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Archiv "Das Pflegedienst-Telekolleg- Vorsemester: Ein kurzfristig realisierbares Zulassungssystem für Humanmedizin nach dem Prinzip „Abitur plus“" (01.09.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen THEMEN DER ZEIT

Das Prinzip „Abitur plus" ist im Hochschulrahmengesetz (HRG) festgelegt und im jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) zum Numerus clausus vom 8. Febru- ar 1977 bestätigt. Welche zusätzli- chen Feststellungsverfahren sollen aber hinter dem Pluszeichen er- scheinen? Die Darstellung von E.

Böning (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 48 vom 25. November 1976, Seite 3117-3120) zählt folgen- de Möglichkeiten auf: das Los, das Interview, den Test und das Prak- tikum.

Das Los wäre sicher die schlechte- ste Lösung. Sie würde dem Bewer- ber jede Möglichkeit nehmen, aus eigener Initiative etwas zu tun, um seine Bewerbungschance zu ver- bessern. Das Interview hat von der menschlichen Seite her zweifellos große Vorteile. Es wäre für die Be- werber, die sich der seelenlosen und erbarmungslosen Maschinerie des Dortmunder Computers ausgeliefert fühlen, ein Lichtblick, sich wenig- sten persönlich vorstellen und ein Gespräch führen zu können. Es ist verständlich, daß das Interview des- halb viele Fürsprecher hat.

Die Zahl der zu bewältigenden Be- werber ist jedoch so immens (etwa 40 000), daß es einer höchst aufwen- digen Organisation bedürfte, diese Bewerber alle durch Kommissionen interviewen zu lassen. Dazu kommt ein Nachteil, der im System des In- terviews selbst liegt. Ein Interview ist nach allen bisherigen Erfahrungen wohl in der Lage, völlig ungeeignete Bewerber einerseits und Spitzenbe- gabungen auf der anderen Seite auszulesen. Die riesige Mittelgruppe

wird mit einem Interview aber wohl kaum in eine Rangfolge zu bringen sein. Gerade darauf käme es aber an. Auch werden die Entscheidun- gen einer solchen Interviewkommis- sion wohl nur mit großen Schwierig- keiten vor einem Verwaltungsge- richt bestehen können.

Gerade wegen der Unvollkommen- heit der Interviewverfahren hat die Diskussion über psychologische Tests in den letzten zwei Jahren ei- nen breiten Raum eingenommen.

Aber trotz intensiver, vom Bundes- ministerium für Bildung und Wis- senschaft geförderter wissenschaft- licher Untersuchungen an psycholo- gischen Universitätsinstituten ist an- scheinend noch kein Verfahren aus- gearbeitet, das von der Kultusmini- ster-Konferenz (KMK) zur Anwen- dung freigegeben werden könnte.

Andererseits drängt die Zeit. Denn die Fehler und Verzerrungen des bisherigen Systems sind so offen- kundig, daß über die Geltungsdauer des Staatsvertrags hinaus kein einzi- ger Zulassungstermin mehr nach dem alten System arbeiten dürfte. In dieser Situation soll ein Verfahren vorgeschlagen werden, das in Kom- bination mit einem Pflegepraktikum kurzfristig realisierbar ist und den Vorteil hat, unter den Bewerbern eine Rangfolge herzustellen.

Langjährige Erfahrungen mit Praktika nutzen

Das Praktikum als Eingangsstufe für akademische Berufe mit praktischen Aufgaben hat im deutschen Ausbil- dungssystem eine lange Tradition

Der Verfasser schlägt — auf der Basis des geltenden Hochschulrahmengesetzes — ein neues und diskutables Zu- lassungsverfahren für Medi- zinstudienbewerber vor: ein Pflegepraktikum (was an die- ser Stelle bereits einmal ver- treten wurde) in Verbindung mit einem praktikumbeglei- tenden Unterricht in Form ei- nes Telekollegs. Andere dis- kutierte Zulassungsverfahren (vom Los bis zum psychologi- schen Test) lehnt er demge- genüber als nicht angemes- sen ab.

und bietet sich schon deshalb an, weil darüber langjährige Erfahrun- gen vorliegen. Deshalb ist es ver- ständlich, daß gerade von seiten praktizierender Ärzte und von den berufsständischen Organisationen das Praktikum als Zulassungsvor- aussetzung immer wieder vorgetra- gen wird (J. Hoppe, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 48 vom 25. 11.

