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Entstehung und Erhaltung einer Polynja im Weddellmeer 

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Academic year: 2022

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Entstehung und Erhaltung einer Polynja im Weddellmeer

Untersuchungen mit einem dynamisch- {

thermodynamischen Meereis-Deckschicht-Modell mit atmospharischer Kopplung

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Diplomarbeit Ralph Timmermann

Alfred-Wegener-Institut Universitat Bremen,

fur Fachbereich Physik / Elektrotechnik, Polar- und Meeresforschung,

Bremerhaven vorgelegt am 25. Juni 1996

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Ein dynamisch-thermodynamisches Meereis-Deckschicht-Modell fur die Regi- on des Weddellmeeres wird durch Einfuhrung eines einfachen, diagnostischen Atmospharenmodells um eine vollstandige Wechselwirkungsschleife Meereis - Atmosphare - Ozean erweitert. Die ozeanische Vertikalgeschwindigkeit wird in diesem Modell nach der Theorie des Ekman-Pumpens diagnostisch aus der Ro- tation der Windschubspannung bestimmt. In verschiedenen Simulationen wer- den die fur die Entstehung und Erhaltung einer Polynja wesentlichen Prozesse und Wechselwirkungen untersucht. Das Untersuchungsgebiet und die Randbe- dingungen orientieren sich an der 1974 bis 1976 im Sudpolarmeer beobachteten ,,Weddell-Polynja". Die Modellprognosen lassen den Schlu zu, da der Aufbau einer lokalen Temperaturstorung in der Atmosphare die Lebensdauer einer Polyn- ja signikant verlangern kann: Wahrend der Winterperiode fuhren die erhohten Flusse sensibler und latenter Warme im Bereich der oenen Wasserache zu einer lokalen Erwarmung der unteren Atmosphare. Das damit verbundene zy- klonale thermische Windfeld modiziert die Eisdrift und erhoht die ozeanische Auftriebsgeschwindigkeit. Unter der Bedingung eines geringen Luftmassenaus- tausches uber dem betreenden Gebiet kann das wiederholte Auftreten der beob- achteten Weddell-Polynja in drei aufeinanderfolgenden Winterperioden als Eekt eines selbsterhaltenden thermischen Windsystems erklart werden.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 4

2 Physik des Meereismodells 9

2.1 Uberblick : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 9 2.2 Raumliche und zeitliche Diskretisierung : : : : : : : : : : : : : : : 10 2.3 Thermodynamik : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 12 2.3.1 Energiebilanz der ozeanischen Deckschicht : : : : : : : : : 12 2.3.2 Thermodynamische Wachstumsraten : : : : : : : : : : : : 15 2.3.3 Thermodynamisch bedingte Anderung der Eiskonzentration 17 2.3.4 Prognostische Behandlung der Schneeschicht : : : : : : : : 17 2.4 Dynamik und Impulsbilanz: : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 18 2.4.1 Die Elemente der Impulsbilanz : : : : : : : : : : : : : : : 18 2.4.2 Interne Krafte und Rheologie : : : : : : : : : : : : : : : : 20 2.5 Bilanzgleichungen : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 22 2.6 Das prognostische Deckschichtmodell : : : : : : : : : : : : : : : : 22 2.6.1 Uberblick : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 22 2.6.2 Vertikalprole fur Temperatur und Salzgehalt : : : : : : : 23 2.6.3 Bilanzgleichungen fur Salz und Warme : : : : : : : : : : : 25 2.6.4 Prognostische Bestimmung der Deckschichttiefe : : : : : : 26 2.6.5 Bestimmung der Skalentiefen : : : : : : : : : : : : : : : : 28 2.6.6 Kopplung mit dem Eismodell : : : : : : : : : : : : : : : : 29 2.7 Rand- und Anfangsbedingungen : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 31 2.7.1 Modellantrieb : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 31 2.7.2 Rander des Modellgebiets : : : : : : : : : : : : : : : : : : 33

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2.7.3 Anfangsbedingungen : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 33

3 Diagnostische Auftriebsgeschwindigkeit 34

3.1 Theorie des Ekman-Pumpens : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 34 3.2 Resultate : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 36

4 Entstehung einer Polynja 39

4.1 Kurzzeitig erhohter Auftrieb : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 39 4.2 Konstant erhohter Auftrieb : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 43

5 Das diagnostische Atmospharenmodell 48

5.1 Einfuhrung : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 48 5.2 Theoretische Grundlagen : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 48 5.3 Entstehung der Temperaturstorung als Funktion des Warmeusses 53

5.3.1 Ableitung der benotigten Gleichungen und Beschreibung der Numerik: : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 53 5.3.2 Wahl der Integrationsgrenzen : : : : : : : : : : : : : : : : 55 5.3.3 Einbeziehung des Warmeusses : : : : : : : : : : : : : : : 56 5.4 Einstellung des Parameters z0 : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 57 5.5 Berechnung des resultierenden Windfeldes : : : : : : : : : : : : : 59

5.5.1 Berechnung des mit dem ECMWF-Bodenwind korrelierten geostrophischen Windes : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 60 5.5.2 Berechnung des thermischen Storwindes in 10 m Hohe : : 60 5.5.3 Uberlagerung der geostrophischen Windfelder und Beruck-

sichtigung der Reibung in der planetaren Grenzschicht : : 62 5.6 Moglichkeiten und Grenzen des Modells : : : : : : : : : : : : : : : 62

6 Resultate der gekoppelten Simulationen 64

6.1 Modikation des Windfeldes durch einen vorgegebenen konstanten Warmeu : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 64 6.2 Kopplung zwischen Eis und Atmosphare durch turbulenten

Warmeu : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 70 6.2.1 Simulationen mit diagnostisch bestimmtem thermischem

Windfeld: : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 70 6.2.2 Variationslaufe : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 81

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7 Fazit 85

Danksagung 88

A Denition der modizierten Skalentiefe

dT

89

B Auslenkung der Isentropen 90

Literaturverzeichnis 94

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Kapitel 1 Einfuhrung

Das Meereis auf dem antarktischen Ozean bedeckt in den Wintermonaten Juni bis September eine Flache von bis zu 20 Millionen km2. Neben Rinnen oenen Wassers von 1 bis 10 km Lange bilden sich in dieser Eisdecke auch weitaus groere

Onungen, die als Polynjas bezeichnet werden. Obwohl sie im allgemeinen nur wenige Prozent der mit Meereis bedeckten Flache umfassen, sind Rinnen und Po- lynjas innerhalb des winterlichen Packeises von Bedeutung fur viele physikalische und biologische Prozesse. Hier steht das im Vergleich zur Lufttemperatur warme Wasser der ozeanischen Deckschicht in unmittelbaremKontakt mit der winterlich kalten Atmosphare, so da die turbulenten Flusse von Warme und Feuchtigkeit diejenigen in der eisbedeckten Umgebung um ein bis zwei Groenordnungen uber- steigen (Vowinckel und Orvig, 1973; Maykut, 1978).

Sogenannte Kustenpolynjas entstehen hauptsachlich als Folge der katabati- schen Winde an den Randern des antarktischen Kontinents1 (Kottmeier und En- gelbart, 1992) und erreichen eine typische Breite von 50 bis 100 km. Im Weddell- meer spielen sie eine wichtige Rolle bei der Bildung von Bodenwasser, das einen wesentlichen Beitrag zur globalen thermohalinen Zirkulation der Ozeane leistet.

Meereis, das sich hier mit Wachstumsraten von bis zu 10 cm/Tag bildet (Zwally et al., 1985), wird durch die ablandigen Winde an den Rand des unbedeckten Gebiets getrieben; das bei der Eisbildung ausgeschiedene Salz erhoht die Dichte des Meerwassers und tragt so zur Bildung von Bodenwasser bei (Fahrbach, 1993).

Aber auch auerhalb der Kustenregion konnen Polynjas entstehen. Die mar- kanteste war die wahrend der Jahre 1974-1976 beobachtete2 ,,Weddell-Polynja":

In einem rund 300 000 km2 groen Gebiet zwischen 64S und 69S in der Umge- bung des Nullmeridians blieb die Eiskonzentration jeweils wahrend des gesamten

1Ein groer Teil des antarktischen Kontinents ist von Schelfeis umgeben; in diesen Regionen bildet die Schelfeiskante die Kuste.

