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Barbara Weber*: Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen"

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Veröffentlichung der Abteilung Normbildung und Umwelt des Forschungsschwerpunkts Technik, Arbeit, Umwelt des

Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung

FS II 94-305

Verfahren zur Technikfolgenabschätzung des Anbaus von Kulturpflanzen mit gentechnisch erzeugter Herbizidresistenz

Heft 5

Barbara Weber*: Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten

Pflanzen"

Berlin, Juni 1994 Öko-Institut Freiburg e.V.

(2)

Verfahren zur Technikfolgenabschätzung des Anbaus von Kulturpflanzen mit gentechnisch erzeugter Herbizidresistenz

Herausgeber: Wolfgang van den Daele 1, Alfred Pühler \ H erbert Sukopp 3 1 Wissenschaftszentrum für Sozialforschung gGmbH (WZB)

Science Center Berlin for Social Science Research Reichpietschufer 50 , D-10785 Berlin

Telefon: (030)25491-0

2 Universität Bielefeld, Institut für Genetik, University Bielefeld, Institute o f Genetics,

Postfach 100 131, D-33501 Bielefeld

3 Technische Universität Berlin, Institut für Ökologie, Ökosystemforschung und Vegetationskunde, Technical University Berlin, Institute o f Ecology,

Schmidt-Ott-Str. 1, D -12165 Berlin

(3)

ZUSAMMENFASSUNG

D ie Abteilung 'Normbildung und Um welt’ im W issenschaftszentrum Berlin hat von 1991 bis 1993 ein Verfahren zur Technikfolgenabschätzung für den Anbau von Kulturpflanzen mit gentechnisch erzeugter Herbizidresistenz m itorganisiert und begleitet. In dem Verfahren wurden alle wichtigen Problem felder der Herbizidresistenztechnik mit Hilfe von Gutachten untersucht und in kontinuierlichen Diskursen von den Beteiligten (unter Einschluß von Befürwortern und Gegnern der Technik) erörtert.

D ie Abteilung 'Normbildung und Umwelt' veröffentlicht die M aterialien des Verfahrens. Heft 5 enthält das Gutachten von Dr. Barbara W eber, Öko-Institut, in dem sämtliche Argumente, die in der öffentlichen Diskussion zu den möglichen Risiken transgener Pflanzen eine Rolle spielen, zusammenfassend abgehandelt werden. Ferner enthält das Heft ein Kommentargutachten von D r. Arnd Heyer, Prof. D r. Heinz Saedler und Prof. D r. Lothar Willmitzer. D ie Diskussionen des TA-Verfahrens zu den verschiedenen Themen des Gutachtens sind zum Teil in den Heften 2-4 dargestellt. Dieses Heft behandelt die Argumente zu den sog.

'evolutionären Risiken' und zur 'besonderen Qualität' des gentechnischen Eingriffs.

Das letztere Argument spielt eine zentrale Rolle bei der Frage, ob bei transgenen Pflanzen mit mehr oder anderen Risiken und Ungewißheiten zu rechnen ist als bei konventionell gezüchteten Pflanzen.

SUMMARY

From February 1991 to June 1993 some 50 representatives from industry, environmental groups, regulatory agencies and science cooperated in a technology assessment on genetically engineered herbicide resistent crops. The participants in the technology assessment procedure were involved in m ore than 10 days of controversial debate and analysis. They discussed and evaluated nearly 20 expert reports which covered issues of risks and benefits related to the release o f genetically engineered plants and the use o f new herbicides in agriculture.

The Science Center Berlin publishes the reports and proceedings o f the technology assessment. Vol 5 contains a report by D r. Barbara W eber, Institute for Applied Ecology, which deals comprehensively with the arguments currently under public debate on possible risks from transgenic plants. This volume also contains an extended commentary by D r. Arnd Heyer, Prof. Dr. Heinz Saedler and Prof. D r.

Lothar W illmitzer. Discussions during the TA-procedure about possible risks from transgenic plants have been partly summarized in volumes 2, 3 and 4. This volume is confined to arguments about 'evolutionary risks' and the 'specific nature' o f gene transfer. The latter - in particular as regards positional effects and disturbance o f the genomic context - play a key role in the controversy over whether genetically modified plants are associated with specific risks and uncertainties as compared to conventionally bred plants.

(4)

INHALTSVERZEICHNIS

Vorbemerkung

Gesamtinhaltsverzeichnis der Materialien

I. Gutachten ... 1

Barbara Weber:

Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen

Kurzfassung ... ...1 0 5 II. Kommentar/Stellungnahme ... 147

Amd G. Heyer, Heinz Saedler, Lothar Willmitzer Kommentargutachten zu Barbara Weber:

Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen

Günter Donn

Anmerkungen zu Barbara Weber: Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen

III. Argumentationen des Verfahrens:... 193 A. Vorbemerkung

B. 'Evolutionäre Risiken' transgener herbizidresistenter Pflanzen

Wolfgang van den Daele, Alfred Pühler, Herbert Sukopp, Alfons Bora, Rainer Döbert, Susanne Neubert, Viola Siewert, Ulrich Sukopp

C. Die 'besondere Qualität' gen technischer Eingriffe (Positionseffekte, Kontextstörungen)

Wolfgang van den Daele, Alfred Pühler, Herbert Sukopp, Alfons Bora, Inge Broer, Rainer Döbert, Susanne Neubert, Viola Siewert

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VERFAHREN ZUR TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG DES ANBAUS VON KULTURPFLANZEN MIT GENTECHNISCH ERZEUGTER

HERBIZIDRESISTENZ

VORBEMERKUNG

Von Februar 1991 bis Juni 1993 ist in der Abteilung 'Normbildung und Umwelt' im Wissenschaftszentrum Berlin ein Verfahren zur Technikfolgenabschätzung (TA) für den Anbau von Kulturpflanzen mit gentechnisch erzeugter Herbizidresistenz (HR) durchgeführt worden. Das Verfahren wurde vom Bundesministerium für Forschung und Technologie finanziert (Projekt 0319481A). Gemeinsame Antragsteller waren Wolfgang van den Daele (Wissenschaftszentrum Berlin) Alfred Pühler (Institut für Genetik der Universität Bielefeld) und Herbert Sukopp (Institut für Ökologie der Technischen Universität Berlin).

Gentechnisch veränderte herbizidresistente Pflanzen eröffnen neue Optionen der chemischen Unkrautbekämpfung. Sie erweitern den Anwendungsbereich von Herbiziden mit einem sehr breiten Wirkungsspektrum (nicht-selektive Herbizide). Solche Herbizide konnten bisher in den meisten landwirtschaftlichen Kulturen nicht eingesetzt werden, weil sie nicht nur die Unkräuter sondern auch die Kulturpflanzen angreifen. Diese Barriere entfällt, wenn den Kulturpflanzen Gene übertragen werden, die Resistenz (Verträglichkeit) gegenüber dem nicht-selektiven Herbizid bewirken. Herbizidresistenz ist eines der ersten Projekte zur Anwendung der Gentechnik in der Pflanzenzüchtung.

Die Perspektiven der HR-Technik haben in der Öffentlichkeit kontroverse Diskussionen ausgelöst. Umstritten sind vor allem die möglichen Risiken der Anwendung und Freisetzung transgener Pflanzen und die Weiterentwicklung von Strategien chemischer Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft.

Das TA-Verfahren hat die Themen der öffentlichen Kritik aufgegriffen und insgesamt 18 Gutachten, zwei Kommentargutachten und 18 Kommentare zu den Problemfeldem der HR-Technik in Auftrag gegeben. Das TA-Verfahren war als ein partizipatives und diskursives Verfahren organisiert. Beteiligt waren etwa 60 Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Behörden und Umweltgruppen, die in einer Serie von Konferenzen die Gutachten ausgewertet und diskutiert haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Umweltgruppen haben sich unmittelbar vor der Abschlußkonferenz aus dem TA- Verfahren zurückgezogen. Sie tragen die auf dieser Konferenz festgestellten Schlußfolgerungen nicht mit.

(6)

11

Die von den Antragstellern herausgegebenen Materialien des TA-Verfahrens enthalten zu jedem Problemfeld die einschlägigen Gutachten und die dazu in Auftrag gegebenen Kommentare sowie weitere von den Verfahrensbeteiligten eingereichte Stellungnahmen.

Ferner enthalten die Materialien eine Zusammenstellung der im TA-Verfahren vorgebrachten Argumente zum jeweiligen Problemfeld. Eine Gesamtübersicht über die Argumente geben Argumentationsbäume, die den einzelnen Heften im Anhang beigelegt sind (Faltblatt). Eine Beschreibung des im Verfahren erreichten Argumentationsstandes und eine genauere Darstellung wichtiger Kontroversen enthalten die entsprechenden Ab­

schnitte zu den 'Argumentationen des TA-Verfahrens'. Diese Materialien sollen die Leser in die Lage versetzen, sich ein eigenes Urteil über den erreichten Stand der Diskussion zu bilden. Sie sollen auch dazu dienen zu überprüfen, ob die Schlußfolgerungen, die die Antragsteller des Verfahrens formuliert haben, nachvollziehbar sind und die Ergebnisse der Technikfolgenabschätzung angemessen wiedergeben.

