Ernährungsberatung zu ausgewählten Erkrankungen
K r i s t i n P o s e r ( D i ä t a s s i s t e n t i n )
s t e l l v. L e i t u n g E r n ä h r u n g s t e a m U n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m L e i p z i g
LEKuP 2019
Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis
• Überarbeitung des Rationalisierungsschemas 2004
• Wiederherstellung von Gesundheit und Wiedererlangen des Handlungsvermögens von Patienten
• konsensbasierter Leitfaden für Ernährungstherapie, auf Grundlage evidenzbasierter Leitlinien
• Empfehlungen sind indikationsbezogen
• Basierend:
Kapitel | Titel der Veranstaltung 3
Leichte Vollkost
Unverträglichkeit Häufigkeit in % Unverträglichkeit Häufigkeit in %
Hülsenfrüchte 30,1 Mayonnaise 11,8
Gurkensalat 28,6 Kartoffelsalat 11,4
Frittierte Speisen 22,4 Geräuchertes 10,7
Weißkohl 20,2 Eisbein 9,0
Kohlensäurehaltige Getränke 20,1 Zu stark gewürzte Speisen 7,7
Grünkohl 18,1 Zu heiße und zu kalte Speisen 7,6
Fette Speisen 17,2 Süßigkeiten 7,6
Paprikagemüse 16,8 Wein 7,6
Sauerkraut 15,8 Rohes Stein- und Kernobst 7,3
Rotkraut 15,8 Nüsse 7,1
Süße und fette Backwaren 15,8 Sahne 6,8
Zwiebeln 15,8 Paniertes Gebratenes 6,8
Wirsing 15,6 Pilze 6,1
Pommes frites 15,3 Rotwein 6,1
Hartgekochte Eier 14,7 Lauch 5,9
Frisches Brot 13,6 Spirituosen 5,8
Bohnenkaffee 12,5 Birnen 5,6
Kohlsalat 12,1 Vollkornbrot 4,8
(Quelle: Rationalisierungsschema 2004)
Leichte Vollkost
Die Leichte Vollkost ist eine Kostform, die von Ernährungsexperten auch für den gesunden Menschen empfohlen wird. Sie erfüllt folgendes:
• deckt den Bedarf an allen lebensnotwendigen Nährstoffen
• geht auf den individuellen Energiebedarf ein
• orientiert sich an anerkannten ernährungsmedizinischen Erkenntnissen
• entspricht in ihrer Zusammensetzung weitgehend landesüblichen Ernährungsgewohnheiten
Kapitel | Titel der Veranstaltung 5
(ehemals Leichte Vollkos)
Angepasste Vollkost bei unspezifischen Unverträglichkeiten und gastrointestinalen
Erkrankungen!
Einflussfaktoren auf die Bekömmlichkeit
Verzehrsgeschwindigkeit:
„Gut gekaut ist halb verdaut!“
Diese Volksweisheit gilt für Magen-Darm-operierte in besonderer Weise.
Hastig hinunter geschlungene Bissen müssen erst mühsam „aufgeschlossen“
werden.
Gicht
Kapitel | Titel der Veranstaltung 7
Empfehlungen zur Ernährung bei erhöhter Harnsäure bzw. Gicht
Bei leicht erhöhtem Harnsäurespiegel (unter 8 - 8,5mg/dl) kann alleine durch Ernährungsumstellung eine Normalisierung erreicht werden
Kapitel | Titel der Veranstaltung 9
Empfehlungen zur Ernährung bei erhöhter Harnsäure bzw. Gicht
1) Körpergewicht senken!
Bei mäßig erhöhten Harnsäurespiegeln normalisiert sich der Wert oft schon durch eine Gewichtsabnahme.
Empfehlungen zur Ernährung bei erhöhter Harnsäure bzw. Gicht
2) auf den Puringehalt in Lebensmitteln achten besonders Purinreich:
• Innereien, Fleisch, Wurst und
• bestimmte Fischarten, auch Krustentiere
• 125 - 150mg Purine entsprechen 300mg Harnsäure
Aufnahme: max. 500 mg Harnsäure/ Tag bzw. 3000 mg/ Woche
Kapitel | Titel der Veranstaltung 11
Empfehlungen zur Ernährung bei erhöhter Harnsäure bzw. Gicht
2) auf den Puringehalt in Lebensmitteln achten
• kleine Fleisch - und Wurstportionen (max. 100 g Fleisch oder Wurst/Tag)
Was wiegt eine Scheibe Wurst??