2Die Beobachtungen der Weddell-Polynja beruhen auf Fernerkundungsdaten des Electrically Scanning Microwave Radiometer (ESMR).

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Winters unter 15 %, wahrend die Umgebung annahernd vollstandig mit Packeis bedeckt war. Die Polynja entstand in diesen Jahren nicht dadurch, da in der bereits gebildeten Eisdecke eine Onung geschmolzen ware; vielmehr wuchs das Packeis wahrend der Gefrierphase um die Polynjaache herum (Zwally et al., 1981).

Verschiedene Arbeiten wurden mit dem Ziel verfat, das Auftreten einer der- art ausgedehnten und langlebigen Polynja zu erklaren:

Der einfachste Fall ware der Transport von Meereis aus dem betreenden Gebiet als Folge eines divergenten Windfeldes. Um allein damit die Bildung einer Polynja in der beobachteten Form zu erklaren, waren aber Eisgeschwindigkeiten in der Groenordnung von einem Meter pro Sekunde erforderlich, was wiederum Windgeschwindigkeiten im Bereich von 50 m/s erfordert und somit unrealistisch ist (Martinson, 1981).

In den drei aufeinanderfolgenden Wintern 1974 - 1976 verschob sich die Po- lynja mit einer mittleren Geschwindigkeit von 1 cm/s westwarts, was mit dem mittleren Ozeanstrom konsistent ist (Carsey, 1980). Es ist also naheliegend, eine ozeanische Entstehungsursache anzunehmen.

Ein Vergleich der Wassertemperaturen zwischen 200 und 2700 m Tiefe aus den Jahren 1973 und 1977 zeigt in der betreenden Region eine deutliche Abkuhlung nach dem Auftreten der Polynja. Gordon (1982) fuhrte dies auf einen hohen Warmeverlust an die Atmosphare, verbunden mit einer Destabilisierung der Was- sersaule und tiefer Konvektion, zuruck. Damit wurde warmes salzhaltiges Tiefen- wasser an die Oberache geholt und in die bis in den Bereich der Gefrierpunkts- temperatur abgekuhlte Deckschicht eingemischt. Trotz des weiteren Warmever- lustes an die Atmosphare konnte so die Eisbildung verhindert werden. Um diesen Proze in Gang zu setzen, ist aber eine Prakonditionierung der oberen Ozean- schicht erforderlich.

Martinson et al. (1981) schlugen hierfur eine groskalige Anhebung der Pykno- kline vor. In der so entstehenden achen Deckschicht kann sich die Dichte infolge des mit der Meereisbildung verbundenen Salzausstoes und des Warmeverlustes an die Atmosphare schnell erhohen und tiefe Konvektion in Gang setzen.

Tatsachlich wurden von Gordon und Huber (1984) Zellen von warmemTiefen- wasser beobachtet, die sich in Hohe der Sprungschicht von Osten her in das Wed- dellmeerbewegten und mitdenen eine signikante Reduktion der Deckschichttiefe verbunden war.

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In Simulationsrechnungen mit einem eindimensionalen thermodynamischen Meereis-Deckschicht-Modell wurde von Lemke (1987) gezeigt, da sowohl eine divergente Eisdrift als auch die von Martinson et al. (1981) vorgeschlagene An- hebung der Sprungschicht die Entstehung einer Polynja begrunden konnen:

Durch divergenteMeereisdrift,erzeugt durch ein divergentes Windfeld, wird die mittlere Eisdicke und der Bedeckungsgrad wahrend der Gefrierphase reduziert. Die Folge ist eine erhohte Gefrierrate und damit ein erhohter Salzaussto.

Durch vorubergehend erhohten Auftrieb zu Winterbeginn wird warmes, salzreiches Wasser in die Deckschicht eingemischt. Wahrend ein Teil des Warmeinhalts an die winterlich kalte Atmosphare abgegeben wird, bleibt das Salz in der Deckschicht erhalten.

In beiden Fallen werden durch Dichteerhohung in der ozeanischen Deckschicht konvektive Prozesse in Gang gesetzt, die mit einem signikant erhohten ozeani- schen Warmeu verbunden sind und so in der numerischen Simulation uber drei Jahre eine deutliche Reduktion der Eisdicke verursachen. Voraussetzung dafur ist, da die Oberache zum Zeitpunkt der Storung noch nicht mit dickemEis bedeckt, die Oberachen-Energiebilanz aber bereits negativ ist, denn das Schmelzen von Eis ist mit einer Frischwasserzufuhr verbunden, die die Schichtung des oberen Ozeans stabilisiert.

Obwohl die Storung des Systems jeweils nur 50 Tage wirkte, wurde im thermo- dynamischen Meereis-Deckschicht-Modell erst nach 10 Integrationsjahren wieder der normale Jahresgang angenommen.

Dagegen war in einer entsprechenden Simulation mit einem dynamisch- thermodynamischen Meereis-Deckschicht-Modell (Lemke et al., 1990) die Ant- wort des Systems nur im ersten Winter signikant. Oensichtlich verkurzt die Advektion von Eis in das betreende Gebiet die Lebensdauer einer Polynja er- heblich.

Ein geeignetes Windsystem ware nun in der Lage, eine divergente Eisdrift zu erzeugen und so zusammen mit dem ozeanischen Warmeu die Polynja eis- frei zu halten. Klimatologische Windfelddaten fur das Sudpolarmeer zeigen zwar ausgedehnte Bereiche mit divergentem Windfeld, aber diese liegen nicht in der Region, wo die Polynja entstanden ist (Martinson et al., 1981) - was fur die Er- klarung der Weddell-Polynja der Winter 1974 bis 1976 keine Rolle spielt, denn da sich ihr Auftreten wenigstens in dieser Form nicht wiederholt hat, lat den Schlu zu, da ihre Entstehung die Folge von Anomalien gewesen sein mu. Fur die Polynja-Jahre 1974 bis 1976 existieren jedoch keine aussagekraftigen, die in- terannuale Variabilitat enthaltenden Datensatze, so da sich die Frage, ob sich diese Jahre durch ein entsprechendes Windfeld auszeichneten, nicht beantworten lat.

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H0

Ue We

T

ρ

ug

Abbildung 1.1: Ein als Folge des Warmeusses H0 uber der Polynja gebildetes Tiefdrucksystem auf der Sudhalbkugel, die damit verbundenen geostrophischen Winde ~ug, die Ekman-Transporte Ue in Ozean und Atmosphare und die resul- tierenden Vertikalgeschwindigkeiten We. Bei fehlender Eisbedeckung oder freier Eisdrift sind die horizontalen Massentransporte Ue in Ozean und Atmosphare entgegengesetzt gleich.

Es ist aber anzunehmen, da der erhohte turbulente Warmeu im Be- reich einer bereits entstandenen Polynja zur Ausbildung einer lokalen Tempe- raturstorung in der Atmosphare fuhren kann. Das damit verbundene zyklonale thermische Windfeld hatte zwei Eekte (Abb. 1.1):

1. Der Windschub an der Oberache verandert die Eisdrift.

2. Die Rotation der Windschubspannung erhoht uber das sogenannte ,,Ekman- Pumpen" die ozeanische Auftriebsgeschwindigkeit.

Durch Eisexport aus dem Gebiet der Polynja ware dieses Windsystem in der Lage, sich selbst zu erhalten; allerdings nur solange, wie die Umgebung eisbedeckt ist - also nicht wahrend der Sommerperiode.

In der vorliegenden Arbeit wird nun die Frage untersucht, wie weit mitein- ander gekoppelte Prozesse in Meereis, Ozean und Atmosphare die Entstehung und Erhaltung einer Polynja der 1974 bis 1976 im sudlichen Ozean beobachteten Form erklaren konnen.

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In dem folgenden Kapitel wird das fur die Untersuchungen genutzte dynamisch-thermodynamische Meereis-Deckschichtmodell beschrieben.