Heft 1 der Materialien enthält eine Darstellung der Organisation und des Ablaufs des TA-Verfahrens. An der Organisation des TA-Verfahrens und der Erstellung der Mate­

rialien war eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Abteilung 'Normbildung und Umwelt' beteiligt, der Dr. Alfons Bora (Soziologie), Dr. Rainer Döbert (Soziologie), Dipl. Ing. Susanne Neubert (Agrarwissenschaft), Dipl. Ing. Viola Siewert (Agrarwissenschaft) und für die technische Betreuung Mary Kelley-Bibra, Beate Ressa- Palm und Axel Tröster-Grönig angehörten.

Die Herausgeber

(7)

I ll

Gesamtinhaltsverzeichnis der Materialien des TA-Verfahrens A Einleitung

Heft 1: Einführung in das TA-Verfahren

W. van den Daele: Technikfolgenabschätzung als politisches Experiment

B Die Risiken transgener Pflanzen

Heft 2: Risiken der physiologischen Veränderungen von transgenen Pflanzen Gutachten: P. Böger: "Mögliche pflanzenphysiologische Veränderungen in herbizidresistenten und transgenen Pflanzen und durch den Kontakt mit Komplementärherbiziden"

Kommentar: R.A. Weidhase

Heft 3: Risiken eines horizontalen Gentransfers aus transgenen Pflanzen

Gutachten: A. Ptihler, 1. Broer. "Stabilität von HR-Genen in transgenen Pflanzen und ihr spontaner horizontaler Gen transfer auf andere Organismen"

Kommentar: B. Tappeser

Heft 4: Risiken der Verwilderung von transgenen Pflanzen

Gutachten: H. Sukopp, U. Sukopp: "Ökologische Langzeiteffekte der Verwilderung von Kulturpflanzen"

Kommentar: H. Scholz

Heft 5: 'Evolutionäre Risiken' und die besondere Qualität gentechnischer Eingriffe:

Kontextstörungen, Positionseffekte

Gutachten: B. Weber: "Evolutionsbiologische Argumente in der

Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen"

Kommentargutachten: A. Heyer, H. Saedler, L. Willmitzer

C Zur Umweltverträglichkeit der Komplementärherbizide:

Toxikologische, ökotoxikologische und ökologische Auswirkungen

Heft 6: Toxikologische Risiken der Rückstände von Komplementärherbiziden.

Entwicklung der Aufwandmengen beim Herbizideinsatz

Gutachten: H. Sandermann,K.-F. 0/mi.wrge: "Nutzpflanzen mit künstlicher Herbizidresistenz: Verbessert sich die Rückstandssituation? Biochemische und toxikologische Aspekte"

Kommentar: V. Haas, L. Peters Heft 7: Auswirkungen auf den Boden

Gutachten: B.-M. BYZfe: "Verhalten der Komplementärherbizide im Boden"

Kommentar: Ch. Siewert Heft 8: Probleme der Bodenerosion

Gutachten: K. Auerswald: "Auswirkungen des Anbaus von Kulturpflanzen mit gentechnisch erzeugter Herbizidresistenz auf das Ausmaß der Bodenerosion und der Pestizidabschwemmung"

Kommentar: L. Ebner

Heft 9: Auswirkungen der Komplementärherbizide auf Gewässer

Gutachten: G. Klein: "Auswirkungen der HR-Technik auf aquatische Ökosysteme"

Kommentar: E. Dom

Heft 10: Auswirkungen der Komplementärherbizide auf Agrarökosysteme Gutachten: E.-G. Mahn: "Zu den Auswirkungen der Einführung herbizidresistenter Kulturpflanzen auf Ökosysteme"

Kommentar: M. Reschke

(8)

IV

D Probleme der genetischen Vielfalt

Heft 11: Genetische Verarmung: Mögliche Auswirkungen des Einsatzes der HR-Technik auf die Vielfalt von Kulturpflanzen und der Ackerbegleitflora

Gutachten: H. Umbach, J. Zeddies, R. von Broock: "Auswirkungen der Herbizidresistenz-Technik auf die Züchtungspraxis und die genetischen Ressourcen"

Kommentar: C. Freudling

E Pflanzenbauliche und landbautechnische Probleme des Einsatzes der HR-Technik

Heft 12: Pflanzenbauliche Veränderungen durch die HR-Technik.

Das Problem der Entwicklung resistenter Unkräuter

Gutachten: K. Hurle: "Mögliche Veränderungen in der landwirtschaftlichen Praxis durch die HR-Technik"

Kommentar: P. Niemann

Heft 13: HR-Technik und integrierter Pflanzenschutz

Gutachten: R. Heitefuß, B. Gerowitt, H. Steinmann-. "HR-Technik und integrierter Pflanzenschutz"

Kommentar: A. Gnekow-Metz

F Alternativen zur HR-Technik

Heft 14:Nicht-chemische Methoden der Unkrautbekämpfung

Gutachten: H. Stöppler-Zimmer. "Die nicht-chemische Regulierung des Wildpflanzenbesatzes im ökologischen Landbau als Alternative zum Herbizideinsatz"

Kommentar: G. Bauer

G Ökonomische Aspekte

Heft 15: Betriebs- und volkswirtschaftliche Auswirkungen der HR-Technik

Gutachten: V. Beusmann: "Betriebs- und volkswirtschaftliche Auswirkungen des Einsatzes herbizidresistenter Nutzpflanzen (HR-Technik)"

Kommentar: R.A.E. Müller

H Problem der Sicherung der Ernährung

Heft 16: Der Beitrag des Anbaus herbizidresistenter Kulturpflanzen für die Emährungssicherung in der Dritten Welt

Gutachten: S. Neubert.J. Knirsch: "Der Beitrag des Anbaus herbizidresistenter Kulturpflanzen für die Emährungssicherung in der Dritten Welt"

Kommentargutachten: K. Leisinger

J Politische, moralische und rechtliche Bewertung

Heft 17: Ethische Aspekte der gentechnischen Veränderung von Pflanzen

Gutachten: G. Altner: "Ethische Aspekte der gentechnischen Veränderung von Pflanzen"

Kommentar: A. Stanger

Heft 18: Bewertung und Regulierung der HR-Technik

Gutachten: E. Rehbinder: "Rechtsprobleme gentechnisch veränderter herbizidresistenter Pflanzen"

Kommentar: J. Steinberger

(9)

Barbara Weber GUTACHTEN

"Evolutionsbiologische Argumente in der Risikodiskussion am Beispiel der transgenen herbizidresistenten Pflanzen"

Gutachten erstellt im Auftrag der Abteilung "Normbildung und Umwelt"

Forschungsschwerpunkt Technik-Arbeit-Umwelt, des Wissenschaftszentrums Berlin für SoziaIforschung(WZB)

Dezember 1993

(10)

Öko-Institut e.V. HR-Pflanzen

INHALTSVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG

DIE BEDEUTUNG EVOLUTIONSBIOLOGISCHER ARGUMENTE

IN DER DISKUSSION DER RISIKOPOTENTIALE DER

GENTECHNIK... 1

1.1. Einführung... 1

1.2. Kurzer Überblick zur Geschichte der Evolutionstheorie... 3

1.3. Implikationen des Rückgriffs auf evolutionsbiologische Überlegungen...6

1.4. Genotyp, Phänotyp und Angepaßtheit der Organismen - zur Definition evolutionärer Chancen und Risiken...7

II. EVOLUTION, ZÜCHTUNG UN D GENTECHNIK: GRENZEN DER VERGLEICHBARKEIT U N D DER PROGNOSEMÖGLICHKEITEN...11

II. 1. Evolution, Züchtung und Gentechnik: Risikorelevanz von Gemeinsamkeiten und Unterschieden... 11

II. 1.1. Erhalt versus Auflösung von Kontextbezügen des Genoms...11

11.1.1.1. Variation durch Mutation und Rekombination in natürlichen Populationen...11

IL1.1.2. Kulturpflanzen und natürlicher Genpool: Mechanismen der Variation und ihre Grenzen...13

II. 1.1.3. Gentechnische Pflanzenzüchtungsmethoden: Auflösung von Kontextbezügen im G enom ...15

II. 1.1.4. Die Einführung synthetischer Sequenzen ins G enom ... 22

II. 1.1.5. Risiken bei der Auflösung genomischer Kontexte... 23

II.1.2. Zufälligkeit versus Zielgerichtetheit von genetischen Veränderungen... 25

II. 1.2.1. Evolution von Organismen: Zufall und Anpassung... ... 25

II. 1.2.2. Konventionelle Züchtung: Verkleinerung des Genpools... 26

II. 1.2.3. Gentechnik: Addition von Eigenschaften und Merkmalen außerhalb evolutionärer Zusammenhänge natürlicher G enom e...27

