Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 33|
20. August 2010 A 1545R
ückenschule und Yoga im Besprechungsraum,„Fitnessmenüs“ in der Kantine und Sportwochen mit Schrittzählern als Geschenk. Immer mehr Firmen wollen ihrer Belegschaft ein Arbeitsumfeld bieten, das deren Gesundheit fördert. Denn nur gesunde, motivier- te und einsatzbereite Mitarbeiter können auf Dauer die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit sichern und verbessern. Seit Jahrzehnten verpflichtet das Arbeits- schutzgesetz Unternehmen dazu, Gesundheit und Wohl befinden der Beschäftigten zu erhalten und ar- beitsbedingten Erkrankungen vorzubeugen.
Das Konzept des freiwilligen „Betrieblichen Ge- sundheitsmanagements“ geht jedoch noch einen Schritt weiter. Es sieht vor, dass dem Thema Gesundheit bei al- len Entscheidungen und Strukturen im Betrieb Priorität eingeräumt wird – zumal für Arbeitgeber und Arbeit- nehmer eine echte Win-win-Situation entsteht: Die Mit- arbeiter fühlen sich in ihrem Unternehmen gut aufgeho- ben, gleichzeitig sinkt die Zahl der Fehlzeiten, Unfälle und Fluktuationen. Letzteres ist angesichts der demo- grafischen Entwicklung und des damit verbundenen Konkurrenzkampfs um qualifizierte Nachwuchskräfte nicht zu unterschätzen.
So lobenswert diese Entwicklung insgesamt ist, so nachdenklich stimmen die Ergebnisse einer Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung.
Danach verfügt etwa die Hälfte der Unternehmen bis heute über keinen Pandemieplan zum Umgang mit der Neuen Influenza (A/N1H1). Noch ärger sieht es bei den kleineren Unternehmen aus: Nur ein Drittel hat einen Maßnahmenkatalog gegen die „Schweinegrippe“ ver- ankert. Damit ist der Anteil der Betriebe, die auf einen Notfallplan zugreifen können, in den vergangenen Jah- ren nicht signifikant gestiegen – und das trotz medialer Dauerbefeuerung während der 13-monatigen Pande- miephase. Fragestellungen, welche Mitarbeiter von zu Hause aus weiterarbeiten können, was beim Ausfall ei-
nes Zulieferers passiert und wie die hygienischen Ver- hältnisse im Unternehmen optimiert werden können, bleiben unbeantwortet.
Die Gründe, warum bisher kein Notfallplan erstellt wurde, sind vielfältig. Jedes dritte Unternehmen hält ei- nen Pandemieplan aufgrund der geringen Mitarbeiter- zahl oder der geringen Größe für übertrieben. Dabei übersehen vor allem kleinere Unternehmen wichtige Implikationen, die auch außerhalb ihres Hauses mit ei- ner Pandemie verbunden sind. Der Ausfall von Liefer- ketten und mögliche Kompensationspläne sind dabei nur der Anfang. Zudem können kleinere Unternehmen das krankheitsbedingte Fehlen besonders schlecht ver- kraften, da es an Kollegen fehlt, die die liegen gebliebe- ne Arbeit übernehmen könnten. Demnach bietet ein Pandemieplan die Möglichkeit, bereits im Vorfeld Kon- takte – beispielsweise zu Zeitarbeitsfirmen – zu knüp- fen, die den benötigten Fachkräfteeinsatz koordinieren.
Doch was nicht ist, kann ja noch werden: Der Druck zu handeln, bleibt für die Unternehmen trotz der glimpflich verlaufenen A/N1H1-Pandemie bestehen.
Das Robert-Koch-Institut geht davon aus, dass im Herbst die nächste pandemische Influenza anrollt.
BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT
Pandemiepläne nicht ausklammern
Vera Zylka-Menhorn
Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Ressortleitern Medizinreport