Um den Einu des Windfeldes auf die Vertikalgeschwindigkeit im Ozean zu berucksichtigen, wird das Modell um eine diagnostische Bestimmung der Auf- triebsgeschwindigkeit erweitert. Mit der hierfur genutzten Theorie des Ekman- Pumpens und der Umsetzung in der numerischen Simulation befat sich das dritte Kapitel.

Im vierten Kapitel werden die fur die Entstehung einer Polynja relevanten Wechselwirkungen zwischen dem Meereis und der ozeanischen Deckschicht un- tersucht. Im ersten Teil wird durch Einmischung von warmem, salzhaltigem Tie- fenwasser in die Deckschicht die Bildung einer Polynja initialisiert und die Frage untersucht, auf welche Weise sich das System wieder seinem Referenzzustand annahert. Im zweiten Teil wird die Wirkung einer konstant erhohten ozeanischen Auftriebsgeschwindigkeit beschrieben.

Darauf aufbauend bilden das funfte und sechste Kapitel den Kern dieser Ar- beit: In Kapitel 5 wird das diagnostische Atmospharenmodellund seine Kopplung mit dem Meereis-Deckschicht-Modell vorgestellt. Kapitel 6 ist den Resultaten der gekoppelten Simulationen gewidmet. Hier wird der Einu der Atmosphare auf die Lebensdauer einer Polynja deutlich.

Im siebten Kapitel werden die Ergebnisse der Simulationen zusammengefat und bewertet.

Die Untersuchung orientiert sich insofern am konkreten Fall der Weddell- Polynja, als die Randbedingungen und die Initialisierung der Storung entspre- chend gewahlt sind. Bei vergleichbaren Bedingungen sind die Resultate auf Po- lynjas in anderen Regionen ubertragbar.

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Kapitel 2

Physik des Meereismodells

2.1 Uberblick

Das fur die vorliegenden Untersuchungen benutzte dynamisch-thermodynamische Meereismodell prognostiziert die raumliche Verteilung und die zeitliche Entwick- lung der Eisdicke1h, des Bedeckungsgrades2 A und der Eisdriftgeschwindigkeit ~u fur die Region des Weddellmeeres.Es enthalt daneben eine prognostische Behand- lung der Schneeschicht (Owens und Lemke, 1990) und besteht im wesentlichen aus funf Komponenten:

1. einer Energiebilanz fur die Oberache, die auf dem Ansatz von Parkinson und Washington (1979) beruht und die Strahlungsbilanz, die turbulenten Flusse sensibler und latenter Warme sowie die Warmeleitung durch Eis und Schnee berucksichtigt. Hieraus werden die Oberachentemperatur TS

des Meereisesbzw. der auiegenden Schneedeckesowie die Wachstums- oder Schmelzrate ermittelt.

2. einem Warmeleitungsmodell nach Semtner (1976), das den Warmestrom durch das Eis und den Schnee aus einer vorgegebenen Oberachentempe- ratur TS und der DeckschichttemperaturTD bestimmt,

3. einer Impulsbilanz nach dem Modell von Hibler (1979), die neben Tragheit, Corioliskraft, atmospharischer und ozeanischer Schubspannung

1Die Variable h, kurz als Eisdicke bezeichnet, ist in diesem Modell deniert als das Eisvo- lumen pro Flache, gemittelt uber den eisbedeckten und den unbedeckten Teil einer Gitterzelle.

Sie reprasentiert die Dicke, die das Eis bei gleichmaiger Verteilung des in der Gitterzelle vor- handenen Eisvolumens uber die gesamte Flache dieser Zelle hatte. Die aktuelle Eisdicke im eisbedeckten Teil, also der Erwartungswert der Dicke einer Eisscholle, ist h=A.

2Der Bedeckungsgrad A, auch als Eiskonzentration bezeichnet, ist eine dimensionslose Groe, die das Verhaltnis zwischen dem eisbedeckten Teil einer Flache und dem Flacheninhalt angibt.

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sowie Meeresoberachenneigung auch die rheologischen Eigenschaften des Meereises berucksichtigt und die Driftgeschwindigkeit bestimmt,

4. einer Bilanz fur die Masse von Eis und Schnee und fur den Bedeckungsgrad, die unter Berucksichtigung der Schmelz- bzw. Gefrierraten und der Driftge- schwindigkeit die neuen Eis- und Schneedicken sowie den Bedeckungsgrad bestimmt,

5. einem angekoppelten eindimensionalen Modell fur die ozeanische Deck- schicht (Lemke, 1987; Lemke et al., 1990), das durch eine prognostische Bestimmung des ozeanischen Warmeusses die Schmelz- und Gefrierraten an der Unterseite des Meereises beeinut.

Das Modell prognostiziert viele Merkmaleder Eisdeckein guter Ubereinstimmung mit Beobachtungen, und zwar sowohl in der Antarktis (Harder, 1994; Harder und Lemke, 1994; Fischer, 1995) als auch in der Arktis (Harder, 1996).

In diesem Kapitel werden die Komponenten des Meereismodells soweit be- schrieben, wie sie von grundlegender Bedeutung fur das Modellverhalten oder die durchgefuhrten Untersuchungen sind. Fur eine weitergehende Beschreibung wird auf die Literatur verwiesen.

2.2 Raumliche und zeitliche Diskretisierung

Das Meereismodell besteht aus einem System gekoppelter partieller Dieren- tialgleichungen, die die raumliche und zeitliche Entwicklung der prognostischen Variablen innerhalb des Modellgebiets beschreiben. Ausgehend von vorgegebenen Anfangsbedingungen werden diese Gleichungen auf einem diskreten raumlichen Gitter mit einem Zeitschritt von 24 Stunden numerisch integriert. Ableitungen werden dabei durch Quotienten niter Dierenzen approximiert.

Das Modellgebiet umfat den Bereich von 71W bis 44O und von 80S bis 50S und somit das gesamte Weddellmeer.Den sudlichen Rand des Modellgebiets bildet der antarktische Kontinent, den westlichen die antarktische Halbinsel; im Norden reicht es bis etwa zur Polarfront.

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-80

-60

-40

-20

0

20

40

-85 -65

-45

Abbildung 2.1: Das Modellgitter fur skalare Groen. Die durch Rauten sym- bolisierten Gitterpunkte kennzeichnen das Gebiet, in dem in den Polynja- Simulationen die Storung initialisiert wird.

Die raumlicheDiskretisierung erfolgt auf einemspharischen Arakawa-B-Gitter (Arakawa und Mesinger, 1976): Die skalaren Groen sind auf 3795 Gitterpunkten (Abb. 2.1) deniert, die vektoriellen in der Mitte zwischen jeweils vier benach- barten Punkten des Skalargitters. Der Abstand der Gitterpunkte betragt 1:6875 in zonaler und 0:5625 in meridionaler Richtung. Die Kantenlange einer Gitter- zelle im zentralen Weddellmeer (70 S) betragt somit jeweils rund 60 km; eine Gitterzelle in der Region der hier untersuchten Polynja hat einen Flacheninhalt von rund 4500 km2.

Die numerische Integration erfolgt beginnend mit dem 1. Januar in 2557 tagli- chen Zeitschritten uber sieben Jahre, wobei tagliche Windfelder der Jahre 1986 bis 1992 vorgegeben werden (vgl. Abschnitt 2.7.1).

Eine ausfuhrliche Beschreibung des numerischenSchemas geben Hibler (1979) und Stossel (1992b).

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2.3 Thermodynamik

2.3.1 Energiebilanz der ozeanischen Deckschicht

Das Gefrieren und Schmelzenvon Meereis wird durch eine Energiebilanz der ozea- nischen Deckschicht einschlielich des darin bendlichen Meereises beschrieben.

Hierbei wird vorausgesetzt, da die Deckschichttemperatur durch Warmeverlust an die winterlich kalte Atmosphare bereits den Gefrierpunkt erreicht hat. Durch Gefrier- oder Schmelzprozesse wird dann soviel latente Warme freigesetzt bzw.

gebunden, da die gesamte Energiebilanz der Deckschicht

Qa+Qo+iLiSh = 0 (2.1) ausgeglichen ist (Parkinson und Washington, 1979). Hierbei bezeichnen Qa

und Qo die mit der Atmosphare bzw. dem Ozean ausgetauschten Warme-

usse, Sh die thermodynamisch bedingte Anderung des Eisvolumens pro Flache, i = 910kg=m3 die Dichte des Meereises und Li = 3:34105J=kg die spezische latente Warme fur den Phasenubergang fest { ussig (Schmelzwarme).