II. 1.2.4. Risiken bewußter Auslese und zielgerichteter Veränderungen... 28

II. 1.3. Evolution von Artgrenzen versus Überschreiten der Artschranken... 30

11.1.3.1. Artgrenzen, Artbildung, Artenvielfalt... 30

11.1.3.2. Nutzung natürlicher Artbildungsprozesse durch konventionelle Züchtung...31

11.1.3.3. Künstlicher horizontaler Gentransfer und Dedifferenzierung... 31

(11)

II.1.3.4. Transfer von Trans-Genen in der Umwelt... 33

II. 1.4. Vereinzeltes versus massenhaftes Auftreten neuer Genotypen... 36

II. 1.4.1. "Natürliche Umweltverträglichkeitsprüfung"... 36

II. 1.4.2. Konventionelle Züchtung umgeht die "natürliche Umweltverträglichkeits­ prüfung"...37

II. 1.4.3. Die weitere Auflösung ökologischer Kontextbezüge durch den Anbau transgener Nutzpflanzen... 37

II.1.5. Koevolution als Kontrollfaktor... 40

11.1.5.1. Koevolution und Differenzierung... ....40

11.1.5.2. Störung koevolvierter Beziehungen durch den Anbau konventionell gezüchteter Pflanzen... 41

II. 1.5.3. Das Potential der Gentechnik zu Störungen von Koevolutionsprozessen...42

11.2. Grenzen des Wissens und der Wahrnehmung - Grenzen der Prognosemöglichkeiten... ... 43

11.2.1. Ebenen der Prognoseunsicherheit... ... 43

11.2.2. Die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis...47

11.2.2.1. Risikoabschätzungen anhand von Modellen...47

11.2.2.2. Freisetzungsversuche zur Risikountersuchung... 50

II. 2.3. Langfristige evolutionäre Folgen... 50

Fazit...-... 52

III. KONKRETISIERUNG DER UNTER II. ABGELEITETEN RISIKOPOTENTIALE AM BEISPIEL VON RISIKEN, DIE MIT TRANSGENEN HERBIZIDRESISTENTEN PFLANZEN VERBUNDEN SEIN KÖNNEN...54

HL 1. Physiologische Effekte von mit H ilfe der Gentechnik übertragenen DNA- Sequenzen in Pflanzen... 54

III.l.l. Merkmalsausprägung/-entstehung unter selektionierenden Bedingungen: Herbizidresistenz bei Wildkräutern als Beispiel... 54

III. 1.1.1. Definition von Resistenz, Toleranz und Empfindlichkeit...54

111.1.1.2. Die Evolution von Herbizidtoleranzen und die Ausprägung von Resistenz in natürlichen Populationen am Beispiel der Triazine... 56

III. 1.1.3. Resistenzausbildung gegenüber Nichttriazinen... 57

111.1.2. Die genetische Basis und Evolution von Toleranz...57 Öko-Institut e.V.________________________- ii -___________________________HR-Pflanzen

(12)

Öko-Institut e.V. - iii - HR-Pflanzen

III.1.3. Triazine... 58

111.1.3.1. Physiologie der Triazinresistenz bei Wildpflanzen... 58

111.1.3.2. Vermittlung von Atrazinresistenz durch gentechnische V erfahren...60

111.1.3.3. Diskussion der Unterschiede zwischen evolvierter und gentechnisch vermittelter Atrazinresistenz... :... 61

III. 1.4. Die ökologische und evolutionäre Problematik des Einsatzes von Photosyntheseinhibitoren wie Atrazin und anderen Verbindungsklassen... 61

III. 1.5. Glyphosat... 63

111.1.5.1. Physiologie der Glyphosatresistenz... 63

111.1.5.2. Gentechnische Ansätze zur Etablierung von Glyphosatresistenz...64

111.1.5.3. Zur Toxikologie von Glyphosat in transgenen Pflanzen...65

III. 1.6. Sulfonylharnstoffe, Imidazolinone und Sulfonanilide... 66

III. 1.6.1. Biochemische Wirkungen... ... 67

III. 1.6.2. Zusammenhang zwischen biochemischen Daten und der Wirkung auf intakte Pflanzen... 68

III. 1.6.3. Die gentechnische Etablierung der Sulfonylharnstoffresistenz in Pflanzen... . 68

111.1.6.4. Die Evolution von Resistenz gegen ALS-inhibierende Herbizide in Wildpflanzen...69

111.1.7. Die Grundlagen der ungeklärten toxikologischen Gefahrenpotentiale herbizidresistenter transgener Pflanzen... 70

111.1.8. Folgen der Auflösung von Kontextbezügen im Genom transgener herbizidresistenter Pflanzen... 72

111.1.9. Streßfaktoren und transgene Pflanzen... 76

Fazit... 76

III.2. Ökologische und evolutionäre Effekte von mit H ilfe der Gentechnik übertragenen DNA-Sequenzen in Pflanzen... 77

111.2.1. Die Ermittlung der Risikopotentiale von Freisetzungen... 77

111.2.1.1. Die Problematik der Einschätzung des invasiven Potentials transgener Pflanzen... 77

111.2.1.2. Erschließbare Ressourcen in Lebensgemeinschaften... 78

111.2.1.3. Die Probleme bei der Anwendung des Analogiemodells der Einführung nichteinheimischer A rten...81

(13)

Qko-Institut e.V. - iv - HR-Pflanzen 111.2.2. Das populationsdynamische Verhalten der transgenen Pflanzen und der mit

ihnen in Wechselwirkung stehenden Organismen... 82

IH.2.2.1. Konkurrenzfähigkeit von transgenen herbizidresistenten Kulturpflanzen in landwirtschaftlich genutzten Arealen aufgrund ihrer Herbizidresistenz...83

111.2.2.2. Konkurrenzfähigkeit transgener Kulturpflanzen in benachbarten "Wild"biotopen als "Nebenwirkung" der gentechnischen Veränderung... 85

111.2.2.3. Züchterisch wenig bearbeitete transgene herbizidresistente Nutzpflanzen und Wirkungen der anthropogenen Verbreitung transgener herbizidresistenter Pflanzen... 87

111.2.2.4. Die ökologischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Besiedlung neuer Habitate durch (transgene) Pflanzen... 89

111.2.2.5. Beeinflussung der Fauna durch gentechnisch veränderten pflanzlichen Sekundärstoffwechsel am Beispiel herbivorer Insekten... 92

111.2.2.6. Beeinflussung der wechselseitigen Beziehungen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen durch gentechnisch veränderten pflanzlichen Metabolismus... 94

III.2.3. Wirkungen auf den Genpool anderer Populationen durch Gentransfer auf Pflanzen bzw. Mikroorganismen... ... 96

111.2.3.1. Gentechnisch vermittelte Herbizidresistenzen und Introgression in Wildpflanzen... 97

111.2.3.2. Gefährdung der Keimplasmen der Wildformen von Nutzpflanzen durch Hybridisierung mit transgenen Kulturformen: Erosion der genetischen Ressourcen... 99

111.2.3.3. Veränderung natürlicher Lebensgemeinschaften durch Wildformen mit Trans- Genen ... 99

111.2.3.4. Horizontaler Transfer von Trans-Genen... lü l 111.2.3.5. Die Durchsetzung der Genpools von Wildformen in natürlichen Lebensgemeinschaften mit Trans-Genen und der dadurch mögliche Einfluß auf » zukünftige evolutionäre Ereignisse... 103

Fazit... 103

IV. ZUSAM M ENFASSUNG... 105

V. GLOSSAR... 112

VI. LITERATUR... 120

(14)

Öko-Institut e.V. HR-Pflanzen

I. EINLEITUNG

DIE BEDEUTUNG EVOLUTIONSBIOLOGISCHER ARGUMENTE IN DER DISKUSSION DER RISIKOPOTENTIALE DER GENTECHNIK

LI. EINFÜHRUNG

Zu Beginn der 70er Jahre eröffnete sich die Möglichkeit eines experimentellen Transfers isolierter Gene zwischen nicht verwandten Organismen. Grundlage dafür waren die rasch zunehmenden molekulargenetischen Kenntnisse, die vor allem an Prokaryonten gewonnen wurden. Es waren an dieser Forschung beteiligte Wissenschaftlerinnen, die Bedenken formulierten, daß die neue Möglichkeit, evolutionär entstandene Grenzen des Gentransfers zu überschreiten, in Art und Ausmaß unbekannte, neue Risiken bergen könnte. Damals wurde vor allem die Entstehung neuer Krankheitserreger (des Menschen) befürchtet, da sich die Forschungsarbeiten anfänglich auf Escherichia coli, ein Darmbakterium des Menschen, konzentrierten, von dem pathogene Subtypen bekannt sind. 1974 trafen sich Molekulargenetikerlnnen zu einer Konferenz in Asilomar, um sich mit den Risikopotentialen ihrer Arbeiten auseinanderzusetzen und angemessene Konsequenzen daraus zu ziehen und als verbindlich vorzuschlagen. Offenbar waren die Sicherheitsbedenken so maßgeblich, daß die Risikodiskussion wesentliche Impulse aus der innerwissenschaftlichen Auseinandersetzung der Molekularbiologinnen bezog. Demnach ist anzunehmen, daß weitgehend Konsens über die vereinbarten Sicherheitsvorkehrungen unter den frühen Gentechnikerlnnen herrschte.