1976, S. 3088-3089, und K. E. Littan, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 13, vom 31. 3. 1977, S. 889-890, u. a.).

Was das organisatorische Problem der Vermittlung solcher Pflege- dienststellen angeht, so könnten da- für die berufsständischen Organisa- tionen gewonnen werden. Bei einer Dauer von fünf Monaten würde der Bewerber im günstigsten Fall ein Semester später an die Hochschule kommen können als ohne vorge- schalteten Pflegedienst. Die in den Krankenhäusern zur Verfügung ste- henden Plätze würden zweimal im Jahr neu besetzt werden können.

Die rechtlichen und finanziellen Pro- bleme können nicht unüberwindlich sein, da doch auch jetzt schon zwei Monate Pflegedienst abgeleistet werden müssen. Krankenkassenbei- trag, Versicherung und freie Kost müßten von den Krankenhäusern übernommen werden, was aber wohl keine unzumutbare Belastung darstellt, wenn man davon ausgeht, daß die Pflegediensthelfer für diese

Das Pflegedienst-Telekolleg- Vorsemester

Ein kurzfristig realisierbares Zulassungssystem für Humanmedizin nach dem Prinzip „Abitur plus"

Wolfgang Jaeger

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 35 vom 1. September 1977

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Telekolleg-Vorsemester

fünf Monaten höchstens ein Ta- schengeld erhalten würden. Wenn man bedenkt, daß durch die Herein- nahme der Kreiskrankenhäuser eine so breite geographische Streuung der angebotenen Stellen möglich ist, daß die Pflegediensthelfer im El- ternhaus wohnen können, so bedeu- tet ein um drei Monate über das bis- herige Maß verlängerter Pflege- dienst ohne Bezahlung auch für so- zial schwächere Bewerber sicher kein unüberwindliches Hindernis.

Ein obligatorischer Pflegedienst hätte als ein dem Studienbeginn vorgeschaltetes Praktikum rein von der Sache her große Vorteile. Zu- sätzlich hätte er aber noch eine ge- wisse nicht unerwünschte „Filter-

wirkung".

Vielleicht würden sich die fertig aus- gebildeten Sportlehrer, Juristen, Volkswirte und andere, die sich frü- her nie um einen Studienplatz in Me- dizin beworben hatten und die sich zur Zeit aufgrund ihres sieben bis acht Jahre zurückliegenden Abitur- zeugnisses an die Spitze der Warte- schlange setzen, doch überlegen, ob ihre Motivation so stark ist, daß ihnen der Studienwechsel das Opfer eines halben Jahres praktischer Pflegetätigkeit wert ist.

Der offenkundige Nachteil eines sol- chen Pflegepraktikums ist, daß da- mit keine Rangfolge der Studienbe- werber erreicht werden kann. Wenn man also seine Einführung hinter dem Plus des Prinzips „Abitur plus"

in Erwägung zieht, muß es ergänzt werden, durch eine weitere Maßnah- me, die eine solche Rangfolge her- stellen kann. Denn jeder aufmerksa- me Beobachter ist sich darüber im klaren, daß die Zeugnisse, die über diesen Pflegedienst ausgestellt wer- den, nicht geeignet sind, eine Rang- folge der Bewerber zum Medizinstu- dium aufzustellen.

Aus diesem Grunde taucht immer wieder der Vorschlag auf, den Pfle- gedienst mit einer Prüfung abzu- schließen. Eine Prüfung kann man aber nur abnehmen, wenn die Be- werber während ihres Pflegedien- stes unterrichtet worden sind. Es ist jedoch reine Illusion zu glauben, ein

solcher Unterricht durch Chefärzte, Oberärzte, Lehrschwestern u. a.

ließe sich auch nur in einigermaßen vergleichbarer Weise in den Kran- kenhäusern organisieren. Es müß- ten dann auch dafür wieder beson- dere „Lehrkrankenhäuser" einge- richtet werden, und die Auswahl würde dann vermutlich auf diesel- ben Krankenhäuser treffen, die schon jetzt in anderem Zusammen- hang „Lehrkrankenhäuser" gewor- den sind, und von denen man nicht weiß, ob sie dieser Aufgabe auch wirklich in vollem Umfang gewach- sen sind.

