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Archiv "Störungen des Riechsinnes" (30.11.1978)

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Etwa 0,2 Prozent der Menschen lei- den an Störungen des Riechsinnes.

Die klinisch-praktische Bedeutung dieser Störung resultiert aus einer Reduzierung der Lebensfreude und aus dem Empfinden einer sozialen Schädigung bei den Patienten sowie aus den besonderen Belangen be- stimmter Berufe. Real zeigen sich diese Beziehungen in der Zunahme von Gutachtenaufträgen für HNO-

Fachärzte und -Kliniken zur Klärung und Abschätzung von Zusammen- hangsfragen oder Erwerbsminde- rungen.

Funktionsprüfungen

Zur Prüfung des Geruchssinnes die- nen olfaktometrische Verfahren. In der Praxis haben sich einfache ol- faktometrische Tests bewährt. Für orientierende Prüfungen reicht ein Besteck mit einigen bekannten Duft- körpern (Tabelle 1) aus. Jeder Apo- theker stellt derartige Kollektionen in Braunglasflaschen zusammen.

Mit solchen „Riechbestecken" kann in einfacher Weise eruiert werden, ob (bei Kooperation des Patienten) das Geruchsvermögen vorhanden ist oder nicht. Besonders nach Un- fällen mit Traumen im Kopfbereich ist für spätere Begutachtungen ein derartiger Erstbefund von Bedeu- tung. Er sollte zum Beispiel in Durchgangsarzt-Berichten nicht fehlen.

Für quantitative Prüfungen ist das sogenannte Riechflaschenverfahren mit Reizung in abgestuften Ge- ruchsstoffkonzentrationen geeignet.

Dem Patienten werden typische Ver- treter aus den sogenannten Riech-

stoffklassen angeboten (Tabelle 2).

Nach festgelegter Symbolik wer- den die jeweils wahrgenommenen Schwellenkonzentrationen (Tabelle 3) in ein Ergebnisschema eingetra- gen (Darstellung 1). Die diagnosti- sche Terminologie orientiert sich an geeigneten Richtlinien (Tabelle 4).

Bei der Begutachtung von Riechstö- rungen ist eine wesentlich umfang- reichere Funktionsdiagnostik erfor- derlich, zu der ein kompletter neuro- otologischer Status (Audiometrie;

Vestibularisdiagnostik; Hirnnerven- funktion) gehört. Zur Olfaktometrie können heute auch objektive Tests benutzt werden, die es möglich ma- chen, unbeeinflußbar durch den Wil- len des Patienten Ergebnisse zu er- zielen. Hier hat sich die Computer- Olfaktometrie bewährt, die aus der elektronischen Analyse unter defi- nierten Bedingungen registrierter Elektroenzephalographie (EEG-)Ab- schnitte Aussagen zum Leistungs- vermögen des Riechsinnes zuläßt.

Terminologie

Zu unterscheiden sind quantitative und qualitative, respiratorische und sensorineurale Geruchsstörungen (Tabelle 5). Bei den qualitativen Dys- osmien kommt es entweder spon- tan, das heißt ohne Anwesenheit von Geruchsstoffen zu olfaktorischen Wahrnehmungen, zu Geruchshallu- zinationen, die meist als unange- nehm beschrieben werden ( = Kak- osmien). Derartige Störungen wer- den gehäuft bei schizophren er- krankten Patienten deutlich. Fehl- wahrnehmungen anwesender Ge- ruchsstoffe werden als Parosmien

Geeignete olfaktometrische Verfahren bilden die Voraus- setzung, Riechstörungen zu diagnostizieren und nosolo- gisch einzordnen. Duftzulei- tungsstörungen (respiratori- schen Riechbehinderungen) stehen neben Dufterken- nungsstörungen (sensorineu- ralen Riechbehinderungen).

Olfaktometrische Befunde und begleitende otoneurolo- gische (Labyrinthorgane; Ner- vus facialis; Geschmackssinn) beziehungsweise neurologi- sche Untersuchungen vermit- teln Anhaltspunkte für Ort und Ausmaß einer Riechbahn- schädigung. In erster Linie werden Folgen von Schädel- Hirn-Traumen und grippalen Erkrankungen zu Konsulta- tionsgründen.

bezeichnet und deuten vielfach auf hirnorganische Erkrankungen hin.

