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Archiv "Gelebte Sexualkultur" (14.05.2010)

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350 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 19

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14. Mai 2010

M E D I Z I N

DISKUSSION

Zusammenhang mit Schlafapnoe

Ein weiterer häufiger, in der Übersichtarbeit allerdings nicht aufgeführter Faktor für Erektionsstörungen ist die obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen. Bereits 1981 wurde eine Zusammenhang zwischen der erekti- len Dysfunktion und der Schlafapnoe vermutet (1).

Wenn Atmungsstörungen in der Nacht auftreten, findet sich die Erkrankung bei einem Apnoe-Index (Anzahl der Atmungspausen pro Stunde Schlaf) bis 5/Stunde zu 44 %, bei 5 bis 10/Stunde zu 27,9 % und bei mehr als 15/Stunde zu 19,6 % bei 1 025 untersuchten Personen (2). Die bei der Schlafapnoe oft beobachtete intermit- tierende Hypoxie und die dadurch induzierte Verminde- rung der NO-Synthase dürften wichtige Ursachen der Erektionsstörung sein (3). Unter der üblichen Therapie der obstruktiven Schlafapnoe, der nächtlichen Über- druckatmung, bessert sich bei einem Teil der Behandel- ten die erektile Dysfunktion.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0350a LITERATUR

1. Schmidt HS, Wise HA: Significance of impaired penile tumescence and associated polysomnographic abnormalities in the impotent pa- tient. J Urol 1981; 126: 348–52.

2. Hirshkowitz M, Karacan I, Arcasoy MO, Acik G, Narter EM, Williams RL: Prevalence of sleep apnea in men with erectile dysfunction. Uro- logy 1990; 36: 232–4.

3. Soukhova-O’Hare GK, Shah ZA, Lei Z, Nozdrachev AD, Rao CV, Gozal D: Erectile dysfunction in a murine model of sleep apnea. Am J Re- spir Crit Care Med 2008; 178: 644–50.

4. Rösing D, Klebingat KJ, Berberich H, Bosinski H, Loewit K, Beier K:

Sexual dysfunctions in men – Diagnosis and treatment from a sexo- logical interdisciplinary perspective [Sexualstörungen des Mannes – Diagnostik und Therapie aus sexualmedizinisch-interdisziplinärer Sicht]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(50): 821–8.

Dr. med. Holger Hein

Arzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin Bahnhofstraße 9

21465 Reinbek

E-Mail: dr.holger.hein@web.de

Defizitäres Verlangen

Den Autoren ist für die Betonung eines biopsychoso- zialen Ansatzes zu danken, bei dem deutlich wird, dass sich die Erektile Dysfunktion (ED) entgegen weit verbreiter Annahmen nicht ausschließlich auf funktionelle Aspekte beschränkt, sondern als hoch

komplexe Störung einer interdisziplinären Behand- lung bedarf. Im Hinblick auf die im Artikel nur kurz genannten Appetenzstörungen wäre noch sinnvoll zu ergänzen, dass es sich hierbei um ein eigenes Krank- heitsbild handelt, das im DSM-IV-TR als „hypoacti- ve sexual desire disorder“ (HSDD) beschrieben ist, und dem derzeit im Gegensatz zur ED leider noch wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Die klinische Symptomatik der HSDD besteht in einem Defizit an sexuellen Fantasien und Verlangen, das bei Betroffenen zu starkem Leidensdruck führt, mit Prävalenzen bis zu 15 % nah an die entsprechenden Zahlen der ED herankommt und folglich dem My- thos entgegensteht, dass Männer eigentlich immer Lust auf Sex hätten (1, 2). Zur diagnostischen Explo- ration des sexuellen Verlangens dient unter anderem als Fragebogen das Sexual Desire Inventory (3), um die HSDD von der ED abgrenzen zu können. Da als Ursache derzeit viele Faktoren wie Depression, Hy- pogonadismus, Alter, Ängste und auch Partner- schaftskonflikte diskutiert werden, wäre es in Zu- kunft wünschenswert, wenn die Existenz einer HSDD bei Männern zukünftig insbesondere im klini- schen Bereich, aber auch in der Forschung, größere Beachtung finden würde.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0350b LITERATUR

1. Meuleman EJ, van Lankveld JJ: Hypoactive sexual desire disor- der: An underestimated condition in men. BJU Int 2005; 95(3):

291–6.