Wenn der dem Studienbeginn vor- geschaltete Pflegedienst kapazitäts- mäßig überhaupt realisierbar sein soll, muß er in den mittleren und kleinen Krankenhäusern abgeleistet werden können. Die große Zahl der Kreiskrankenhäuser, die in früheren Zeiten das Reservoir der Famulatur- stellen waren und die jetzt, nachdem die Famuli aufgrund der neuen Ap- probationsordnung ausbleiben, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für den Pflegedienst hätten, sind die Stelle, an der der Pflegedienst abge- leistet werden sollte.

Ein das Pflegepraktikum begleiten- der Unterricht ist jedoch in den ein- zelnen mittleren und kleineren Kran- kenhäusern kaum realisierbar. Wohl aber ließe sich ein gleichzeitig mit dem Pflegedienst ablaufendes „ Vor- semester" in Form eines Telekollegs ohne allzu großen Aufwand durch- führen.

Ausgestaltung des

Telekollegs

Das Telekolleg würde im ganzen Bundesgebiet gehört werden kön- nen. Am Schluß des Pflegedienst- Telekolleg-Vorsemesters würde bundeseinheitlich nach dem Bei- spiel der zentralisierten Prüfungen des Medizinstudiums der Unter- richtsstoff dieses Vorsemesters geprüft.

Für dieses Telekolleg-Vorsemester sollen folgende konkrete Vorschlä- ge gemacht werden:

1. Unterrichtsgegenstände

a) als begleitender Unterricht für das Pflegepraktikum soll eine Wo- chenstunde für Erste Hilfe, Gesund- heitsvorsorge und Allgemeine Krankheitslehre vorgesehen sein (insgesamt 20 Unterrichtsstunden).

b) Propädeutischer Unterricht für das vorklinische Studium (zugleich Fortführung des Abiturwissens in den naturwissenschaftlichen Fä- chern).

Gerade die Vielfalt der Hochschul- zugangsberechtigungen bringt es mit sich, daß die Medizinstudenten zu Beginn des vorklinischen Stu- diums mit sehr verschiedenen Vor- aussetzungen in den Unterricht kommen. Das Telekolleg könnte hier gleichmäßigere Voraussetzungen für den Studienerfolg schaffen und dazu beitragen, daß das Physikum in der vorgesehenen Zeit abgelegt wird.

Vorgesehen ist je eine Wochenstun- de in Biologie, Physik, Chemie und Physiologie. Bei Biologie, Physik und Chemie würden sich die je 20 Unterrichtsstunden darauf konzen- trieren müssen, zur systematischen Wiederholung des Schulwissens an- zuleiten und zugleich die Anwen- dung biologischer, chemischer und physikalischer Voraussetzungen für die Medizin aufzuzeigen.

Der Unterricht in der Physiologie sollte darauf aufbauen und in 20 Un- terrichtsstunden Grundbegriffe in der Physiologie des Kreislaufs, des Stoffwechsels, der biologischen Re- gulationsvorgänge und der Sinnes- organe unterrichten.

Alle genannten Unterrichtsgegen- stände sind in den letzten Jahren in knappen Taschenbüchern veröffent- licht, die als Leitfaden und Lernbü- cher zur Verfügung stehen. Der Un- terricht müßte sich natürlich streng an diese Lernbücher halten, die für jeden erworben werden können.

Soweit die Dozenten des Telekollegs selbst die Verfasser dieser Lernbü- cher sind, könnte Preisermäßigung für diese Lernbücher auf Hörer- schein ausgegeben werden.

