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Als Gast beim Staffellauf der Argumente Experten diskutierten in Andechs über die Gesundheitsreform

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210 Bayerisches Ärzteblatt 4/2004

KVB informiert

Eigentlich ist ein Kloster ein Ort, an dem Ruhe und Besinnlichkeit herrschen. Doch das ändert sich rasch, wenn die Akteure beim alljährlichen Gesundheitsforum „Ethik und Qualität in der Me- dizin“ im Kloster Andechs aufeinander treffen.

Ende Februar war es wieder einmal soweit – doch trotz manch markiger Worte überwog dies- mal das Bedürfnis nach Harmonie.

Die Sitzreihen in der alten Bibliothek waren dicht besetzt, als Pater Coelestin die illustre Runde mit herzlichen Worten begrüßte: „Das Thema, dessen Sie sich angenommen haben, ist so komplex, dass ich nur mit großem Re- spekt und Bewunderung auf Ihre Aufgaben blicken kann.“ Wie komplex das Thema Ge- sundheitspolitik wirklich ist, zeigte die baye- rische Sozialministerin Christa Stewens in ihrem Eröffnungsreferat. Denn einerseits könne sie den Frust der Menschen über das

„Umsetzungsdesaster“ des am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungs- gesetzes gut nachvollziehen. Andererseits sei der parteienübergreifende Konsens, der im Spätsommer letzten Jahres zu dem Gesetz geführt hat, dringend notwendig gewesen, denn, so Stewens: „Wir können uns nicht noch höhere Lohnnebenkosten leisten. Die Zuzahlungen für die Patienten waren vom Grundgedanken her so konzipiert, dass nie- mand überfordert wird.“ Immerhin habe die Union in den Verhandlungen einiges erreicht, etwa dass es kein staatliches Institut für Qua- lität gebe und dass gerade der ärztlichen Selbstverwaltung weiterhin große Bedeutung zukomme. Das Fazit der Ministerin: „Bei al- ler berechtigten Kritik war die Reform not- wendig.“

Böse Medien

Dem konnte Franz Knieps, Leiter der Abtei- lung Krankenversicherung im Bundesgesund- heitsministerium, natürlich nur zustimmen:

„Es gab keine andere Alternative, als eine tief greifende, den einzelnen Bürger belastende Reform.“ Und Knieps präsentierte die wahren Schuldigen dafür, dass viele Patientinnen und Patienten von den Segnungen der Reform nicht wirklich begeistert sind: die Medien.

Diese riefen ständig nach neuen Reformen, ohne den einzelnen Maßnahmen eine echte Chance zu geben, sich zu bewähren. Zu- sammenfassen ließ sich dieses Phänomen laut Knieps unter der „Perspektive ‚BILDkämpft

für Sie‘“. Im Sinne eines Staffellaufs lobte er dann noch die Kassenärztliche Bundesverei- nigung (KBV), die beim Reizthema Praxisge- bühr mit der rechtzeitigen Veröffentlichung eines Katalogs von Fallbeispielen richtig ge- handelt habe. Den verbalen Staffelstab nahm der KBV-Vorsitzende Dr. Manfred Richter- Reichhelm dankend auf und übte sich in Me- dienkritik, bevor er an einem plastischen Bei- spiel darstellte, wie die viel gescholtenen Medien eigentlich zu ihrem Futter kommen:

„Erst hat Ulla Schmidt unqualifiziert auf uns eingeschlagen, dann wir auf sie.“ Genug Stoff also, um Schlagzeilen zu basteln wie „Minis- terin will Ärzte-Lobby entmachten“. Der KBV-Chef konzentrierte sich im weiteren Verlauf seiner Rede dann auf das eigentliche Leitmotiv der Veranstaltung: Ethik und Qua- lität in der Medizin. „Ich bin überzeugt, dass hierzulande in der medizinischen Versorgung kein bewusster Unterschied zwischen sozial Schwachen und Starken gemacht wird“, so Richter-Reichhelm. Allerdings klafften die finanziellen Ressourcen und der medizinische Bedarf immer weiter auseinander, sodass es nur eine Schlussfolgerung gebe: „Eine soziale Schieflage ist zukünftig nur vermeidbar, wenn aufgrund objektiver Daten Leistungs- einschränkungen in der GKV beschlossen werden.“

Gute Programme

So ganz konnte sich der Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern, Dr. Helmut Platzer, den Ausführungen des KBV-Chefs nicht an- schließen. So empfänden es viele Versicherte bereits als „Schieflage“, dass die meisten Na-

turheilmittel nicht mehr durch die Kranken- kassen erstattet würden. Platzers Patentrezept für die Vermeidung sozialer Schieflagen sind hingegen die oft kritisierten Disease Manage- ment Programme (DMP): „Bei den DMP werden die einzelnen Versorgungsmaßnah- men in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht – und das ohne irgendwelche Ausgrenzungen.“

In seinem Lob für die Programme fand er Unterstützung durch den Anwalt Herbert Wartensleben, der die Reihe der Vorträge mit einer eher philosophisch orientierten Be- trachtung der Thematik beschloss. Neben deutlicher Kritik an dem mangelnden Willen der Politiker, sich mit den Inhalten des Leis- tungsspektrums in der gesetzlichen Kranken- versicherung fundiert auseinander zu setzen, sprach sich der Jurist unumwunden für die DMP aus: „Ich begrüße die Programme, weil sie die Therapiefreiheit der Ärzte nicht im Geringsten einschränken und zugleich uns al- le dazu zwingen, über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu diskutieren und vor al- lem darüber, was wir den Versicherten schul- den.“ Ob so viel positiver Aspekte der DMP zeigte sich der eine oder andere Zuhörer ver- dutzt. So fragte Dr. Werner Sitter, Vorstands- mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns: „Bin ich etwa ein minder qualifizier- ter Hausarzt gewesen, als ich mich noch nicht in die DMP eingeschrieben hatte?“ Diesen und weiteren Fragen konnte man nach der Diskussion noch in geselliger Runde im – eher weltlichen Genüssen gewidmeten –

„Gewölbe“ des Klosters nachgehen.

Martin Eulitz (KVB)

Als Gast beim Staffellauf der Argumente

Experten diskutierten in Andechs über die Gesundheitsreform

Nachdenkliche Stimmung bei den Referenten des Abends: Herbert Wartens- leben, Christa Stewens, Dr. Manfred Richter-Reich- helm, Franz Knieps und Dr.

Helmut Platzer (v. li.).

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