- und Nachteilen zu finden.
OSMIL
Zusammensetzung:
Arzneilich wirksame Bestandteile: 1 weiße Filmtablette enthält: 2 mg Estradiol, 1 blaue Filmtablette enthält: 2 mg Estradiol und 5 mg Medroxyprogesteronacetat. Sonstige Bestandteile: 1 weiße bzw. 1 blaue Filmtablette enthalten: Crospovidon, Lactose, MacrogofMagnesiumstearat,
Methylhydroxypropylcellulose, Polyvidon, Talkum, Farbstoff E 171; zusätzlich enthält die blaue Filmtablette den Farbstoff E 132.
Anwendungsgebiete:
Vorbeugung und Verzögerung eines östrogenmangelbedingten Knochengewebs- schwundes (Osteoporose) begleitend zu calciumreicher Diät und Bewegung.
Substitution bei Östrogenmangel (z.B. Beschwerden der Wechseljahre).
Gegenanzeigen:
L'berempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe; Venenentzündung; wiederholte Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel;
schwere Herz-, Nieren- oder Leber
erkrankungen; Gelbsucht; Schwerhörigkeit mit Verschlechterung in einer
vorausgegangenen Schwangerschaft, ungeklärte Genitalblutungen, Vorhandensein oder Verdacht auf östrogenabhängige bösartige Tlimore. Nur nach strenger Indikationsstellung bei Epilepsie, Migräne, Zuckerkrankheit, Asthma, Ilerzstörungen, multipler Sklerose, anfallartigen Krämpfen, Störungen bei der Biosynthese des Blutfarbstoffs, thromboembolischen Erkrankungen. Nicht während Schwanger
schaft oder Stillzeit anwenden.
Nebenwirkungen:
Durchbruchsblutungen, Fehlen oder Ausbleiben der Regelblutung, Magen-Darm- Beschwerden, allergische Reaktionen, Kopfschmerzen, Nervosität, Schwindelgefühl, Depression, Akne, vorübergehende Übelkeit, Beeinflussung des Körpergewichts, Blutdruckanstieg, Brustspannen, Empfindlichkeit der Brustwarzen, extrazelluläre Wassereinlagerung. Durch Gestagen-Gabe in einigen Fällen verminderte Glukosetoleranz. Evtl, leicht erhöhtes Brustkrebsrisiko bei höheren Östrogengaben über mehr als 10 Jahre.
Hinweis:
OSMIL kann nicht als Mittel zur Schwangerschaftsverhütung eingesetzt werden.
Verschreibungspß ichtig.
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Fach- oder Gebrauchsinformation.
Stand bei Drucklegung Dezember 1996 SANDOZ AG, 90427 Nürnberg
A SAHDOZ
rmonsubstitution:
mg Estradiol mit nur 5 mg MPA sec|uentiell kombiniert
im 28-Tage-Rhythmus
ixyprogesteronacetat
OSMIL
Pcitient
SSSVWE'-l«
— *'^®?A'sn6
10.000/20.000 VvMiötoif! PjvwTsatin
SERV/Cf f^*HK
Zusammensetzung: 1 Kapsel (mit magensaft- resistenten Mikrotabletten) Ozym 10.000 enthält 150,15mg Pankreatine Schweinepankreas entspr, Lipase 10000 FIP-Einheiten, Amylase 9000 FIP-Einheiten, Protease 500 FIP-Einheiten; 1 Kapsel (mit ff gensaftresistenten Mikrotabletten) Ozym 20.000 enthält 300,30 mg Pankreatin aus Schweinepankreas entspr. Lipase 20000 FIP-Einheiten, Am/