2. Maurice WL: Sexual desire disorders in men. In: Leiblum SR, ed.

Principles and practice of sex therapy. 4th edition. New York, NY u.a.: Guilford Press 2007; 181–211.

3. Spector IP, Carey MP, Steinberg L: The sexual desire inventory:

development, factor structure, and evidence of reliability. J Sex Marital Ther 1996; 22(3): 175–90.

4. Rösing D, Klebingat KJ, Berberich H, Bosinski H, Loewit K, Beier K: Sexual dysfunctions in men – Diagnosis and treatment from a sexological interdisciplinary perspective [Sexualstörungen des Mannes – Diagnostik und Therapie aus sexualmedizinisch-inter- disziplinärer Sicht]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(50): 821–8.

Prof. Dr. med. Markus A. Kuczyk Dipl.-Psych. Annika Simon PD Dr. med. Axel Stuart Merseburger Klinik für Urologie und Urologische Onkologie Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

E-Mail: merseburger.axel@mh-hannover.de

Gelebte Sexualkultur

Begrüßenswert sind der interdisziplinäre Ansatz so- wie die Forderung von Kenntnissen der verschiede- nen Störungsbilder im bio-psycho-sozialem Ver- ständnis.

Leider wird fast nur im Nebensatz auf die Bedeu- tung der körperlichen Untersuchung eingegangen, so wird als Erkrankung die Induration penis plastica zu dem Beitrag

Sexualstörungen des Mannes – Diagnostik und Therapie aus sexualmedizinisch-interdisziplinärer Sicht

von Dr. med. Dirk Rösing, Prof. Dr. med. Klaus-Jürgen Klebingat, Dr. med. Hermann J. Berberich, Prof. Dr. med. Hartmut A. G. Bosinski, em. Prof. Dr. med. Kurt Loewit, Prof. Dr. med. Dr. phil. Klaus M. Beier in Heft 50/2009

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M E D I Z I N

nicht einmal erwähnt (1). Andere Beispiele sind die Algopareunie infolge von Narben, Verwachsungen, Entzündungen oder trophischen Störungen im Geni- talbereich, ebenso die Auswirkungen der (rituellen) Zirkumzision, die einen Einfluss auf die gelebte Se- xualität haben können (2).

In dem Artikel wird die Chance verpasst, auf kul- turelle Einflüsse von Migranten einzugehen. In Deutschland leben zurzeit circa 7 Millionen Auslän- der, also knapp 10 % der gesamten Bevölkerung. Un- strittig ist, dass eine Großzahl dieser Mitbürger wei- terhin ihre ursprüngliche Religion, Tradition und Kultur beibehalten. Der große Anteil praktiziert den muslimischen Glauben. Der Islam ist keine asketi- sche Religion; zeitlich begrenzte Ehen (mut’ah- Ehen), einige Formen der Polygamie und rasche Scheidungen sind zugelassen. Trotzdem werden auf- grund historischer und kultureller Traditionen Ehe- bruch und vorehelicher Geschlechtsverkehr musli- mischer Frauen oft schwer bestraft und beeinflussen die gemeinsame Sexualität (3). Sexualmedizinisch tätige Ärzte sollten deshalb gewisse Kenntnisse der gelebten „Sexualkultur“ besitzen.

Bedauerlicherweise findet im Zeitalter von AIDS die zunehmende Benutzung von Kondomen und de- ren Bedeutung auf die Sexualität keine Erwähnung.

Zu Recht wird die Wichtigkeit der Sexualanamne- se und Paarbetrachtung betont und kann dies zumin- dest teilweise theoretisch begründen. Der Artikel bietet jedoch kaum Hilfestellungen für die Praxis.

Insofern wundert die von den Autoren beklagte funk- tionszentrierte Betrachtungsweise in der täglichen Praxis nicht, da diese bei funktionellen Defiziten in über 60 % erfolgreich ist. Diese Effizienz ist für ei- nen primär paar- und anamnesezentrierten Therapie- ansatz noch zu beweisen.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0350c

LITERATUR

1. Klotz T, Mathers MJ, Sommer F: Induratio penis plastica – eine verschwiegene Erkrankung. Dtsch Arztebl 2007; 104: 263–7.

2. Mathers MJ, Schmitges J, Klotz T, Sommer F.: Einführung in die Diagnostik und Therapie der Ejaculatio praecox. Dtsch Arztebl 2007; 104: 3475–80.