Seither hat sich die Situation gewandelt. Die weitere Entwicklung ist durch den zunehmenden Druck der Verwertungsinteressen an der Gentechnologie geprägt, denen gegenüber Sicherheitsvorkehrungen als Hemmnisse erscheinen. Dabei rückten gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in den Vordergrund, deren kommerzielle Nutzung an ihre Freisetzung gebunden ist.

Gleichzeitig setzten sich molekulargenetisch arbeitende Wissenschaftlerinnen immer weniger aktiv mit den Risikopotentialen ihrer Forschung auseinander, sei es in Risikoforschungsprojekten, sei es durch Beiträge zur öffentlich geführten Risikodikussion oder durch ein konstruktives Aufgreifen von Hinweisen kritischer Wissenschaftlerinnen auf Sicherheitsdefizite der Gentechnologie (vgl. z.B. Forum Wissenschaft, 1989). Diese Verantwortung wurde abgespalten und politischen Instanzen einerseits und Sicherheitsingenieurinnen und -technikerlnnen andererseits überlassen. Die wesentlichen Sicherheitsdefizite gentechnologischer Projekte wurden von der kritischen Öffentlichkeit aufgedeckt, die auch die gesellschaftlichen Implikationen der Gentechnik thematisierte.

Bezüglich der ökologischen und evolutionären Risikopotentiale werden ähnliche Punkte von Ökologinnen und Evolutionsbiologinnen, die sich mit der Freisetzung von GVO befassen, geltend gemacht. Dies führte und führt zu einer zunehmend differenzierten Auseinandersetzung mit den ökologischen und evolutionären Wirkungen, die von GVO in der Umwelt ausgehen können. In Anbetracht der weitreichenden möglichen Folgen der

(15)

Öko-Institut e,V. - 2 - HR-Pflanzen Gentechnologie ist eine öffentlich geführte Diskussion und möglichst demokratische Entscheidung über die Entwicklung dieser Technologie und über ihren Risikopotentialen angemessene Konsequenzen unerläßlich, damit alle entscheidungsrelevanten Aspekte einbezogen werden können.

Evolutionsbiologische Argumentationen waren von Anbeginn Bestandteil der Gentechnik- Risikodiskussion. Jedoch offenbarte spätestens die beabsichtigte Freisetzung von GVO die Oberflächlickeit dieser Argumentationen und führte in offensichtliche Widersprüche.

Einerseits wird die Einschätzung vertreten, GVO seien so "künstlich", daß sie als

"Laborkrüppel" in der Umwelt nicht lebens- oder gar vermehrungsfähig seien. Deshalb könnten sie die Evolution der Arten praktisch nicht beeinflussen. Dem widersprachen allerdings Untersuchungen, wonach eine zusätzliche genetische Information Organismen nicht in jedem Fall konkurrenzunfähig macht ("genetic load" oder "excess baggage" Hypothese) (Chauvel und Gasquez 1989; Tiedje et al. 1989) und eine Evolution zu Konkurrenzfähigkeit nicht ausschließt (Bouma und Ltnski 1988; Lenski und Nguyen 1988; Regal 1988). Außerdem konnte und kann die Übertragung der klonierten Gene auf freilebende Organismen nicht ausgeschlossen werden (II. 1.3.4.; III.2.3.).

Auf der anderen Seite erfordern freisetzungsorientierte Anwendungsziele offensichtlich GVO, die in der Umwelt überleben und sich unter Umständen vermehren können, um ihre erwünschte Funktion zu erfüllen. Um dennoch ihre Risikolosigkeit zu vertreten, wurden im wesentlichen zwei Argumentationslinien verfolgt.

Der einen zufolge sollen GVO so konstruiert werden können, daß sie nach ihrer Freisetzung zwar ihre erwünschte Funktion erfüllen, jedoch die Evolution anderer Arten weder durch genetischen Austausch noch durch Konkurrenz beeinflussen (Hahlbrock et al. 1989; Böger 1991). Sie wären als ausgesprochene Kunstprodukte zu betrachten, die anders als alle anderen Lebewesen weder selbst der Evolution unterliegen noch die Evolution anderer Organismen beeinflussen.

Der anderen Argumentationslinie zufolge wäre eine Beeinflussung der Evolution durch GVO zwar nicht auszuschließen, jedoch risikolos, da sich die gentechnischen Manipulationen von Organismen nicht grundsätzlich von genetischen Veränderungen unterscheiden, die im Laufe der Evolution stattfinden. D.h. GVO werden für so

"natürlich" gehalten, daß sie deshalb keine Bedrohung für die Evolution darstellen sollen.

Natürliche Ausleseprozesse sollen als Regulativ ausreichen, um eine unkontrollierte Vermehrung oder Verbreitung der Organismen oder der klonierten Erbinformation zu verhindern (Brill 1985; Tolin und Vidaver 1989).

Ein Ausweg aus den Widersprüchen dieser Rückgriffe auf evolutionsbiologische Vorstellungen kann eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit den evolutionsbiologischen Implikationen der Gentechnik sein. Grundlegend ist die vor allem unter Molekurlarbiologinnen geführte Diskussion, ob und inwiefern sich die Mechanismen gentechnischer Manipulationen prinzipiell von den in der ' Natur vorkommenden Mechanismen genetischer Veränderungen unterscheiden (Hohlfeld 1991; Kollek 1991;

(16)

Starlinger 1991). Daß fallweise entweder die "Künstlichkeit" oder die "Natürlichkeit"

gentechnischer Veränderungen betont wird, weist daraufhin, daß ein Interpretationsspielraum vorhanden ist. Dessen Nutzung muß jedoch plausibel begründet werden können.

Des weiteren können die risikorelevanten Implikationen von festgestellten oder vermuteten Abweichungen der Technik von dem in der Natur Vorfindlichen anhand von Modellen untersucht werden. In bezug auf ihre evolutionäre Relevanz interessieren die Wirkungen absichtlich oder unabsichtlich freigesetzter Klonierungsprodukte. Diese Diskussion wurde und wird vornehmlich von Ökologinnen und Evolutionsbiologinnen vorangetrieben. Wichtig ist die häufig übergangene Tatsache, daß es sich dabei grundsätzlich um eine Auseinandersetzung mit Modellen und deren Validität handelt (Regal 1986; Tiedje et al.

1989). Selbstverständlich sind es empirische Daten, die diesen Modellen zugrundeliegen und ihre Validität begründen müssen. Jedoch können und dürfen sie nicht darüber hinwegtäuschen, daß die aus der Naturbeobachtung oder aus Laborexperimenten gewonnenen Erkenntnisse keine genaue Aussage über evolutionäre Verläufe ermöglichen.

Dies wird außer durch die zeitlichen und räumlichen Dimensionen und die Vielzahl der beteiligten biotischen und abiotischen Parameter durch deren nichtlineare Zusammenhänge verhindert.

Evolutionsbiologische Überlegungen werden und wurden demnach in Widersprüche einschließender Weise herangezogen, um die Risikolosigkeit gentechnischer Konstruktionen zu begründen. Bevor diesen Überlegungen und ihren Widersprüchen detaillierter nachgegangen werden soll, werden im folgenden die Grundzüge der von C. Darwin und A.R.

Wallace entwickelten und in ihren wesentlichen Gedanken heute noch als gültig akzeptierten Theorie der Entstehung der Arten dargestellt.

1.2. KURZER ÜBERBLICK Z U R GESCHICHTE DER EVOLUTIONSTHEORIE Bis in das 19. Jahrhundert hinein herrschte die Ansicht vor, daß alle Arten von Anbeginn der Schöpfung an existierten und imwandelbar seien. Dies vertrat z.B. der junge C.v. Linne (1707- 1778) mit seinem Postulat von der "Konstanz der Arten”. Erste Ansätze einer Abstammungstheorie waren bereits im 18. Jahrhundert entwickelt. Jedoch begann sich die Vorstellung, daß die abgestufte Ähnlichkeit der rezenten Arten ein Ausdruck ihrer mehr oder weniger nahen Verwandtschaft ist, erst nach den voneinander unabhängigen Veröffentlichungen von R.A. Wallace und C. Darwin im Jahr 1858 bzw. 1859 durchzusetzen.

Die rezenten Arten wurden damit als Sprosse eines Stammbaums gesehen, die auf gemeinsame ursprüngliche Ahnenformen zurückgehen. Dies impliziert die Vorstellung einer Entwicklungsrichtung von den einfacheren zu den komplexeren Arten. Der stammesgeschichtlichen Entwicklung müssen damit erbliche Veränderungen der Gestalt, Funktion und Lebensweise von Organismen zugrunde liegen (Darwin 1976, S. 54f; Futuyma 1990, S. Iff).

