grundsätzlich gleichen Ergebnissen, auch in der Vorlesung des Sommerse- mesters 1997 demonstriert.
Diskussion
Wir sind nicht sicher, ob der Ver- such von Hahnemann selbst oder von wem auch sonst unter Originalbedin- gungen, das heißt mit Cortex chinae in hoher Dosis, jemals wiederholt wurde. Prüfungen mit Chinin, bereits 1841 angestellt, erbrachten nicht das erwartete Ergebnis (1). Der Greifs- walder Pharmakologe Schulz, sicher kein Gegner der Homöopathie (8), fand unter niedrigen Dosen Chinin (5 bis 10 mg, äquivalent etwa 100 mg Rohdroge) die Körpertemperatur ge- sunder Probanden unverändert (13).
Hahnemann selbst hatte noch kein Fieberthermometer. Entsprechend der damaligen Definition setzte er Fieber mit beschleunigtem Puls gleich (4). Daher rechnete er auch sehr star- ken Kaffee oder Branntwein neben Ignazbohne, Arsenik und Pfeffer zu den fiebererzeugenden, das Wechsel- fieber spezifisch hemmenden Sub- stanzen (2). Änderungen der Herzak- tion durch China-Alkaloide sind be- kannt (5), desgleichen Rötung der
Haut; beide Kreislaufreaktionen wur- denn auch von Hahnemann regi- striert. Aber daß sich die Bedeutung des Wortes Fieber seither gewandelt hat, ist manchem Vertreter der Homöopathie unbekannt (14).
Hahnemanns Epigonen ist eine weitere Erklärung eingefallen. Ihr Meister verbrachte 1777 kurze Zeit in Siebenbürgen, wo es damals Malaria gab. Aus seiner Erlanger Zeit (11) und auch aus dem Jahr 1808 (6) stam- men Berichte, die auf gelegentliche Anfälle von Malaria schließen lassen.
In Erlangen, wo er 1779 promovierte, vertrug er die beim Selbstversuch an- gewandte Dosis anstandslos. Zur Er- klärung dieser Unstimmigkeit wurde unterstellt (1), daß Hahnemann zwi- schen 1779 und 1790 überempfindlich gegen Chinin oder einen anderen In- haltsstoff von Cortex chinae gewor- den sei. Aber das „Arzneimittelbild“, wie es Hahnemann mit erfreulicher Deutlichkeit beschreibt, paßt nicht recht zu den Symptomen, die man bei einer Überempfindlichkeit gegen Chinin erwarten würde (5). Und vor allem: Wer das Schlüsselexperiment an einer Allergie Hahnemanns fest- machen möchte, entwertet es.
Bayr (1) meint schließlich: Hah- nemann entdeckte das Similia simili-
bus, weil er ein wissenschaftlich feh- lerhaftes Experiment homöopathisch richtig interpretierte. Führte man Bayrs Gedanken weiter, dann wäre Homöopathie keine Erfahrungs-, son- dern eine Irrtumswissenschaft. Dieser Geburtsfehler besteht fort: Wenn sich ein Schlüsselexperiment als fehlerhaft erweist und nicht widerrufen wird, ge- deiht kein Fortschritt. Die seitherige Geschichte der Homöopathie (10, 12) ist dafür ein Lehrstück.
Ärzte, die unsere Befunde über- prüfen wollen, sind zu weiteren Selbst- versuchen, vor allem solchen mit höhe- rer Dosis, in unserem Labor herzlich eingeladen. Reisekosten innerhalb Deutschlands werden erstattet.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1997; 94: A-1811–1812 [Heft 26]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Ernst Habermann Klinische Pharmakologie
Justus-Liebig-Universität Gießen Gaffkystraße 11c
35385 Gießen
A-1812
M E D I Z I N KURZBERICHT/FÜR SIE REFERIERT
(52) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 26, 27. Juni 1997 Kardiovaskuläre Erkrankungen
zeichnen bei einem Großteil der Pati- enten mit nicht insulinabhängigem Diabetes mellitus (NIDDM) für Morbidität und Mortalität verant- wortlich. Die Assoziation von Hy- perglykämie und Mikroangiopathie ist in zahlreichen Untersuchungen unstrittig belegt, die Beziehung des Diabetes mellitus zur Makroangio- pathie wird jedoch kontrovers disku- tiert. Amerikanische Diabetologen und Kardiologen untersuchten des- halb bei 1 539 NIDDM-Patienten, ob die Qualität der Stoffwechselkon- trolle mit dem Auftreten von kardio- vaskulären Erkrankungen korreliert.
Das mittlere Alter der zur Hälfte aus Frauen bestehenden Studienpati- enten lag bei 63 Jahren, der Diabetes
mellitus bestand durchschnittlich neun Jahre und war bei 48 Prozent der Patienten mit Sulfonylharnstoffen, bei 35 Prozent mit Insulin eingestellt.
Die HbA1c-Werte (glykolisiertes Hä- moglobin) lagen im Mittel bei 10,6 Prozent. 51 Prozent der Patienten wiesen entweder eine koronare Herz- erkrankung, eine periphere arterielle Verschlußkrankheit oder eine zere- brovaskuläre Insuffizienz auf. Über- raschenderweise zeigte sich bei allen Patienten eine konstante Prävalenz der kardiovaskulären Erkrankungen unabhängig vom HbA1c-Wert, die auch nach Multiregressionsanalyse für andere Risikofaktoren bestehen blieb. Eine Assoziation ließ sich nur mit den etablierten Risikofaktoren Alter, arterielle Hypertonie, Nikotin-
abusus und Gesamt-/HDL-Choleste- rin-Quotient nachweisen. Einzig die Dauer der Diabeteserkrankung kor- relierte mit dem Auftreten kardiovas- kulärer Erkrankungen.
Die Autoren vertreten die An- sicht, daß die Prävalenz kardiovas- kulärer Erkrankungen nicht von der Güte der Stoffwechseleinstellung des NIDDM-Patienten abhängt. Unab- hängig vom Diabetes mellitus sind etablierte Risikofaktoren für kardio- vaskuläre Erkrankungen verantwort- lich und eignen sich somit besser als Ziel für etwaige Interventionen als die Blutzuckereinstellung selbst. acc Meigs JB et al.: Metabolic control and prevalent cardiovascular disease in non-insulin-dependent diabetes mellitus (NIDDM): The NIDDM patient out- comes research team. Am J Med 1997;
102: 38–47.
JB Meigs, MD, General Internal Medicine Unit S 50–9, Massachusetts General Hos- pital, Boston, MA 02114, USA.