Nach Semtner (1976) wird die Energiebilanz (2.1) in zwei Teile aufgespalten, namlich

Qa+Qc+iLi @h

@t

!

a = 0 (2.2)

fur die obere, atmospharische Grenzache der Eisdecke und Qo,Qc+iLi @h

@t

!

o = 0 (2.3)

fur die untere, ozeanische Grenzache. Qc ist der konduktive Warmeu durch das Eis, der nach dem Nullschichtenmodell (Semtner, 1976) beschrieben wird.

In diesem Ansatz haben Eis und Schnee keine Warmekapazitat, so da Qc an der Ober- und Unterseite der Eisdecke mit gleichem Betrag, aber umgekehrtem Vorzeichen eingeht.

Oberachenergiebilanz

Der atmospharische Warmeu in die Grenzache zwischen Atmosphare und Eis bzw. ozeanischer Deckschicht setzt sich aus den kurz- und langwelligen Strah- lungsussen sowie den Flussen von sensibler und latenter Warme zusammen:

Qa =Q#SW +Q"SW +Q#LW +Q"LW +Qs+Ql: (2.4) Im einzelnen bezeichnet

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Q#SW die kurzwellige solare Einstrahlung, Q"SW die kurzwellige Abstrahlung,

Q#LW die langwellige (infrarote) Einstrahlung, Q"LW die langwellige (infrarote) Abstrahlung,

Qs den Flu sensibler Warme, Ql den Flu latenter Warme.

Die kurzwellige solare Einstrahlung Q#SW wird aus der von Zillmann (1972) aufgestellten empirischen Formel fur die kurzwellige solare Einstrahlung bei wolkenfreien Himmel und einer Bewolkungskorrektur nach Laevastu (1960) berechnet3 und ist fur jeden Zeitschritt eine Funktion des Sonnenstands (Jahreszeit) und des Zustands der Atmosphare (Lufttemperatur, Luftfeuchte, Bewolkungsgrad).

Die kurzwellige Ruckstrahlung Q"SW ist angesetzt als

Q"SW =Q#SW; (2.5) wobei die Albedo je nach Oberachentyp und -temperatur unterschieden wird:

= 0:85 fur gefrorenen Schnee = 0:75 fur schmelzenden Schnee

= 0:75 fur gefrorenes Eis ohne Schneeauage = 0:66 fur schmelzendes Eis

= 0:10 fur oenes Wasser

Die Berechnung der einfallenden langwelligen Strahlung als Funktion der Lufttemperatur Ta in 2 m Hohe und des Bewolkungsgrades Ac beruht auf der Planck'schen Theorie fur die Strahlung grauer Korper und der Verwendung eines Korrekturfaktors nach Marshunova (1966) bei Anwesenheit von Wolken:

Q#LW =a Ta4(1 + 0:275Ac) (2.6) a bezeichnet die Emissivitat der Luft im Infrarotbereich, die nach einer empiri- schen Formel von Idso und Jackson (1969) in Abhangigkeit von ihrer Temperatur berechnet wird. = 5:6710,8Wm,2K,4 ist die Stefan-Boltzmann-Konstante.

Die langwellige thermische Abstrahlung wird entsprechend als Funktion der Oberachentemperatur Ts des Meereises bzw. des Ozeans gema

Q"LW =s Ts4 (2.7) beschrieben. Die Emissivitat im infraroten Frequenzbereich ist fur oenes Wasser wie fur Meereis konstant mit s= 0:97 angesetzt, wahrend die Oberachentempe- ratur eine diagnostische Variable und fur Meereis und oenes Wasser verschieden ist.

3Das Verfahren wurde von Parkinson und Washington (1979) eingehend beschrieben.

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Die turbulenten Flusse sensibler und latenter Warme werden aus zwei analo- gen Formeln berechnet:

Qs = acpCsj ~u10j(Ta,Ts) (2.8) Ql = aL Clj~u10j(qa,qs); (2.9) wobei

a = 1.3 kg m,3 Dichte der Luft am Boden cp = 1004 J kg,1 K,1 spezische Warme der Luft

L = 2:510,6 J kg,1 spez. Verdunstungswarme von Wasser, bzw.

L = 2:810,6 J kg,1 spez. Warme der Sublimation von Eis Cs = 1:7510,3 Ubertragungskoezient fur sensible Warme Cl = 1:7510,3 Ubertragungskoezient fur latente Warme

j ~u10j Windgeschwindigkeit in 10 m Hohe

Ta Lufttemperatur in 2 m Hohe

qa spezische Feuchte der Luft in 2 m Hohe

qs spezische Feuchte uber der Oberache

Die Werte der Konstanten sind gema Parkinson und Washington (1979) so- wie Maykut (1977) gewahlt. Die Windgeschwindigkeit ~u10 in 10 m Hohe, die Lufttemperatur Ta in 2 m Hohe und die spezische Feuchte der Luft qa in 2 m Hohe sind vorgegebene zeitabhangige Randbedingungen (Antriebsdaten, vgl. Ab- schnitt 2.7.1).

Der ozeanische Warmeu

In vielen Meereismodellen (Hibler, 1979; Parkinson und Washington, 1979; Pol- lard et al., Batteen und Han, 1983; Semtner, 1984) wird der ozeanische Warme- u Qo mit einem zeitlich und raumlich konstanten Wert vorgegeben. Da fur die hier durchgefuhrten Untersuchungen die Wechselwirkung zwischen Ozean, Atmosphare und Meereis von entscheidender Bedeutung ist, wird an jeder Git- terzelle des Modellgebiets ein eindimensionales prognostisches Deckschichtmodell nach Lemke (1987) und Lemke et al. (1990) angekoppelt. Auf diese Weise wird ein raumlich und zeitlich variabler ozeanischer Warmeu prognostiziert. Dieses Modell wird in Abschnitt 2.6 ausfuhrlich beschrieben.

Warmeleitung

Der konduktive Warmeu Qc beschreibt die Warmeleitung durch das Eis und die evtl. vorhandene Schneeauage nach dem sogenannten Nullschichtenmodell (Semtner, 1976). Hierbei wird angenommen, da das Eis keine Warmekapazitat hat, so da der konduktive Warmeu vertikal konstant ist. Es entsteht ein linea- res Temperaturprol, wobei aber wegen der unterschiedlichen Warmeleitfahigkei-

(17)

ten i fur Eis und sfur Schnee der Temperaturgradient in den beiden Schichten unterschiedlich ist.

Der konduktive Warmeu durch Eis und Schnee folgt dann aus Qc = i(Tf ,Ts)

hi ; (2.10)

wobei

hi =hi+hsni

s (2.11)

mit den Warmeleitfahigkeiten

i = 2:17W m,1K,1 s = 0:31W m,1K,1

als sogenannte eektive thermodynamische Eisdicke den Isolationseekt der Schneeauage berucksichtigt. hi = h=A und hsn = hs=A bezeichnen die aktu- elle Dicke von Eis bzw. Schnee im eisbedeckten Teil der Gitterzelle.

Die TemperaturTb an der Unterseite des Eises wird auf den Wert der Gefrier- punktstemperatur des Meerwassers (Tf =,1:86C) gesetzt; die Oberachentem- peraturTsdagegen ist eine diagnostische Modellvariable, deren Wert nur dadurch beschrankt ist, da er die Gefrierpunktstemperatur von Suwasser4, also 0 C, nicht uberschreiten kann.

