• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Patienten und Prioritäten Klinische Freiheit und künftige Finanzierung des Gesundheitswesens" (25.09.1985)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Patienten und Prioritäten Klinische Freiheit und künftige Finanzierung des Gesundheitswesens" (25.09.1985)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

ie wesentlichen Partner und Determinanten im Gesund- heitswesen-

C> den Patienten, seine Bedürf-

nisse und Erwartungen,

C> die Ärzte und ihre professio-

nelle Entscheidungsfreiheit,

C> die ökonomischen Rahmenbe-

dingungen,

C> den medizinischen Fortschritt

und ihre Rolle in allen Einzelhei- ten zu analysieren und alle Inter- dependenzen jeweils bis zum letzten gedanklich zu entwickeln ist im Rahmen dieser kurzen

Dar~

legung nicht möglich. An den An- fang meiner Ausführungen will ich deshalb vier Thesen stellen, die Leitlinien der weiteren Erörterung sein sollen:

~ Die Politik in den Ländern der europäischen Gemeinschaft wird auch in Zukunft durch Liberalität und Rechtsstaatlichkeit bestimmt.

Die Ursachen

der Kostensteigerungen im Gesundheitswesen

Von diesen Prämissen ausgehend will ich zunächst die Ursachen der Kostensteigerungen im Gesund- heitswesen nennen:

0

das Bemühen der Politiker in Verfolgung der Ideale Gleichheit und Gerechtigkeit einen mög- lichst großen Anteil der Bevölke- rung medizinisch angemessen zu versorgen. So hat sich in der Bun- desrepublik Deutschland die Zahl der Anspruchsberechtigten in der gesetzlichen Krankenversiche- rung im Laufe der letzten Jahre auf etwa 92 Prozent der Gesamt- bevölkerung erhöht; gleichzeitig wurde das medizinische Lei- stungsangebot entscheidend aus- geweitet.

f) der wissenschaftlich-techni- sche Fortschritt, der das Lei-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Eckart Fiedler

Patienten

und Prioritäten Klinische Freiheit und künftige

Finanzierung des Gesundheitswesens

~ Gleichheit und Gerechtigkeit bleiben in diesen Ländern vorran- gige Ziele der Sozialpolitik.

~ Der Arzt wird auch weiterhin in seinen medizinischen Entschei-. dungenfrei sein.

~ Die Höhe der Gesundheitsaus- gaben wird sich nicht durch plan- wirtschaftliche Festlegungen, sondern durch das Abwägen von Bedarf und Leistungsfähigkeit der Medizin ergeben.

stungsspektrum der Medizin in wenigen Jahren so sehr erweitert hat, daß es heute aus ökonomi- schen Gründen unmöglich ist, der ganzen Bevölkerung alle denkba- ren Leistungen zu finanzieren. Beides hat dazu beigetragen, daß die Gesundheitsausgaben schnel- ler gestiegen sind als das wirt- schaftliche Wachstum insgesamt und daher einen zunehmend grö- ßeren Teil des Bruttosozialpro- duktes beanspruchen. Es ist des- halb nötig, Prioritäten zu setzen, doch muß dabei garantiert blei- ben, daß eine medizinisch ausrei- chende und zweckmäßige Versor- gung für alle sozialversicherten Patienten verfügbar bleibt, wie das in der Bundesrepublik durch Gesetz für den ambulanten Sektor gefordert wird. Damit wird aber auch ein Weg erkennbar, Mittel einzusparen: Durch den Verzicht auf das Überflüssige, das Un- zweckmäßige und das (zu) Teure.