2136 Heft 35 vom 1. September 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Telekolleg-Vorsemester

2. Dozenten

des Telekolleg-Vorsemesters Bedenkt man die große Zahl von Do- zenten an den Universitäten der Bundesrepublik, so muß es möglich sein, geeignete Lehrkräfte zu finden, die kurzfristig in der Lage sind, die jeweils 20 Telekolleg-Unterrichts- stunden vorzubereiten. Natürlich muß der Unterricht anders aufge- baut sein als im vorklinischen Stu- dium selbst. Ein didaktisch und päd- agogisch begabter Dozent wird sich aber sicher gern einer solchen Auf- gabe unterziehen, die ihm einen für derartige Themen ganz ungewöhn- lich großen Zuhörerkreis sichert. Bei der personellen Auswahl wird man sich von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften und den Univer- sitäten beraten lassen können.

Grundsätzliche Schwierigkeiten, Dozenten zu gewinnen, bestehen si- cher nicht.

3. Unterrichtsmethoden

Die genannten Unterrichtsgegen- stände bedürfen alle der anschauli- chen Vorführung von Krankheitsbil- dern, Maßnahmen der Ersten Hilfe, physikalischer und chemischer Ex- perimente, biologischer Versuche usw. Gerade dies ist aber über das Fernsehen in optimaler Weise mög- lich. Wahrscheinlich kann der Te- leunterricht sogar noch anschauli- cher gestaltet werden als der üb- liche Unterricht im Hörsaal, bei dem die Zuhörer die einzelnen Versuche und Experimente nur aus großer Di- stanz sehen und meist nicht in den Einzelheiten erkennen können.

4. Organisation des Unterrichts Erste orientierende Gespräche mit den zuständigen Stellen der Fern- sehanstalten haben ergeben, daß von dieser Seite ein solches Projekt nicht nur für möglich gehalten wird, sondern sogar lebhaft begrüßt wird.

Die geplanten 5 Unterrichtsstunden pro Woche wären vom Programm her durchaus realisierbar. Zwar ist es nicht möglich, daß in allen Län- dern der Bundesrepublik zum glei-

chen Zeitpunkt die gleiche Unter- richtsstunde abgehalten wird. Es kann jedoch, wenn auch zu ver- schiedenen Sendezeiten, in jeder Woche überall das gleiche Pensum absolviert werden.

Die Erfahrungen mit Teleunterricht haben gezeigt, daß die am Fernseh- schirm zu verfolgenden Unterrichts- stunden ergänzt werden sollten durch eine sogenannte „Sozialpha- se", bei der der Hörer Gelegenheit hat, zum Unterrichtsstoff Fragen zu stellen. Die zu erwartende große Zahl der Teilnehmer an dem Telekol- leg-Vorsemester wird allerdings dazu zwingen, daß auch diese „So- zialphase" über das Fernsehen rea- lisiert wird, indem — wie dies bei an- deren Fernsehsendungen ja auch der Fall ist — stellvertretend einige Hörer Fragen an den Dozenten stel- len, wobei jeder Hörer die Möglich- keit hat, schriftlich Fragen für diese Fragestunde einzureichen.

5. Erfassung der Teilnehmer Da das Telekolleg-Vorsemester die begleitende Unterrichtsveranstal- tung für das Pflegepraktikum dar- stellt, ist die Voraussetzung für die Teilnahme am Telekolleg-Vorseme- ster die gleichzeitige Ableistung des Pflegedienstes bzw. der Nachweis einer Tätigkeit in einem pflegeri- schen oder Heilhilfsberuf. Außerdem ist natürlich die Vorlage einer Hoch- schulzugangsberechtigung erfor- derlich.

Demnach muß eine zentrale Melde- stelle geschaffen werden, wo diese Nachweise vorgelegt werden. Nur auf diese Weise kann man einen vor- läufigen Überblick bekommen, wie viele Bewerber voraussichtlich an der Abschlußprüfung teilnehmen werden. Die Teilnehmer müssen auch schon vor Beginn der Unter- richtsstunden orientiert werden, welche Lehrbücher Grundlage des Unterrichts sind.