2.3.2 Thermodynamische Wachstumsraten

Aus den Gleichungen (2.2), (2.4) und (2.10) werden die Oberachentemperatur Ts und der konduktive Warmeu Qc iterativ bestimmt: Solange die Bedingung Ts < 0C erfullt werden kann, stellt sich die Oberachentemperatur Ts so ein, da die Energiebilanz an der Oberache gema Gleichung (2.2) zu Qa+Qc = 0 ausgeglichen ist. Folgt jedoch aus einer ausgeglichenen Energiebilanz eine Ober-

achentemperatur Ts > 0C, so wird Ts= 0C gesetzt, die Energiebilanz mit die- sem Wert neu berechnet und der Energieuberschu benutzt, um Eis zu schmelzen.

Die Gleichung

@h@t

!

a =,Qa+Qc

iLi (2.12)

beschreibt in diesem Fall die Eisdickenanderung an der Meereisoberache.

Wie in Gleichung (2.10) zu erkennen, ist der konduktive Warmeu von der Eisdicke abhangig. Nun besteht Meereis in der Natur aus Schollen mit unter- schiedlicherDicke. In einer Flache von der Groe einer Modellgitterzelleexistieren

4Durch die Wirkung der Soledrainage ist die Meereisoberache im allgemeinen salzarm.

Zudem ist das Meereis meist mit einer Schneeauage bedeckt, die wegen ihres meteorischen Ursprungs stets aus Suwasser besteht.

(18)

sowohl dunne als auch dicke Eisschollen, die sich bei gleicher mittlerer Eisdicke hinsichtlich der Warmeleitung anders verhalten als eine homogene Eisdecke kon- stanter Machtigkeit, wie sie von der Modellvariablen h beschrieben wird.

Um trotzdem eine moglichst realistische Beschreibung der Thermodynamik in einer Modell-Gitterzelle zu erhalten, werden nach Hibler (1984) fur den eis- bedeckten Teil der Gitterzelle subskalig sieben gleichverteilte Eisdicken von 17hi

bis 137 hi angenommen. Fur jede der sieben Kategorien wird die Wachstumsrate5 bestimmt; anschlieend werden die Wachstumsraten der sieben Kategorien ge- mittelt.

Analog zur Gleichung (2.12) folgt aus Gleichung (2.3) die Eisdickenanderung an der Unterseite des Eises gema

@h@t

!

o =,Qo,Qc

iLi (2.13)

aus der Bilanz der Warmeusse an der ozeanischen Grenzache des Meereises.

Daruber hinaus bendet sich in der Gitterzelle im allgemeinen ein durch den Wert der Eiskonzentration A bestimmter Anteil oenen Wassers. Da sich dieser gegenuber der Meereisoberache hinsichtlich des Energieaustausches stark unter- scheidet, wird die Wachstumsrate fur diesen Teil getrennt berechnet, wobei in Gleichung (2.12) der Term der Warmeleitung Qc durch den ozeanischen Warme- u Qo ersetzt wird:

@h@t

!

ow =,Qa+Qo

iLi (2.14)

Hier ist in der numerischen Simulation keine Iteration erforderlich, da die Tempe- ratur der ozeanischen Deckschicht eine prognostische Variable des Deckschicht- modells (Abschnitt 2.6) ist.

Durch Wichtung mit ihren jeweiligen Flachenanteilen werden die Wachstums- raten fur den eisbedeckten und den oenen Teil der Gitterzelle zusammengefat:

Sh =A @h

@t

!

a+A @h

@t

!

o+ (1,A) @h

@t

!

ow (2.15)

ist die gesamte thermodynamisch bedingte Anderung der Eisdicke.

5Die Wachstumsrate beschreibt die lokale zeitliche Anderung der Eisdicke und kann ein positives (Gefrieren) wie auch ein negatives (Schmelzen) Vorzeichen besitzen.

(19)

2.3.3 Thermodynamisch bedingte Anderung der Eiskon- zentration

Die im letzten Abschnitt beschriebene Berechnung der thermodynamischen Wachstumsrate liefert keine Aussage uber die damit verbundene Anderung der Eiskonzentration A. Diese wird nach Hibler (1979) im Falle des Gefrierens von Meereis empirisch durch

SA = 1,A ho @h

@t

!

freeze+QA (2.16)

beschrieben, im Falle des Schmelzens dagegen durch SA = + A2h @h

@t

!

melt+QA: (2.17)

Im Falle des Gefrierens wachst die eisbedeckte Flache also proportional zur Flache oenen Wassers (1,A), wobei der empirische Parameter h0 (sog. Rinnen- schlieungsparameter) die Geschwindigkeit bestimmt, mit der sich die Eisdecke schliet. Er ist mit h0 = 0:5 m so gewahlt, da Rinnen oenen Wassers inner- halb von etwa funf Tagen vollstandig zufrieren, was mit Beobachtungen uberein- stimmt.

Im Falle des Schmelzens dagegen ist die Abnahme der eisbedeckten Flache proportional zur Abnahme des Eisvolumens.

Der QA-Term beschreibt das Entstehen von Rinnen oenen Wassers durch Scherdeformation (Rothrock, 1975). Nach Harder (1994) wird

QA = 0:5(,jr~uj) exp(,C(1,A)) (2.18) angesetzt, wobei das in Gleichung (2.31) denierte Ma der Deformations- rate ist. Dieser Term ist von Harder (1994) sowie von Gray und Morland (1994) eingehend untersucht worden.

2.3.4 Prognostische Behandlung der Schneeschicht

Die fast immer vorhandene Schneeschicht (Eicken et al., 1994) dampft die Reak- tionen des Meereises auf die thermodynamische Anregung aus der Atmosphare:

Da die Warmeleitfahigkeit von Schnee um den Faktor sieben kleiner als die des Meereises ist, wirkt schon eine dunne Schneeschicht als Warmeisolator (Glei- chung 2.11), der das thermodynamische Eiswachstum deutlich verlangsamt. Die im Vergleich zum Meereis hohere Albedo von Schnee (Abschnitt 2.3.1) reduziert dagegen den absorbierten Anteil der solaren Einstrahlung und damit die zum

(20)

Schmelzen des Meereises zur Verfugung stehende Energie. Beide Eekte werden wie beschrieben in der Thermodynamik des Meereismodells berucksichtigt.

Die Entwicklung der Schneeschicht wird nach Owens und Lemke (1990) durch eine Bilanzgleichung (Abschnitt 2.5) beschrieben, die neben dem Niederschlag als Quellterm, dem Eekt der Advektion und dem Schmelzen als Senke auch eine Konversion von Schnee in Eis enthalt:

Bei einer Lufttemperatur Ta < 0 C vergroert der uber dem eisbedeckten Teil der Gitterzelle fallende Niederschlag die Dicke der bereits vorhandenen Schneeschicht.

Der Schnee wird mit der Eisdriftgeschwindigkeit ~u (Abschnitt 2.4) adve- hiert.

Bei der Berechnung der Schmelzraten (Abschnitt 2.3.2) wird angenommen, da zuerst der gesamte auf dem Eis liegende Schnee schmilzt.

Durch die mit der Akkumulation von Schnee steigende Schneelast kann es bei Eisschollen zu einem negativen Freibord kommen. In diesem Fal- le stromt Wasser in die Grenzschicht zwischen Schnee und Eis, wobei der Schnee, der sich unterhalb der Wasserlinie bendet, in Eis umgewandelt wird. Die zusatzlich in den Quellterm Sh eingehende Dicke des so erzeug- ten, sogenannten meteorischenEises wird nach dem ArchimedischenPrinzip bestimmt (Lepparanta, 1983). Dieser Flutungseekt, der im Weddellmeer keinen unwesentlichen Beitrag zum Eisvolumen leistet (Eicken et al., 1994), ist von Fischer (1995) ausfuhrlich beschrieben und untersucht worden.

2.4 Dynamik und Impulsbilanz

2.4.1 Die Elemente der Impulsbilanz

Obwohl das Meereis aus einzelnen Schollen besteht, lat es sich groskalig in guter Naherung als zweidimensionales Kontinuum in einer horizontalen Ebene beschreiben. Seine Driftgeschwindigkeit~u folgt aus der Impulsbilanz

mD~uDt = ~a+~w,mf~k~u,mgrH + ~F (2.19) (Hibler, 1979), die die totale (,,materielle") zeitliche Ableitung

Dt =D @

@t + ~ur (2.20)

(21)

der Driftgeschwindigkeit~u, die Schubspannungen des Windes (~a) und des Ozeans (~w), die Corioliskraft

,mf~k~u; (2.21)

die Hangabtriebskraft

,mgrH (2.22)

an einer geneigten Ozeanoberache und die internen Krafte ~F enthalt.