• „ 5 am Tag“, CAVE: schnellwachsende Gemüsesorten (grüne Bohnen, Blumenkohl, Brokkoli, Hülsenfrüchte und Spinat)
Empfehlungen zur Ernährung bei erhöhter Harnsäure bzw. Gicht
3) Trinken Sie reichlich
Alkoholkonsum einschränken
mindestens 2l täglich trinken (energiearme Getränke)
• Je mehr Harn die Nieren bilden, umso niedriger ist die Harnsäurekonzentration im Urin
• Vorsicht bei alkoholischen Getränken. Alkohol fördert die Harnsäurebildung und hemmt die Harnsäureausscheidung der Nieren
• Die in Kaffee, Kakao und schwarzen Tee enthaltenen Purine brauchen nicht berücksichtigen zu werden, da diese nicht zu Harnsäure abgebaut werden
CED
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Kapitel | Titel der Veranstaltung 13
CED
Unterscheidung und Behandlung nach:
• Lokalisation und Ausdehnung/ Tiefe der Entzündung
• Phase der Entzündung
• Symptomen
Ziel:
• Remission erhalten
• Akuten Schub lindern
• Mikro- und Makronährstoffversorgung gewährleisten
Kapitel | Titel der Veranstaltung 15
CED
Remissionsphase = ausgewogene Ernährung
• Datenlage schwach
„Mittelmeer-Kost“
Gewicht stabilisieren
Testen was gut tut
Colitis Ulcerosa (Prä- und Probiotikaeinsatz)
Nähstoffspeicher auffüllen
– Kalzium, Magnesium, Kalium, Eisen, Vit. D, Zink, Folsäure, fettl.- Vitamine, Vit. B12)
Akuter Entzündungsschub
• Keine pauschalen Ernährungsvorschriften
Beschwerden lindern und gering halten
fett-, reiz- und ballaststoffarm
S3-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Gastroenterologie – Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Stand: 2014
CED
Forschungsgegenstand/ Komplementär
– Curcumin (Aktualisierte S3-Leitlinie Colitis ulcerosa August 2019)
– Myrrhe
– Kamillenblütenextrakt
PKU
Phenylketonurie
Kapitel | Titel der Veranstaltung 17
Behandlung
Ziel:
keine Beeinträchtigungen für Betroffene
auch in Hinblick auf persönliche, intellektuelle und soziale Entwicklung Phe-Werte (nicht betroffen):
• Neugeborene bis 1 Monat: bis 2,5 mg/dl
• Säuglinge bis 1 Jahr: bis 2 mg/dl
• Kleinkinder 2 bis 6 Jahre: bis 2,5 mg/dl
• Schulkinder 7 bis 14 Jahre: bis 3 mg/dl
• Erwachsene: bis 4 mg/dl
Empfehlungen der APS für PKU –Betroffenen:
• 1. bis 10 LJ: 0,7 bis 4 mg/dl
• 11. bis 16. LJ: 0,7 bis 15 mg/dl
• > 16. LJ: < 20 mg/dl
Kapitel | Titel der Veranstaltung 19
Behandlungsabbruch
Negative Auswirkungen bei Diätabbruch
• Intelligenz
• Berufliche Ausbildung
• Soziale Entwicklung
• ...
Behandlung der PKU
Blutbestimmung als wichtiger Faktor, dennoch ganzheitliche Betrachtung und interdisziplinäre Behandlung
• Medizinischer Bereich
• Diätetischer Bereich
• Sozial-psychologischer Bereich
Kapitel | Titel der Veranstaltung 21
Diättherapie bei PKU
Einhaltung einer phyenylalaninarmen Diät
Regelmäßige Einnahme spezieller Aminosäuremischungen
Güte und Qualität einer Diättherapie haben einen großen Einfluss auf die Diätcomplaince der Patienten!
