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Archiv "300 Jahre Berliner Charité: Die Pest, die Weiße Frau und eine weitgreifende Kabinettsorder" (26.02.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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26. Februar 2010 A 331 300 JAHRE BERLINER CHARITÉ

Die Pest, die Weiße Frau und eine weitgreifende Kabinettsorder

Zunächst als Lazarett für Pestkranke gebaut, diente die Charité bereits im 18. Jahrhundert als Zivilkrankenhaus und als Ausbildungsstätte für Militärärzte. Mit der Aneignung

durch die Universität als Lehr- und Forschungsanstalt folgte man auch in Berlin einem für das 19. Jahrhundert typischen Trend.

Sandra Krämer

A

ls in den Jahren 1709 und 1710 das Königreich Preußen von dem Allerhöchsten mit einer wütenden Pest heimgesucht wurde und zu befürchten war, dass sothane Landplage auch wohl gar in die hiesige Residentz geschleppt wer- den könnte (. . .) liessen Se. Königl.

Majestät Anno 1710 ausserhalb der Stadt an derselben West-Nord-Seite auf einem freyen Platz, ein grosses Gebäude von ausgemauerten Fach- werk, auf Dero Kosten errichten.“

Am Anfang der 300-jährigen Geschichte des heutigen Berliner Universitätsklinikums stehen eine

Epidemie, eine gespenstische Er- scheinung und ein zugleich aber- gläubiger, aber für die damaligen Verhältnisse fortschrittlich denken- der Herrscher. König Friedrich (1657–1713) kehrt am 12. Novem- ber 1709, während sich die Pest, die bereits seit zwei Jahren in Osteuropa wütet, der preußischen Hauptstadt nähert, von politischen Verhand- lungen mit Zar Peter dem Großen zurück. In seinem Gemach ange- kommen, stürzt eine Gestalt in wei- ßem, wallendem Gewand herein und deutet mit bluttropfenden Hän- den auf den Heimgekehrten: „Seht ihn, den König Babylons . . . Seht ihn, denn die Strafe für seine Sün- den ist nahe . . . Verschlingen wird ihn die Pest.“ Hinter diesem ge- spenstigen Auftritt verbirgt sich sei- ne Frau, Königin Sophie Luise, be- fallen vom ersten Ausbruch eines Wahnsinns, der sie bald umnachten wird. Friedrich ist jedoch davon überzeugt, dass ihm die Weiße Frau, die der Legende nach immer dann auftritt, wenn ein Hohenzoller sterben muss, erschienen sei. Ver- ängstigt durch ihre Prophezeiungen, ruft der König umgehend sein Col- legium sanitatis, bestehend aus Räten, Ärzten und Predigern, zu- sammen. Ein neues, umfassenderes Pestreglement ordnet die Errich- tung von „Lazareth-Häusern“, die Pestkranke aufnehmen und als Qua- rantänehäuser dienen sollen, außer- halb der Stadt an, um „bei jetzigen gefährlichen Pest-Läufften“ ent- sprechend vorbereitet zu sein. Die Bauarbeiten für das nordwestlich hinter dem Spandauer Tor gelegene

„Das grosse könig- liche Militärhospi- tal, das seinen Na- men von der Barm- herzigkeit hat.“ Blick auf die noch außer- halb der Stadtmauern

gelegene Charité.

Kolorierte Radierung von Matthaeus

Seutter um 1740 Foto: Ullstein

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26. Februar 2010 Lazarett beginnen im Frühjahr

1710. Die Pestepidemie zieht je- doch an Berlin vorüber. Das zwei- stöckige Fachwerkhaus, künftig ge- nutzt als Domizil für Arme, Bettler,

„gefallene Frauen“ und Prostituier- te, die sich ihr Brot mit „Spinnen und allerhand Woll-Arbeit“ verdie- nen müssen, wird seiner neuen Be- stimmung nach im Volksmund bald zum „Spinnhaus vor dem Spandau- er Thor“.

Am Ende des 17. Jahrhunderts steigt die Einwohnerzahl der bran- denburgisch-preußischen Residenz auf 60 000 und damit die Anzahl der Bedürftigen. Das zuständige Armendirektorium verlangt des- halb, ein „Bürger-Lazareth“ einzu- richten – ein karitativ ausgerichte- tes Hospital als Hospiz für Alters- schwache, Bettler und unehelich Schwangere. Am 9. Januar 1727 ordnet König Friedrich Wilhelm I.

