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Das Transatlantische Freihandels- abkommen – Der Streit um die Streitbeilegung

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Das Transatlantische Freihandels- abkommen – Der Streit um die Streitbeilegung

Von Axel Berger, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 04.03.2014

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TTIP – Der Streit um die Streitbeilegung

Bonn, 04.03.2014. In einer Woche beginnen die Eu- ropäische Union (EU) und die USA die vierte Ver- handlungsrunde über die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), einem Freihandelsab- kommen, das ein Drittel des Welthandels umfassen würde. Nach dem euphorischen Start dieses Groß- projekts im Juli 2013 haben für die transatlantischen Gipfelstürmer schon längst die Mühen der Ebene begonnen. Die EU und die USA sind mittlerweile in tiefe Grabenkämpfe mit ihrem nationalen Publikum verstrickt. US-Präsident Obama kämpft um die Zu- stimmung des Kongresses zur Trade Promotion Au- thority, welche die Ratifikation von Handelsabkom- men erleichtern soll. Die Europäische Kommission sieht sich einem wachsenden zivilgesellschaftlichen Widerstand gegenüber. Die Befürchtung ist, dass TTIP zu einer Absenkung von Umwelt- und Verbrau- cherschutzstandards führen könnte. Angst verbrei- tet auch die Einbeziehung eines Streitschlichtungs- verfahrens, durch das ausländische Investoren ihre Gastländer vor internationalen Tribunalen verklagen könnten.

Am 21.01.2014 hat die EU-Kommission in einer spektakulären Kehrtwende angekündigt, die Ver- handlungen über das Investitionskapitel auszuset- zen, um die europäische Öffentlichkeit zu konsultie- ren. Anfang März wird die Kommission ihre Position vorgelegen. Es ist zu erwarten, dass Sie sich für die Einbeziehung von Investitionen in TTIP ausspricht und hofft, dass Reformen am Investor-Staat-Streit- schlichtungsverfahren die Kritiker besänftigen wer- den.

Warum die Aufregung um ein technisch anmuten- des Thema, das lange Zeit nicht im Fokus der öffent- lichen Debatte stand, die sich vor allem um Chlor- hühnchen und Genmais drehte? Zwischen den Ver- handlungsparteien schien Konsens über das Investi- tionskapitel zu bestehen. Das TTIP-Investitions- kapitel war eine der tiefhängenden, leicht zu ernten- den Früchte in einer Verhandlungsagenda, die an- sonsten voller schwieriger Themen ist.

Die USA und die EU treibt nicht etwa die Angst um, dass ihre Investoren im jeweils anderen Wirtschafts- raum ungerecht behandelt werden könnten. Aus- ländische Investoren haben nur wenige Zugangsbar- rieren in der EU oder den USA zu fürchten. Zudem stehen die europäischen und amerikanischen Rechtssysteme nicht in dem Ruf, ausländische Inves- toren diskriminierend oder unfair zu behandeln. Es gibt somit kaum eine ökonomische Notwendigkeit, zusätzliche transatlantische Investitionsregeln einzu- führen. Dies wird mittlerweile auch von der Bundes- regierung eingestanden.

Der eigentliche Grund für die Einbeziehung eines

umfassenden Investitionskapitels in TTIP liegt im Fernen Osten. Die USA und die EU verhandeln ge- trennt voneinander aktuell Investitionsabkommen mit China, die ihren Investoren mehr Rechtssicher- heit und Marktzugang ermöglichen sollen. Die Aus- sicht auf eine vertiefte transatlantische Kooperation erhöht den Druck auf Peking, weitere Liberalisierun- gen tatsächlich umzusetzen. Würden die EU und die USA kein Investitionskapitel mit einem Streitschlich- tungsmechanismus in TTIP aufnehmen – so die Be- fürchtung – könnte China dies als willkommenes Signal verstehen und sich dem Druck der EU und der USA entziehen.

In den TTIP-Verhandlungen sollten die transatlanti- schen Partner nicht nur die Interessen ihrer Unter- nehmen in China im Blick haben. Insbesondere die EU darf nicht außer Acht lassen, dass sie mit der Einbeziehung eines umfassenden Investitionskapi- tels ausländischen Investoren das Recht einräumt, gegen eine Vielzahl von Politikmaßnahmen vor transnationalen Schiedsgerichten zu klagen. Die Beispiele solcher Schiedsverfahren häufen sich und betreffen auch Umwelt- und Gesundheitspolitiken:

so klagt der Energieversorger Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg, der Tabakkonzern Philip Morris gegen die Einführung von Einheitsverpa- ckungen von Zigaretten in Australien und der Phar- magigant Eli Lilly zieht gegen die Entscheidungen kanadischer Gerichte zu Felde, die Herstellung von Generikaprodukten zu erleichtern.

US-amerikanische Unternehmen gelten dabei als besonders klagefreudig und angesichts der US-In- vestitionen in der EU in Höhe von 1,3 Billionen € ist mit einer Vielzahl von Klagen zu rechnen. Selbst wenn ein Großteil dieser Klagen nicht erfolgreich wäre, kann der bloße Anstieg von Streitfällen mit Investoren protektionistische Gegenreaktionen der Regierungen provozieren, eine Tendenz die bereits heute schon in vielen Entwicklungsländern zu be- obachten ist. Negative Effekte auf die transatlanti- schen Wirtschaftsbeziehungen wären nicht ausge- schlossen.

Die Verhandlungsparteien müssen sich bewusst sein, dass die Einbeziehung eines Investitionskapitels mit Risiken verbunden ist, die durch Reformen am Streit- beilegungsmechanismus nicht gänzlich ausgeräumt werden können. Die EU und die USA sind gut bera- ten, grundsätzlich über die Vor- und Nachteile von internationalen Investitionsregeln nachzudenken.

Am Ende könnte eine solche ökonomische und poli- tische Kostenabwägung zu dem Ergebnis kommen, besser keinen Streitbeilegungsmechanismus für Investoren in TTIP zu verankern.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 04.03.2014

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