THEMEN DER ZEIT

Zu 1:

Der Wandel in den Zielen der Sozialpolitik

Die konkrete Ausformung der so- zialen Wirklichkeit erfolgt in den Ländern der europäischen Ge- meinschaft jeweils im Spannungs- feld zwischen dem Anspruch auf Freiheit und Liberalität einerseits und dem auf Gleichheit und Ge- rechtigkeit andererseits:

Freiheit und Liberalität dürfen nicht schrankenlos sein, weil dies den Schwachen benachteiligen würde; Gleichheit und Gerechtig- keit dürfen nicht zu alleinigen Be- stimmungsgrößen des staatlichen Lebens werden, weil sonst Frei- heit und Liberalität verlorengin- gen. Auf dem Kompromiß zwi- schen den beiden Ansprüchen wurde die Steigerung der allge- meinen Wohlfahrt in den letzten Jahren möglich. Dazu hat auch die überlegene Leistungsfähig- keit des modernen Industriestaa- tes beigetragen. Sie ermöglichte es, medizinische Spitzenleistun- gen in kurzer Zeit in einem sol- chen Umfang verfügbar zu ma- chen, daß auf sie schließlich Rechtsansprüche erhoben wer- den konnten. Für die Hämedialyse schien zunächst eine Breitenan- wendung undenkbar, heute wer- den Patienten bis ins hohe Alter dialysiert. Vergleichbares gilt für die Versorgung von Hämophilie- kranken mit Faktor VIII, von Pa- tienten mit diffusen Intestinalblu- tungen mit Somatostatin, für die Behandlung von KHK-Patienten mit Bypassoperationen usw.

Das gibt aber nicht nur einen Ein- druck von wirtschaftlicher Lei- stungsfähigkeit, sondern zeigt auch den Wandel in den Zielen der Sozialpolitik. Die Pflichtkran- kenversicherung wurde vor nur hundert Jahren in Deutschland eingeführt, um das ehemals schmale Leistungsspektrum der Medizin den wirtschaftlich Schwa- chen verfügbar zu machen, in der~

Hoffnung und Absicht, ihre Ar- beitsfähigkeit wiederherzustellen.

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 39 vom 25. September 1985 (31) 2795

(2)

Patienten und Prioritäten

Das ließ sie wirtschaftlich unab- hängig bleiben, sie verarmten nicht und fielen deshalb nicht der Allgemeinheit zur Last. Krankheit war eben damals meist gleichbe- deutend mit Armut und Verelen- dung.

Diese Konsequenz wird heute durch ein dicht geknüpftes sozia- les Netz verhindert. Aber nicht nur die Sozialgesetzgebung trägt da- zu bei, die frühere Kausalkette:

Krankheit -Armut - Verelendung zu unterbrechen, sondern der me- dizinische Fortschritt hat es er- möglicht, Kranke in einem noch vor kurzer Zeit nicht für möglich gehaltenen Umfange zu heilen. Es geht inzwischen nicht mehr nur darum, die Arbeitsfähigkeit wie- derherzustellen, sondern der Me- dizin kommt immer mehr die Auf- gabe zu, die Lebensqualität zu verbessern oder sie bis ins hohe Alter zu erhalten. Dazu zählen die symptomatische Behandlung des Heuschnupfens, hörverbessernde Operationen, die Herbeiführung der Fertilität, der Gelenkersatz bei einer altersbedingten Einschrän- kung der Beweglichkeit usw.

Allerdings wäre zu prüfen, ob das in jedem Fall noch mit der ur- sprünglichen Zielsetzung einer Pflichtkrankenversicherung, die durch Solidarbeiträge finanziert wird und die eine Verarmung durch Krankheit verhindern woll- te, zu vereinbaren ist, und wie es sich mit der Forderung nach einer Angemessenheil der Behandlung verträgt.

..". Offen angezweifelt wird dies bei Leistungen, die etliche Kriti- ker als geradezu versicherungs- fremd ansehen: Die Verordnung empfängnisverhütender Mittel, die Durchführung von Schwan- gerschaftsabbrüchen, die Gewäh- rung einer Reihe von Heil- und Kurmitteln, die Durchführung von Schönheitsoperationen.

Verneint man die Sozialpflichtig- keit dieser Ausgaben, dann beste- hen hier nicht unbeträchtliche Einsparmöglichkeiten.

DEUTSCHES ltRZTEBLATT

..". Des weiteren werden heute sehr viele Krankheiten durch selbstschädigendes Verhalten des Patienten hervorgerufen oder ver- schlimmert. Es ist eine Frage, ob dies im Rahmen einer Pflichtversi- cherung von der Solidargemein- schaft voll getragen werden soll.