Die Variable m = ih bezeichnet die Eismasse pro Flache, ~k = (0;0;1) den Einheitsvektor senkrecht zur Oberache, f = 2sin den Coriolisparameter als Funktion der geographischen Breite und der Kreisfrequenz der Erdrotation und g = 9:8 m/s2 die Erdbeschleunigung. H reprasentiert die dynamische To- pographie der Meeresoberache, also die Auslenkung der Meeresoberache ge- genuber einer Flache konstanten Geopotentials (Geoid).

Die Windschubspannung wird beschrieben durch

~a=acaj~u10j~u10 (2.23) Hierbei ist~u10 die Windgeschwindigkeit in 10 m Hohe, a= 1:3 kg/m3 die Dichte der Luft am Boden und ca= 1:3210,3 der atmospharische Schubspannungsko- ezient.

Da die Driftgeschwindigkeit des Meereises im allgemeinen klein gegen die Windgeschwindigkeit ist, wird sie bei der Formulierung von Gleichung (2.23) vernachlassigt.

Eine ahnliche Formel gilt fur den Ozeanschub, wobei hier jedoch die Eisdrift- geschwindigkeit von derselben Groenordnung wie die Stromungsgeschwindigkeit des Ozeans ist und folglich nicht vernachlassigt werden kann. Zudem ist der Dreh- winkel zwischen dem geostrophischen Ozeanstrom~uw und der Schubspannung

~w auf das Meereis zu berucksichtigen:

~w =wcwj~uw,~uj (~uw,~u)cos +~k(~uw,~u)sin (2.24) Analog zu Gleichung (2.23) bezeichnet w = 1000 kg/m3 die Dichte von Meer- wasser und cw = 3 10,3 den ozeanischen Schubspannungskoezienten. Nach Overland und Davidson (1992) wird = 25 gesetzt.

Die angegebenen Werte der als raumlich und zeitlich konstant angesehenen Schubspannungskoezienten fur Ozean und Atmosphare (cw und ca) sind von Fischer (1995) durch Optimierung des Modells anhand von Bojentrajektorien aus dem Weddellmeer bestimmt worden.6

6Verschiedene Betrachtungen zu den Werten der Schubspannungskoezienten nden sich u.a. bei Overland und Davidson (1992), Smith (1988), McPhee (1979) sowie Stossel (1992a), Harder (1994) und Fischer (1995). Fur eine realistische Eisdrift ist vor allem das Verhaltnis

(22)

2.4.2 Interne Krafte und Rheologie

Die inneren Krafte im Meereis ~F werden als Divergenz des zwei-dimensionalen Spannungstensors beschrieben:

Fj =X

i

@ij

@xi (2.25)

Das Fliegesetz

ij = 2_ij +

"

(,)X

k _kk ,P=2

#

ij (2.26)

(Hibler, 1977) ermoglicht die Formulierung der Dynamik des Meereises als Funk- tion seinerKinematik 7 , die durch den Tensor der Deformationsraten

_i;j = 12

(@ui

@xj + @u@xji

)

(2.27) beschrieben wird.Pk_kkist die Divergenz der Meereisdrift; bezeichnet die Kom- pressionsviskositat und die Scherviskositat. Der Druckterm ,P=2 enthalt die Eisharte P, die nach Hibler (1979) als Funktion der mittleren Eisdicke h und des BedeckungsgradesA angesetzt wird:

P = Phexp(,C(1,A)): (2.28)

Die internen Krafte im Eis wirken nur bei hohen Eiskonzentrationen und nehmen mit der Dicke der Eisschollen zu.

Das Fliegesetz in der Form von Gleichung (2.26) beschreibt das Meereis als viskos-plastisches Medium: Bei sehr kleinen Deformationsraten verhalt sich Meereis wie eine viskose kompressible Flussigkeit, wahrend ansonsten plastisches Verhalten angenommen wird.8

der Schubspannungskoezienten ca=cw von Bedeutung, wobei fur die Verwendung taglicher Windfelder ein Verhaltnis um 0.5 geeignet ist. Durch Vergleich von beobachteten und simulier- ten Bojentrajektorien wurde von Fischer (1995) fur das Weddellmeer ein optimierter Wert von ca=cw = 0:44 bestimmt. Die Verwendung eines konstanten Wertes stellt jedoch eine Vereinfa- chung gegenuber der Realitat dar (Hartmann et al., 1994).

7Die Verknupfung von Kinematik und Dynamik durch ein Materialgesetz, das die Rheologie des betrachteten Mediums reprasentiert, ist ein stets wiederkehrendes Element der Kontinuums- mechanik. Es beschreibt den quantitativen Zusammenhang zwischen der kinematischen Groe Deformationsrate _ und der dynamischen Groe interne Spannung (_). Durch unterschied- liche Materialgesetze und spezielle Wahl der Viskositaten und werden die verschiedenen Flieeigenschaften unterschiedlicher Medien berucksichtigt.

8Dieses Verhalten steht in Einklang mit den Messungen im Rahmen des Artic Ice Dynamics Joint Experiment (AIDJEX).

(23)

P ist die in dieser Rheologie maximal erreichbare Spannung; wenn bei stei- genden Deformationsraten die Spannung diesen Grenzwert erreicht, bricht das Eis und gibt durch plastische Verformung nach, wobei die interne Spannung von der Deformationsrate unabhangig wird. Bei einem zweidimensionalen Kontinuum wird diese Bruchgrenze durch eine sogenannte Fliekurve beschrieben (siehe z.B.

Mellor, 1986). Aus den Hauptkomponenten des Spannungstensors lassen sich fur diesen Ansatz die Viskositaten und bestimmen:

= P

2( + min) (2.29)

= P

2e2( + min) (2.30)

wobei

=

"

(_211+ _222)1 + 1e2+ 4 _e2122 + 2_11_221, 1 e2

#1

2 : (2.31) Die Exzentrizitat e der elliptischen Fliekurve bestimmt das Verhaltnis zwischen Kompressions- und Scherviskositat.

Die Addition eines kleinen Wertes min in den Gleichungen (2.29) und (2.30) verhindert, da die Viskositaten im Falle sehr kleiner Deformationsraten unend- lich werden. Mit dieser Formulierung wird ein gleitender Ubergang vom plasti- schen ins viskose Regime gewahrleistet (Harder, 1996).

Die groskalig wirkenden Krafte ergeben sich als statistisches Mittel vieler klein- und mesoskaliger Prozesse, die im groskaligen Meereismodell nicht auf- gelost werden konnen. Daher sind P, C, e und min reine Modellparameter, deren Werte fur das ModellgebietWeddellmeer durch theoretische Uberlegungen und Vergleich von Modellprognosen mit Beobachtungen als

P = 20000 C = 20

e = 2

min = 210,9s,1

(Hibler, 1979; Harder, 1994; Fischer, 1995; Harder, 1996) bestimmt worden sind.

Die Dynamik des Meereises ist hier soweit beschrieben worden, wie es fur ein grundlegendes Verstandnis des Modells erforderlich ist. Eine eingehende Be- schreibung der in diesem und in anderen Meereismodellenverwendeten Rheologie, der Dynamik und des kontinuumsmechanischen Ansatzes wird u. a. von Harder (1996) gegeben.

(24)

2.5 Bilanzgleichungen

Die zeitliche Entwicklung von mittlerer Eisdickeh, mittlerer Schneedicke hs und Eiskonzentration A wird durch explizite Bilanzgleichungen beschrieben:

@h@t +r(~uh) = Sh (2.32)

@hs

@t +r(~uhs) = Ss (2.33)

@A@t +r(~uA) = SA (2.34)

Diese haben auf der linken Seite die Form einer Kontinuitatsgleichung, wobei der erste Term die lokale zeitliche Anderung und der zweite die Advektion reprasen- tiert. Auf der rechten Seite stehen die in den Abschnitten 2.3.2, 2.3.4 und 2.3.3 beschriebenen Quellen und Senken der prognostischen Variablen.