Diättherapie bei PKU
Individuelle Diätberatung der Betroffenen und der Angehörigen ist entscheidende Grundlage der Behandlung
•
kontinuierliche und differenzierte Ernährungsberatung,
•
Beratung nicht nur auf Anfrage
•
Berücksichtigung der lebensnotwendigen Makro- und Mikronährstoffe
•
regelmäßige Anpassung der Ernährung an die tatsächliche individuelle Bedürfnisse, v.a. auch bei schlechter
Phenylalaninspiegeleinstellung
Kapitel | Titel der Veranstaltung 23
Diättherapie bei PKU
mögliche Probleme
• Hohe Kosten für die Diätprodukte
• Einnahme der ASM
• Gesellschaftliche Ereignisse
• PKU - Diät nicht schmackhaft
• Psycho-soziale Belastung
• Verlust an Lebensqualität
Diättherapie bei PKU
lebenslange Diät
anhand von Lebensmittellisten tägliche Kost berechnen Erwachsene i.d.R. 450 und 1000 mg Phenylalanin/ Tag
CAVE: Süßstoff Aspartam (wird im Körper zu Phenylalanin abgebaut) drei Gruppen:
Hoher Phenylalaningehalt Niedriger Phenylalaningehalt
Kapitel | Titel der Veranstaltung 25
Diättherapie bei PKU
Hoher Phenylalaningehalt: Fleisch, Geflügel, Fisch und deren Produkte, Milch und Milchprodukte, Eier, Brot und Backwaren, Hülsenfrüchte, einschließlich Sojaprodukte
Niedriger Phenylalaningehalt: Obst, Gemüse, Nährmittel, Fruchtsäfte,
eiweißarme Spezialprodukte, wie Mehl, Brot, Teigwaren, Reis, Milch, Ei-Ersatz, Kekse
Phenylalaninfrei: Öle, milchfreie Margarinen, Zucker, einige Süßwaren (Wassereis, Traubenzuckerprodukte, einige Bonbons), Getränke wie Tee, Kaffee, Mineralwasser, Limonaden, außer Light-Limonaden (Aspartam)
Heilmittel der ambulanten Ernährungstherapie
Änderung der Heilmittelrichtlinie zum 01.01.2018 durch den G-BA
Gastrektomie
Kapitel | Titel der Veranstaltung 27
Diätetik nach Gastrektomie
viele kleine Mahlzeiten (6-8 oder mehr), statt 2-3 große erhöhten Energiebedarf beachten,
• d.h. ausreichende Energie und Nährstoffversorgung nicht zu den Mahlzeiten trinken, sondern dazwischen
• dann nicht mehr als eine Tasse oder ein Glas auf einmal
• stark kohlensäure- und zuckerhaltige Getränke meiden
Kapitel | Titel der Veranstaltung 29
Diätetik nach Gastrektomie
langsam essen und gründlich kauen schnell resorbierbare Kohlenhydrate
führt leicht zu einem Dumping Syndrom
komplexe Kohlenhydrate bevorzugen, möglichst in Form von ballaststoffreichen Lebensmitteln
nicht blähende Obst- und Gemüsesorten nutzen
Diätetik nach Gastrektomie
Beachtung: (temporäre Laktoseunverträglichkeit)
Gefahr von Steatorrhoe, probatorischer Einsatz von Verdauungsenzyme
• Enzymsubstitution: JA
• Kapsel ggf. öffnen… Warum?
• Einnahme während der Mahlzeit
Metabolische Chirurgie
Kapitel | Titel der Veranstaltung 31
Zeitlicher Ablauf des Kostaufbaus
1. Woche Flüssige Kost –
Püriert Kost
2. Woche
Pürierte Kost
3./4. Woche
Leichte Vollkost
Ab 4./5. Woche
Langzeit- ernährung
Verträglich- keit
Verträglich- keit
Verträglich- keit ja
ja
ja
nein nein
nein
Kapitel | Titel der Veranstaltung 33
Supplementation_Makro- & Mikronährstoffe
Stein J, Stier C, Raab H, Weiner R., Review article: The nutritional and pharmacological consequences of obesity surgery (Sept. 2014)
Supplementation_Makro- & Mikronährstoffe
Stein J, Stier C, Raab H, Weiner R., Review article: The nutritional and pharmacological consequences of obesity surgery (Sept. 2014)
Kapitel | Titel der Veranstaltung 35 Supplementation_Makro- & Mikronährstoffe
Stein J, Stier C, Raab H, Weiner R., Review article: The nutritional and pharmacological consequences of obesity surgery (Sept. 2014)