Darwin entwickelte seine Theorie der natürlichen Evolution am Modell der "künstlichen Zuchtwahl" bei der Züchtung, die erbliche Veränderungen der Organismen ausnutzt. Diese Öko-Institut e.V.________________________ - 3-___________________________ HR-Pflanzen

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im Widerspruch zur vermeintlichen Konstanz der Arten stehende, erbliche Veränderlichkeit der Organismen lieferte eine wichtige Grundlage für seine Theorie der Evolution. Eine weitere war die Beobachtung, daß trotz des in der Natur verbreiteten Überschuß’ an Nachkommen der natürliche Bestand von Arten nicht stetig wächst, sondern häufig lange Zeit - mit einer gewissen Schwankungsbreite - konstant bleibt. Darwin schloß daraus, daß eine natürliche Auslese unter den Nachkommen stattfindet, der er eine entscheidende Rolle in der Evolution beimaß. Sie sollte bestimmen, welche Individuen mit der größten Wahrscheinlichkeit überleben und Nachkommen zur folgenden Generation beisteuern.

Darwin bezeichnete die Selektion - geprägt von den ökonomischen Theorien Adam Smiths - als einen Kampf von Individuen ums Dasein (struggle for life), in dem sich die Tüchtigsten durchsetzen (survival of the fittest) (Gould 1982).1 Indem er der natürlichen Auslese die Entscheidung über die Tüchtigkeit zuwies und die Differenziertheit und Angepaßtheit der Organismen als das sichtbare Ergebnis dieser Auslese betrachtete, verstand er Tüchtigkeit jedoch nicht als unbegrenzten Durchsetzungserfolg im "Kampf ums Dasein", sondern als schrittweise immer passendere Einbettung in die biotischen und abiotischen Bezüge der Umwelt.

Die grundsätzliche Aussage von Darwins Theorie, die Entstehung der Arten durch Evolution, war sehr bald wissenschaftlich nicht mehr umstritten. Die Vorstellung, daß die rezenten Arten das Ergebnis eines Evolutionsprozesses im Laufe erdgeschichtlicher Zeiträume sind, kann als Erkenntnis und nicht mehr als Theorie gelten. Im Gegensatz dazu sind die Vorstellungen über die Mechanismen der Evolution bis heute Gegenstand von Untersuchungen und Diskussionen.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts standen sich einander widersprechende Theorien über die Bedeutung, die den Ergebnissen aus verschiedensten Bereichen der Biologie in bezug auf die Evolution zukommen sollte gegenüber.* 2 Daran schloß sich ihre Integration zu einer bis heute nicht vollständigen und nicht vollständig kohärenten Theorie der Evolution(smechanismen) an. In den 30er bis 50er Jahren kristallisierte sich die sogenannte Synthetische Theorie der Evolution heraus. Die Überbetonung des Evolutionsfaktors Selektion, der zum Teil durch Darwin selbst, zum Teil durch die Rezeption seiner Theorie im Vordergrund stand, wich einer eingehenden Auseinandersetzung mit weiteren Evolutionsfaktoren und dem Versuch, ihr Zusammenwirken aufzuklären.

Öko-Institut e.V.________________________ - 4-___________________________ HR-Pflanzen

Dieser Aspekt der Abstammungslehre wurde in der von M ännern beherrschten Wissenschaft und Politik des 19. Jahrhunderts als Selektionstheorie populär. Sie wurde ihrerseits im Sozialdarwinismus auf gesellschaftliche Konzepte übertragen, was z.B. in den Formulierungen vom "Recht des Stärkeren" und

"Kampf aller gegen alle" zum Ausdruck kom m t (von Weizsäcker und von Weizsäcker 1986).

So schienen z.B. die von Gregor Mendel formulierten Gesetze der Vererbung bei ihrer Wiederentdeekung Anfang des 20. Jahrhunderts Darwins Theorie der Evolution zu widersprechen. Mendels Beobachtungen an diskreten Merkmalen konnten mit Darwins Vorstellung von kontinuierlichen Veränderungen durch das Zusammenwirken von Variation und Selektion nicht in Einklang gebracht werden (Chadarevian et al. 1991, S. 6).

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Öko-Institut e.V, HR-Pflanzen Variation und Isolation wurden als wesentliche Evolutionsfaktoren erkannt. Die Bedeutung von Mutationen (insbesondere H. Vries), Kreuzung nah verwandter Pflanzenarten (Hybridisierung, z.B. J.P. Lotsy; E. Anderson) und Rekombination durch Kreuzung zwischen den Populationen einer Art (S. Wright) für die Variation wurde ebenso herausgearbeitet wie die von geographischen (M. Wagner; A. Kenner; V. Marilaun) und biologischen Kreuzungsbarrieren für die Isolation (Die Namensnennungen beziehen sich auf die für die Beschreibung der genannten Mechanismen bedeutendsten Wissenschaftler; vgl. Ehrendorfer 1978, S. 480).

Die Selektion wurde im Zuge dieser Entwicklung weniger als ein Konkurrenzkampf zwischen Individuen beschrieben, denn als ein statistischer Prozeß, in dem diejenigen Organismen am meisten zum Genbestand der folgenden Generation beitragen, die an ihre Umwelt am besten angepaßt sind. Das können solche sein, die z.B. die vorhandene Nahrung besser ausnutzen oder sich neue Nahrungsquellen erschließen, die Hitze, Kälte, Trockenheit oder Lichtmangel besser überstehen oder neue Überlebensstrategien, wie z.B. Tarnung, entwickeln. D.h. als Tüchtigkeit werden auch eine Vielzahl von Anpassungsleistungen verstanden, die den Reproduktionserfolg erhöhen, indem sie einen Kampf zwischen Individuen vermeiden.

In der jüngeren Vergangenheit wurde die Synthetische Theorie der Evolution durch molekularbiologische Erkenntnisse erweitert. Ergebnisse auf molekularer Ebene bestätigen und präzisieren die an Organismen und Populationen entwickelten Vorstellungen und führen zu ihrer Weiterentwicklung - so z.B. die Aufklärung der molekularen Mechanismen von Mutation und Rekombination als Ursachen für erbliche Variabilität von Organismen. Jedoch bleiben, unter anderem wegen der in vielen Beziehungen ungeklärten Zusammenhänge zwischen Geno- und Phänotyp, Fragen offen. Das Wirken von Variation, Selektion und Isolation als Evolutionsfaktoren wird nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen. Jedoch sind die Wirkungsmechanismen der Evolutionsfaktoren und ihre relative Bedeutung für die Evolution nicht vollständig verstanden.

Insbesondere umstritten ist zum einen, ob und inwieweit neben der adaptiven Selektion nichtadaptive Zufallsprozesse die Richtung der Evolution mitbestimmen (Kimura 1980). Zum anderen wird diskutiert, ob plötzliche geno- und phänotypische Veränderungen großen Umfangs die Evolution beeinflussen können (Gould und Eldredge 1977). Beides wurde von Darwin verneint, und die Mehrheit der mit diesen Fragen befaßten Wissenschaftlerinnen spricht nichtadaptiven sowie umfangreichen genotypischen und phänotypischen Veränderungen keine maßgebliche Rolle bei der Evolution der Arten zu. Jedoch gibt es bis heute zumindest verschiedene Schwerpunktsetzungen gerade bezüglich dieser beiden Fragen.

Für große praktische und theoretische Probleme sorgt der Faktor Zeit. Er ist in der Evolution so groß, daß er sich dem direkten experimentellen Zugang entzieht. Die Übertragung der auf molekularer Ebene gewonnenen Ergebnisse auf die morphologische Ebene ist auch deshalb so schwierig bzw. in ihrem Erklärungspotential begrenzt, weil ganz unterschiedliche Zeiträume betrachtet werden. Auch wenn im Prinzip Einigkeit darüber herrscht, daß die rezenten Arten lediglich eine "Momentaufnahme" einer - verglichen mit

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Menschenleben allerdings sehr langsamen und langen - , dynamischen Entwicklung der Arten sind, so heißt das noch lange nicht, daß dieser Erkenntnis gemäße Theorien entwickelt werden konnten. In molekular- und populationsgenetischen Untersuchungen werden wesentlich raschere - und gegenüber der Wirklichkeit stark vereinfachte - Prozesse als

"Zeitraffermodelle" der Evolution betrachtet. Man versucht damit, die Dynamik evolutiver Verläufe anhand von Vorgängen, die in einem überschaubaren Zeitraum ablaufen, zu erfassen. Aber wieweit sind die an diesen Modellen gewonnenen Ergebnisse auf die Evolution übertragbar?

Theorien über die Wirkungsmechanismen der Evolutionsfaktoren und ihre relative Bedeutung auf der Makroebene sind unvermeidlich rückwärtsgewandt. Sie betrachten die Vergangenheit und sind nur beschränkt aussagekräftig für die Gegenwart oder gar Zukunft.

Schon die Definition der Tüchtigkeit, selbst wenn sie in einem konkreten Fall umfassend gelingen sollte, beschreibt Vergangenheit: Am Tüchtigsten waren diejenigen, die den größten Reproduktionserfolg hatten und deren Nachkommen untersucht werden können (von Weizsäcker 1990). Ob sie noch die Tüchtigsten sind oder es in Zukunft sein werden?

