Clemens Simmer
Meteorologisches Institut
Was sind die
meteorologischen
Grundgleichungen?
2
1. Übersicht
2. die meteorologischen Basisvariablen und ihre Verknüpfung
3. die Bewegungsgleichung 4. Zusammenfassung
Gliederung
Zur Bestimmung der sieben grundlegenden
meteorologischen Variablen:
Wind (3) Luftdruck
Lufttemperatur Luftdichte
Luftfeuchtigkeit ...
...benötigen wir
die sieben meteorologische Grundgleichungen:
Bewegungsgleichung (3) Kontinuitätsgleichung
1. Hauptsatz der Wärmelehre Wasserdampfbilanzgleichung Zustandsgleichung der Luft.
Sechs der meteorologischen Grundgleichungen betreffen zeitliche Ableitungen der meteorologischen Variablen
-> (Wetter)Vorhersagen sind möglich!
1 Übersicht
4
2 Die meteorologischen Basisvariablem und ihre Verknüpfungen
1. Druck, Dichte und Temperatur
Zustandsgleichung für ideale Gase
statische Grundgleichung
1. Hauptsatz der Wärmelehre
2. Wind
Kontinuitätsgleichung
3. Feuchte
Kontinuitätsgleichung für Wasserdampf
2.1 Druck, Dichte und Temperatur
• Was ist Temperatur?
• Was ist Luftdruck?
• Wie erzeugt Luftdruck Luftbewegung?
• Die Gleichung für ideale Gase
• Die statische Grundgleichung
• Der erste Hauptsatz der Wärmelehre
6
Was ist Temperatur?
• Die Temperatur hängt mit der mittleren kinetischen Energie (Bewegungsenergie) der einzelnen Moleküle zusammen:
• Temperatur hängt also nicht von der Anzahl der Moleküle (also z.B.
von der Dichte) ab! (siehe Ausdehnung ins Vakuum)
• Der Wärmeenergie eines Luftvolumens (genauer: Definition der inneren Energie E) ist proportional zu Temperatur T und zur Wärmekapazität bei kontantem Volumen CV ([CV]=J/K)
Konstante -
Boltzmann J/K
10 1.3806
Moleküls
eines or
gkeitsvekt Geschwindi
Moleküls eines
Masse
mit
23
-
B B
k v m T
k mv
2 3 2
2
J/(kgK) mit
;
717
V v cVT cv
m e E
T mc T
C E
Was ist Luftdruck?
• Luftdruck ist auf molekularer Ebene die Flussdichte der Impulse der Luftmoleküle, denn
Druck = Kraft / Fläche = kg x m/s2 / m2
= (kg x m/s) / (m2 s)
= Impuls / (Fläche x Zeit)
• Luftdruck ist daher
– proportional zur Dichte der Luft (mehr Moleküle→mehr Impulse), und
– proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit der Luftmoleküle, denn
• Impuls =mv, (m Masse, v Geschwindigkeit) und
• Häufigkeit des Durchfliegens eine Fläche ~ v.
• Bei ruhender Luft ist die Impulsflussdichte durch eine Fläche unabhängig von der Orientierung (Druck ist kein Vektor!)
• Warum bewegen Druckunterschiede die Luft?
8
Warum bewegen Druckunterschiede die Luft ? (1)
t=to
t=to+Δt
Betrachte alle Moleküle, die an beiden Enden des Luftvolumens in der Zeit Δt mit Umgebung ausgetauscht werden. Rechts herrsche ein höherer Druck (Impulsdichte) als links durch höhere Temperatur (T~v²).
Das Volumen hat eine Gesamtimpulsänderung nach links erfahren. Es wird also nach links beschleunigt!
Warum bewegen Druckunterschiede die Luft ? (1)
t=to
t=to+Δt
Betrachte alle Moleküle, die an beiden Enden des Luftvolumens in der Zeit Δt mit Umgebung ausgetauscht werden. Rechts herrsche ein höherer Druck (Impulsdichte) durch mehr Moleküle.
Das Volumen hat eine Gesamtimpulsänderung nach links erfahren. Es wird also nach links beschleunigt.
1 0
• Offensichtlich beschleunigt der Druckgradient dp/dx (x beliebige Raumkoordinate) Luft zum niedrigeren Druck.