se 18000 FIP-Einheiten, Protease 1000 FIP-Einheiten. Weitere Bestandteile: Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Croscormellose-Natrium, hydrieff Ricinusöl, mikrokristalline Cellulose, Dimethicon, Methacrylsäurecopolymer, Talkum, Triethylcitrat, Gelatine. Anwendungsgebiete: Störungen der exokriff Pankreasfunktion, die mit einer Maldigestion einhergehen. Gegenanzeigen: Absolute Gegenanzeigen sind nicht bekannt. Bei akuter Pankreatitis und akutem Schub einer chronischen Pankreatitis während der florid Erkrankungsphase sollte Pankreatin nicht angewendet werden. In der Abklingphase während des diätetischen Aufbaus ist jedoch gelegentlich die Gabe von Pankreatin bei Hinweisen auf noch oder weiterhin bestehen Insuffizienz sinnvoll. Besondere Vorsichtshinweise für den Gebrauch: Intestinale Obstruktionen sind bekannte Komplikationen bei Patienten mit Mukoviszidose. Bei Vorliegen einer ileusähnlichen Symptomatik sollte daher au die Möglichkeit von Darmstrikturen in Betracht gezogen werden. Nebenwirkungen: In Einzelfällen sind allergische Reaktionen vom Soforttyp sowie allergische Reaktionen des akti
Verdauungstraktes nach Einnahme von Pankreatin beschrieben worden. Bei Patienten mit Mukoviszidose ist in Einzelfällen nach Gabe hoher Dosen von Pankreatin die Bildung von Strikturen der lleozökalregion und des Colon ascendens beschrieben. Darreichungsformen, Packungsgrößen und Preise: Ozym 10.000: OP mit 50 Kapseln NI DM 19,70; OP mit 100 Kapseln N2 DM 35,70; OP mit 200 Kapseln N3 DM 63,85. Ozym 20.000: OP mit 50 Kapseln NI DM 34,50; OP mit 100 Kasein N2 DM 63,30; OP mit
'Trommsdorff GmbH 4 C»
Arzneimittel ■ 52475 Alsdo
200 Kapseln N3 DM 115,45. Anstaltspackungen. Stand der Information: August 1996
i
197
SCHWERPUNKT ARZT UND PATIENT
Übersicht
Ambulante und stationäre Behandlung
Das Gemeinsame und Spezifische in der Arzt-Patienten-Beziehung
Christoph Schmeling-Kludas
Eine Vorbemerkung
Wie Helmich in seinem Beitrag zum Schwerpunkt
thema »Arzt-Patienten-Beziehung« (siehe S. 191) be
reits dargelegt hat, hängen die Behandlungserfol
ge eines Arztes nicht nur von seinen naturwissen
schaftlichen Kenntnissen und seiner medizinisch
fachlichen Kompetenz ab, sondern auch von der Qualität derjeweiligenArzt-Patient-Beziehung. Die
se Beziehung ist ein Kreisprozeß, in dem Arzt und Patientständigverbale und nonverbale Nachrichten austauschen (6). Der Arzt kann diesen Prozeß dia
gnostisch nutzen, indem er über das Abfragen be
stimmter Symptome, Vorbehandlungen usw. hin
aus auch das subjektive Erleben des Patienten und seinen Weg der Beziehungsaufnahme zu verstehen versucht. Die Art, wie der Arzt diese Beziehung ge
staltet, modifiziert ferner die Wirksamkeit medizi
nischer Maßnahmen zum einen unmittelbar, wie man am Plazeboeffekt sehen kann (5), zum ande
ren wirkt sie sich über eine Beeinflussung der Krank
heitsverarbeitung und der Compliance der Patien
ten indirekt auf die Behandlungsresultate aus.
jeder Arzt, der eine qualitativ hochwertige medizi
nische Behandlung verwirklichen will, muß sich von daher fragen, ob es ihm gelungen ist, Zutritt zu der subjektiven Wirklichkeit des Kranken zu bekommen und ob seine Beziehung zu ihm eine positive oderei
ne negative therapeutische Funktion hat. Er muß al
so nicht nur sein Gegenüber, sondern auch die Arzt- Patient-Beziehung als Ganzes im Blick haben (6).