Außerdem müssen die Teilnehmer einen genauen Zeitplan — je nach zuständiger Fernsehanstalt — erhal- ten, in dem der Stundenplan und die

jeweils behandelten Themen aufge- führt sind. Es müssen darin auch Hinweise auf die entsprechenden Seitenzahlen in den Lernbüchern enthalten sein, für den Fall, daß ein Hörer zeitlich verhindert sein sollte, eine Telekollegstunde zu sehen.

Schließlich muß die zentrale Melde- stelle die Teilnehmer zu der Ab- schlußprüfung einbestellen und überprüfen, ob die Voraussetzungen des Pflegepraktikums erfüllt sind.

Eine solche zentrale Meldestelle müßte aber auch bei jedem anderen Testverfahren eingerichtet werden.

Es ist bekannt, daß die Studienstif- tung des deutschen Volkes für die Übernahme einer solchen Aufgabe in der Diskussion ist.

6. Abschlußprüfung

Die Abschlußprüfung am Schluß des Pflegedienst-Telekolleg-Vorseme- sters ist technisch nur als Multiple- choice-Prüfu ng bu ndesei nheitl ich zum gleichen Zeitpunkt an verschie- denen über die Bundesrepublik ver- teilten Stellen möglich. Daß dies or- ganisatorisch durchführbar ist, zei- gen die seit mehreren Jahren in die- ser Form abgehaltenen Prüfungen des Medizinstudiums.

Da es sich um eine Abschlußprüfung eines medizinischen Vorsemesters handelt, liegt es nahe, mit der tech- nischen Vorbereitung und Durch- führung das Institut für medizini- sche Prüfungsfragen in Mainz zu be- auftragen und die Organisation und die Überwachung ebenso wie bei den medizinischen Prüfungen den Landesprüfungsämtern zu über- tragen.

Die Erstellung computergerechter Multiple-choice-Fragen muß durch die Dozenten des Telekollegs erfol- gen, die auch den Unterricht durch- geführt haben. Auf diese Weise kann auch die Vertraulichkeit am besten gewahrt werden. Da es nur darum geht, die Bewerber in eine Rangfol- ge zu bringen, ist die Auswahl der Fragen nicht in dem Maße an Nor- menüberlegungen gebunden wie

bei den Prüfungen des Medizinstu-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 35 vom 1. September 1977 2137

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M.■ 1.1•ffla

Aufsätze • Notizen

Telekolleg-Vorsemester

diums. Eben deshalb kann der auf- wendige und Zeit fordernde Apparat der delegierten Kommissionsmit- glieder aus den einzelnen Fachge- sellschaften unterbleiben und die Zusammenstellung der Fragen von demjenigen erfolgen, der unterrich- tet hat.

7. Wertung des Ergebnisses der Abschlußprüfung

Eine Auswertung ist ebenso wie bei den Medizin-Prüfungen durch Com- puter nach Punkten möglich. In wel- chem Verhältnis das Ergebnis die- ses Vorsemesters zum Abiturzeug- nis stehen soll – ob 1:1 oder in ande- rer Relation – muß Gegenstand wei- terer Diskussion sein und muß von den Kultusministern entschieden werden. Auch die Frage, wie oft diese Telekolleg-Abschlußprüfung wiederholt werden darf, müssen die Kultusminister entscheiden.

Aufgrund der schlußendlich errech- neten Gesamtpunktzahl, in die even- tuell noch Bonuspunkte für Bewer- ber mit Berufspraxis auf dem Gebiet der pflegerischen oder Heilhilfsbe- rufe einfließen, wird dann nach Län- derquote zum Studium zugelassen.

Vorteile des geschilderten Zulassungssystems Abitur — Pflegedienst — Telekolleg-Vorsemester

Alle Vorteile für das System „Abitur plus" gelten auch für dieses Kon- zept. Dazu kommen folgende Ge- sichtspunkte:

0

Der Pflegedienst erfüllt die Funk- tion einer Chance zur Selbstprüfung und eventuell auch des vorgeschal- teten Filters, um Bewerbern mit fachfremden Motivationen Anlaß zum nochmaligen Überdenken ihres Entschlusses zu geben.

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Das Telekolleg-Vorsemester gibt eine echte Chance, den Durch- schnitt des Abiturzeugnisses zu ver- bessern. Der Bewerber ist damit nochmals zu eigener Initiative auf- gerufen.