• Ein Dimensionsanalyse des Druckgradienten ergibt, dass sich die Druckgradientbeschleunigung durch Division mit der Dichte ergibt
• In der Vertikalen wird die Druckgradientbeschleunigung mit sehr guter Näherung durch die Schwerebeschleunigung g=9,81 m/s² kompensiert – es folgt die statische Grundgleichung:
Statische Grundgleichung
gung Beschleuni
Dichte
/
2 3
2 2
s m m
kg m
m kgms
dx
dp
dz g
dp
1
1
Zustandsgleichung für ideale Gase
• Druck (p), Temperatur (T) und Partikelanzahl (n= Anzahl der Mole des Gases im Volumen) sind verknüpft durch:
• Luft ist ein Gasgemisch; die spezifische Gaskonstante ergibt sich aus einem mittleren Molekulargewicht
→ RM=RL=R/ML=const mit ML=28,965 kg/kmol, RL=287 J/(kg K)
• Üblicherweise nutzen wir in der Meteorologie die Formulierung mit der Dichte
(kg) Gases
des Masse die
ist m
Gases des
ewicht Molekularg
M
te Gaskonstan
spezielle
mit
te Gaskonstan
allgemeine
K) J/(kmol
8314,4 R
mit
R/M R
T mR M T
m R M RT
pV m
nRT pV
M
M
T R T
V R
p m M M
1 2
Analyse von pV=nRT
p
V
T=const warm
kalt
p
T
V=const
groß
klein V
T
p=const
hoch niedrig
V
T
V=const p=const
T V nR
p * const 1
T
V p nR
const
* T
p V nR
const
*
1
1. Hauptsatz der Wärmelehre (1)
Bei fester Wand ändern auftreffende Luftmoleküle nur ihre Richtung; ihre kinetische Energie bleibt konstant und damit auch die Temperatur im Volumen.
Bewegt sich die Wand z.B. durch den Druck der Luftmoleküle nach rechts, so haben die reflektierten Luftmoleküle eine
geringere kinetische Energie; da die Temperatur proportional zur mittleren kinetischen Energie eines Luftmoleküls ist,
nimmt die Temperatur im Volumen ab.
Ausdehnung eines Gases gegen einen äußeren Druck führt zur Abnahme der Temperatur des Gases.
Die Temperatur hängt mit der inneren Energie des Gases zusammen. Es gibt also eine Umwandlung zwischen innerer Energie und Ausdehnungsarbeit (→ Erster Hauptsatz der Wärmelehre)
1 4
1. Hauptsatz der Wärmelehre (2)
• Diese Ausdehnungsarbeit muss also auf Kosten der inneren Energie des Gases gehen, also pΔV=-mcVΔT.
• Nun könnte aber das Gas durch andere Wärmeströme ΔQ zusätzlich erwärmt oder abgekühlt werden (über die Wände, Kondensation von Wasserdampf), also ΔQ = pΔV+mcVΔT
• Das ganze differentiell nach Division durch m mit α=1/ρ und cp=cv+RL
V
p ΔV =
→ V + ΔV
(Kraft/Fläche) x Volumen = Kraft x Weg = A (Arbeit)
dp dT
c dq
pd dT
c
dq V oder p
1
1. Hauptsatz der Wärmelehre (3)
• Lässt man weder Kondensation noch andere Wärmeflüsse zu (sogenannte adiabatische Veränderungen) so gilt
• Wendet man die statische Grundgleichung auf dp an, so gibt sich für vertikale adiabatische Bewegungen
• Ohne externe Wärmezufuht kühlt sich Luft beim Aufsteigen um ca 1 K/ 100m Höhenunterschied ab
p L c R
p L p
L
p p
p T
T p
dp c
R T
dT p
c T R c
dp
dT
0 0
m c K
g dz
gdz dT dp
dT c
p
p 0,98 /100
1 6
2.2 Wind
• Wind als Vektor
• Konvergenz und Massenänderungen
• Kontinuitätsgleichung
1
• Geschwindigkeit, mit der sich die Luft bewegt und ihre Richtung
• Bezug ist dabei ein endliches Luftvolumen – nicht einzelne Moleküle (Kontinuumsmechanik, Hydrodynamik).
z
i
x (Ost)
y (Nord)
j
k
vh
v
w
v u
2 2
2
cos
sin sin
cos sin
w v
u v
k w j
v i
u v
v w
v v
v u
Dabei ist λ die Winkelabweichung von der Ostrichtung, und φ die Winkelabweichung von der Vertikalen.
Wind als Vektor
1 8
36
27 9
18
W O
S N
Horizontale Windgeschwindigkeit
Für große Skalen (lange
Zeitmittelung (mehrere Minuten) oder Mittelung über viele Kilometer gilt u~v>>w.
2
2 v
u v
j v i
v u v u
h h
Achtung: Die übliche Windrichtungsangabe ist dem Windvektor entgegengesetzt.
Merksatz: Strom: wohin er geht, Wind: woher er weht.
1 9
Divergenz der Windgeschwindigkeit
y v x
v u v
div
z w y
v x
u u v
v div
H H
i i
x
< 0 > 0 < 0
t=0 t=t1
• Bei Beschränkung auf die horizontalen Windkomponenten wird der
Zusammenhang zwischen Strömungsfeld und Divergenz unmittelbar deutlich.