1.3. IMPLIKATIONEN DES RÜCKGRIFFS AUF EVOLUTIONSBIOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN

Bei den Rückgriffen auf evolutionsbiologische Überlegungen in der Gentechnik- Risikodiskussion wird oft vernachlässigt, daß Darwin zwischen der künstlichen, d.h. bewußten

"Zuchtwahl" und der natürlichen Auslese der Arten unterschied. Er sah den Unterschied zwischen der natürlichen und der anthropogenen Auslese darin, daß die Natur im Gegensatz zu den Menschen nicht bewußt wählt und handelt (Darwin 1976, S. 122). Der Ausdruck

"natürliche Zuchtwahl" (natural selection) ist bildlich gemeint und als Analogie zum Begriff der "künstlichen Zuchtwahl" zu sehen. Darwin hebt die Einseitigkeit menschlicher Züchtungsziele hervor, die ausschließlich auf den Vorteil der Menschen und nicht auf die bessere Anpassung der Organismen an ihre Lebensbedingungen ausgerichtet sind. Er verweist weiterhin auf die Tatsache, daß natürliche Evolutionsprozesse sehr viel langsamer vor sich gehen, aber dafür über erdgeschichtliche Zeiträume hinweg wirksam sind. Darin sah er den Grund dafür, daß die Evolution zu den erstaunlich differenzierten Ergebnissen bei der Organisation von Organismen führt.

Darwin unterschied somit auch zwei Ebenen der Betrachtung, eine naturwissenschaftliche und eine normative. In der heutigen Diskussion um die Gentechnologie wird diese Differenzierung in der Berufung auf die Evolution häufig vernachlässigt. Indem ein Teil der Wissenschaftlerinnen geltend machen, daß sowohl bei künstlichen als auch natürlichen genetischen Veränderungen Organismen entstehen können, die sich in ihren ökologischen Eigenschaften als schwer kontrollierbar und schädlich erweisen, unterscheiden sie nicht zwischen Naturprozessen und bewußtem Handeln. Menschliches Handeln unterliegt jedoch in seinen beabsichtigten und unbeabsichtigten Wirkungen ethischen Normen, die sich ihrerseits nicht aus der Natur ableiten lassen.

Öko-Institut e.V.________________________ - 6-___________________________ HR-Pflanzen

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Öko-Institut e.V. -7- HR-Pflanzen Außer der evolutionstheoretischen und ethischen Dimension ist eine dritte Ebene von Bedeutung für die Diskussion: Sie betrifft die - meist unreflektierten - wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen der molekularen Veränderungsstrategien. Diese manifestieren sich in der Vorstellung, daß Lebewesen und biologische Funktionen Maschinen und technischen Prozessen analogisiert werden könnten. Dadurch wird das Bild einer statischen, passiven Natur vermittelt, die von Menschen vollständig in den Griff zu bekommen sei. Diese Vorstellungen fließen in die Beschreibung der Eigenschaften und Wirkungen von gentechnisch veränderten Organismen ein und beeinflussen auch die Formulierung von Sicherheitskonzepten sowie den praktischen und politischen Umgang mit der Gentechnologie und ihren Produkten (Kollek 1988a).

Die oft vertretene Auffassung, daß im Rahmen gentechnischer Züchtung nichts anderes geschehe als bei natürlichen Evolutionsprozessen, hat Folgen für die Wahrnehmung möglicher Risiken. Sie entspringt einem mechanistischen Bild von natürlichen Evolutionsprozessen, das diese als prinzipiell rekonstruierbar erscheinen läßt. Damit erscheinen auch Eingriffe als prinzipiell klar definierbar und mögliche damit verbundene Risiken als abschätzbar und mit Hilfe technischer Sicherheitsvorkehrungen nötigenfalls beherrschbar. Das multifaktorielle, vielfältig vernetzte natürliche System wird in seinen Dimensionen durch diese mechanistische, am technisch Machbaren orientierte Sichtweise so reduziert, daß Risikopotentiale gentechnisch veränderter Organismen, soweit sie wahrgenommen werden, als grundsätzlich beherrschbar erscheinen.

Die Problematik einer solchen Sichtweise ist am Beispiel anderer, weiter zurückliegender menschlicher Eingriffe in natürliche, ökologische Zusammenhänge sichtbar, sei es der Rückgang der Artenvielfalt durch intensive Landnützung der nördlichen Breitengrade, die kommerzielle Abholzung und Brandrodung der Urwälder der nördlichen und südlichen Hemisphäre, seien es industrielle Katastrophenfälle (Öltankerunfälle, chemische Großanlagen und Kemkraft etc.), Treibhauseffekt und Ozonproblematik. In allen diesen Fällen ist die Natur in ihren in Jahrmillionen entwickelten Strukturen und Beziehungsgeflechten irreversibel betroffen.

Eine technisch-operationale Sichtweise biologischer Zusammenhänge trägt der Komplexität natürlicher Systeme nicht Rechnung, was jedoch Voraussetzung für die Entwicklung zukünftiger, naturverträglicher und risikoarmer Konzepte des Mit- und Nebeneinanders von Mensch und (Rest-)Natur wäre.

1.4. GENOTYP, PHÄNOTYP U N D ANGEPAßTHEIT DER ORGANISMEN - ZUR DEFINITION EVOLUTIONÄRER CHANCEN U N D RISIKEN

Ein Großteil der phänotypischen Ausprägungen von Organismen werden als Anpassungen an Umweltbedingungen interpretiert, d.h. Umweltfaktoren spielen als Selektionsfaktoren eine entscheidende Rolle (Ehrendorfer 1978, S. 481f; Osche und Jacobs 1981, S. 849). Vor allem Konkurrenzsituationen haben direkt oder indirekt die Evolution der Organismen wesentlich beeinflußt. Nach dem Prinzip des Konkurrenzausschlusses (Monard’sches Prinzip; s. Osche

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1979) werden durch die Selektion alle Veränderungen einer Art begünstigt, die zu einer Nutzung neuer Nischen (z.B. Brutplätze, Nahrung oder Standort) führen und damit die Konkurrenz von anderen Arten desselben Lebensraums vermindern. Diese ökologischen Nischen stellen multidimensionale Beziehungssysteme zwischen einer Art und ihrer Umwelt dar (Osche 1979, S. 60). Eine möglichst genaue Anpassung der Phänotypen an die Anforderungen der Umwelt erhöht demnach die Überlebenschancen durch das Umgehen von Konkurrenz. Die Selektion greift zumindest in der klassischen Vorstellung am Phänotyp der Organismen an. Damit Anpassungen zur "Konstruktion" von Arten beitragen können, müssen sie jedoch genotypisch fixiert sein. Die genetische Ausstattung eines Individuums sollte diesem zugleich mit einem hohen Grad genotypisch fixierter Angepaßtheit ein Spektrum an Reaktionsmöglichkeiten vermitteln, die es ihm während seiner Lebensdauer erlauben, auf Änderungen seiner Umwelt zu reagieren. Bezogen auf die Arten muß ihr Genpool ausreichend Material für Optionen liefern, die langfristig das Überleben der Art ermöglichen.

In evolutionären Zeiträumen unterliegen die meisten Arten einem Formenwandel. Dabei ist prinzipiell zu berücksichtigen, daß zukünftige veränderte Umweltbedingungen nicht antizipierbar sind. In einer gegenwärtigen Situation muß das Aufrechterhalten von Optionen für nicht vorhersehbare Anpassungsleistungen als Luxus bzw. Investition in die Zukunft angesehen werden, die nur in einem begrenzten Umfang geleistet werden kann. Dies erfolgt bei verschiedenen Arten und verschiedenen Funktionen in unterschiedlichem Umfang über redundante Strukturen, die eine gewisse Variation erlauben. Auf der anderen Seite darf sich die genetische Information für essentielle Strukturen bzw. Funktionen (mit geringer Redundanz) nur in einem Maß verändern, das die Selbsterhaltung einer Art nicht gefährdet.

Hier können sich auch geringfügige Abweichungen schädlich auf den Reproduktionserfolg auswirken. Bei umfangreichen Veränderungen des Erbmaterials ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie für die Reproduktionsfähigkeit der betroffenen Art negative Folgen haben (Flavell 1982).

Eine im Extremfall keinerlei Mutationen aufweisende, streng konservative Weitergabe genetischer Information, die sich bis zum betrachteten Zeitpunkt bewährt hat, kann sich bei Veränderungen sowohl biotischer als auch abiotischer Umweltfaktoren als nachteilig für die betroffene Art erweisen. Die Vermeidung von genetischen Veränderungen und damit des Risikos verringerter Reproduktivität in einer konstanten Umgebung könnte zur "Ideenarmut"

des Genpools unter veränderten Bedingungen führen. Die rezenten Arten haben auf verschiedenem Niveau ein Gleichgewicht zwischen genotypisch fixierten Anpassungen und Optionen für Umweltveränderungen entwickelt, das den bisherigen Anforderungen genügte.

Sie waren einerseits ausreichend konservativ, um ihre Organisationsform beizubehalten, andererseits so variabel, daß sie genetisch nicht verarmten und so über die Fähigkeit zu Neuanpassungen verfügten (Chadarevian et al. 1991, S. 28).