Kann aus einem Verhalten, das durch Sorglosigkeit, ja Verantwor- tungslosigkeit gegenüber der ei- genen Gesundheit bestimmt wird, ein Recht auf Gleichheit in der In- anspruchnahme von Leistungen abgeleistet werden, die von der Masse der Verantwortungsbewuß- ten finanziert werden müssen?

Aus solchen Erfahrungen ließen sich - auch mit gesundheitserzie- herischen Absichten - neue Fi- nanzierungsmodelle moralisch begründen, z. B. eine nach Risiko- belastung und sozialer Bedürftig- keit gestaffelte Selbstbeteiligung.

Zu 2:

Der Wandel

des Leistungsspektrums Es wurde bereits mehrfach in aller Unbefangenheit der Begriff Fort- schritt verwendet. Auf seine Pro- blematik kann hier nicht einge- gangen werden, nur so viel: Unter Fortschritt wird ein Fortschritt der Mittel verstanden. Wenn es heute im Unterschied von vor 100 Jah- ren möglich ist, einen Fremdkör- per im Bronchialbaum exakt zu lo- kalisieren und ihn endoskopisch zu entfernen, so ist dies ein Fort- schritt. Er kommt zustande, weil die technisch-wissenschaftliche Entwicklung in der Medizin -wie vergleichbare Evolutionsprozesse auf anderen Gebieten - zu einer stärkeren Differenzierung und größeren Vielfalt der verfügbaren Methoden geführt hat und weiter- hin führen wird.

So wünschenswert nun der Fort- schritt für den einzelnen Patien- ten ist, und so sehr er auch, wie die Forschungsförderung zeigt, politisch angestrebt wird, es macht die Medizin auf Dauer unfi-

nanzierbar, wenn jede neue Me- thode kritiklos den bereits verfüg- baren hinzugefügt wird, ohne je- weils zu überprüfen, ob nicht durch neue Methoden ältere er- setzt werden können.

Erkrankte Strukturen konnten frü- her nur durch Palpation, Auskulta- tion und Perkussion erfaßt wer- den. Dann kam die Möglichkeit der Röntgenuntersuchung mit und ohne Kontrastmittel hinzu. ln- zwischen steht eine ganze Reihe weiterer bildgebender Verfahren zur Verfügung wie die Endosko- pie, Sonographie, Szintigraphie, Computertomographie und Kern- spintomographie.

Es ist aber nicht zu vertreten, gleich am Anfang alle diese Me- thoden bei einem Patienten ein- zusetzen, sondern es ist mit einer Technik zu beginnen, die nach medizinischer Erfahrung das Krankhafte mit größter Wahr- scheinlichkeit zu erfassen glaubt und ökonomisch vertreten wer- den kann. Nur wenn so keine Klä- rung herbeigeführt werden kann, sollen nacheinander weitere Ver- fahren im Sinne einer Stufendia- gnostik angewandt werden.

Die Vielfalt der verfügbaren Me- thoden ermöglicht nämlich dem Arzt, jeweils angemessene Mittel einzusetzen. Wollte oder mußte man früher sparen, dann ging es um die Entscheidung, überhaupt etwas zu tun oder den Patienten unbehandelt nach Hause zu schicken. Jetzt kann der Arzt in vielen Fällen sich für eine Alterna- tive entscheiden, die medizinisch befriedigend und ökonomisch tragbar ist.

Es erfordert allerdings vom Arzt ein gewisses Umdenken, Ent- scheidungen über das diagnosti- sche und therapeutische Vorge- hen nicht nur entsprechend der medizinischen, sondern auch der ökonomischen Indikation zu fäl- len. Wirtschaftliche Gesichts- punkte spielten bis vor wenigen Jahren bei der ärztlichen Berufs- ausübung eine untergeordnete 2796 (32) Heft 39 vom 25. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

(3)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Patienten

und Prioritäten

Rolle, weil das Berufsethos ver- langt, alles Menschenmögliche für den Patienten zu tun und nicht aus wirtschaftlichen Rücksichten Interventionen zu unterlassen.