Der Advektionsterm beschreibt den Ein- und Ausstrom von Eis im hori- zontalen Austausch benachbarter Regionen. Er wird nach dem modizierten upstream-Schema nach Smolarkiewicz (1983) berechnet. Dieses Verfahren hat gegenuber dem von Hibler (1979) verwendeten Schema zentraler Dierenzen den Vorteil, keine negativen Eisdicken zu erzeugen und somit ohne explizite Diusion auszukommen.9

2.6 Das prognostische Deckschichtmodell

2.6.1 Uberblick

Die ozeanische Deckschicht wird durch ein eindimensionales prognostisches Deck- schichtmodell (Lemke, 1987) beschrieben, das bereits fur beide Polarregionen mit dem Eismodell gekoppelt wurde (Lemke, Owens und Hibler, 1990; Owens und Lemke, 1990; Stossel, 1990; Stossel, 1992a, b; Fischer, 1995; Harder, 1994 und 1996). In diesem Modell wird der vertikale ozeanische Warmeu Qo durch die Simulation von sog. Entrainment-Prozessen bestimmt, bei denen (in den Polar- regionen i.a. warmes) Tiefenwasser in die Deckschicht eingemischt wird.

Basierend auf der Erhaltung von Warme und Salz, einer Bilanz fur die poten- tielle Energie sowie Parametrisierungen fur die Flusse an Ober- und Unterseite der Deckschicht werden funf Variablen prognostisch bestimmt:

9Das bei Anwendung der Methode der zentralen Dierenzen auftretende numerische Artefakt negativer Werte fur positiv denite physikalische Variablen und das modizierte upstream- Schema wurden von Fischer (1995) ausfuhrlich beschrieben und diskutiert.

(25)

Temperatur der Deckschicht TD

Salzgehalt der Deckschicht SD

Tiefe der Deckschicht hD

Skalentiefe der Thermokline dT

Skalentiefe der Halokline dS

Fur die vorliegenden Untersuchungen wurde das Modell um eine diagnostische Bestimmung der Auftriebsgeschwindigkeitwup erweitert.

2.6.2 Vertikalprole fur Temperatur und Salzgehalt

Innerhalb der Deckschicht werden { ihrer Denition als oberste, durchmischte Schicht des Ozeans folgend { vertikal konstante, aber zeitlich variable Werte fur TemperaturTD und SalzgehaltSD angenommen. Die Pyknokline (Sprungschicht) und damit der Ubergang zur zeitlich konstant, aber raumlichvariabel angesetzten Temperatur TB bzw. zum auf die gleiche Weise vorgegebenen Salzgehalt SB des darunter liegenden Ozeans wird durch je ein Exponentialprol beschrieben (Abb.

2.2):

T(z) = TD

S(z) = SD

)

0>z>,hD

T(z) = Tb+ (TD ,Tb)exp[(z + hD)=dT] S(z) = Sb + (SD ,Sb)exp[(z + hD)=dS]

)

,hD >z>,hb

(2.35) Die DeckschichttiefehD ist eine prognostische Variable des Modells, ebenso wie die Skalentiefen der Thermokline (dT) und der Halokline (dS). Dies ist eine Er- weiterung des Stufenprols aus dem sog. Kraus-Turner-Modell (Niiler und Kraus, 1977). Die raumliche (horizontale) Variation der prognostischen Variablen wird dadurch erfat, da die an sich eindimensionalen Gleichungen des Deckschicht- modells an jedem einzelnen (ozeanischen) Gitterpunkt des Meereismodells gelost werden. Die untere Grenze des Modells liegt beihb = 3000 m.

(26)

hi

SD TD

hD

hD

hb hb

dS dT

dS dT

SD TD

Sb Tb Sb Tb

Sommer Winter

QS

QS QT

BS QT

BT BS BT

wup wup

K

Abbildung 2.2: Die fur Polarregionen typische vertikale Struktur des Deckschicht- modells in einer Sommer- und einer Wintersituation und die Flusse von Salz und Warme. Im Winter ist das Wasser der Deckschicht kalter als die darunter lie- gende Sprungschicht; wegen des geringeren Salzgehalts der Deckschicht ist die Schichtung dennoch (schwach) stabil.

(27)

2.6.3 Bilanzgleichungen fur Salz und Warme

Unter der Voraussetzung, da die Skalentiefen dS und dT klein gegen die Tiefe hb ,hD der zweiten Ozeanschicht sind, ist

HT = (TD,Tb)(hD+dT) +Tbhb (2.36) der Warmeinhalt der gesamten Wassersaule zwischen z = 0 und z = ,hb. Der entsprechende Salzgehalt lat sich mit

HS = (SD,Sb)(hD+dS) +Sbhb (2.37) analog formulieren.10

Durch Dierentiation der Gleichungen (2.36) und (2.37) folgt die zeitliche

Anderung von Warme- und Salzinhalt. Diese mu mit den Flussen von Warme und Salz an den Randern des Modells balanciert sein (Warme- bzw. Salzerhal- tung):

_HT = _TD(hD+dT) + (TD ,Tb)(_hD + _dT) = QT+wup(Tb,TD) (2.38) bzw.

_HS = _SD(hD+dS) + (SD ,Sb)(_hD + _dS) =QS+wup(Sb,SD) (2.39) Hierbei reprasentieren QS und QT den Salz- bzw. Warmeu an der Oberache der ozeanischen Deckschicht.wup ist die ozeanische Auftriebsgeschwindigkeit, die bisher auf einen zeitlich und raumlich konstanten Wert gesetzt worden war (z. B.

Owens und Lemke, 1990), fur die vorliegenden Untersuchungen aber diagnostisch aus der Rotation des Windschubes bestimmt wird (Kapitel 3).

Die zeitliche Anderung von Temperatur und Salzgehalt in der Deckschicht wird durch die betreenden Flusse an der Oberache einerseits und durch Ein- mischungsvorgange (Entrainment) am unteren Rand der Deckschicht andererseits bestimmt:

_TD = QT +BT

hD (2.40)

_SD = QS +BS

hD (2.41)

Wahrend die Groe der Oberachenusse durch die Kopplung mit dem Meereis- modell bestimmt wird, hangen die Entrainmentusse von Salz und Warme (BS

10Die Voraussetzung dT hb,hD wird im Jahresgang der Skalentiefe nicht immer erfullt.

Um trotzdem zu realistischen Simulationsresultaten zu gelangen, wird in allen Gleichungen statt der exponentiellen Skalentiefe dT eine modizierte Skalentiefe dT eingesetzt, die in Anhang A deniert wird.

(28)

und BT) von der Vertiefungsrate went der Deckschicht ab. Sie werden parametri- siert durch die Annahme, da die Entrainment-Prozesse in einer im Modell nicht aufgelosten Schicht der Dicke ablaufen, die durch eine mittlere Temperatur T und einen mittleren Salzgehalt S beschrieben wird, wobei die Mittelwerte aus

T = 1

,ZhD

,hD, T(z)dz = Tb+ (Tb,TD)dT

e, dT ,1 (2.42) S = 1

,ZhD

,hD, S(z)dz = Sb+ (Sb,SD)dS

e, dS ,1 (2.43) bestimmt werden. Die Entrainment-Flusse sind dann11

BT = went(T,TD) (2.44)

BS = went(S,SD): (2.45)

2.6.4 Prognostische Bestimmung der Deckschichttiefe

Die Anderung der Deckschichttiefe ist durch die Entrainment-Geschwindigkeit went und die Auftriebsgeschwindigkeitwup gegeben:

_hD =went,wup (2.46)

Die Bestimmung der Vertiefungsrate went der Deckschicht basiert nach Niiler und Kraus (1977) auf einer Bilanz der potentiellen Energie:

_K, = _Epot (2.47)

Hierbei bezeichnet _K die Erzeugung turbulenter kinetischer Energie durch Wind- schub und Eisbewegung an der Oberache der Deckschicht. beschreibt die tie- fenabhangige Dissipation, und

_Epot = h2 g (BD ,Q) (2.48) ist die zeitliche Anderung der potentiellen Energie durch die Dichteanderungen Q und B, die mit den Flussen von Salz und Warme an der Oberache bzw. an der Basis der Deckschicht verbunden sind:

Q = SQS,TQT (2.49)

B = SBS ,TBT; (2.50)

11Das Kraus-Turner-Modell (Niiler und Kraus, 1977) enthalt formal identische Gleichungen, in denen aber nicht die mittlere Temperatur T und der mittlere Salgehalt S innerhalb einer Einmischungszone, sondern die Temperatur Tb und der Salzgehalt Sb des tiefen Ozeans ein- gesetzt werden. Bei gleicher Entrainmentrate uberschatzt das Kraus-Turner-Modell daher die Entrainment-Flusse von Salz und Warme.

