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Archiv "Tips für Kunstauktionen" (24.06.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FEUILLETON

Tips

für Kunstauktionen

Othmar Filitz

Jeder, der einmal eine Kunstauk- tion besuchte, kennt die knisternde Atmosphäre, kennt die eigene Spannung bei Ausruf eines erstreb- ten Werkes und kennt auch die oft unbedachten Käufe mit unvernünfti- gen Preissteigerungen. Es ist daher angebracht, sich einmal den Ver- lauf einer Versteigerung vom psy- chologischen Standpunkt vor Au- gen zu halten. Ärzte wissen es, ein überfülltes Wartezimmer bringt immer wieder neue Patienten; es zeigt an, daß der Arzt besonders gefragt ist. Daher werden große Warteräume, in denen sich die Pa- tienten verlieren, möglichst vermie- den. Die Anzahl der Interessenten bestimmt Erfolg oder Mißerfolg, oft unabhängig von der gebotenen Qualität.

Große Kunstauktionen locken durch die Fülle der Angebote auch eine große Zahl von Bietern des In- und Auslandes an. Hier werden daher auch die höchsten Preise erzielt. Auktionshäuser, bei denen der Schwerpunkt auf reinen Anti- quitäten liegt, bei denen Gemälde nur „mitlaufen", verzeichnen bei deren Aufruf meist gähnende Leere im Saal; wegen zwei oder drei be- merkenswerten Gemälden werden keine Interessenten von weither anreisen, der Aufwand lohnt sich nicht. Hier kann man, die günstig- sten Ankäufe tätigen.

Ein an sich unbedeutender Gegen- stand kann durch eine große Zahl von Bietern auch in den Augen vorerst Unbeteiligter an vermeint- lichem Wert gewinnen und den Er- werb vorteilhaft erscheinen lassen.

Bereits bei den Vorbesichtigungen muß man sich überlegt verhalten.

Starkes Interesse für ein ausge- stelltes Werk zu zeigen bedeutet auch, andere Besucher darauf auf- merksam machen und sie gera- dezu zum Mitbieten aufzufordern.

Langes Verweilen vor einem er- strebten Kunstwerk heißt, beim Po- ker mit offenen Karten zu spielen.

Es ist daher angebracht, die Aus- stellungsräume mehrmals zu durch- streifen, um immer wieder Eindrük- ke zu sammeln. Zudem ist ein öf- teres „neues" Sehen zur objektiven Beurteilung besser als ein einmali- ges Verweilen.

Auf die angegebenen Schätzpreise sollte man sich keineswegs ver- lassen. Man sollte sich selbst gleich ein Limit setzen und selbstver- ständlich berücksichtigen, daß zum Zuschlag noch das Aufgeld von zwölf bis zwanzig Prozent, außer- dem die Mehrwertsteuer (bei Anti- quitäten 5,5 Prozent von der Ge- samtsumme) berechnet werden.

Den eigentlichen Wert der ange- botenen Kunstwerke kann man durch Vergleich der höchsten und niedrigsten Preise vergleichbarer Werke bei den letzten Kunstauk- tionen ermitteln, wobei die Au- tionskataloge und die Ergebnisli- sten heranzuziehen sind. Der er- rechnete Mittelwert entspricht meist dann dem derzeitigen Wert. Ein versierter Käufer wird den so er- mittelten Preis nicht überbieten, es sei denn, es handelt sich einwand- frei um eine echte Trouvaille mit falscher Zuschreibung, oder es spielen wichtige emotionale Gründe mit: Ergänzung der eigenen Samm- lung durch ein schon lange gesuch- tes Kunstwerk oder selten angebo- tener Meister.

Je günstiger ein Gemälde erwor- ben wird, desto größer ist später die Freude an seinem Besitz. Ein überbezahltes Kunstwerk wird bei jedem Betrachten einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Es spielen hier also nicht nur finan- zielle Gründe für eine preisgünstige Erwerbung mit, sondern auch psy- chologische.

Berufshändler versuchen schon bei den Vorbesichtigungen, Konkurren- ten von vornherein auszuschalten.

Hierbei werden vor allem zwei Praktiken geübt, das Sich-Arran- gieren und die Bildung von Ringen.

Beim Arrangieren versucht man zu erfahren, wer noch an Werken in- teressiert ist, an deren Erwerb ei- nem selbst gelegen ist. Durch un- auffälliges Beobachten dieser Per- sonen kann man in Erfahrung brin- gen, bei welchen Kunstwerken sie voraussichtlich bieten werden, um dann eine Absprache zu treffen.

Man teilt die angebotenen Objekte bei der Versteigerung unter sich auf. Es tritt bei der Auktion nur ein Bieter auf, der von dem an- deren nicht überboten wird. Je mehr derartige Absprachen getrof- fen werden, desto günstiger der Kauf. Selbstverständlich ist dieses Vorgehen nur bei öfterem und län- gerem Verweilen in den Ausstel- lungsräumen möglich.

