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Archiv "Bericht über eine Restitution: Happy End für ein Gemälde" (22.02.2013)

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A 332 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 8

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22. Februar 2013

BERICHT ÜBER EINE RESTITUTION

Happy End für ein Gemälde

Ein Berliner Arzt ersteigert ein Bild und erfährt, dass es einst einem Berliner Medizinprofessor gehörte, der sich als Jude 1938 zur Emigration gezwungen sah. Die seltene Geschichte der privaten Rückgabe eines Porträts

V

or fünf Jahren wollte Dr. med.

W. E. (Name der Redaktion bekannt), Berlin, ein Bild erstei- gern. Auf einer Berliner Auktion wurde ein Gemälde angeboten, dass er selbst nur als „offensichtlich sehr ungepflegt, stark beschnitten und dazu ungerahmt“ bezeichnen konn- te. Doch die „herausragende Mal- qualität“ hatte es ihm angetan.

Nachdem er das Bild dann für einen

„mittleren zweistelligen Betrag“ er- worben hatte, ermittelte E. den Ma- ler sowie die dargestellte Person.

Seine Recherchen ergaben, dass es sich um ein Porträtwerk des Malers Max Slevogt handeln könnte. Der Keilrahmen trägt die Kugelschrei- berbezeichnung „Prof. Glaessner Berlin“. Mit Hilfe von Berliner Adressbüchern, der Ärztekammer Berlin, der Archive von Bund und Land, vor allem aber der Entschädi- gungsbehörde auf dem Fehrbelliner Platz in Berlin gelang es, die Bio- grafie des Porträtierten zu rekon- struieren:

Paul Glaessner wurde am 15. De- zember 1876 in Lobositz (Böhmen) geboren. Er war bis zu seiner Ein- bürgerung in Chile tschechoslowa- kischer Staatsbürger. 1901 erhielt er in Prag die Approbation, dort wurde er an der Deutschen Universität auch promoviert. Im Anschluss an die Zeit als Assistent bei Profes - sor Leser an der Universitätsklinik Halle wurde er Assistent von Pro- fessor Hoffa an der Berliner Chari- té. Nach dessen Tod leitete er die orthopä dische Abteilung der Chir - urgischen Universitätsklinik der Cha - rité unter Professor Hildebrand. Am

18. März 1912 erhielt er die Aner- kennung als Facharzt für Chir urgie und Orthopädie. Am 31. Juli 1919 wurde ihm der Professoren titel ver- liehen. Mehr als zwei Jahrzehnte unterhielt Glaessner anschlie ßend ein bedeutendes „chirurgisch-ortho- pädisches Institut“ in Berlin.

Entwürdigung des privaten und beruflichen Lebens

Seit 1933 kam es zu einer zuneh- menden Entwürdigung seines pri- vaten und beruflichen Lebens.

Nachdem ihm 1938 die kassenärzt- liche Zulassung entzogen wurde, entschloss er sich auszuwandern.

Es kam zu „Verschleuderungsver- käufen von Grundbesitz, Einrich- tungsgegenständen und medizini- schem Gerät“, berichtet E. dem Deutschen Ärzteblatt. Anfang Sep- tember gelang Glaessner die Flucht nach Prag. Ein Jahr später wanderte er nach Chile aus. Dort führte Glaess ner bis zu seinem Herztod am 7. März 1950 nach Angabe der Witwe ein „relativ verarmtes und leidvolles Leben“. Sein Sohn starb

1989 in Chile, seine Tochter lebt heute noch im Alter von 98 Jahren in São Paulo, Brasilien.

Zu dem von ihm erworbenen Bild stellte sich E. mehrere Fragen:

Hatte Glaessner sein Gemälde selbst verkleinert und anonymisiert, um es praktischer und gefahrloser mitnehmen zu können? Oder hatte die Scham eines Usurpators das Gemälde nach dem Krieg in die Vergessenheit verschwinden lassen?

Jedenfalls landete es nach knapp 70-jähriger Verschollenheit völlig unscheinbar in der Berliner Aukti- on. Der neue Besitzer des Gemäldes bemühte sich jetzt nach eigenen Angabe n darum, die lebenden Nachfahren der Familie Glaessner in Südamerika ausfindig zu machen, um ihnen die „Ikone ihres Großva- ters“ zurückzugeben. Dies gelang ihm mit Hilfe von Dr. phil. Rebecca Schwoch vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin an der Uni- versität Hamburg. Am 19. Septem- ber kam es zur Rückgabe an die Enkelin von Paul Glaessner.

Gisela Klinkhammer

K U L T U R

Max Slevogt (attr.), Prof. Dr.

Paul Glaessner, circa 1910 (Öl auf Leinwand)

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