3. Haeberle EJ: The Sex Atlas. The Seabury Press, New York, 1978.

4. Rösing D, Klebingat KJ, Berberich H, Bosinski H, Loewit K, Beier K: Sexual dysfunctions in men – Diagnosis and treatment from a sexological interdisciplinary perspective [Sexualstörungen des Mannes – Diagnostik und Therapie aus sexualmedizinisch-inter- disziplinärer Sicht]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(50): 821–8.

PD Dr. med. M.J. Mathers, FEBU Urologische Gemeinschaftspraxis Remscheid

Kooperationspraxis der Klinik für Urologie und Kinderurologie Helios-Klinikum

Wuppertal, Universität Witten/Herdecke Fastenrathstraße 1

42853 Remscheid E-Mail: irtima@t-online.de

Prof. Dr. med. T. Klotz, MPH

Klinik für Urologie, Andrologie und Kinderurologie Am Klinikum Weiden

Söllnerstraße 16 92637 Weiden

E-Mail: theodor.klotz@kliniken-nordoberpfalz.ag

Sexualität im Wandel

Der Übersichtsartikel lässt viele Fragen offen. Störun- gen der männlichen Fertilität – dient Sexualität denn nicht auch der Fortpflanzung? – werden beispielsweise nicht erwähnt. Wie wirkt sich bei Männern in den meisten muslimischen Ländern die Option, mehrere weibliche Partner haben zu dürfen, auf die Sexual- funktion aus? Ob Polygamie auch zu einer verbesser- ten Sexualfunktion beim Mann führt, könnte – auch wegen möglicher evolutionsgenetischer Vorteile – ein interessanter Aspekt sein (1).

Die Autoren fokussieren auf die „abendländisch- monogame“, heterosexuelle Paarbeziehung. Was „Liebe“

mit der Sexualfunktion des Mannes – vielleicht im Ge- gensatz zur weiblichen – zu tun hat, bleibt unklar. Was ist mit denjenigen Männern, die sich nicht in einer fes- ten Paarbeziehung befinden? Geht man davon aus, dass Männlichkeit als kulturelle Bewertung des Ge- schlechts eine soziale Konstruktion darstellt, die ge- sellschaftlichen Veränderungsprozessen unterliegt (2), liegt die Vermutung nahe, dass die männliche Sexuali- tät nicht mit postmodernen Vorstellungen von Männ- lichkeit korrespondiert. Dies stellt eine mögliche Ursa- che für männliche Sexualstörungen dar, die keiner Paartherapie, sondern vielmehr einer Distanzierung von klischeehaften Geschlechtstypologien bedarf. Der Versuch mit einem anderen Partner – vielleicht sogar als „ex iuvantibus“ Therapieversuch bestimmter Sexual - störungen – wird nicht erwähnt. Neue Alternativen, die Sexualität anders erfahrbar macht beziehungsweise ei- nigen Männern sogar erst ermöglicht (zum Beispiel

„Cybersex“), werden eher marginal diskutiert.

Die Bedeutung der Erotik für die intakte Sexual- funktion wird zudem kaum thematisiert. Das Geheim- nis jener Paare, die viele Jahre erregend miteinander sexuell verkehren – was ohne die Integrität der männ- lichen Sexualfunktion nicht funktionieren dürfte – liegt offenbar darin, dass sie durch eine milde perverse Inszenierung wirksam aufeinander bezogen und mitei- nander verbunden sind (3).

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0351 LITERATUR

1. Hammer MF, Mendez FL, Cox MP, Woerner AE, Wall JD: Sex-bia- sed evolutionary forces shape genomic patterns of human diver- sity. PLoS Genet 2008; 26: e1000202.

2. Conell R: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. 3rd edtion. Opladen: VS Verlag für Sozialwissen- schaften 1999.

3. Sigusch V: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. 1st edition. Campus Verlag 2005.

4. Rösing D, Klebingat KJ, Berberich H, Bosinski H, Loewit K, Beier K: Sexual dysfunctions in men – Diagnosis and treatment from a sexological interdisciplinary perspective [Sexualstörungen des Mannes – Diagnostik und Therapie aus sexualmedizinisch-inter- disziplinärer Sicht]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(50): 821–28.

Dr. med. Dr. rer. nat. Michael G. Haufs Hoher Heckenweg 147, 48147 Münster

Christian Gruhn

Königstraße 12, 48143 Münster Dr. rer. soc. Pamela Wehling Stühmerweg 4, 48147 Münster

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