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140 Prioritäten Editorial

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Academic year: 2022

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Prioritäten

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, gemeinsam mit der großen Mehrheit meiner Generation bin ich nach wie vor unendlich dankbar, seit 25 Jah- ren in einer Demokratie leben und arbeiten zu können. Ich sehe darin eine Verpflichtung zur Mitgestaltung, aber zugleich kritischen Betrachtung unseres Gesundheitssystems. Das schließt die Körperschaften der Selbstverwaltung ebenso wie unsere Berufs- und Fachverbände selbstver- ständlich mit ein. Auf Bundesebene befinden sich bekanntermaßen eini- ge in einem beklagenswerten Zu stand.

Das größte Problem unserer Profes- sion besteht gegenwärtig neben den vermeintlich völlig konträren Interes- senlagen einzelner Arztgruppen in einer gesundheitspolitischen Orien- tierungslosigkeit. Dadurch war es in den letzten Jahren für die Politik ver- gleichsweise einfach, ihre Zielstellun- gen nahezu 100%ig umzusetzen.

Gravierende Fehlentwicklungen zum Nachteil unserer Patientinnen und Patienten, wie die vielfach beklagte Ökonomisierung aller Medizinberei- che, waren die Konsequenz. Zahlrei- che ethische Grundprinzipien des Arztseins wurden schrittweise außer Kraft gesetzt. Viele von uns fragen sich zu Recht: „Wie war das mög- lich?“

Ein wesentlicher Aspekt ist die bereits aufgeführte und in der

Öffentlichkeit wahrnehmbare, auch systembedingte Interessendivergenz innerhalb der Ärzteschaft. Es geht allzu oft um Verteilungskämpfe an der Sektorengrenze ambulant/statio- när, aber auch innerhalb der Sekto- ren, zum Beispiel zwischen Haus- und Fachärzten. Wir beschäftigen uns mit Abrechnungsziffern und der Optimierung unserer Honorare sowie zumeist fragwürdigen IGeL-Leistun- gen und Selektivverträgen. Es wird ein Sonderärztetag veranstaltet, um die überhaupt noch nicht bekannten Ergebnisse jahrelanger Verhandlun- gen zu einer neuen Gebührenord- nung (GOÄ) von vornherein zu kon- terkarieren. So wichtig die Detail- fragen der Vergütung für unsere Berufsausübung und den Einzelnen sein mögen, dürfen wir uns nicht ständig in der Öffentlichkeit als Kleinkrämer im Neokapitalismus prä- sentieren, um uns im Nachhinein über das Primat der Ökonomie und der Ökonomen zu beklagen.

Wenn es den Körperschaften unserer Selbstverwaltung und den Berufsver- bänden in naher Zukunft nicht gelingt, wieder substanzielle Vor- schläge zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems abzuliefern, ver- lieren sie an Glaubwürdigkeit und damit schrittweise ihre demokrati- sche Legitimation. Das große Thema der (bereits sehr nahen) Zukunft wird die weitere Finanzierbarkeit der Ge - sundheitsausgaben und damit das gegenwärtige Krankenversicherungs- system sein. Es braucht keinen Pro- pheten, um den Kollaps sowohl der GKV als auch der PKV in der jetzigen Form vorauszusehen. Wir brauchen dringend zukunftssichere Konzepte und sollten auch in der Ärzteschaft keine Von-vornherein-Tabus zulassen.

Im Zusammenhang mit den Finanzie- rungsfragen sollte auch das Thema Priorisierung nicht vorschnell aufge- geben werden, nur weil viele von uns und vor allem die maßgeblichen Akteure in der Politik bis heute nicht verstanden haben, worum es dabei eigentlich geht. Insbesondere aus Sachsen kamen hierzu in der Vergan- genheit wertvolle Beiträge, an die wir anknüpfen sollten.

Der tagtägliche Loyalitätskonflikt jeder Ärztin/jedes Arztes im Rahmen der individuellen Patientenbetreuung im Spannungsfeld von medizinisch Machbarem (ärztliche Ethik) und dem finanziell Leistbaren (gesell- schaftliche Anforderung) muss gelöst werden. Überhaupt sehe ich hier am Beispiel der faszinierenden Innovati- onen in der Onkologie und deren ausufernden Kosten eine der größ- ten Herausforderungen.

Im wenig bekannten „Handbuch der ärztlichen Ethik“ des Weltärztebun- des sind verschiedene Wege zu einer gerechten Mittelverteilung beschrie- ben – eine empfehlenswerte Lektüre.

Allgemeingültige Antworten finden sich dort nicht, dagegen wichtige Hinweise für eine substantiierte Dis- kussion, die wir nicht ausschließlich Politikern, Ökonomen und Medizi- nethikern (-theoretikern) überlassen dürfen.

Ich wünsche mir in der Ärzteschaft wieder eine programmatische Dis- kussion zu wirklichen Zukunftsthe- men und, daraus abgeleitet, ernstzu- nehmende Vorschläge für die zu - künftige Entwicklung unseres Ge - sundheitssystems. Die letzte umfas- sende Bestandsaufnahme der deut- schen Ärzteschaft liegt mit dem viel zu wenig beachteten „Ulmer Papier“, beschlossen auf dem 111. Deut- schen Ärztetag im Jahre 2008, vor.

Es ist an der Zeit, hier anzuknüpfen, um nach einer ausführlichen, wissen- schaftlich begleiteten innerärztlichen Diskussion Vorschläge für eine Wei- terentwicklung zu unterbreiten und dadurch die Entwicklung mitzuge- stalten. Dies sind wir gemeinsam über sektorale Grenzen und manche Partialinteressen hinweg unseren Patienten schuldig. Wir sind und bleiben deren maßgebliche Interes- senvertreter.

Ihr Prof. Dr. med. habil. Uwe Köhler Vorstandsmitglied

Editorial

140 Ärzteblatt Sachsen 4 / 2016

Prof. Dr. med. habil. Uwe Köhler © SLÄK

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