Hier ist, nicht zuletzt im Interesse der Freiheit des ärztlichen Berufs- standes und zum Erhalt der ärzt- lichen Entscheidungsfreiheit, ein Umdenken erforderlich:

Zahlreiche Leistungsdaten, be- sonders in der Diagnostik, zeigen, daß zwar willig neue Methoden Eingang in die Praxis finden, aber nur sehr zögernd, wenn über- haupt, auf die Anwendung älterer und unter Umständen obsolet ge- wordener Methoden verzichtet wird.

Das ist zum Teil darauf zurückzu- führen, daß die Ärzte sich nicht schon in jeder Hinsicht auf die durch den wissenschaftlichen Fortschritt entstandenen neuen Verhältnisse eingerichtet haben.

Dazu trägt aber auch bei, daß das gegenwärtige Abrechnungsver- fahren zu einer Leistungsauswei- tung motivieren kann. Nun ist es aber sehr kurzsichtig, aus wirt- schaftlichem Eigeninteresse me- dizinisch unter Umständen über- flüssige Leistungen zu erbringen, die das System doch rasch an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit bringen müssen.

I> Im vorausschauenden Eigenin- teresse und aus Verantwortung für das Gesamtsystem muß der Arzt deshalb lernen, Leistungen zu unterlassen, die diagnostisch und therapeutisch überflüssig sind.

Wenn es der ärztlichen Profession nicht gelingt, ein entsprechendes Berufsethos zu entwickeln, be- steht im letzten die Gefahr dirigi- stischer, reglementierender staat- licher Eingriffe ins, ja Lenkung des Gesundheitswesens mit der Folge eines Verlustes an ärzt- licher Entscheidungsfreiheit.

Sie muß in erster Linie im Interes- se des Patienten erhalten bleiben, damit auch in Zukunft nur der Arzt

darüber entscheidet, welche Lei- stungen beim einzelnen Patienten erforderlich sind und auf welche zu verzichten ist. Ein Verzicht auf überflüssige Leistungen könnte für den Arzt attraktiv gemacht werden, indem ihm weniger die Behandlung der Krankheit, als vielmehr der Erhalt der Gesund- heit des Patienten honoriert wird.

Zu dem hierfür erforderlichen Umdenken wird es nur langsam und in kleinen Schritten kommen, denn es muß damit schon in der Ausbildung begonnen und durch

Es ist nötig, Prioritäten zu setzen, doch muß dabei garantiert blei- ben, daß eine medizinisch ausrei- chende und zweckmäßige Versor- gung für alle sozialversicherten Patienten verfügbar bleibt ... Da- mit wird ein Weg erkennbar, Mit- tel einzusparen: Durch den Ver- zicht auf das Überflüssige, das Unzweckmäßige und das (zu) Teure.

das Vorbild dazu erzogen werden.

Entgegen steht dem eine hohe Arztzahl, weil sie unerwünschtes Konkurrenzverhalten fördert und unwirtschaftliches Handeln her- ausfordert. Es sollte deshalb alles versucht werden, die Zahl schon der Studienanfänger zu begren- zen, damit die Qualität der Ausbil- dung verbessert werden kann und eine „Überversorgung" mit schlecht ausgebildeten Ärzten verhindert wird. Entscheidende Bedeutung für das „Umdenken"

kommt auch der Weiterbildung insbesondere zum Allgemeinarzt zu, für die von der EG-Kommis- sion inzwischen Richtlinien erar- beitet worden sind, auf deren Grundlage geeignete Curricula entworfen werden sollten.

Die vorhandene Datenlage macht es leider nicht möglich, abzu-

schätzen, wieviel durch konse- quente Anwendung der Stufen- diagnostik, der Elimination obso- leter Methoden und die Entschei- dung für jeweils kostengünstigere Leistungen eingespart werden kann. Das so eingesparte Volu- men dürfte wohl nicht so groß sein, den medizinischen Fort- schritt in nächster Zeit kosten- neutral zu vollziehen, so daß eine Steigerung des Anteils der Ge- sundheitsausgaben am Bruttoso- zialprodukt droht. Es müssen also zusätzliche Überlegungen ange- stellt werden, den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu begren- zen, ohne dabei die eigentlichen Zwecke der Medizin, nämlich die Therapie, zu gefährden.