Weiter ist zwischen Duftzuleitungs- behinderungen (= respiratorischen Riechstörungen) und Duftempfin- dungsstörungen (= sensorineura- len Empfindungsstörungen) zu dif- ferenzieren. Die letztgenannten wer- den entsprechend den Neuronen der zentralnervösen Riechbahn in präbulbäre (Schadenssitz im Be- reich des Riechepithels und der Fila olfactoria), bulbäre (Schadenssitz im Bereich des Bulbus olfactorius) und postbulbäre (Schadenssitz im Bereich der Tractus olfactorii und der kortikalen beziehungsweise subkortikalen Zentren) eingeteilt.

Hyperosmien sind ausgesprochen selten und können zum Beispiel bei der zystischen Fibrose (Mukoviszi- dose) beobachtet werden.

Respiratorische Riechstörungen Duftzuleitungsstörungen entstehen durch Nasenventilationsbehinde- rungen (Tabelle 6). Die Rhinomano- metrie (Messen der Nasenventila- tion) hilft, derartige Nasenatmungs- behinderungen zu objektivieren.

Störungen des Riechsinnes

Claus Herberhold

Aus der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke Bonn (Direktor: Professor Dr. Walter Becker)

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 30. November 1978

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Riechstoffe

0 Keine Wahrnehmung

) Schwelle für uncharakteristische geruchliche Wahrneh- mung (Wahrnehmungsschwelle)

Erkennungsschwelle eines bekannten Riechstoffes oder Möglichkeit zur Beschreibung (riecht wie ... )

++ Deutliche charakteristische Erkennung (subjektiv etwa doppelt so stark wie bei +)

+++ Starker Geruchseindruck (subjektiv etwa doppelt so stark wie bei + +)

Trigerninusreiz

Keine Empfindung

Eben wahrnehmbares Stechen, Brennen usw.

Deutliches Stechen, Brennen usw.

Starke nasale Reizung mit reflektorischem Tränenträufeln (geschlossene Augen)

Substanz Äthyl- Euca- Skatol a-Jonon Menthol Essig- Thio-

butyrat lyptol säure phen

Molare Lösung in Diäthyl-

phthalat 0,001 0,0001 0,0005 0,0001 0,0005 0,001 0,001 Tabelle 3: Bewertungssymbole für subjektive Olfaktometrie Symbol Bedeutung

Tabelle 4: Subjektive Olfaktometrie: Beurteilungsrichtlinien Schwellenabwanderung

(mol. Konz.) Diagnose

um den Faktor 10 angedeutete Hyposmie um den Faktor 102 Hyposmie (deutlich)

um den Faktor 10 3 an Anosmie grenzende Riechstörung um mehr als 10 3 Anosmie

a) Reine Riechstoffe Tabelle 1:

Kernseife Auswahl an

Bittermandelwasser Substanzen

Lavendelöl für einfache

Oleum rusci Geruchs-

Schwefelwasserstoff prüfung

b) Riechstoffe mit (deutlicher) Trigeminuskompo- nente

Menthol (Kühleffekt) Ammoniak (stechend)

c) Riechstoffe mit Geschmackskomponente Chloroform (süß-Empfindung)

Pyridin (bitter-Empfindung)

Tabelle 2: Subjektive Olfaktometrie: Schwellenkonzentrationen

II III IV

kampfer- moschus- blumig ähnlich ähnlich

V VI VII

minzig stechend stin- kend Grund-

geruch äthe- risch

Riechstörungen

Obstruktionen im oberen Nasen- gang stören dabei die geruchliche Wahrnehmungsfähigkeit stärker als solche im unteren Nasengang. So sind Verbiegungen der basalen Na- senscheidewand weniger oft von Geruchsstörungen gefolgt als zum Beispiel endonasale Polypen. Neben Formfehlern des Nasengerüstes (Stenosen; Atresien; Spaltbildun- gen; frische Traumen und deren Fol- gen usw.) können endonasale Fremdkörper, Entzündungen (zum Beispiel Rhinitis acuta; Rhinitis va- somotorica; Rhinitis allergica; Polli- nose) und Tumoren Ursachen venti- lationsbedingter Riechstörungen sein. Bemerkenswert ist, daß sich Schleimhautatrophien rheologisch ähnlich auswirken können, da durch die Erweiterung der Nasenhaupt- höhlen behindernde Turbulenzen im Atemstrom entstehen. So sind respi- ratorische Riechstörungen auch bei der Rhinitis atrophicans zu beob- achten.

Das Riechepithel verliert auch im

„Respirationsschatten" nicht seine Reaktionsfähigkeit. Selbst laryngek- tomierte Patienten mit Tracheosto- maatmung besitzen ein grundsätz- lich intaktes Riechvermögen und lei- den nur wegen des operativ umge- leiteten Atmungsweges an Riechstö- rungen.

Durch Kau- und Schluckbewegun- gen schaffen sich diese Patienten auxiliare nasale Ventilation, die ab- geschwächte Riecheindrücke ver- mittelt.