(1688–1740) in einer Kabinettsor- der die Umwandlung des ehemali- gen Pesthauses in ein Bürgerhospi- tal an und verfügt: „Es soll das Haus die Charité heißen.“ Diese Namensgebung bleibt auch in den folgenden Jahren Programm. Des Königs Leibarzt, Johann Theodor Eller (1689–1760), wird als erster Direktor der Charité berufen. Im Erdgeschoss werden die sogenann- ten Hospitaliten untergebracht, im

ersten Stock und in der zwischen 1727 und 1729 aufgesetzten Etage die Kranken. Entsprechend der Ein- teilung in innere und chirurgische Krankheiten erfolgen eine Einrich- tung von „innerlichen Krankheits- stuben“ und „äußerliche Schaden- stuben“ sowie eine geburtshilfliche und eine Station für kranke Solda- ten. Die Einweisung der Armen und Mittellosen obliegt dem Armen- direktorium. Die zunehmende Ver- armung der Bevölkerung führt zu einer immer stärkeren Überbele- gung und damit einhergehenden menschenunwürdigen Verhältnissen.

Dies veranlasst die Regierung 1785 zu einem weitreichendem Um- und Neubau (2, 4, 8).

Medizinische Pflanzenschulen für Soldaten

Friedrich Wilhelm I. hat sich bereits früh für den Aufbau eines medizini- schen Bildungssystems eingesetzt.

Die Beweggründe des nicht grund- los als Soldatenkönig in die Ge- schichtsbücher eingegangenen Herr- schers sind vorwiegend militäri- scher Natur. Der jährliche Verlust von 20 Prozent seiner Armeestreit- kräfte durch Krankheit und Alter bedarf dringender Abhilfe. Dies er- fordert wiederum gut ausgebildete Militärärzte und -chirurgen. Wäh- rend seiner Regierungszeit entste- hen zahlreiche Einrichtungen, die Berlin zu einem Zentrum der me- dizinischen Ausbildung machen.

1724 kommt es zur Errichtung des Collegium medico-chirurgicum mit sechs Professorenstellen und einem streng strukturierten Lehrplan, der eine Verbindung von praktischer und theoretischer Unterweisung realisieren soll: Vorlesungen über Anatomie, Chirurgie, Physiologie und Pathologie, Arzneimittellehre, Physik und Mathematik; parallel dazu anatomische und chirurgische Übungen am 1713 errichteten ana- tomischen Theater, ergänzt durch klinischen Unterricht.

1726 schlägt der Stadt- und Amtschirurg Christian Habermaass dem König vor, die Charité in eine Institution der ärztlichen Ausbil- dung umzuwandeln. Berlin besitze keine medizinische Lehr- und Krankenanstalt wie Paris, Straß-

burg oder London. Die theoretische Schulung am Collegium müsse durch praktische Erfahrungen am Krankenbett unterstützt werden.

Seine Argumentation zugunsten der verbesserten Ausbildungsmöglich- keiten für Militärärzte trifft beim König, der bereit ist, Zweige von Wissenschaft und Wirtschaft, die der Armee dienen, zu fördern, auf Zustimmung. Die Charité erlangt zunehmende Bedeutung durch ihre Doppelfunktion als „Heil- und Lehr- anstalt“, das heißt als Zivilkranken- haus und als Ausbildungsstätte für Mitglieder der Kompanie. Letztere wohnen fortan in der Charité und übernehmen die Krankenbetreuung unter Anleitung der Charité-Ärzte.

Während ihrer Ausbildungszeit er- halten sie ein dreijähriges Stipen- dium in Form einer Pension. Diese sogenannten Pensionärchirurgen bilden fortan die Elite des Militär- medizinalpersonals.

Ein ähnliches utilitaristisch ge- prägtes Ausbildungskonzept wie das seines Vorgängers verwirklicht Friedrich Wilhelm II. (1744–1795).

1795 wird die Pépinière, eine Mili- tärmedizinalschule, basierend auf dem Konzept des Generalarztes Jo- hann Goercke (1750–1822), zur Aus- und Weiterbildung von Militär- ärzten für die preußische Armee ge- gründet. Für ungefähr 90 Landes- kinder – künftig „Eleven“ genannt – ermöglicht sie die Absolvierung eines vierjährigen Medizinstudi- ums. Der streng geregelte Studien- plan beinhaltet theoretische Vorle- sungen am Collegium, klinischen Unterricht in Chirurgie und Innerer Medizin an der Charité und „Hülfs- unterricht“ in Form von Übungen und Repetitionen an der Pépinière.

