A K T U E L L
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A2740 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4218. Oktober 2002
Prävention
Gesundheit im Betrieb fördern
Das Wohlbefinden von Arbeitnehmern wird vernachlässigt.
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etriebliche Gesundheitspo- litik muss aktiver betrie- ben werden. Das hat eine Ex- pertenkommission von Ber- telsmann Stiftung und Hans- Böckler-Stiftung gefordert. Sie präsentierte in Berlin einen Zwischenbericht zum Projekt„Die Zukunft einer zeitge- mäßen betrieblichen Gesund- heitspolitik“.
Die Kommission geht da- von aus, dass im 21. Jahrhun- dert traditionelle Berufskrank- heiten und Arbeitsunfälle ei- ne geringere Bedeutung ha- ben werden. Dafür müsse man sich mehr den psychi- schen und sozialen Risiken sowie den Gesundheitspoten- zialen der Arbeitswelt wid- men. Nach Ansicht des Wis- senschaftlichen Leiters der
Kommission, Prof. Dr. Bern- hard Badura, werden Be- schäftigte zunehmend durch eine Intensivierung der Ar- beit gefordert. Umstrukturie- rungen seien an der Tagesord- nung, der Druck durch mo- netäre Zielvorgaben steige.
„Soziale und psychische Ge- fährdungen wie Mobbing, Hilflosigkeit und Burnout wer- den in den Betrieben noch viel zu selten systematisch beob- achtet, verhindert oder besei- tigt“, konstatieren die Fach- leute.
Viele Arbeitnehmer halten dem Druck nicht stand und erkranken. Fallen sie aus,
kommt das teuer: Durch Fehl- zeiten entstehen nach Berech- nungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- medizin Ausfälle von 35 Mil- liarden Euro pro Jahr. Auch die Sozialversicherungssyste- me sind betroffen. „Die Ra- tionalisierungswellen der zu- rückliegenden Jahre haben in einem kaum mehr vertret- baren Umfang zur Überwäl-
zung betriebswirtschaftlicher Kosten auf die Sozialversi- cherung beigetragen“, heißt es im Bericht.
„Hochrisikobereiche“ für Gesundheit und Wohlbefin- den sind zurzeit die Bau- und Metallindustrie, Schulen, das Verkehrswesen, die Telekom- munikation sowie das Sozial- und Gesundheitswesen. Um die Situation zu verbessern, müssten sich nach Auffassung der Experten alle Betriebs- parteien an firmenspezifischen Lösungen beteiligen. Hier sei noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Zudem müssten Be- rufsgenossenschaften, Kran- kenkassen, Rentenversicherer und andere Akteure ihre Auf- gaben und ihr Selbstverständ- nis überdenken.
Der Kommission zufolge gibt es durchaus vorbildliche betriebliche Gesundheitspoli- tik. Es mangele jedoch an ver- netzten Strukturen.
AIDS-Medikamente
Zugang erleichtern
Ugandische Aids- Expertin fordert massive Preissenkungen.
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ie Preise für Medikamen- te gegen HIV und Aids müssen für Patienten in Ent- wicklungsländern massiv ge- senkt werden. Das hat die ugandische Ärztin und Aids- Expertin Dr. Cathryn Kyobu- tungi bei einer Veranstaltung der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Berlin ge- fordert. Zwar hätten die Ver- einten Nationen die Aktion„Accelerated access“ ins Le- ben gerufen, um den Betrof- fenen den Zugang zu lebens-
notwendigen Medikamen- ten zu erleichtern. In ihrer praktischen Arbeit habe sie aber die Erfahrung gemacht, dass diese Medikamente häu- fig ihre Zielregionen nicht er- reichten. In diesem Zusam- menhang wies Kyobutungi auf den jüngsten Skandal um illegale Reimporte von Medi- kamenten hin, die für arme Länder bestimmt waren, aber in Europa verkauft wurden (siehe DÄ, Heft 41/2002).
Unerlässlich, so Kyobu- tungi, sei auch ein kürzerer Patentschutz für HIV-Medi- kamente. Es sei unzumut- bar, dass Länder wie Ugan- da 20 Jahre warten müssen, bis sie preiswerte Nachah- merprodukte herstellen dür- fen. Zwar sinke dort die Ra- te der Neuinfektionen. Die Betroffenen könnten aber mangels Geld nicht ange- messen behandelt werden.
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as gesetzliche Beratungs- und Hilfsangebot von Do- num Vitae nutzen immer mehr Schwangere in Kon-fliktsituationen. Dieses Fazit zog die Bundesvorsitzende Rita Waschbüsch drei Jahre nach Gründung des Vereins.
Während 2001 bereits 24 500 Frauen das Angebot eines
Erstberatungsgesprächs an- nahmen, kamen in der ersten Hälfte dieses Jahres 14 400 in die Beratungsstellen. Der An- teil der Frauen, die zur Schwangerschaftskonflikt- beratung kamen, war mit 46 Prozent jeweils am größten. Als Gründe für die Erwägung einer Ab- treibung nannten die Frau- en meist Angst vor Ver- antwortung, körperliche, psychische oder finanzi- elle Probleme, Partner- schaftskonflikte, fehlen- den Kinderwunsch und Schwierigkeiten durch den Beruf. Waschbüsch sieht künftig vor allem Hand- lungsbedarf im Bereich Lebensschutz. Entwicklungen, wie die zunehmenden Mög- lichkeiten der pränatalen Diagnostik, machten quali- fizierte Beratung wichtiger denn je.
Donum Vitae
Konzept hat sich bewährt
Steigender Bedarf an Beratung bei Konflikten in der Schwangerschaft
Mobbing-Beratungsstellen sind noch eher selten. Foto: dpa
Vor drei Jahren hat Donum Vitae die Arbeit aufgenommen. Foto: epd