• Die ∂ (sprich „del“) bezeichnen partielle Ableitungen (d.h. hier wird z.B. die Zeit konstant gehalten)
Die Divergenz eines Windfeldes quantifiziert das Zusammen- (Konvergenz, negative Divergenz) oder Auseinanderströmen (Divergenz) der Luft.
2 0
Divergenz und Massenerhaltung
Dichte und
Masse mit
) (
Volumen, festen
einem aus
nfluss Nettomasse
m
V t t
V t
M m
kg/s [M]
M
V,m,ρ=m/V Mi
heraus aus
Fluss wenn
x zu senkrecht Randfläche
eine durch
s Massenflus
V
ρ F v M
, M
x F x
x
x 0
, ˆ
, ˆ ˆ
hen Doppelfläc zwei
anderen die
für auch dann
gilt Das
. x x
M - M Mˆ
z.B also
anderen zu
Stirnseite einer
M von Änderung die
nur aber rt
interessie Es
V x
x x
x
z V M w
y V M v
x V M u
x F ρ v x
M
z y
x
x
x Fx
v
dt v d
t
V z v
w y
v x
M u M
M t V
M x y z
oder
h schließlic und
ˆ V ˆ
ˆ
sich ergibt Zusammen
Beweisohne
2
2.3 Feuchte
• Feuchtemaße
• Kontinuitätsgleichung für Wasserdampf
2 2
Feuchtemaße
w absolute Feuchte [kg m-3]
• e Partialdruck des Wasserdampfs [hPa]
• Td Taupunkt [K]
Abkühlung auf Taupunkt führt zur Kondensation
• q spezifische Feuchte [kg/kg]
Masse des Wasserdampfes zur Gesamtmasse der feuchten Luft
• m Mischungsverhältnis [kg/kg]
Masse des Wasserdampfes zur Gesamtmasse der trockenen Luft
• f relative Feuchte [%] =e/es mit es
Sättigungsdampfdruck
2
Auswirkungen der Feuchte
• Gaskonstante für Luft RL aber auch die spezifischen Wärmekapazitäten von Luft (cV und cp) sind leicht vom Wasserdampfgehalt abhängig
• Gegenüber der Masse der „trockenen“ Luft bleibt die Masse des Wasserdampfes nicht konstant (Kondensation, Verdunstung).
• Entsprechend muss die „Kontinuitätsgleichung“ für Wasserdampf Quellen und Senken enthalten.
• Schließlich muss der 1. Hauptsatz bei der externen Wärmezufuhr die Umwandlungswärmen enthalten.
t.
beeinhalte Wasser
von
ndlungen Phasenumwa
alle wobei
schreiben wir
müssen
Anstatt
W W
dt v d
dt v d
w w
2 4
3 Die Bewegungsgleichung
• Die Bewegungsgleichung im Inertialsystem
• Auswirkung der rotierenden Erde – Bewegung in einem rotierenden Koordinatensystem
• Skalenanalyse der Bewegungsgleichung
– geostrophische Approximation – hydrostatische Approximation
2
Die Bewegungsgleichung im Inertialsystem
• In einem Inertialsystem gelten die Newtonschen Axiome, insbesondere
– N2: Greift eine Kraft an einem Körper an, so reagiert der mit einer Beschleunigung in Richtung der Kraft mit einem Betrag umgekehrt zu seiner trägen Masse
– N4: Greifen mehrere Kräfte an, müssen diese vektoriell addiert werden.
• In der Erdatmosphäre gilt insgesamt mit sehr guter Näherung
fR
aft Reibungskr
, k -g g
t Schwerkraf
entkraft Druckgradi
mit
Kraft ifische
massenspez
eit schwindigk Absolutge
mit
,
3 2
1 3
1
1 f f
ρ p - f
f f
f v m f
K dt
v K d
dt v m d
i i
a a
a
a p gk fR
dt v
d
1
2 6
Auswirkung der rotierenden Erde –Bewegung in einem rotierenden Koordinatensystem
• Das erdfeste System ist kein Inertialsystem, da jeder feste Punkt (bis auf die Pole) durch die Erddrehung ständig seine Bewegungsrichtung ändern muss.
• Massen auf der Erde reagieren auf diese Beschleunigungen mit Trägheit, d.h. sie versuchen ihre momentane Bewegung im
Inertialsystem beizubehalten.
• Im erdfesten System erscheinen diese Trägheitsbewegungen als
Beschleunigungen, die dann als Reaktion auf Scheinkräfte interpretiert werden (Zentrifugal- und Coriolisbeschleunigung).
• Die Zentrifugalbeschleunigung führt zur Erdabplattung, die sich so einstellt, dass die Summe aus Zentrifugalbeschleunigung und Erdanziehung normal zur Erdoberfläche sind.