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Die im Telekolleg-Vorsemester enthaltenen Fächer werden bundes- einheitlich unterrichtet und bundes- einheitlich geprüft. Das Ergebnis ist demnach geeignet, regionale und typenmäßige Unterschiede in der Qualität der Abiturzeugnisse auszu- gleichen.

• Die im Telekolleg enthaltenen Fächer enthalten diejenigen, die auch. im normalen Abitur für die Zu- lassung zum Medizinstudium ge- wichtet werden müßten. Bekanntlich ist die Gewichtung der Fächer aber deshalb so schwierig, weil diejeni- gen Fächer, die gewichtet werden sollten (Biologie, Physik und Che- mie) nicht in jeder Hochschulzu- gangsberechtigung enthalten sind.

Vielleicht würde die Gewichtung der Abiturnote durch den zusätzlichen Telekolleg-Abschluß nicht mehr not- wendig sein.

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Das Telekolleg unterrichtet dieje- nigen Kenntnisse, die dem Bewerber den Start in das vorklinische Stu- dium erleichtern. Der Absolvent des Vorsemesters wird besser und schneller in der Lage sein, sich zum Physikum zu melden und damit sei- nen vorklinischen Studienplatz für einen nachfolgenden Bewerber wie- der frei machen.

• Das Telekolleg-Vorsemester ist eine echte Erweiterung der Unter- richtskapazität der medizinischen Fakultäten, wenn auch in unkonven- tioneller und ganz gezielter Form.

Die anfallenden Kosten sind ver- gleichsweise verschwindend gering, wenn man bedenkt, was die Über- nahme des französischen und belgi- schen Vorbildes bedeuten würde, wobei zunächst alle Bewerber in das erste Studienjahr aufgenommen werden, danach jedoch ein großer Teil wieder hinausgeprüft wird. Un- ser System des Telekolleg-Vorseme- sters erreicht ebenfalls – wenn auch natürlich in bescheidenerem Rah- men – sozusagen eine Unterrich- tung in einer Probezeit, an deren Ende dann eine Abschlußprüfung steht, die die Entscheidung bringt.

Natürlich hat das geschilderte Sy- stem auch seine Nachteile. Diese

sind vom technischen Aufwand her aber auch nicht schwerwiegender, als bei jedem anderen Testsystem.

Ein Nachteil, der schwerer wiegt, ist die Tatsache, daß in der Abschluß- prüfung des Telekolleg-Vorseme- sters auch wieder in erster Linie kognitive Leistungen geprüft wer- den. Aber es sind wenigstens Berei- che, die schon Bestandteil des Medi- zinstudiums sind und sich dadurch vom Abiturwissen unterscheiden.

Außerdem ist es möglich, in die Mul- tiple-choice-Abschlußprüfung Fra- gen einzubauen, die die Testpsy- chologen erarbeiten und die einen entsprechenden Konsens erhalten.

Insofern ist das geschilderte System ohne aufwendige Organisationsän- derungen noch durchaus ausbaufä- hig und erweiterungsfähig durch das Ergebnis all der Arbeit, die in der Zwischenzeit an andere Testmetho- den verwendet wurde.

Anschrift des Verfassers Professor Dr. med.

Wolfgang Jaeger Universitätsaugenklinik Bergheimer Straße 20 6900 Heidelberg 1

ZITAT

Sozialabhängigkeit

„Die Politiker wechseln gera- dezu die Argumente je nach Debattenthema aus. Heute be- kommen wir von ihnen vorge- führt, daß wir . . . ,im bisher nicht überbotenen Wohlstand leben'. Steht morgen die Kranken- oder Rentenversi- cherung auf der Tagesord- nung, verwandeln wir uns flugs in eine Klientel von Milli- onen Hilfs- und Schutzbedürf- tiger. In Wirklichkeit handelt es sich natürlich um das kalte Machtkalkül einer politischen Klasse, die mittels der Sozial- leistungen die Bevölkerung unseres Landes in Abhängig- keit und Kontrolle hält."

Professor Dr. med.

Horst Baier, Konstanz

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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