Respiratorische Riechstörungen sind in der Regel therapiezugäng- lich, da nach Abklingen von Entzün- dungen beziehungsweise nach ope- rativen Korrekturen des Nasengerü- stes die Verbesserung der Ventila- tion erreicht wird.

Sensorineurale Riechstörungen Eine Reihe von Problemen diagno- stischer und therapeutischer Art werfen die sensorineuralen Riech- störungen auf. Meist sind nur globa- le Feststellungen einer Hyp- oder Anosmie möglich. Hinweise auf den

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links

Konzentratione rechts

110m 110 m

0,00005 0,0001 0,0005 0,001 0,005 0,01 0,05 0,1 0,5 1,0 5,0

Darstellung 1: Ergebnisformular subjektive Olfaktometrie

II — Eukalyptol III Skatol I = Athylbutyrat VII — Thiophen

IV = ct-lonon V = Menthol VI = Essigsäure

Schadensort können gelegentlich aus einer begleitenden neurologi- schen Zusatzsymptomatik gewon- nen werden.

Aus dem umfangreichen Katalog sen- sorineu raler Riechstörungen (Tabel- le 7) haben die Sinnesdefekte nach Grippe, Schädeltraumen, Intoxika- tionen beziehungsweise im Zusam- menhang mit neu rologisch-psych- iatrischer Erkrankungen für die Pra- xis besondere Bedeutung.Außerdem stehen Begutachtungsfragen mit im Vordergrund der klinisch-prakti- schen Arbeit.

Grippe

Nach Virusgrippe, seltener auch nach banalen Erkältungskrankhei- ten, treten quantitative und qualitati- ve Riechstörungen auf. In etwa 75 Prozent der viralen Erkrankungen entsteht ein Verlust der Riechschär- fe, in einem Drittel dieser Fälle sogar vollständiger Geruchsverlust. Bei mehr als der Hälfte der Patienten entwickeln sich geruchliche Fehl- empfindungen, und zwar typischer- weise nur für einzelne Riechstoff-

klassen. Frauen kommen mit grippe- bedingten Riechstörungen wesent- lich häufiger in die Sprechstunde als Männer.

Eine pathogenetische Zuordnung zur Virusinfektion gelingt nur in we- nigen Fällen, da die Mehrzahl der Patienten erst nach 3 bis 6 Monaten den Arzt aufsucht und nach dieser Zeit die Serologie kaum noch zuver-

lässige Resultate liefert. Nur wenige Patienten erinnern sich an eine Er- kältungskrankheit, nach der die Riechstörung aufgetreten ist. So läßt sich oft die Diagnose einer grippalen Riechstörung lediglich per exclusio- nem beziehungsweise aus einer be- stimmten Symptomatik stellen.

Die Prognose der grippalen Funk- tionsdefekte ist begrenzt günstig.

Bei Zweidrittel der Patienten entwik- keln sich innerhalb von 6 bis 12 Monaten Spontanremissionen.

Komplette Erholungen sind aller- dings nur bei etwa 8 Prozent der Patienten zu erwarten. Oft bleiben Parosmien bestehen.

Therapeutische Erfolge sind bei der postgrippalen Riechstörung ebenso

wie bei anderen sensorineuralen Funktionsdefekten wenig überzeu- gend.

Empfohlen wird die kombinierte Be- handlung mit Kortikosteroiden und hochdosiert verabreichten Vitamin- B-Präparaten über mehrere Wo- chen. Strychnin wird von uns nicht mehr verschrieben, da es nicht sel- ten vegetative Nebenerscheinungen verursacht und ohnehin keine zuver- lässig günstigen Resultate liefert.

Nach den jüngeren Beobachtungen wird Zink eine gewisse Wirksamkeit zugesprochen (Rp.: Zinci oxydati 0,05, in Gelatine-Kapseln 2 x 1 pro die). Wir behandeln in der Regel un- ter wiederholten Funktionskontrol- len über 2 bis 3 Monate.