Vor diesem Hintergrund wird im folgenden das Ge
meinsame und das Spezifische in der Arzt-Patien
ten-Beziehung in ambulanter und stationärer Be
handlung betrachtet.
Gemeinsamkeiten von Klinik und Praxis
Patienten. Es wird oft übersehen, daß es nicht allein Krankheiten oder Beschwerden sind, die die Inan
spruchnahme medizinischer Hilfe auslösen: Einerseits begeben sich viele Menschen, die krank sind oder Beschwerden haben, nicht zum Arzt. Andererseits haben viele, die
den Arzt aufsuchen, keine Erkran
kung. Wieder andere Menschen be
geben sich in die falsche bzw. spät in die richtige Behandlung. Ent
scheidend sind u. a. individuelle Ein
stellungen und Erwartungen gegen
über dem Gesundheitssystem, kul
turelle Faktoren und psychologische Personenmerkmale bzw. Störungen (1). Sieht man von akut lebens
bedrohlichen Ereignissen wie einem schweren Verkehrsunfall ab, so ist auf Patientenseite offenbar von An
fang an die »individuelle Wirklich
keit« dafür mit ausschlaggebend, ob es überhaupt zu einer Arzt-Patient- Beziehung kommt. Wenn diese Ent
scheidung getroffen wird, verbin
den die meisten Patienten in Praxis und Klinik damit den Wunsch
■ nach Hilfe bzw.
■ nach kompetenter medizinischer Behandlung sowie
■ nach Zuwendung und
■ emotionaler Entlastung.
Darüber hinaus gibt es die Grund
bedürfnisse
■ nach Vertrautheit,
■ nach Aufklärung und
■ nach Anerkennung als ganze und verantwortliche Person (2, 6).
Die zentrale Bedeutung der Arzt- Patienten-Beziehung zeigte sich auch in zahlreichen Studien zur Krankheitsbewältigung bei chro
nischen Gesundheitsstörungen: Aus Sicht der Kranken spielten Vertrau
enssetzungen in die Ärzte und Be
mühungen, deren Rat zu befolgen, im ambulanten wie im stationären Setting jeweils eine herausragende
Rolle für die Krankheitsverarbei
tung (3). Dabei bringt jeder Patient seine persönliche Geschichte in die Arzt-Patient-Beziehung mit ein: er
»überträgt« frühere Erfahrungen mit wichtigen Bezugspersonen auf den behandelnden Arzt, der aus die
ser Übertragung wiederum Rück
schlüsse ziehen kann, welche Be
deutung frühere Beziehungserfah
rungen des Kranken für dessen ak
tuelles Erleben haben.
Ärzte. Eine Gemeinsamkeit auf sei
ten der Ärzte, die in Praxis oder Kli
nik tätig sind, besteht darin, daß die Entscheidung zum Medizin-Studium in aller Regel mit der Motivation ver
knüpft war, zu heilen und Menschen zu helfen. Im Laufe der ärztlichen Ausbildung erfolgt dann eine Sozia
lisation, bei der fachliche Interessen an Gewicht gewinnen, das Erlernen von »Beziehungsmedizin« hingegen praktisch vollständig fehlt. Im Be
rufsalltag sieht sich dann der nieder
gelassene wie der Krankenhausarzt, insbesondere bei der Betreuung chronisch Kranker, oft
genug Patienten gegen-
Medizin stu-
über. bei denen Heilunggar nicht möglich ist Zu- 3,,^^ j gleich gehen die Erwar-
tungen der Kranken weit über die Durchfüh
rung spezifischer medizinischer Ein
griffe hinaus und erstrecken sich ausdrücklich auch darauf, daß der Arzt ihnen eine Beziehung von Per
son zu Person anbietet. Das Erschei
nen des Patienten in Praxis oder Kli
nik, seine Erkrankung und seine von der individuellen Entwicklung ge
prägten Wünsche an den Arzt lösen bei diesem unvermeidlich eigene Ge-
Z. Allg. Med. 1997; 73:197-202. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1997