Allerdings setzt jede Therapie ei- ne Diagnose voraus, aber immer als Mittel für ihre Einleitung und nicht als Selbstzweck. Diesem Prinzip kann indes nur gefolgt werden, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen damit in Einklang stehen. Das ist im Au- genblick nicht der Fall, vielmehr macht die Rechtswirklichkeit die Erbringung auch medizinisch un- angebrachter Untersuchungen vielfach notwendig.

Jede Untersuchung über das grundsätzlich bereits ausreichen- de hinaus sichert die Diagnose et- was weiter ab. Die Rechtspre- chung der letzten Jahre hat we- sentlich dazu beigetragen, eine exzessive Diagnostik zu betrei- ben, um die Diagnose bis zur Grenze des Möglichen abzusi- chern und möglichst viele doku- mentierte Befunde zum Selbst- schutz des Arztes verfügbar zu ha- ben. Auf eine solche Defensivme- dizin kann nur verzichtet werden, wenn die Rechtsprechung von ei- nem Sicherheitsdenken abgeht, das die Erbringung überflüssiger Leistungen fast zwingend heraus- fordert.

Neben der Beschränkung des dia- gnostischen Umfanges auf einen medizinisch notwendigen und zweckmäßigen therapeutischen Umfang sollten aber auch die Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 39 vom 25. September 1985 (37) 2797

(4)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Patienten und Prioritäten

gung mit entsprechenden The- men in vielen Kommissionen und auf zahlreichen Kongressen zeigt.

Aber weder eine Kommission von Lehrern, Priestern, Juristen, Poli- tikern und Ärzten noch der einzel- ne Arzt können die anstehenden Fragen verbindlich entscheiden, ohne gegen einige bislang noch gültige Normen und Grundsätze zu verstoßen. Und der Arzt steht dabei vor Entscheidungen, auf die er nicht vorbereitet wurde, für die aber auch nicht einfach Rezepte entwickelt werden können. Weder in der Schule noch auf der Univer- sität noch in der beruflichen Fort- bildung wird das sittliche Bewußt- sein mit einiger Systematik auf die mit der wissenschaftlich-techni- schen Entwicklung aufgeworfe- nen Probleme ausgerichtet.

Viel von der aktuellen Zivilisa- tions- und Technikfeindlichkeit ist auf diesen Mangel zurückzufüh- ren. Nun ist Ethik nicht einfach ko- gnitiv erfaßbar, sondern Ausfluß einer Haltung, die aus der Ge- samtpersönlichkeit folgen muß, aus einer Haltung, die sich bei der hohen Geschwindigkeit, mit der heute soziale und technische Ent- wicklungen ablaufen, in Abhän- gigkeit von den sozialen Umstän- den ändern kann, ja muß. Hier sind alle gefordert: Es müssen durch entsprechende Rahmen- richtlinien die Voraussetzungen für eine adäquate Gestaltung von Aus-, Weiter- und Fortbildung ge- schaffen werden.

> Diese Aufgabe ist von höchster Aktualität, denn von der sittlichen Beherrschung des technologi- schen Fortschrittes wird entschei- dend die Zukunft nicht nur unse- res Gesundheitswesens, sondern der ganzen wissenschaftlichen Zi- vilisation abhängen.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Eckart Fiedler Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41

LA-MED-Befragung

Ihr Urteil ist erneut gefragt!

In den kommenden Wo- chen befragt die Ar- beitsgemeinschaft LA- MED, in der die über- regionalen und die re- gionalen medizinischen Zeitschriften zusam- mengeschlossen sind, erneut die Ärzte zu ih-

rem Leseverhalten.