Neurologie — Psychiatrie

Bei neurologischen beziehungswei- se psychiatrischen Erkrankungen können Riechstörungen durch un- mittelbare Mitbeteiligung des olfak- torischen zentralen Systems, aber auch als Sekundärerscheinungen auftreten.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 30. November 1978

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Hyposmie Anosmie

respiratorische = periphere = essentielle = zentrale = quantitativ

sekundäre primäre

präbulbäre

<

bulbäre

postbulbäre sensorineurale

Hyperosmie Parosmie Kakosmie qualitativ

Parameter: Einschränkung der Nasenventilation Deformitäten des Nasengerüstes

Traumen Entzündungen Tumoren Mißbildungen Intoxikationen

Zustand nach Laryngektomie Klima, Thermik

Tabelle 6: Re- spiratorische Riechstö- rungen

Tabelle 7: Essentielle Riechstörungen

Parameter: Einschränkung der olfakto-sensorischen Funktion

präbulbär = 1. Neuron

bulbär = 2. Neuron

postbulbär = 3. Neuron

Lebensalter

Idiopathische, genetische Störungen Schädeltraumen

Entzündungen

Neurologisch-psychiatrische Störungen Tumoren

Intoxikationen; Beruf

Stoffwechsel; Endokrinologie Kreislauf

Mißbildungen Allergie

latrogene Störungen Riechstörungen

Olfaktorische Symptome sind ge- häuft bei der Epilepsie anzutreffen.

Üblicherweise ist das geruchliche Schwellenempfinden dieser Patien- ten normal. Im Zusammenhang mit dem Anfallsgeschehen treten Ge-

Normosmie

ruchsauren beziehungsweise soge- nannte Unzinatus- oder Unkuskrisen auf. Störungen von Geruchsbenen- nungen außerhalb des Krampfan- falls sind möglicherweise Ammons- hornskierosen zuzuordnen. In selte-

nen Fällen vermögen geruchliche Eindrücke selbst epileptische Krisen auszulösen.

Im polymorphen Symptombild der multiplen Sklerose sind ebenfalls ol- faktorische Störungen als Hyp- oder Anosmien enthalten. Zu Recht wird eine intensive neu rootologische Diagnostik gerade im Frühstadium dieser Erkrankung gefordert.

Tabelle 5: Nomenklatur der Riechstörungen

Im Rahmen psychiatrischer Erkran- kungen treten olfaktorische Halluzi- nationen wesentlich häufiger auf als Schwellenabwanderungen. Meist haben die geruchlichen Empfindun- gen für die Patienten unangeneh- men Charakter. Sie begleiten beson- ders die Schizophrenien. Über 80 Prozent dieser Patienten beschrei- ben auf Befragen besondere olfak- torische Wahrnehmungen.

Sie klagen entweder über einen schlechten Eigengeruch (Typ der Autodysosmophobie) oder über un- angenehme Empfindungen aus der Umwelt (Typ des Beziehungs- wahns).

Intoxikationen

Nach einmaligem oder wiederhol- tem Kontakt mit bestimmten Schad- stoffen können reversible oder irre- versible, akute oder chronische Hyp- oder Anosmien beziehungsweise Geruchshalluzinationen entstehen.

Berufsbedingte Schäden stellen sich durch thermische, mechani- sche oder chemische Noxen ein. Es existiert ein umfangreicher Schad- stoffkatalog von Gasen, Dämpfen, Stäuben, Räuchen und Nebeln, die Riechstörungen zu verursachen ver- mögen. Bereits nach einmaligem Kontakt unter anderem mit Buty- lenglycol, Benzoesäure, Selen-Was- serstoff oder Dimethylformamid können Riechstörungen auftreten und Monate andauern. In der Metall- und Chemieindustrie wurden bei 30 Prozent der Arbeitnehmer erhöhte Riechschwellen nach mehrjähriger Kontaktzeit beobachtet. Als beson- ders gefährdete Berufe galten oder gelten Pfefferminzkocher, Leimsie-

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der, Cierber und Gewürzarbeiter.

Blei, Nitrite und Quecksilber stören nach Aufnahme in den Körper das Geruchsempfinden.

latrogene Schäden sind unter der Therapie mit Streptomycin, Neomy- cin, Tyrothricin, Kanamycin, Propyl- thiourazil und nach dem Gebrauch von Psychopharmaka und gang- lienblockierenden Substanzen als Schwellenerhöhungen bekannt ge- worden. Unter einer Langzeitthera- pie, zum Beispiel mit Penicillamin (Gesamtdosis über 550 g) bezie- hungsweise Dindewan®, entwickeln sich in etwa 4 Prozent der Fälle An- osmien. Nach Absetzen des Medika- ments ist Restitution zu erwarten.

Im weiteren Sinne sind hier auch olfaktorische Dysfunktionen im Ver- lauf einer Strahlenbehandlung im Kopf- und Halsbereich anzuführen.

Sie können sich aber durch die Selbstregeneration des olfaktori- schen Epithels wieder rückbilden und werden kaum zum Beschwerde- grund.