Im Anschluss daran absolvieren die Eleven ein praktisches Jahr in der Charité. Lernfreiheit und Wissen- schaft stehen nicht auf der Tages- ordnung, stattdessen Ordnung, Dis- ziplin und Gehorsam. Die gesamten Kosten für Studium und Unterbrin- gung übernimmt der Staat. Im Ge- genzug verpflichten sich die Absol- venten, mindestens acht Jahre lang als Kompaniechirurgen in der preu- ßischen Armee zu arbeiten.

In den Jahren 1785 bis 1800 er- folgt in mehreren Abschnitten ein König Friedrich I.

von Preußen ord- nete die Errichtung eines Lazaretts im Frühjahr 1710 an.

Das Gemälde von An- toine Pesne (1683 bis 1757), entstanden um 1710, zeigt den Herrscher im prunk- vollen Ornat auf dem Thron.

Foto: Wikipedia

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26. Februar 2010 A 333 Erweiterungsbau der Charité. Mit

dieser äußerlichen Veränderung geht nach fast 100 Jahren auch eine Abweichung von zwei bisher typi- schen Charakteristika einher: Galt lange Zeit der Grundsatz, die Stadt- bevölkerung könne nur vor anste- ckenden Krankheit geschützt wer- den, wenn Betroffene isoliert in Ge- bäuden außerhalb der Stadtmauern untergebracht würden, befindet sich die Charité nun innerhalb des ge- wachsenen Stadtgebiets. Durch die Umquartierung nichterkrankter Not- leidender entfällt fortan die Zusam- menlegung von Hospitaliten und Patienten. 1801 wird Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836) als königlicher Leibarzt, Direktor des Collegiums und leitender Charité- Arzt berufen (1, 7).

Die triadische Kollision:

Pépinière, Universität, Charité Im Oktober 1810 eröffnet die Berli- ner Humboldt-Universität mit 117 immatrikulierten Medizinstudenten ihre Pforten. In den folgenden Jah- ren ist das Bild der medizinischen Ausbildung geprägt von der Ambi- valenz zwischen Theorie und Praxis und den konkurrierenden Forderun- gen von Wissenschaft und klini- scher Ausbildung: einerseits durch Vermittlung von Wissenschaft Bil-

dung zuteil werden lassen, gleich- zeitig Vorbereitung auf eine ärztli- che Tätigkeit am Krankenbett zu sein.

Auch im 19. Jahrhundert domi- nieren nach wie vor die bildungspo- litischen Interessen der Regierung.

Entsprechend plädiert der preußi- sche König dafür, dass den künfti- gen Armeeärzten als praktische Ausbildungsstätte das einzige große Krankenhaus Preußens vorbehalten bleibe unter Ausschluss der Zivil- studenten. Christian Wilhelm Hufe- land, seit 1809 Professor an der Me- dizinischen Fakultät, hält die Tren- nung in „Aerzte und Chirurgen“, in

„Zivil- und Militärchirurgen“ hin- gegen für „zweckwidrig und nach - theilig“, denn es gebe lediglich

„eine medicinische praktische Bil- dung“. Seiner Meinung nach hat das militärische Bildungssystem Mo- dellcharakter für die Universität wegen der Verbindung von Medizin und Chirurgie, des geordneten Stu- dienplans und des praktischen Un- terrichts. Hufeland plädiert für eine Vereinigung mit der Medizinischen Fakultät und setzt sich dafür ein, umgekehrt den Eleven Zutritt zu den Universitätsvorlesungen zu ge- statten. Hier stößt er jedoch auf den Widerstand Wilhelm von Hum- boldts (1767–1835), Leiter des preu-

ßischen Unterrichtswesens. Sein Entwurf der Medizinischen Fakultät der Universität sieht diese als einen Hort der Wissenschaft und zielt auf eine Ausbildung der Ärzte zu