Das Zusammenspiel des Genpools einer Art mit der biotischen und abiotischen Umgebung beinhaltet demnach ein Potential evolutionärer Chancen und Risiken. Als evolutionäres Risiko definieren Chadarevian et al. (1991, S. 27) jegliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur Autoreproduktion von Populationen oder von größeren Gemeinschaften rezentes1 Öko-Institut e.V.________________________ - 8-___________________________ HR-Pflanzen

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Oko-Institut e.V. - 9 - HR-Pflanzen Organismen. Die Beeinträchtigung dieser Möglichkeit kann quantitativer oder qualitativer Art sein. Nimmt die Anzahl der Individuen einer Population oder Art ab, erscheint dies als quantitativer Effekt. Das Absterben einer Population markiert für diese ein qualitatives Ereignis. Es kann bezogen auf die Art jedoch als quantitatives beschrieben werden, wenn das verlorene genetische Potential im Repertoire der Art erhalten bleibt. In der Realität dürfte eine klare Abgrenzung von quantitativen gegenüber qualitativen Folgen einer Beeinträchtigung der Autoreproduktion von Populationen und Arten schwer zu treffen sein.

Das Aussterben einer Art markiert in jedem Fall ein qualitatives Ereignis. Jedoch ist im Einzelfall schwer zu entscheiden, wann eine lokale Abnahme oder auch das Verschwinden von Populationen die Existenz der betreffenden Art gefährdet. In jedem Fall beschränken auch quantitative Ereignisse die evolutionären Chancen der betreffenden Art. Darüber hinaus kann auch der nur lokale Rückgang oder Ausfall einer Population oder Art weitreichende Folgen für die anderen Mitglieder der betreffenden Biozönose haben (II.1.5.; III.2.2.).

Als begriffliches Pendant zum evolutionären Risiko konzipieren Chadarevian et al. (1991, S.

27) die evolutionäre Chance als Möglichkeit der "erweiterten" biologischen Reproduktion.

Darunter fiele die Zunahme der Individuenzahl (quantitativ), aber auch qualitativ die Entstehung neuer Geno- und Phänotypen bis hin zu neuen Arten, die sich in die allgemeine Reproduktion eingliedern.

Beim Versuch, dieses Konzept der evolutionären Chancen und Risiken auf konkrete Ereignisse oder auch in Überlegungen zu zukünftigen Entwicklungen anzuwenden, muß ein Bezugsrahmen gewählt werden. Diese Notwendigkeit resultiert aus dem keineswegs geradlinigen Verlauf der Evolution, soweit er heute rekonstruierbar ist. Er erlaubt für zukünftige Entwicklungen - seien sie anthropogen beeinflußt oder (theoretisch gedacht) nicht - keine Vorhersagen. Im Lauf der Evolution scheint zwar immer wieder eine Entwicklung zu höherer Diversität und Komplexität stattgefunden zu haben. Sie ist jedoch vielfältig verzweigt und von Perioden des Artenrückgangs unterbrochen. Die Autoreproduktion auch wenig komplexer Organismen kann höchst effektiv sein. "Urtümliche" Arten bestehen ohne wesentliche Weiterentwicklung bis heute fort. Bei genauerer Betrachtung spricht das häufig weniger für ihre "Primitivität" als für eine besonders bewährte Konstruktion. Insbesondere kann in vielen Fällen nicht plausibel gemacht werden, daß Arten, die ausstarben, weniger hochentwickelt waren als viele der rezenten Arten. Möglicherweise ereigneten sich im Laufe der Evolution wiederholte Massenaussterben aufgrund von außergewöhnlichen Umweltbedingungen, für welche die vorherigen Anpassungen der Arten wohl kaum Präadaptationen gewesen waren (Futuyma 1990, S. 392ff; Gould 1991).

Der Begriff der evolutionären Chance und des evolutionären Risikos muß auf bestimmte Populationen, Arten, Lebensgemeinschaften oder Ökosysteme bezogen werden. Die Wahrnehmung einer evolutionären Chance auf jeder dieser Ebenen kann mit evolutionären Risiken für andere Populationen, Arten, Lebensgemeinschaften oder Ökosysteme verbunden sein. Das muß keineswegs (kann aber natürlich) auf direkter Konkurrenz beruhen: Eine Art, die sich eine neue Ressource erschließt, nimmt "ihre" evolutionäre Chance wahr. Indem sie

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Oko-Institut e.V, - 1 0 - HR-Pflanzen eine ökologische Nische besetzt, steht diese für andere Arten als evolutionäre Chance nicht mehr zur Verfügung.

D er Bezugsrahmen kann unseres Erachtens nur ein im Grunde anthropozentrischer sein.

Damit ist kein kurzsichtiger menschlicher Egoismus gemeint, sondern die Abhängigkeit des menschlichen Wahrnehmungs- und Urteilsvermögens vom Menschsein. Zum einen bezweifeln wir, daß Menschen eine in diesem Sinne nicht anthropozentrische Sichtweise möglich ist, zum anderen würden wir sie auch nicht für sinnvoll halten. Die Gebundenheit der menschlichen Sichtweise an das Menschsein bringt es mit sich, daß der für die Konkretisierung evolutionärer Risiken und Chancen geforderte Bezugsrahmen eine Bewertung beinhaltet. Während Chadarevian et al. (1991, S. 27) Rückgang, Erhalt oder Steigerung des Artenreichtums eher implizit mit den Begriffen des evolutionären Rückschritts und Risikos oder der evolutionären Chance verbinden, wollen wir diese Verbindung im folgenden explizit hersteilen. Mit ziemlicher Sicherheit haben im Lauf der Evolution Episoden gehäuften Artensterbens die Ausgangslage für neue Diversifizierung - unter Umständen auf einem höheren Gleichgewichtsniveau - dargestellt. Solche Aufschwünge scheinen im übrigen zumindest bei einigen Organismengruppen von überlebenden Arten ausgegangen zu sein, die ökologische und morphologische Generalisten waren (Futuyma 1990, S. 392ff). Eine nicht anthropozentrische Sichtweise müßte berücksichtigen, daß ein Massenaussterben in evolutionären Zeiträumen zu einer Fortsetzung der Evolution auf (höherem) Niveau führen könnte, ohne daß die Menschen zum daraus hervorgehenden Artenspektrum zählen. Solche Überlegungen können sicher kontrovers diskutiert werden.

Gegenstand des vorliegenden Gutachtens kann aber lediglich die Frage sein, welche evolutionären Prozesse das Mitüberleben der Menschen gefährden oder begünstigen.

Im Vergleich zu früheren Erdzeitaltern scheint die derzeitige Periode von einem großen Artenreichtum geprägt (Futuyma 1990, S. 392ff). Welche Bedeutung dem in der jüngsten Geschichte und gegenwärtig zu beobachtenden Aussterben von Arten vor diesem Hintergrund zukommt, ist schwer zu beurteilen. Dagegen ist die Abhängigkeit der Menschen vom Artenreichtum sowohl unter Nutzungs- als auch unter ästhetischen Aspekten offensichtlich und vermittelt dadurch ihre Abhängigkeit von einer relativ stabilen Umwelt.

Deren Stabilität wird durch eine Verringerung von Redundanz mehr oder weniger langfristig gefährdet. Artenreichtum ist eine der vielen biologischen Ausprägungen von Redundanz, die auf allen Organisationsebenen des Lebens gefunden wird. Aus anthropozentrischer Sicht muß ein Rückgang der Artenvielfalt als ein grundlegendes evolutionäres Risiko angesehen werden.

Eine Zunahme der Artenvielfalt wäre demgegenüber als evolutionäre Chance zu begreifen.

An dieser Stelle sollte klar sein, daß es dabei nicht allein um die Vielfalt der offensichtlich anthropogen genutzten Arten gehen kann.

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Öko-Institut e.V. - 11- HR-Pflanzen

II. EVOLUTION, ZÜCHTUNG UND GENTECHNIK:

GRENZEN DER VERGLEICHBARKEIT UND DER PROGNOSEMÖGLICHKEITEN

II.L EVOLUTION, ZÜCHTUNG UND GENTECHNIK: RISIKORELEVANZ VON GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDEN

II. 1.1. Erhalt versus Auflösung von Kontextbezügen des Genoms

II.l.1.1. Variation durch Mutation und Rekombination in natürlichen Populationen

Die Individuen natürlicher Populationen weisen immer eine mehr oder minder große Verschiedenheit in der Ausprägung von Merkmalen auf. Diese Unterschiede beruhen einerseits auf umweltbedingten Veränderungen (Modifikationen) des Phänotyps, d.h. seiner Plastizität, andererseits auf genetischen Unterschieden zwischen den Individuen einer Population. Die genetische Variabilität der Eigenschaften kommt durch Mutationen, die Rekombination der Erbanlagen bei der sexuellen Fortpflanzung, unter Umständen Hybridisierungen zwischen nah verwandten Arten und die Aktivität von Transposonen (mobile DNA-Sequenzen) zustande.