Traumen

Durch Schädeltraumen werden Hyp-, An- oder Parosmien in mindestens 10 Prozent der Fälle verursacht. Gehirn- erschütterungen sind fast aus- schließlich von Hyposmien gefolgt, während Hirnkontusionen in etwa 20 Prozent der FälleAnosmien nach sich ziehen.

Etwa 30 Prozent der Riechstörungen bilden sich spontan zurück und sind nach sechs Monaten überwiegend geschwunden. Anosmien sind aller- dings kaum reversibel und bereits sechs Monate nach dem Schadenser- eignis als bleibend anzusehen.

Verletzungen des Riechepithels, der Fila olfactoria und des Bulbus olfac- torius sind meist einseitig und durch völligen Funktionsausfall gekenn- zeichnet. Nach zentralen zerebralen Traumatisierungen sind isolierte An- osmien nicht zu erwarten, da Kreu- zungen der afferenten Impulse für Funktionsausgleich sorgen.

Zentral verursachte Riechstörungen sind durch eine regelmäßige Be- gleitsymptomatik von seiten anderer Hirnnerven beziehungsweise durch fehlerhafte vegetative Steuerungen gekennzeichnet. Es kann unter an- derem neben dem Geruchssinn auch das Geschmacksempfinden zentral gestört sein. Im Extremfall kommt es zum Verlust beider che- mosensorischer Empfindungen in Verbindung mit Sensibilitätsstörun- gen im Mund- und Nasenbereich. In solchen Fällen sind sowohl Läsio- nen im Zwischenhirn als auch an der peripheren Riechbahn anzunehmen (Anosmie-Ageusie-Syndrom).

Bei der Begutachtung posttraumati- scher Riechstörungen ist davon aus- zugehen, daß für Anosmien eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) heute einvernehmlich in einer Höhe von 10 (bis 15) Prozent ge- schätzt wird. Für bestimmte Berufs- gruppen kann ein Satz um 20 Pro- zent anerkannt werden. Unter be- sonderen Aspekten ist sogar Berufs- unfähigkeit möglich (Kaffeeprüfer, Parfumeure usw.). Auffällig ist eine Aggravationstendenz vieler Patien- ten bei der Begutachtung der Riech- funktion, die jedoch durch die ob- jektive Olfaktometrie entlarvt wer- den kann.

Literatur

(1) Douek, E.: The sense of smell and its abnor- malities, Churchill Livingstone, Edinburgh + London 1974 — (2) Herberhold, C.: Funktions- prüfungen und Störungen des Geruchssinnes, Arch. Oto-Rhino-Laryng. 210 (1975) 67-164 — (3) Roseburg, B., Fikentscher, R.: Klinische 01- faktologie und Gustologie, in: Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Zwanglose Schriftenrei- he, A. Herrmann, H. Jakobi (Hrsg.), Band 27, Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1977 — (4) Sunderman, F. W.: Current status of zinc defi- ciency in the pathogenesis of neurological, dermatological and musculoskeletal disorders, Ann. Clin. Lab. Sci. 5 (1975) 132-145

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Claus Herberhold Oberarzt

Klinik und Poliklinik

für Hals-, Nasen und Ohrenkranke der Universität Bonn

5300 Bonn-Venusberg

Lipoproteinmuster und Schwere

der Koronarsklerose

Zahlreiche neuere epidemiologische Studien belegen den Zusammen- hang zwischen individuellem Lipo- proteinmuster und Wahrscheinlich- keit einer zukünftigen koronaren Herzerkrankung. Dabei zeigte sich, daß das Alpha-Cholesterin (HDL, heavy density lipoprotein) eine pro- tektive Wirkung in der Entstehung der Atherosklerose hat, wohingegen Prä-Beta- und Beta-Cholesterin (LDL und VLDL) positiv mit dem Ausmaß der Arterioskleroseentwick-

lung korrelieren. In der vorliegenden Studie konnte anhand von 41 koro- narangiographierten Patienten ge- zeigt werden, daß ein direkter Zu- sammenhang zwischen den zirkulie- renden Lipoproteinen und dem Aus- maß der degenerativen atheroskle- rotischen Koronargefäßveränderun- gen bestand. Wiederum bestätigte sich in signifikanter Weise, die pro tektive Wirkung einer hohen HDL- Li poproteinfraktion. Im Gegensatz zu einer schwedischen Untersu- chung war eine signifikante positive Korrelation zwischen Triglyzeriden und Koronarsklerose in dieser Stu- die nicht vorhanden. Dem

Jenkins, P. J.; Harper, R. W.; Nestel, P. J.: Seve- rity of coronary atherosclerosis related to lipo- protein concentration, British Medical Journal 1978, 2, 388-391

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 48 vom 30. November 1978 2907

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