(29)

wobei S und T die Entwicklungskoezienten der Dichte bezuglich Salz und Temperatur bezeichnen.g ist die Gravitationsbeschleunigung, und die Formulie- rung mithD=2 ist Ausdruck der Tatsache, da der Schwerpunkt der Deckschicht bei homogener Dichte gerade in ihrer Mitte liegt.

Durch Kombinieren von (2.47) mit (2.48) und Einsetzen von (2.44), (2.45), (2.49) und (2.50) folgt fur die Vertiefungsrate der Deckschicht:

went = 2 _K D1+g hDQD2

g hD ; (2.51)

wobei

= S(S,SD),T(T,TD) (2.52) die Dichtedierenz zwischen Deckschicht und Entrainment-Zone angibt. Der er- ste Summand im Zahler von Gleichung (2.51) beschreibt den Beitrag des Wind- schubs, der zweite den der Konvektion.D1 undD2bezeichnen die tiefenabhangige Dissipation der mechanisch bzw. konvektiv eingetragenen turbulenten kinetischen Energie:

D1 = exp(,hD=hw)

D2 = exp(,hD=hc) fur Q > 0

D2 = 1 fur Q < 0

Die Skalentiefen der Dissipation hw und hc wurden zusammen mit der tur- bulenten Langenskala durch Anpassung an Salzgehaltsprole bestimmt, die wahrend des Artic Ice Dynamics Joint Experiment (AIDJEX) im Verlaufe eines Jahres beobachtet worden waren. Ihre Werte sind (Lemke, 1987):

hw = 7 m hc = 50 m = 8 m

Um bei schwach stabiler Schichtung des Ozeans tiefe Konvektion zuzulassen, wird die Dissipation konvektiver Energie nach oben begrenzt: Fur hD > hc wird D2 = exp(,1) angesetzt.

Die Beziehung (2.51) gilt nur, solange der Zahler positiv ist, also nur fur die Vertiefung der Deckschicht. Wahrend der Sommerperiode wird die Deckschicht auch in polaren Regionen jedoch so stark erwarmt, da die durch Windschub erzeugte turbulente kinetische Energie nicht ausreicht, um den stabilisierenden Eekt der durch Erwarmung und Suwasseru12 reduzierten Dichte zu kompen- sieren. Wahrend dieser Zeit zieht sich die Deckschicht auf die Gleichgewichtstiefe

12Der Eintrag von Suwasser beim Schmelzen von Meereis ist Teil der Kopplung zwischen Meereis- und Deckschichtmodell und wird in Abschnitt 2.6.6 behandelt.

(30)

~h zuruck, die diagnostisch durch die Monin-Obukhov-Lange13 gegeben ist. Ihren Wert erhalt man, indem man in Gleichung (2.51) went = 0 einsetzt:

~h =,2 _K D1

g Q (2.53)

Um numerischeOszillationen der Deckschichttiefewahrend der Ruckzugsphase zu verhindern, wird _hD in diesem Fall soweit reduziert, da der Wert von ~h innerhalb von zehn Tagen erreicht wird.

Anderungen der Temperatur und des Salzgehalts der Deckschicht wahrend der Ruckzugsphase werden mit Hilfe von (2.40) und (2.41) bestimmt, indem die Entrainment-Flusse BT und BS gleich Null gesetzt werden.

2.6.5 Bestimmung der Skalentiefen

Die Skalentiefen der Exponentialprole fur Temperatur und Salzgehalt in der Pyknokline lassen sich aus den Gleichungen (2.36) und (2.37) fur Warme- und Salzinhalt der Wassersaule durch Einsetzen der aktuellen Werte fur HT, TD und hD bzw.HS, SD und hD gema

dT = HT ,Tbhb

TD,Tb ,hD (2.54)

dS = HS ,Sbhb

SD ,Sb ,hD (2.55)

bestimmen.14

Um die Diusion im Falle groer Temperatur- und Salzgradienten zu beruck- sichtigen, werden dS;dT = 5 m als minimale Werte fur die Skalentiefe der Expo- nentialprole gesetzt.

Bei sehr kleinen Temperatur- bzw. Salzgehaltsdierenzen zwischen der Deck- schicht und dem tiefen Ozean ist die Berechnung der SkalentiefendS und dT mit den Beziehungen (2.54) und (2.55) nicht moglich, da in diesem Fall der Quotient auf der rechten Seite der Gleichungen singular wird. Wahrend dies beim Salz- gehalt im Bereich des Weddellmeeres im allgemeinen nicht eintritt, erreicht der Jahresgang der DeckschichttemperaturTD in fast allen Regionen des Modells die

13Die Monin-Obukhov-Lange beschreibt die vertikale Ausdehnung von Konvektionsprozessen innerhalb einer atmospharischen oder ozeanischen Grenzschicht.

14Zwar lassen sich auch explizit prognostische Gleichungen fur die Skalentiefen formulieren (Lemke, 1987), doch erfolgt die Berechnung im Modell in der beschriebenen Form. Die Bezie- hungen (2.54) und (2.55) sind zwar diagnostische Gleichungen, dT und dS hangen aber von der zeitlichen Entwicklung des Warme- und Salzgehalts ab und sind somit selbst prognostische Variablen.

(31)

Temperatur Tb des tiefen Ozeans. Wahrend dieser Zeit wird die Anderung der Skalentiefe aus der Anderung der Deckschichttiefe bestimmt:

_dT =,_hD (2.56)

Die Deckschichttemperatur wird dann unter Ausnutzung der Warmeerhaltung

aus TD = HT ,Tbhb

hd+dT +Tb (2.57)

berechnet. Fur den Salzgehalt gilt die analoge Beziehung SD = HS,Sbhb

hd+dS +Sb: (2.58)

2.6.6 Kopplung mit dem Eismodell

Das Modell der ozeanischen Deckschicht wird durch die im Meereismodell berech- neten Flusse von Salz, Warme und turbulenter kinetischer Energie angetrieben.

Bei gegebenen Randbedingungen an der unteren Grenze des Deckschichtmodells (z = ,hb) wird daraus die zeitliche Entwicklung der Modellvariablen bestimmt und die Groe des ozeanischen Warmeusses an das Meereismodell ubergeben.

Die Erzeugung turbulenter kinetischer Energie K wird gema

_K = CW j~uj3cos (2.59)

aus der Eisdriftgeschwindigkeit~u berechnet. Der Reibungskoezient CW = 0:005 und der Reibungsdrehwinkel = 24 wurden aus Daten des AIDJEX- Experimentes bestimmt (McPhee und Smith, 1976; Lemke und Manley, 1984).

Der Oberachen-Salzu QS ergibt sich aus dem Netto-Suwasseru F und aus der thermodynamischen Anderung des Eisvolumens:

QS = (SD ,Si) wi @h

@t

!

th

,FSD (2.60)

Neben der Dierenz zwischen Niederschlag und Verdunstung im unbedeckten Teil der Gitterzelle enthalt F auch den Suwasseru aus dem Schmelzen der im eisbedeckten Teil vorhandenen Schneeauage.Si ist der Salzgehalt des Meereises, der mit 5 psu angenommen wird.i und w bezeichnen die Dichten von Meereis bzw. Meerwasser.

Die thermodynamische Anderung des Eisvolumens wird durch den at- mospharischen Warmeu Qa (Gleichung 2.4) und den Entrainment-Warmeu

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