Mutation und Rekombination sind zufällige Prozesse, die ungerichtet stattfinden, ohne Bezug zum Wert oder Unwert, den sie für die Individuen einer Art haben (Artbegriff vgl.

II.1.3.1). Es ist nicht vorhersagbar, welches Gen als nächstes und in welcher Weise mutiert (II.1.2.1.).

Eine Änderung des Karyotyps (Gesamtheit der Chromosomen im Zellkern) liegt bei Genommutationen vor, bei denen die Anzahl der Chromosomen (z.B. Chromosomenfusionen bei Drosophila (Dobzhansky 1951)) oder der Chromosomensätze (Polyploidisierung oder auch Mutation zur Haploidie) verändert wird.

Chromosomenmutationen liegen vor, wenn innerhalb eines Chromosoms Deletionen (Verlust von DNA-Sequenzen), Insertionen (Integration von DNA-Abschnitten), Duplikationen (Verdoppelung eines Sequenzabschnitts), Inversionen (Chromosomenabschnitt um 180° gedreht) oder Translokationen (Verlagerung eines Teilstücks auf ein nichthomologes Chromosom) stattgefunden haben. Ursache von Chromosomenmutationen sind häufig ungleiches crossing-over oder auch die Aktivität von Transposonen.

Als Gen- oder Punktmutationen werden solche Veränderungen bezeichnet, bei denen eine Mutation keine mikroskopisch faßbare Veränderung in der Struktur oder Anzahl der Chromosomen zur Folge hat. Das Ereignis beschränkt sich auf den Genort selbst und besteht entweder in einem Basenaustausch oder dem Wegfall bzw. Hinzukommen einzelner Nukleotide (Deletion bzw. Insertion).

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Mutationen einzelner Gene kommen durch molekulare Veränderungen des Erbguts zustande und sind relativ seltene Ereignisse.3 Sie können durch äußere Einflüsse, wie UV- oder radioaktive Strahlung sowie chemische Agenzien, oder endogen, z.B. bei der Replikation von DNA im Verlauf der Mitose (Teilung somatischer Zellen) und Meiose (Reifeteilung), induziert werden. Zudem können Transposone ihre Lage im Genom verändern und sowohl an der 'Ausstiegsstelle" als auch am neuen Integrationsort zu Mutationen führen.

Punktmutationen, bei denen ein Basenaustausch stattfindet, können wegen der Degeneration des genetischen Codes ohne phänotypische Wirkung bleiben (selektiv neutrale Mutation). Sie können jedoch in anderen Fällen drastische Folgen haben, so z.B. zum Abschalten der Genexpression führen oder ein Genprodukt so verändern, daß der gesamte Organismus davon betroffen ist. Ein Beispiel dafür ist die Sichelzellenanämie beim Menschen, deren Grundlage ein einziger Basenaustausch im Hämoglobingen ist. Das Hämoglobin wird dadurch in einer Aminosäure verändert. Für homozygote Trägerinnen des Sichelzellenhämoglobingens wirkt es sich längerfristig tödlich aus. Die heterozygoten Trägerinnen sind weniger beeinträchtigt und weisen eine verringerte Anfälligkeit gegenüber Malaria auf. Daher kann sich dieses Allel in Populationen, die Malariaerregem ausgesetzt sind, in relativ hoher Frequenz halten. Dieser Fall veranschaulicht, daß der Selektionswert von Allelen situationsabhängig sein kann. Darüber hinaus dürften "Nebenwirkungen" häufig dem verursachenden Allel nicht zugeordnet werden können. Beim Poliovirus genügt ebenfalls ein einziger Basenaustausch, um attenuierte Stämme neurovirulent zu machen (Evans et al.

1985).

Sexuelle Rekombination: Über die beschriebenen mutativen Prozesse werden fortwährend veränderte Gene erzeugt, die für die Folgegeneration dann bedeutsam werden, wenn bei den höheren Organismen (Eukaryonten) die reproduktiven Zellen der Keimbahn davon betroffen sind. Bei der sexuellen Fortpflanzung kommt es während der Meiose zu Neukombinationen der Gene.4 * Jede Vereinigung zweier Keimzellen führt dadurch zu einer neuen Zusammenstellung der genetischen Information. Der sexuelle Modus sichert auf diese Weise die Neuverteilung der in einer Population vorhandenen Allele (d.h. im Genpool der Population), die Ähnlichkeit der Individuen und damit den

3 Die spontane M utationsrate liegt zwischen 1Ö'4 und 10'6 pro Gen und Generation, bei manchen Mikroorganismen liegt sie auch bei 10'^ (Osche 1979). U nter der Annahme einer durchschnittlichen Mutationsrate von 10"$ pro G en wäre ein bestimmtes Gen in einer von 103 Zellen der Keimbahn (Gameten) mutiert und würde in die nachfolgende Generation weitergegeben. Besitzt ein Organismus 20000 Gene, so findet sich bei dieser M utationsrate statistisch bei 20% aller Gam eten eine Mutation in einem beliebigen Gen.

4 Zum einen erfolgt eine m ehr oder weniger zufallsgemäße Verteilung der mütterlichen und väterlichen Chromosomen als jeweilige Träger verschiedener Allele bei der Bildung der Keimzellen. Zum anderen findet ein molekularer Austausch von DNA-Segmenten durch crossing-over statt, wodurch die Kombination der Allele verschiedener Gene auf einem Chromosom verändert werden kann, ohne die serielle Anordnung der Gene auf den Chromosomen zu verändern.

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(26)

Bestand der Population. Die Rekombination des genetischen Materials kann vorteilhaft sein, wenn sie z.B. eine Anpassung an veränderte Umweltbedingungen gestattet. Während die Mutationen das "Rohmaterial" für die Evolution darstellen, ist die Rekombination der Mechanismus, über den dieses Material in jeweils wechselnden Kombinationen dem Test auf Tauglichkeit unter Umweltbedingungen ausgesetzt wird.

II, 1.1.2. Kulturpflanzen und natürlicher Genpool: Mechanismen der Variation und ihre Grenzen

Züchtung war lange Zeit vor allem die mehr oder weniger bewußte Auslese von natürlichen Varianten mit erwünschten Eigenschaften, die für einen Züchtungserfolg genotypisch fixiert sein müssen (Auslese- und Erhaltungszüchtung). Die häufig angewandte Kombinations- und Kreuzungszüchtung versucht, auf verschiedene Eltempopulationen verteilte erwünschte Eigenschaften in Folgepopulationen stabil zu vereinigen. Dadurch werden weitgehend homozygote Varianten erzeugt.

Die Heterosiszüchtung nützt mit der Kreuzung von Inzuchtlinien den Umstand, daß hochgradig heterozygote Rassenbastarde besonders üppiges Wachstum zeigen. Dieser Effekt tritt jedoch nur in der ersten Generation der Nachkommen auf und geht mit zunehmender Homozygotierung zurück Das bedeutet, daß die Ausgangssorten immer wieder bereitgestellt werden müssen. Der Hybridmais ist ein Beispiel für Heterosiszüchtung, wobei als Ausgangsmaterial jedoch aus züchtungstechnischen Gründen bereits Einfachhybride eingesetzt werden. Auch die Zuckerrübenzucht, ursprünglich eine reine Erhaltungszüchtung (Knapp 1958), ist inzwischen eine Heterosiszüchtung (IL 1.2.2.).

Zu den konventionellen Pflanzenzüchtungsverfahren gehören auch Methoden, die die genetische Variation des Ausgangsmaterials erhöhen. Mutationen werden durch Röntgenbestrahlung, Temperaturschocks sowie chemische Agenzien wie Ethylmethansulfonat ausgelöst. Colchicin, das Gift der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), wird zur Polyploidisierung von Chromosomensätzen eingesetzt, die auch natürlicherweise bei Pflanzen verkommt. Mit diesen Methoden werden Samen oder Pollen behandelt und bei Pflanzen, die sich vegetativ vermehren, die Organe, durch die die Vermehrung erfolgt (Van Harten und Broerjes 1986; Ebert und Clarke 1990).

Bei pflanzlichen Zell- oder Gewebekulturen, aus denen wieder komplette Organismen regeneriert werden können, findet man unter den Regeneraten oft eine große genetische Variation gegenüber den Ausgangspflanzen, die als somaklonale Variation bezeichnet wird.

Dieser Effekt wird in der modernen Pflanzenzüchtung ebenfalls zur Gewinnung neuer Varietäten ausgenutzt (Larkin et al. 1981; Lee und Phillips 1988).

Welche Züchtungsart angewendet wird, hängt vom Züchtungsziel und der Fortpflanzungsbiologie des betreffenden Organismus ab. Bei gut bearbeiteten, d.h.

hochgezüchteten Objekten, ist die Kombination mehrerer Züchtungsmethoden notwendig, um wesentliche Fortschritte zu erzielen. Bei Tieren sind die Fortpflanzungsstrategien sowie bestimmte Merkmale eindeutiger definiert als bei Pflanzen, bei denen einzelne Eigenschaften Oko-Institut e.V._______________________ - 13-__________________________ HR-Pflanzen

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