„Männern von Bildung“ ab. Ent- sprechend seiner Bevorzugung ei- ner Trennung von empirischen und wissenschaftlichen Lehranstalten befürwortet Humboldt eine deutli- che Abgrenzung des universitären Studiengangs von der praktisch ori- entierten militärchirurgischen Fach- schulung der Pépinière. Er fordert gar eine stärkere Unterscheidung der beiden Bildungseinrichtungen, indem er für die Umwandlung der Pépinière in eine rein empirische Schule plädiert. Entsprechend sol- len die Akademiestudenten „nur so viel an reiner Theorie lernen, als zur Praxis nothwendig ist“. Tatsächlich gibt es jedoch keine Unterschiede inhaltlicher Art, sondern lediglich bei der Finanzierung und Struktur des Studiums. Studenten der Akade- mie können bei den Universitäts- professoren, die auch als „Professo- ren der Akademie“ gelten, gegen ein an diese vom Staat gezahltes Entgelt nach einem von der Akade- mischen Direktion vorgeschriebe- nen vierjährigen Studienplan stu- dieren, während die Universitätsstu- denten für dieselben Vorlesungen selbst bezahlen müssen, und „nach einer beliebigen Ordnung und Rei- henfolge“ hören. Einziger, aber nicht unerheblicher Unterschied:

Das praktische Jahr als Hilfsarzt in der Charité bleibt den Eleven vor- behalten, wohingegen die Zivilstu- denten nur einen dreimonatigen kli- nischen Kursus besuchen müssen, um die Zulassung zur staatlichen Prüfung zu bekommen. Die Über- legenheit des Bildungsmodells der Militärärzte wird schnell erkannt – vor allem aber die herausragende Rolle, die die Charité hierbei spielt.

Wiederholten Forderungen der Me- dizinischen Fakultät an die Regie- rung, dass die Charité in eine gere- gelte Verbindung zur Universität gestellt werden müsse, um den Zi- vilstudenten Möglichkeit zur Ver- besserung ihrer medizinischen, chir- urgischen und geburtshilflichen Geschicklichkeit zu bieten, werden nicht erfüllt. Stattdessen hält man Die Ende des 18.

Jahrhunderts erfolgten baulichen Erweiterungen der Charité sind auf diesem Stich, ent- standen um 1809, zu erkennen.

Foto: Ullstein

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26. Februar 2010 fest an einer fast 100-jährigen Tra-

dition – dass nämlich „die Charité auf alle Fälle als Clinicum vorzüg- lich für die neue Academie be- stimmt bleibt“. (1, 6, 7)

Erste Heilanstalt, erste Forschungsanstalt Die Medizinische Fakultät besteht darauf, eigene Universitätskliniken für den klinischen Unterricht einzu- richten. So etablieren sich auf dem Gelände der Charité im Laufe der Jahre mehr und mehr Kliniken der Universität, in denen Assistenzärzte aus dem Zivilstand eingesetzt wer- den. Mit der räumlichen Erweite- rung der Institution und dem nach wie vor anhaltenden Streit um die Vereinigung der verschiedenen Bil- dungsmodelle sorgt auch die Dis- kussion über Zielsetzung und Auf- gabe der Institution immer wieder für Konflikt. Die Charité entspricht zu Beginn des 19. Jahrhunderts einem allgemeinen Krankenhaus, das in die kommunale Gesundheits- versorgung der Armen der Stadt Berlin eingebunden ist. Die Reform des preußischen Gesundheitswe- sens, die Einführung der Städteord- nung und die Kommunalisierung des öffentlichen Armenwesens im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts haben weitreichende Folgen. Fortan ist die Charité dem neu geschaffe- nen Kuratorium für Krankenhaus- angelegenheiten unter der Präsi- dentschaft des Obermedizinalrats Johann Nepomuk Rust (1775–1840) unterstellt. Gewährte die königliche Kabinettsorder ursprünglich allen Armen aus Berlin einen kostenlo- sen Aufenthalt, so wird die Charité immer häufiger aus der Pflicht ent- lassen, sämtliche vom Armendirek- torium geschickten Kranken kos- tenfrei zu behandeln. Stattdessen erfolgt eine Beschränkung auf 100 000 freie Verpflegungstage.

Gleichzeitig ist die eigenständige staatliche Institution nicht bereit, die Aufgaben als „erste Heilanstalt“

des Staates den Interessen der Me- dizinischen Fakultät, die eine un- eingeschränkte klinische Nutzung der Krankensäle anstrebt, unterzu- ordnen (1, 2, 7).