Bei der Bildung von Ringen verei- nigen sich mehrere Interessenten und beauftragen einen der gebil- deten Gemeinschaft zum Erstei- gern der gewünschten Werke. Auch hier ist das Ziel, möglichst wenig Bieter auftreten zu lassen und da- durch den Preis zu drücken. Nach der offiziellen Kunstauktion findet dann noch eine Versteigerung im engen Kreise statt. Der zusätzliche Erlös wird unter der Gemeinschaft aufgeteilt.

Beide Praktiken haben also das Ziel, die Auktion zu verlangsamen und der Massenhysterie entgegen- zuwirken.

Man muß sich immer vor Augen halten, je mehr Bieter, desto schneller der Auktionsverlauf, des- to höher die Preise.

Immer wieder erlebt man auf Ver- steigerungen, daß beim Herunter- setzen des Ausrufpreises plötzlich eine Menge Bieter auftreten, die vorher nicht daran dachten, ein Ge- bot abzugeben. Das Auktionsgut wird dann bei zahlreichen Bietern rasch auf eine Höhe getrieben, die vorher als ganz unwahrscheinlich galt. Falls also kein anderer Bieter vorhanden ist, sollte man, wenn der Erwerb beabsichtigt ist, die Hand heben; denn schnelles Bieten ko- stet Geld. Futterneid zeigt sich bei Auktionen besonders deutlich. >

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 26 vom 24.Juni 1976 1785

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Tips für Kunstauktionen

Die Masse wird mitgerissen, stei- gert dann ohne Überlegung in die Höhe, um bei derart viel Konkur- renten ja keinen guten Kauf zu ver- säumen. Es ist auch unzweckmäßig, wenn ein Gebot abgegeben wurde, gleich mitzusteigern. Hier zahlt sich Geduld wirklich aus. Man warte ruhig ab, bis das vorerst höchste Gebot abgegeben wurde, um dann, wenn das sich selbst gesetzte Limit noch nicht erreicht ist, zögernd mit- zubieten. Man verärgere ruhig den Versteigerer damit, daß man stets vor dem Zuschlag noch weiterstei- gert. Der Konkurrent hat so Gele- genheit, sein Gebot noch einmal zu überprüfen und zu überlegen, ob er wirklich ein höheres Gebot abge- ben kann und will. In den meisten Fällen wird sogar der nun allein- stehende Bieter glauben, daß nun eine neue Bietphase beginnt, und sich daher zurückhalten. Nervös wird er werden, wenn er nicht er- kennt, woher das Gebot kommt; da- her möglichst unauffällig bieten.

Diese Taktik wird vor allem bei den großen Auktionen in London ge- übt. Dort werden vor der Verstei- gerung mit dem Versteigerer Ab- sprachen getroffen, wie auf ein be- stimmtes Zeichen weitergeboten wird. Es ist hier nicht der Wunsch nach Anonymität ausschlaggebend, sondern mehr die beabsichtigte Un- sicherheit, die man erzeugen will.

Zögerndes und unauffälliges Bieten erspart immer Geld.

Es ist zudem durchaus möglich, daß sich unter den Bietern auch der Ein- lieferer befindet und mitbietet, um den Erlös für ihn günstiger zu ge- stalten. Allerdings wird er dieses nur so lange tun, als keine Gefahr für ihn besteht, daß ihm tatsächlich das eingebrachte Kunstwerk zuge- schlagen wird. Bei einer abwarten- den Haltung anderer Bieter kann er diese Methode nicht praktizieren, weil ein Zuschlag an ihn selber ei- nen erheblichen Verlust bedeuten würde.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Othmar Filitz Buschstraße 4

5300 Bonn

FEUILLETON

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Die Frau am Kreuz.

Diese im Original bunte Collage (For- mat 33 mal 24 Zentimeter) schickte Dr. med.

Horst Hefler, Facharzt für Chirurgie, Klosterstern 6, 2000 Hamburg 13. Er schreibt dazu: „Wenn man die Presse aufmerksam beobachtet, er- kennt man das unverminderte Interesse am § 218. Nach langem Zögern meine ich nun doch, meine ‚künstlerische' Bewältigung die- ses Problems veröffentlichen zu sollen. Ein Bildner kann denen, die diese Sprache verstehen, mehr als Worte sagen, und ein Bild kann sich auf diese Weise besser denn schriftlich artikulieren. Es handelt sich um eine Collage aus bunten Reklameseiten ärztlicher Zeitschriften. Das Bild stellt eine am Kreuz geopferte Frau dar — die Frau, das permanente Op- fer der Fortpflanzung, männlicher Begierden, eigener Triebe und Ängste.

Gegenspieler ist der menschliche (männliche?) Geist, der Zwänge, Be- gründungen, Ablehnung formuliert und Paragraphen, Pillen, Kindermord und Abtreibung erfindet. Symbole weiblicher Not und männlicher Gedan- kenlosigkeit. Entfliehende Kinderseele — erynnienhafter Nachtmahr über der Szene. Das allesfressende, blutgierige Hirn ist als Vogel in Beziehung zur Sexualität gebracht. Alles in allem, eine Bildgeschichte, die Anstoß zum Nachdenken geben soll." DÄ

1786 Heft 26 vom 24.Juni 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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