• Sie „verschwindet“ in g.
gN
gz
g
2
Coriolisbeschleunigung - anschaulich (1) -
• Ein von P (fest auf der Scheibe) nach Q geworfener Körper hat auch eine x-
Komponente der Geschwindigkeit; sie entspricht etwa der u-Bewegung von P.
• Nach der Zeit Δt ist P bei P‘ und auch der Körper muss etwa die gleiche Strecke in x-Richtung nach
Q‘zurückgelegt haben.
• Der Punkt Q hat sich aber nur nach Q‘‘
verlagert, durch die kleinere Entfernung von der Drehachse.
• Der Körper hat sich relativ zur
Scheibenoberfläche nach rechtsbewegt.
• Analoges ergibt sich für die umgekehrte Richtung.
t0
t+Δt
P P‘
Q
Q‘‘
Q‘
2 8
Coriolisbeschleunigung - anschaulich (2) -
• Die Vektoren seien Wege nach einer festen Zeit.
• P wirft nach Q (blauer Vektor).
• Doch gleichzeitig ist die Drehung der Scheibe zu berücksichtigen (roter Vektor).
• Die Summe ist der grüne Vektor.
• Beachte die Position des
Körpers Q‘‘ in Relation zu Q‘, dem Ort, an dem der
Zielpunkt nach der zeitspanne ist.
Rechtsablenkung P
P‘
P P‘
Q‘ Q
Q Q‘
Q‘‘
Q‘‘
2
Bewegung in einem rotierenden Koordinatensystem
• Eine formale Ableitung liefert für die
Coriolisbeschleunigung , wobei Ω der Vektor der Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung ist
(=2π/60x60x24 s-1)
• Offensichtlich (Rechte-Hand-Regel) zeigt diese
Beschleunigung auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links.
• Insgesamt haben wir dann (v ist hier die Geschwindigkeit in einem Koordinatensystem, das fest auf der Erde verankert ist)
fR
v k
g dt p
v
d
1 2
v fC
2
3 0
Bewegung in einem rotierenden Koordinatensystem
fR
v k
g dt p
v
d
1 2
komponentenweise
z R
y R
x R
f -g
z u p dt
dw
f y v
p dt
dv
f w
x v p dt
du
, , ,
cos
sin
cos
sin
1 2 1 2 1 2
gekoppelte nichtlinear Diff‘gleichungen 2. Ordnung
3
Skalenanalyse (1)
- synoptische Systeme der mittleren Breiten -
• Synoptische Skalenanalyse der z-Komponente (Vertikalwind)
-> statische Grundgleichung
• Synoptische Skalenanalyse der x/y- Komponente (Horizonalwind)
-> der geostrophische Wind
3 2
Skalenanalyse (2)
- charakteristische synoptische Größen -
• Horizontalgeschw. U ~ 10 m/s
• Vertikalgeschw. W ~ 10-2 m/s
• Länge L ~ 106 m (1000 km)
• Höhe H ~ 104 m (10 km)
• Luftdruckvariat. P ~ 103 Pa (10 hPa)
• Zeit L/U = T ~ 105 s (ca. 1 Tag)
• Coriolisparam. f = 2sin~ 10-4 s-1
• Luftdichte ~ 1 kg/m3
• Luftdruck am Boden po ~ 105 Pa (1000 hPa)
3
synoptische Skalenanalyse (3)
– horizontale Bewegungsgleichung -
x
FFr
w x v
p dt
du
) ,
cos sin
(
1 2
y
FFr
y u p dt
dv
,
sin
1 2
U/T 1/ p/L fU fW -
10-4 10-3 10-3 10-6 - m/s2
...Coriolisbeschleunigung und Druckgradientbeschleunigung heben sich gegenseitig auf!
p p 3 p p 2 p
p 1 p
F F P , H
C , H
vg
T
H
3 4
synoptische Skalenanalyse (5)
- 3. Bewegungsgleichung -
z
f
Fu z g
p dt
dw
cos
,
2
1
W/T 1/ po/H g fU -
10-7 10 10 10-3 - m/s2
z g
p
...Schwerebeschleunigung und Druckgradientbeschleunigung heben sich gegenseitig auf!3
4 Zusammenfassung
T R p L
v W
dt d
w
w
H
c dt
dp c
dt dT
p p
1 dt v
d
FFr
g v
dt p v
d
1 2
6 prognostische Gleichungen
1 diagnostische Gleichung
für sieben meteorologische Basisvariablen
Alle Gleichungen sind mehrfach mit einander gekoppelt.
Sie lassen sich durch die Zeitabhängigkeit für die Zukunft lösen
Wetter und Klimavorhersage ist möglich!