Falls Sie zu den reprä- sentativ ausgewählten Ärzten gehören, die vom Untersuchungsinstitut IVE um ein Interview ge- beten werden, bitten wir Sie herzlich um Ihre be- reitwillige Mitwirkung.

Verlag, Redaktion und Herausgeber des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTS sind sehr daran interes- siert zu erfahren, wie Sie unser Informationsange- bot einschätzen und nutzen. Zur weiteren Verbesserung unserer Zeitschrift sind wir auf Ihr Urteil darüber ange- wiesen, wie unsere Ar- beit bei Ihnen „an- kommt". Sie werden den Nutzen daraus zie- hen!

Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.

Ihr

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Möglichkeiten der Therapie unter

humanitären und Kostengesichts- punkten kritisch geprüft werden.

Bei einem Hämophilen mit einem infausten Magenkarzinom und In- testinalblutungen läßt sich der Verzicht auf eine Faktor-VIII-Sub- stitution durchaus rechtfertigen.

Eine Intensivtherapie im finalen Stadium einer malignen oder be- nignen Erkrankung ist bei den üb- lichen extrem hohen Kosten frag- lich, weil sich bei einer Budget- beschränkung zwingend die Fra- ge nach den Opportunitätskosten stellt.

Die sittliche Beherrschung des Fortschritts

Dies sind nun allerdings Fragen, die weit über das Medizinische hinausgreifen, auch wenn sie in erster Linie das ärztliche Selbst- verständnis berühren: Der medizi- nische Fortschritt und seine öko- nomischen Konsequenzen erfor- dern zunächst politische und rechtliche Anpassungen, um dem Arzt die erforderliche Handlungs- freiheit zu erhalten, damit er seine Entscheidungen im Spannungs- feld von technischer Möglichkeit, ökonomischer Grenze und ärztli- chem Sollen und Dürfen fällen kann. Der Arzt darf hier nicht allei- ne gelassen werden, sondern Po- litiker, Rechtsprechung und öf- fentliche Meinung müssen von ei- nem überzogenen Sicherheits- denken Abstand nehmen und eine aus der Beschränktheit der ver- fügbaren Mittel folgende Risikoer- höhung in Kauf nehmen. Nur so gewinnt der einzelne Arzt die Frei- heit, über die Verteilung des Man- gels zu entscheiden, dem einen Patienten zukommen zu lassen, was einem anderen abzuschlagen ist.

Dieses höchst gefährliche Dilem- ma ist durch den medizinischen Fortschritt und seine ökonomi- schen Folgen entstanden. Es hat der Ethik neue Impulse gegeben, wie die zunehmende Beschäfti-

2798 (38) Heft 39 vom 25. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In 9 Gemeinden fehlen die Uferschutzpläne für einzelne Uferabschnitte noch: In 5 Gemein- den sind die noch ausstehenden Planungen vorgeprüft (Hilterfingen, Bern, La

Welche Prioritäten soll die neue Globale Kommission für Anpassung setzen..

Immer wieder Ärger mit Bukarest Trotz der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bonn und Bukarest dürfte die Bun- desregierung gezwungen sein, bei der näch- sten Gelegenheit

HPRP: Es erschließt sich nicht, warum zwischen ZPT/Wasserschutztpolizei und dem MdI eine Organisationsebene ein- gezogen werden soll.. Der Erhalt der Be- reitschaftspolizei,

Als der Name einer zu prämedizie- renden Patientin aufgerufen wurde, meldete sich eine dieser Gruppen.. Dem Dolmetscher (syrisch-englisch) wurde sowohl der Name als auch der

Als der Name einer zu prämedizie- renden Patientin aufgerufen wurde, meldete sich eine dieser Gruppen.. Dem Dolmetscher (syrisch-englisch) wurde sowohl der Name als auch der

Die medizinische Versorgung von Patienten mit komplexen Behinde- rungen stellt für Behandler, Angehö- rige und nicht zuletzt für die Patien- ten selbst oftmals eine große

Allgemeingültige Antworten finden sich dort nicht, dagegen wichtige Hinweise für eine substantiierte Dis- kussion, die wir nicht ausschließlich Politikern, Ökonomen und