Xerostomie
Kapitel | Titel der Veranstaltung 37
Mundtrockenheit = Xerostomie
Mundtrockenheit ist ein sehr häufiges Symptom, Im Rahmen von Therapien/ Chemotherapien
Mundtrockenheit = Xerostomie
Regelmäßige Mund- und Zahnpflege
• V.a. bei Nahrungskarenz
Kapitel | Titel der Veranstaltung 39
regelmäßige Mund und Zahnpflege
Mundspülung mit Wasser oder Tee (Salbei trocknet aus), Dexpanthenol
Lieblingsgetränk (besser als gar keine Mundpflege)
Mundtrockenheit = Xerostomie
Lippen feucht halten (Dexpanthenol, Vaseline, Honig) Flüssigkeitszufuhr
Ernährung anpassen: keine harte, trockene Nahrung;
Öl macht Speisen gleitfähiger
Zucker macht Speichel zäh
Kapitel | Titel der Veranstaltung 41
Mundtrockenheit = Xerostomie
Lutschen: kleine Eiswürfel ( Wasser, Tee, Fruchtsäfte)
Kauen: Kaugummi, Gummibärchen, Dörrfrüchte Speichelfluß mit Saurem anregen
(Ahoj Brause, an einer Zitrone riechen, Zitronenöl auf ein Tuch geben)
Kleine Ananasstückchen auch gefroren
Mundtrockenheit = Xerostomie
Raumluftbefeuchtung
Sprühflaschen mit verschiedenen Flüssigkeiten anbieten
Übelkeit und Erbrechen
Kapitel | Titel der Veranstaltung 43
Übelkeit und Erbrechen
Schutzreflexe des Körpers, schädliche Stoffe, Giftstoffe, verdorbene Speisen werden erbrochen
Krankheits- und therapiebedingt, verlieren sich somit Schutz- und Warnfunktion Erfolgreiche Behandlung, erfordert Differenzierung der Symptome:
Krankenbeobachtung
Wissen um Krankheitszusammenhänge Medikamentöse Therapie
Differenzierung Übelkeit/ Erbrechen!!
Kapitel | Titel der Veranstaltung 45
Übelkeit und Erbrechen
Maßnahmen/ entspannende Faktoren
• ruhige, entspannte Umgebung schaffen
• Entspannungsübungen (z.B. Jacobsen)
• Geleitete Phantasiereise
• Entspannende Massagen
• Ablenkung durch Musik, Lesen, Malen, Gespräch, TV
• Musik-, Kunst- Atemtherapie
• Für frische Luft sorgen
• Wärmflasche anbieten
• Duftlampe anbieten (z.B. Nanaminze, Lavendelöl, Zitronenöl)
Übelkeit und Erbrechen
Maßnahmen/ entlastende Faktoren
• Mund öfters ausspülen
• Atemstimulierende Einreibung
• Nierenschale in Reichweite stellen, jedoch nicht ins direkte Blickfeld
• Bei gastrointestinaler Obstruktion:
Magensonde anbieten
an vorhandene PEG, Ablaufbeutel anschließen
Kapitel | Titel der Veranstaltung 47
Übelkeit und Erbrechen
Maßnahmen/ diätetisch
• keine Speisen im Zimmer stehen lassen
• Gerichtewunsch/ Lebensmittelwünsche
• süße, fette, stark riechende und gewürzte Speisen vermeiden
• Kartoffeln, Knäckebrot, Toast, Zwieback werden gut toleriert und vertragen
• Essversuch mit sauren Speisen (Apfel, Zitrone, Essiggurken, saure Bonbons)
• kalte Speisen werden häufig besser toleriert als warme
• genügend Flüssigkeit (gekühlte Getränke)
• Eiswürfel lutschen, im Mund zergehen lassen
Inappetenz
Kapitel | Titel der Veranstaltung 49
Inappetenz
Starke Essensgerüche vermeiden
Lieblingsspeisen der Bewohner/ Patienten herausfinden mundwarme Speisen anbieten
Lebensmittel mit wenig Eigengeschmack (Kompotte, Wassereis etc.) Speichelfluß mit Saurem anregen
gelbe/ rote Farben in der Umgebung beim Essen Kleine Obststückchen (auch gefroren)
beliebte Speisen vorrätig haben
Individuelle Hilfe unerlässlich…!
Ursachenorientierte Maßnahmen
• Kauprobleme
• Schluckbeschwerden
• Mobilitätseinschränkungen
• Einsamkeit
• Behandlungsursache
Anpassung des Speiseangebots
Zahnbehandlung, Schlucktraining
Einsatz von Hilfsmitteln
Kapitel | Titel der Veranstaltung 51