Mit der Aneignung des Kranken- hauses durch die Universität als

Lehr- und Forschungsanstalt folgt man auch in Berlin einem für das 19. Jahrhundert typischen Trend.

Seitens der klassischen bürgerlichen Pädagogik werden Forderungen nach optimaler Anschaulichkeit und das praktische Üben berufsnot- wendiger Fähigkeiten laut. Formu- liert in Johann Gottlieb Fichtes Plä- doyer, dass „wissenschaftliche Bil- dung nicht auf dem Wege bloßer Kenntnisvermittlung, sondern im Prozess der Ausübung wissenschaft- licher Tätigkeiten erworben“ werde.

Das Krankenhaus gilt fortan nicht mehr nur als Nebenschauplatz ärzt- licher Tätigkeit und Identität. Die universitäre Medizin übernimmt wesentliche Elemente und Metho- den der im Rahmen der chirurgi- schen und militärärztlichen Ausbil- dung entwickelten Krankenhaus- medizin und verhilft ihr zu einem auch universitär anerkannten wis- senschaftlichen Rang. Die zum Stu- dium parallel erfolgte Ausbildung am Krankenbett, die Einweisung in Labortechniken, pathologische, phy- siologische und chemische Metho- den werden fortan als Verwissen- schaftlichung der Medizin begriffen und vorangetrieben (8).

Im Laufe des Jahrhunderts wer- den fast alle Abteilungen in univer- sitäre Ausbildungskliniken umge- wandelt. Die vorgenommenen bau- lichen Veränderungen spiegeln auch die mit einhergehenden funk- tionellen Trennungen, Zusammen- schlüsse und Spezialisierungen wi- der. Doch nicht nur räumlich entwi- ckelt sich die Charité immer mehr zu einem der führenden wissen- schaftlichen Zentren der medizini- schen Forschung. Persönlichkeiten wie Ludwig Traube (1818–1878), Rudolf Virchow (1821–1902), Emil Du Bois-Reymond (1818–1898), Paul Langerhans (1847–1888), Ro- bert Koch (1843–1910), Emil Beh- ring (1854–1917) und Ferdinand Sauerbruch (1875–1951) sind un- weigerlich mit der Charité verbun- den und begründen ihren bis heute nach Trennung und Wiedervereini- gung Berlins anhaltenden interna- tionalen Ruf (2, 4, 8).

❚Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2010; 107(8): A 331–4

LITERATUR

1. Engstrom EJ, Hess V: Jahrbuch für Univer- sitätsgeschichte, Band 3 (2000): Zwischen Wissens- und Verwaltungsökonomie. Zur Geschichte des Berliner Charité-Kranken- hauses im 19. Jahrhundert, Stuttgart 2000.

2. Fischer EP: Die Charité – Ein Krankenhaus in Berlin 1710 bis heute, München 2009.

3. Graefe CF: Jahresbericht über das clinische chirurgisch-augenärztliche Institut der Uni- versität zu Berlin, Berlin 1825.

4. Jaeckel G: Die Charité – Die Geschichte ei- nes Weltzentrums der Medizin, Frankfurt/M.

1995.

5. Lenz M: Geschichte der Königlichen Fried- rich-Wilhelms-Universität zu Berlin, Band 1, Halle/Saale 1910; Idee und Wirklichkeit ei- ner Universität. Dokumente zur Geschichte der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Ber- lin, hrsg. von W. Weischedel, Berlin 1960.

6. Rust JN : Über den Zweck und die Einrich- tung ärztlich-praktischer Lehranstalten. In:

Rust JN: Aufsätze und Abhandlungen, Band 3, Berlin 1840, Über den klinischen Unter- richt, Band 1, Berlin 1834.

7. Schneck P, Lammel HU: Die Medizin an der Berliner Charité zwischen 1810 und 1850.

Husum 1995.

8. Tutzke D, Burmeister KJ u.a. (Hrsg.) : Chari- té 1710–1985, Berlin 1985.

Anschrift der Verfasserin Sandra Krämer M.A.

Pettenkoferstraße 8 b 80336 München

E-Mail: skraemer@smd.uni-ulm.de Plädierte für eine

Vereinigung der Charité mit der Medi- zinischen Fakultät der Universität:

Christoph Wilhelm Hufeland auf einem Stich von F. Müller nach dem Gemälde von Fr. A. Tischbein.

Foto: Wikipedia

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